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Faszikel Ib-12-1781-1782
 

Transkription und digitale Edition von Jean Pauls Exzerptheften

Vorgelegt von: Sabine Straub, Monika Vince und Michael Will, unter Mitarbeit von Christian Ammon, Kai Büch und Barbara Krieger. Universität Würzburg. Arbeitsstelle Jean-Paul-Edition (Leitung: Helmut Pfotenhauer)

Förderung: Fritz Thyssen Stiftung (11/1998-12/2000) und Deutsche Forschungsgemeinschaft (01/2001-12/2005)
Projektleitung: Michael Will
Gesamtleitung: Helmut Pfotenhauer

Transkriptionsgrundlage: Nachlass Jean Paul. Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz. Fasz. Ib, Band 12

Bearbeitungsschritte:
Herbst 2000 MIWI Transkription
Oktober 2000 MIWI Autopsie Berlin
Winter 2000/01 BK Erste Korrektur
11.03.2003 MIWI Konvertierung von WORD in XML/TEIXLITE
11.11.2005 MV Zweite Korrektur
07.04.2006 MIWI Zweite Autopsie bis S. 99
12.09.2006 MIWI Zweite Autopsie ab S. 100
08.04.2010 CMC Zweites Online-Update

 

[Titelblatt]



Auf äußerem Umschlagblatt - nicht von Jean Pauls Hand - die Beschriftung "XII 1782". Das eigentliche Titelblatt im Bandinneren (Seite 1 und 2) ist herausgeschnitten worden. Beginn der Paginierung Jean Pauls deshalb bei Seite 3 - Bei Goebel ist der Band als "Ib/11" verzeichnet (nach Bd. 18).

[Jean Paul]

[1781 oder 1782]

[Manuskriptseite 3]

[Ib-12-1781-1782-0001]
I.

 

[Ib-12-1781-1782-0002]
Physiognomische Reisen, voran ein physiognomisch Tagebuch. Heftweis' herausgegeben. Erstes Heft. Altenburg in der Richterischen Buchhandlung. 1778.

 

[Ib-12-1781-1782-0003]
"Hab auch die Materialien zu meinem Buch nicht aus der Luft gegriffen, wie iezt mer tun, die Phantaseikram aufs Papier ausschütten, und gleichsam Schattenspiel an der Wand repräsentiren, das eigentlich nichts als Blendwerk ist; ob sie gleich dazu orgeln, daß man's auf Gassen und Strassen hört." S. 7.

 

[Ib-12-1781-1782-0004]
"Nachdem viele von allerlei Geschlecht und Nazion vor mir in die weite Welt hinausgewandert sind, nur damit sie was zu schwazzen wüsten, wenn sie wieder in ihre Heimat kämen, der Eine dies, der Andre das; manche auch gar auf gar sonderlich Abenteuer ausgegangen sind, davon viel zu reden wär, wenn's hier nicht ausserm Wurf läg: so war auch von Iugend auf mein Sin aufs Reisen gestelt; wust aber lange nicht, worauf ich eigentlich Spekulazion machen solt. Denn einem andern nachzutraben wie meine Schafe dem Lokhämmel; oder wie die empfindsamen Handwerker dem Meister Yorik nachgezogen sind; oder wie ein Käuzlein in verstörten wälschen Städten zu nisten und alt Schnizwerk und leblose Bildsäulen der Römer zu begaffen; oder um ein fein Konterfei von Tizian, Holbein und andern Meistern zu betrachten, über See zu schiffen und ganze Reiche zu durchkreuzen, wie nur erst neuerdings Skweir Twiß aus Britannia getan hat; oder mit Bankes und Dr. Solander durch den weiten Ozean rund um die Welt zu segeln, oder mit Hauptman Niebuhr in der Wüste Arabia von dem verpesteten Lüftlein Sirokko, von Iakob Lind der Samiel genant, mich anwehen zu lassen, um für die Gelerten was aufzuspüren, davon sie hernach aus ihren Polsterstülen heraus mächtig viel Dizenterei zu machen wissen: alles das taugte nicht in meinem Kram. Wolt' auf mein' eigne Manier reisen, als noch keiner vor mir ge

 

[Manuskriptseite 4]

reiset war, nicht die breite Herstrasse ziehen, wo einem all' Augenblik grosse Haufen begegnen, die vor sich herblasen lassen, daß man ausweichen sol, sondern mir eignen Weg banen, so beiher neben dem Farweg; nicht eben über Zäun' und Hekken, auch nicht über Türm' und Gebäud': wol aber mitunter über andrer Leut' Äkker und Wiesen, auch wol über ein Krautland, wie 's mer tun. Dacht' in meinem Sin, wirst nicht viel zertreten und wenn auch hie und da ein Halmen zerknikt, oder ein Maul vol Gras verlascht wird, ist für den Eigentümer kein grosser Schade, und kommen sie hinter dich her mit Knitteln und Stangen, so gilt's Fersengeld." S. 8-10.

 

[Ib-12-1781-1782-0005]
"Mag. Ölgöz mein Gevatter, dem äussern Beruf nach Diener am Worte, läuft unter dem Namen eines Naturforschers seiner Lieblingsneigung nach, hascht Schmetterlinge, lauret den Mükken und Heuschrekken auf, kent das Ungeziefer so gut wie seine Beichtkinder. Vor dem Iare beim Brande verlor der gute Man seine sämtliche farende Habe, Hausgeräte und Bücher – denn seine Insektensamlung war gerettet.

 

[Ib-12-1781-1782-0006]
Gleich sein nächster Konfrater ist Bienenvater als einer im Lande. Dem starben im Frühiar, eben wird es iärige Zeit sein, zwei Kinder auf einmal; aber seine Bienenstökke hat er glüklich durchgewintert, daß keiner darauf gieng. Im Sommer schwärmten sie alle zweimal, diese Fruchtbarkeit erwarb ihm einen Preis von der Bienengeselschaft, – vergessen war sein Hauskreuz." S. 22-23.

 

[Ib-12-1781-1782-0007]
Gemeiniglich pflegt das Lieblingsstudium an dem studio inclarescendi sich hinauf zu stängeln, wie das Epheu an dem hochgegipfelten Eichenbaum, oder der virginische Iungfernwein an einer alten Mauer." S. 28.

 

[Ib-12-1781-1782-0008]
"Selen, die zwar one Stoskraft sind, aber auch one Wolle." S. 45.

 

[Manuskriptseite 5]

[Ib-12-1781-1782-0009]
]Seite 5 wohl in Berlin gegengelesen, da Kopie am Rand unleserlich. Markierung des auf Kopie fehlenden Texts mit unclear (Cert=1)

"In dem Modekram meiner Frau schwimt die leidige Physiognomik iezt oben auf, darinnen ist nun das Hausgenie ein Grosser Meister, oder giebt sich wenigstens dafür aus: denn verschmizt ist er wie ein Fuchs, mochte wol bald merken wie hier die Aktien stünden, und wenn er der Dame vom Hause unter die Flügel kröch, daß ihm warm und wol sein würde. Durch sein Liebedienern hat er bei meiner Frau einen grossen Stein im Brete; er physiognomisiert mit ihr, und zur Vergeltung philantropisirt sie mit ihm. So greift ein Rad in dem Triebwerke meiner Hausmaschine ins andre, ich bin das Glöklein an der Ur, das sich nur leidend verhält, und keinen Laut eher von sich geben darf, als wenn es der inre Mechanism erfordert." S. 66-67.

 

[Ib-12-1781-1782-0010]
"Die Berliner Bibliotekare ziehen alle Register, wenn sie ein philantropinisch Kyrie anstimmen, und pfeiffen dagegen den alten Schulschlendrian aus." S. 72.

 

[Ib-12-1781-1782-0011]
Eine himmelanstrebende Puderalpe, die den Gipfel in eine Blondenwolke verbirgt." S. 89.

 

[Ib-12-1781-1782-0012]
"Die Tränen träufelten von ihren Wangen wie der Tau aus der Morgenröte herab." S. 92.

 

[Ib-12-1781-1782-0013]
"Die exegetischen Gewürm und Insekten, die gierig an die Schrift fallen, und mit ihrem Saugrüssel den reinen Milchsaft in sich ziehen, aber nach der innern Struktur ihres Magens und der Beschaffenheit seiner Dauungssäft' einen Chylus draus kochen, von dem sie nur sich selbst mästen, der iedoch nicht für Honig zu gebrauchen sei, die Speisen damit zu süssen, sondern sei und bleibe Auswurf und Unrat." S. 106.

 

[Ib-12-1781-1782-0014]
"Die Gottesgelerten haben das symbolische Zaum und Gebis über die Oren gestreift." S. 107.

 

[Ib-12-1781-1782-0015]
"Ein Gesezbuch erhält alle Operazionen derStatsmaschine in einer gleichmässigen Bewegung, daß sie in dere nämlichen Beschaffenheit lange Zeit ausdauern kan, wie eine Taschenur die desto länger

 

[Manuskriptseite 6]

richtig die Stunden zeigt, ie seltner man sie zerlegen, puzzen und repariren läst." S. 109.

 

[Ib-12-1781-1782-0016]
"Das Nebenher ist dem Hauptgeschäft so zuträglich, wie der Weinstok der Ulme: beide schlingen und verflechten ihre Zweig und Reben durcheinander, wachsen und blühen lustig zusammen, indem der alzugeile Überwuchs des Hauptstams, durch die ins Nebengewächs abgeleiteten Säfte zurükgehalten wer und bezämt wird." S. 112.

 

[Ib-12-1781-1782-0017]
"Gewisse Teologen haben durch eine Nebenbeschäftigung einen Ableiter gefunden, an dem der elektrische Funken ihres teologischen Feuers sanft und one Schaden anzurichten, herabgegleitet und verglimt wär." S. 113.

 

[Ib-12-1781-1782-0018]
"Wiz, mit etwas süslicher Bonhommie tingirt, wie schlechter gezukkerter Wein, der auf Essig sticht." S. 123-124.

 

[Ib-12-1781-1782-0019]
"Neid und Misgunst kommentirten mit Zustimmung des häslichen Argwons, dieses Teufelsscholiasten, all' mein' Schritt' und Tritt' p." S. 127.

 

[Ib-12-1781-1782-0020]
"Der Bär war vor Zeiten ein Symbolum der Buchhändler, fürt' die Überschrift: Ipse alimenta sibi, das leg' ich so aus: der Buchhändler sucht Narung für sich, kümmert sich wenig um den Autor, ob der fastet oder über seine Autorschaft verhungert. Iezt ist aber der Bär ein Symbolum der Schriftsteller, närt sich traun! wol mancher von seinen Tazzen – doch halt! so wars nicht, wie ichs eigentlich haben wolt', ich mein es damit also: eh Wissenschaft und guter Geschmak sich durch die Überbleibsel von Barbarei und Unwissenheit in Deutschland durchgearbeitet hatten, waren die Gelerten fremder Hülf' bedürftig, musten sich Narung suchen und eintragen aus dem Vorrat der Alten; da glichen sie dem Bär, der seine Schnauz in ieden Honigbaum stekt, gute süsse Kost in sich zu saugen, daß er stark und feist werd. Nun er das worden ist, stört er nicht mer die Honigbäum

 

[Manuskriptseite 7]

um um] ganze folgende Seite wg, Kopierfehler am Rand in Berlin 22/09/00 gegengelesen; MV: Markierung durch unclear (cert=1), sondern tut sich nieder in sein Dikkig, saugt aus seinen eigenen Tazzen balsamische herzerquikkende Narung, und da heist's von ihm: Ipse alimenta sibi." S. 156-157.

 

[Ib-12-1781-1782-0021]
"Unsre Schöndenker brauchen noch die römische und griechische Litteratur zum Aufpuz ihrer Schriften, wie die Damen die römischen Lokken zu ihrem Kopfaufpuz. Gleichwol weis iederman, daß diese Herren ihre alte Gelersamkeit aus neuen Dikzionärs, und aus Paraphrasten und Übersezzern zusammensuchen, wie die Damen ihre römischen Lokken unter den Hauben deutscher Bauerdirnen." S. 159.

 

[Ib-12-1781-1782-0022]
"Wie kont' eine so gleisnerische, falsche, krumme, hökkerige Sel, in diesem edlen, freien, nach dem richtigsten Ebenmas gebauten Körper wonen? Wie war's möglich, daß diese Giftspinn' so herlich Gewebe von Fab Fasern und Muskeln ausspinnen kont kont? und wie war's möglich, daß sie nicht mit einem ihrer acht misgestalteten Füss', an irgend einem dieser Fäden rukt' und zükt, daß man ihr Dasein im Mittelpunkt, durch einen einzigen verzerten Zug hätt von aussen her vermerken können?" S. 184.

 

[Ib-12-1781-1782-0023]
II.

 

[Ib-12-1781-1782-0024]
Über Physiognomik; wider die Physiognomen. Zu Beförderung der Menschenliebe und Menschenkentnis.

 

[Ib-12-1781-1782-0025]
Not working with the Eye without the Ear, And, but in purged Iug Iudgment, trusting neither. Shakespeare.

Zweite vermerte Auflage. Göttingen, bei I. Ch. Dietrich. 1778.

 

[Ib-12-1781-1782-0026]
"Die vermeintliche Einweihung in die Mysterien der Physiognomik erwirbt in der Geselschaft, zumal der Schwachen, iene Art heimlichen, und daher schmeichelhaften Zutrauens, welches gutherzige Geschöpfe und Mädgen nie denen versagen, die die natürlichen Schwachheiten ihrs Herzens näher kennen als die Menge. Es ist ein Mittel zwischen

 

[Manuskriptseite 8]

Freundschaft und Liebe; und änlicht darin einem gewissen Kredit der Hebammen, denen, wie man mir gesagt hat, auch die ledigen, unschuldigen Mädgen S. 9. gewogen sein sollen." S. 9.

 

[Ib-12-1781-1782-0027]
"Nicht iunge, Geniesüchtige, Kentnislere Köpfe, die vom Stral eines Zeitungslobs erwärmt, sich ein wenig erheben, und bald darauf zu tausenden auf immer hinfallen; keine von unsern berümten nachäffenden Originalen, deren Rum erst von einer freundschaftlichen Kandidaten Iunto posaunt, nun nur noch als Echo aus leren Köpfen wiederhalt, und deren Profile demungeachtet gebraucht worden sind, Punkte für die physiognomische Linie der Kraft zu finden. O was wird die Nachwelt sagen, wenn sie von der daunigten, hinbrütenden Wärme des Genies und dem Worte: Es werde, das man von den Schattenrissen dieser Leute, so zuverlässig weglas, als hätte es Dieterich dahin gedrukt, nicht eine Spur in den Werken derselben finden wird? Wie wird sie lächeln, wenn sie dereinst an die bunten Wörtergehäusse, die schönen Nester ausgeflogener Mode, und die Wonungen weggestorbner Verabredung anklopfen, und alles, alles ler finden wird, auch nicht den kleinsten Gedanken, der mit Zuversicht sagen könte: herein?" S. 14-15.

 

[Ib-12-1781-1782-0028]
"So erzälen die Schnitte auf dem Boden eines zinnenen Tellers die Geschichte aller Malzeiten, denen er beigewont hat p. – Auch lag vermutlich das Schiksal Roms in dem Eingeweide des geschlachteten Tiers, aber der Betrüger, der es darin zu lesen vorgab, sah es nicht darin." S. 25.

 

[Ib-12-1781-1782-0029]
"Unser Körper steht zwischen Sele und der übrigen Welt in der Mitte, Spiegel der Wirkungen von beiden; erzält nicht allein unsre Neigungen und Fähigkeiten, sondern auch die Peitschen

 

[Manuskriptseite 9]

schläge des Schiksals, Klima, Krankheit, Narung und tausend Ungemach, dem uns nicht immer unser eigner böser Entschlus, sondern oft Zufal und oft Pflicht aussezzen. Sind die Feler, die ich in einem Wachsbilde bemerke, alle Feler des Künstlers, oder nicht auch Wirkungen ungeschikter Betaster, der Sonnenhizze oder einer warmen Stube? Äusserste Biegsamkeit des Körpers, Perfektibilität und Korruptibilität desselben, deren Gränze man nicht kent, komt hierinnen dem Zufal zu statten. Die Falte, die sich bei dem einen erst nach tausendfacher Wiederholung derselben Bewegung bricht, zeigt sich bei dem andern nach weniger; was bei dem einen eine Verzerrung und einen Auswuchs verursacht, den selbst die Hunde bemerken, geht dem d andern unbezeichnet, oder doch menschlichen Augen unmerkbar hin. Dieses zeigt, wie biegsam alles ist, und wie ein kleiner Funke das Ganze in dem auffliegen macht, der in dem andern kaum einen versengten Punkt zurükläst. Bezieht sich denn alles im Gesicht auf Kopf und Herz? Warum deutet ihr nicht den Monat der Geburt, kalten Winter, faule Windeln, leichtfertige Wärterinnen, feuchte Schlafkammern, Krankheiten der Kindheit aus den Nasen? Was bei dem Man Farbe wirkt, wirkte bei dem Kind Form; grünes Holz wirft sich bei dem Feuer an, dem ein troknes blos braun wird. –

 

[Ib-12-1781-1782-0030]
Ist das Versehen der Sele und der Amme einerlei, und wird die erstere, nach der Verdrehung ihres Körpers ebenfals verdreht, daß sie nun gerade einen solchen Körper bauen würde, wenn sie wieder einen zu bauen kriegte? –

 

[Ib-12-1781-1782-0031]
Überzieht sich die blanke Stirne Fl mit Fleisch, oder stürzt die konvexe ein, wenn das Gedächtnis verschwindet?" S. 28-31.

 

[Ib-12-1781-1782-0032]
"Was wolt ihr aus Änlichkeit der Gesichter, zumal seiner festen Teile, schliessen, wenn derselbe Kerl, der gehenkt worden ist,

 

[Manuskriptseite 10]

mit allen seinen Anlagen unter andern Umständen stat dem Strik den Lorber hätte empfangen können? Gelegenheit macht nicht Diebe allein, sie macht auch grosse Männer." S. 33.

 

[Ib-12-1781-1782-0033]
"Die Selbstbeobachtung schmachtet in einer Entnervung, aus welcher sie allein der stärkende Winterschlaf einer neuen Barbarei zu ziehen im Stande ist." S. 35.

 

[Ib-12-1781-1782-0034]
"Wer schöne Spizbuben, glatte Betrüger und reizende Waisenschinder sehen wil, mus sie nicht gerade immer hinter den Hekken und in den Dorfkerkern suchen. Er mus hingehen, wo sie aus Silber speisen, wo sie Gesichterkentnis und Macht über ihre Muskeln haben, wo sie mit einem Achselzukken Familien unglüklich machen, und erliche Namen und Kredit über den Haufen wispern, oder mit affektirter Unschlüssigkeit wegstottern. Die Anlage war da, antwortet alsdan der Physiognome, aber der korruptible Mensch hat sich selbst verdorben. Die Anlage? wozu? Zu dem was erfolgte oder dem was nicht erfolgte? Lerst du weiter nichts, so ist dein Buch des Aufmachens nicht wert. Was der Mensch könte geworden sein, wil ich nicht wissen. Was hätte nicht ieder werden können? Sondern ich wil wissen, was er ist. Und doch auch von der Seite wiedergenommen, wenn (um ein abgenuztes Beispiel noch einmal zu nuzzen) Zophyrus dem Sokrates seine böse Anlage im Gesicht sah, warum sah er denn die stärkere Kraft nicht iene zu verbessern und sein eigner Schöpfer zu werden? Denn wenn die erstere in einem Faunskopf stekken muste, so verdiente die leztere fürwar ein Familien=Gesicht des Iupiters." S. 38-39.

 

[Ib-12-1781-1782-0035]
"Das ruhige Durchschauen durch veriärte Vorurteile; die Scharfsichtigkeit durch das verwilderte Gebüsch den graden Stam zu erkennen; die philosophische Selbstverläugnung, zu gestehen man habe nichts Wunderbares gesehen, wo alles von Wundern

 

[Manuskriptseite 11]

wimmeln sol, und die von Durst nach lauterer Warheit und von Menschenliebe begleitete Unparteilichkeit one Menschenfurcht, ist ein kostbarer Apparatus, der selten mit an Bord genommen wird, wenn man nach entfernten Ländern segelt; im Reich der Körper, so gut als der Gedanken." S. 45.

 

[Ib-12-1781-1782-0036]
III.

 

[Ib-12-1781-1782-0037]
Physiognomische Reisen. Drittes Heft. Altenburg in der Richt. Buchh. 1779.

 

[Ib-12-1781-1782-0038]
"Ich glaubte, die Lasten, die der Stärkere dem Schwächern aufbürdet, seien zum gemeinen Nuz und Wolstand so nötig und zwekmässig, als der Druk der obern Lage einer Reihe Mauersteine auf die untern. ... Wenn der Landman, zum Besten des gemeinen Sekels, seines Stiers, oder seiner Hütte beraubt, oder die Produkte seiner Lenden nach dem Fleischgewichte verhandelt wurden: so grämt ich mich zwar über das Los dieser Unglüklichen; fand aber das Gewerbe mit ihrem Fel und Fleisch, zum Vorteil der Statswirtschaft, aus Patriotism ganz billig." S. 13-14.

 

[Ib-12-1781-1782-0039]
"Ein erlauchtes Publikum, das warlich so wenig erleuchtet ist, als der ungeheure dunkle Körper, den Lambert in das Zentrum eines Sternsystems, oder einer Milchstrasse zum Schwerpunkt versezt hat." S. 21.

 

[Ib-12-1781-1782-0040]
"Die Tischmelodien von Freundschaftsschwüren und warmer Bruderliebe schläferten Vernunft und Überlegung ein." S. 26.

 

[Ib-12-1781-1782-0041]
"Die Stirn, – ia allerdings war sie offen; – aber wie eine Marterfalle, die einen freien Eingang und Ausgang vorspiegelt. Doch sobald sich das Tier durch diesen betrüglichen Anschein hintergehen läst und hineinschlüpft, schnapt sie zu und hält ihren Raub fest." S. 52.

 

[Ib-12-1781-1782-0042]
"Diese erwürdigen Abschattungen, mit dem Wulst am Hinterhaupte, und iene die die Löwenmäne dikker Perukken gravitätisch zu schütteln scheinen, sind die geistlichen Beförderer,

 

[Manuskriptseite 12]

die sich mascule gegen die Tür des Schafstals stemten, wenn ich dadurch eingehen solte; immer von innen riechen, daß sie den Schlüssel suchten mir aufzutun; sobald ich aber die Augen wegwendete, oder des langen Harrens müde, einmal auf und abpromenirte, ihren Neffen heimlich durchs Gitter winkten, und sie, oder die Pfleglinge ihrer eignen Mäzenaten, flugs durchschlüpfen liessen." S. 53-54.

 

[Ib-12-1781-1782-0043]
"Ei Her, gegenredet' ich, einer Frau ziemts in keinem Fal ein Pfefferkorn zu sein: "Öl sol sie sein, zum Essich der Manheit," wie der Spruch in den Fragmenten lautet, damit der Salat des Ehestandes Wolgeschmak gewinne. Mich dünkt, in dem Pfefferkorn lägen eben alle Bestandteile ihres ehligen Notstandes verborgen. Got bewar 'n iedweden, der sich nach einer Gehülfin umtut, für einem solchen Pfefferkorn! Wenns gleich für kräftig magenstärkendes Gewürz verhandelt wird, und unserm verwönten Geschmak darnach lüstet, der an Til und Kümmel von den Wiesen sich nicht begnügen wil, so brent und beizt es doch hernach gemeiniglich den Gaumen wund." S. 65-66.

 

[Ib-12-1781-1782-0044]
"Meines Davorhaltens ist die Liebe einem Miasma zu vergleichen, das lange Zeit im Körper eingewikkelt herum schleichen kan, one daß der Mensch von einem aussernatürlichen Zustand etwas andet; hernach an iede schwache Faser sich anhängt und unversehens hervorbricht; bald im Kopf, bald in den Füssen tobt, im Unterleibe rumort, die Lung entzündet, oder die Nieren züchtigt. So auch der Liebestrieb, wenn ihn gleich der Mitridat der Zwietracht, des Spleens, der Eifersucht, umwikkelt und eine Zeitlang untätig macht, dennoch bricht er bei der geringsten Veranlassung hervor, hängt sich an die Faser der Imaginazion, strömt aus der Tränenfistel der Me

 

[Manuskriptseite 13]

lancholei, wirft sich aufs Nervensystem der Empfindsamkeit, und komt unter irgend einer Chamäleonsgestalt zum Vorschein, wo der Arzt sowenig als der Kranke weis, wie er damit dran ist." S. 67-68.

 

[Ib-12-1781-1782-0045]
"Schikken Sie nur Ihr Grubenlicht zu, sobald Sie in den Autorschacht, oder durch den Stollen eingefaren sind, wil ich schon dafür sorgen, daß die Kuxe zu Ihrem gelerten Bergbau untergebracht werden, hof Sie sollen gut rentiren. Und wenn sie hernach auch nicht eitel Hornerz zu Tage fördern, was schadets? Die Ausbeute Taler machen sich onehin immer seltner, und die Interessenten lassen ihnen an Kazzensilber oder Glimmer gern genügen. – Was anlangt die Materia, wär mein unvorgreiflicher Rat der, sie zapften aus einem Fasse, worein Sie selbst gekeltert haben, und wovon Sie wissen, daß was innen ist, bedienten fein die Gäst mit Ihrem eignen Gewächs, obs gleich bei vielen Schriftstellern iezziger Zeit Sitt' und Brauch ist, daß sie, wie die verarmten Schenkwirt', selbst keinen Vorrat im Keller haben, und wenn gleichwol ein Kostetrunk von ihnen begert wird, laufen sie mit ihrem Stechheber behend in die erste beste Niederlage, heben bald aus diesem bald aus ienem Fas ein Maul vol aus, schütten alles durch einander, woraus denn eine Mischung entsteht, die keinem feinen Schmekker züngeln wil." S. 103-105.

 

[Ib-12-1781-1782-0046]
"Wie aber, wenn ich Ihnen sage, daß mein Ingenium so eingetroknet ist, daß ich fürchte, es werde sich die Milch weder wolschmekkendes Öl, noch ein geistiges Fluidum herauspressen lassen?

 

[Ib-12-1781-1782-0047]
Das fürcht' ich eben nicht. Aber ich fürcht', es geht Ihnen wie den Rindern der Hottentotten, die sich die Milch auf seltsame Manier abzwingen lassen, denn im Guten geben S sie keinen Tropfen von sich. ........ Hab gekant einen Man, der ver

 

[Manuskriptseite 14]

stund sich aufs Ausbälgen der Vögel, wust von allerlei Flügelwerk die Haut künstlich abzuziehen, und den entnervten und entknochten Balg mit Stroh und Papierspänen so geschikt auszustopfen, daß das Federvieh wieder da stand, als wenn es lebte. Den Kunstgrif haben ihn Andre abgesehen, und das mit mer Dingen versucht: hat sich Einer onlängst verheissen, die heiligen Kirchenväter samt und sonders auszubälgen. Ein Andrer ist mit seinem anatomischen Messer über die Romanen hergefallen; der hats mit der Weltgeschichte, iener mit den Reisebeschreibern versucht, und Allen ists, wenigstens in ökonomischen Verstande, damit gelungen. Wie wärs S. 109-110.

 

[Ib-12-1781-1782-0048]
"Hab auch das Gesangbuch umgeakkert, die Quekken, auch die ausländischen Gewächs, als Myrrhen, Aloe und Kassia herausgepflügt, und dafür Nachtviolen, Rosen und Sonnenblumen hineingepflanzt." S.135.

 

[Ib-12-1781-1782-0049]
"Ist doch sonderbar, weis mir keinen herzanfassendern Anblik, als wenn ich weibliche Zären aus einem schönen Auge träufeln seh, das dünkt mich Morgentau auf einer sich aufschliessenden Rose, mein Herz wird ganz im Gefüle eines sanften Entzükkens aufgelöst. Bricht aber die Tränenquelle aus einem altem Mauerwerk hervor, so kült mich die Grotte woher sie entspringt mer, als daß sie mein Herz erwärmt." S. 156.

 

[Ib-12-1781-1782-0050]
"Billige gar ser die fein ausgedachte Prozedur, diesen grossen Pro Endzwek mittelst des herlichen Phänomens des Mondenlichts zu erzielen, und die Herzen ihrer Zuhörer dadurch zu schmelzen, und nach ihren frommen Absichten zu bequemen, wie die Alchymisten die steinharten hessischen Eisennieren durchs Mondenlicht bezwingen, um das gebenedeite Blut des roten Löwens herauszuziehen." S. 161.

 

[Manuskriptseite 15]

[Ib-12-1781-1782-0051]
"Darum vergleich ich die Kunst der kolossalischen Bildsäule Peter des Grossen. Da ist untenher alles fix und fertig; der Granitfels, der zum Fusgestel dienen solt', ist mit unsäglicher Müh und Aufwand zur Stelle gebracht; desgleichen war der Metalgus glüklich bis zum Kopf des Helden und Pferdes gestiegen; aber da hatte die Freude auf einmal ein End: denn es plazte die Form. Dem unbeschadet nent der Künstler seine Arbeit gelungen, obgleich dem Helden und dem Pferde die Köpfe felen, und laut neuerer Berichte, der wiederholte Versuch, durch angesezte Fragmente das Kunstwerk zu ergänzen abermals mislungen ist..... Sezzen Sie an stat des Petersburger Kunstprodukts das Zürcher, und an stat des Senats das Publikum: so werden die Sie die Folgerungen des Vergleichs ganz einförmig finden. Eingestehen müssen Sie mir, daß das kostbare physiognomische Opus, nachdem es beendigt worden ist, volkommen die Physiognomie des babylonischen Turms hat, wie er pflegt in dem Kupferbilde abgebildet zu werden: die Zinne felt daran, und so ist das Ganze nichts als eine prächtige Ruine, die man anstaunen und begaffen, nicht aber gebrauchen und nuzzen kan. Es liegt ein Haufe Werkstükke bei einander, da man nicht durch noch drüber kan, zum Teil prächtige Rudera, wie die zum Palmyra; hier ein Säulenknauf, dort ein Stük vom Gebälke, da ein Triglyph und so ferner; wil mans aber vermauren, giebt's eitel Flikwerk, denn es past kein Stük zum andern." S. 110-112.

 

[Ib-12-1781-1782-0052]
III.

 

[Ib-12-1781-1782-0053]
Samuel Lutter's Hudibras, ein satyrisches Gedicht wider die Schwärmer und Independenten zur Zeit Karls des Ersten, in neun Gesängen. Aus dem Englischen übersezt. Hamburg u. Leipzig. 1765.

 

[Ib-12-1781-1782-0054]
" 1) Erster Gesang.

 

[Ib-12-1781-1782-0055]
"Sie fochten für Dame Religion wie Tolle oder Bezechte für eine Hure, und schwuren und fluchten, daß sie erlich wäre, obschon keiner wuste, was er damit haben wolte. Evangelien=Trompeter bliesen mit langörichten Haufen umgeben zum Streite, und

 

[Manuskriptseite 16]

der Kanzelpult, die Trommel der Pfaffen, ward stat der Stökke mit Fäusten gerürt." S. 4.

 

[Ib-12-1781-1782-0056]
"Er wuste, wohin Entitas und Quidditas, die von ihren Körpern abgesonderten Geister fliegen; wo die Warheit sich körperlich zeigt, und Worte, die im Norden frieren; wuste sogar, was Was ist, und höher kan metaphysischer Wiz nicht steigen." S. 13.

 

[Ib-12-1781-1782-0057]
"Er warf dunkle und subtile Fragen auf, die er in einem Nu wieder auflöste, gleichsam als ob die Teologie sich die Kräzze geben liesse, damit sie hernach die Lust genösse gekrazt zu werden, oder als ob sie durch allerlei Zweifel sich wie ein Markschreier tiefe Wunden schnitte, nur um zu zeigen, wie leicht und one Schmerzen die Glaubenswunde sich wiederum heilen lassen; obschon wir durch eine traurige Erfarung gelernt, daß sie doch immer Narben zurüklasse." S. 14-15.

 

[Ib-12-1781-1782-0058]
"Menschen, die ihren Glauben auf den heiligen Text der Spiese und Kanonen gründen; alle Kontroversien durch die unfelbare Artillerie entscheiden, und die Ortodoxie ihrer Lere durch apostolische Hiebe und Stösse beweisen." S. 16.

 

[Ib-12-1781-1782-0059]
"Sein Rost=gelber Bart war eine gleichmässige Zierde beides seiner Weisheit und seines Angesichts. An Schnit und Farbe einem Dachziegel so änlich, daß man beim ersten Anblike ihn leicht dafür genommen hätte. Der obere Teil war mit Molken bedekt, das untere Orangen=farb mit Grau vermischt. Dieses harigte Meteor prophezeite den Fal von Zeptern und Kronen. Ein gräslicher Typus alternder Regierung, und dessen hieroglyphische Spade sein und des States=Grab zugleich vorbedeutete. Er wuchs wie Simsons Harlokken daher, um seiner Zeit eine ganze Nazion in Weheklagen , und zu sezzen, und wartete dem gemeinen Umsturz auf den Dienst, obschon solcher auch den seinigen befördern solte." S. 18-19.

 

[Manuskriptseite 17]

[Ib-12-1781-1782-0060]
"Der Reim ist das Steuer der Verse, wodurch ihr Lauf, so wie der Lauf der Schiffe gelenkt wird." S. 29.

 

[Ib-12-1781-1782-0061]
"Sein Wiz war ihm zum Präsente geschikt worden, war aber auf der Fure gespalten und zerbrochen, und sah gerade aus, wie gekrümte Denkmünzen, welche Verliebte sich schikken, mit der Umschrift: Mein Herz und dein Herz sind ein Herz a) E. From my love to my love.. Daher er auch nicht ser darauf achtete, indem er einem geschenkten Gaule nicht ins Maul schauen wolte, und weislich demselben keinen merern Wert beilegte, als er wirklich hatte, sondern wie er ihn empfangen, umsonst ihn auch wieder ausgab. Denn selbst auch Heilige geben zuweilen frei hin, was sie nichts kostet. " S.

 

[Ib-12-1781-1782-0062]
Wie man von Landstreichern sagt, daß sie sich nimmer auf dem unrechten Wege befinden, also sind die, welche durch dieses innere Licht sprechen, versichert, daß sie, was sie auch immer sagen, stets recht haben. Dasselbe ist eine geistliche Laterna magica, bei welcher niemand sieht als der sie trägt. Ein ignis fatuus, das sie behext und in Moräste verleitet, damit sie in schlammichten Teichen die geistliche Gesundheit erbaden; zum Heil ihrer Selen unter das Wasser faren wie Enten, und die Wiedergeburt erfischen. Dieses Licht bläst durch die Nase eines Heiligen, und spielet darauf wie auf einer Sakpfeife, und spricht durch hole Selen, wie durch eine Sprachröre; eine Sprache, die ausser solchen Geistlauschern sonst keinem menschlichen Ore verständlich sind ist. Nicht anders giest Phöbus, oder irgend eine gütige Muse, in schlechte Poeten Gesänge ein, welche sie hernach durch ein Schilfror, oder durch eine Sakpfeife, Vers für Vers, wieder von sich geben." S. 30-31.

 

[Ib-12-1781-1782-0063]
"Den Tod grosser Herren, Statsveränderungen, pp., kurz alle Zufälle dieses Lebens, das wuste Ralph alles vorherzusagen, und zwar one Hülfe von Sonnenfinsternissen oder schreklichen Kometen, sondern allein vermittelst des innern Lichtes: Eine Metode, die wol eben so gut und eben so begreiflich als iene ist; wobei aber

 

[Manuskriptseite 18]

die Warsagungen weit glüklicher eintreffen, als derienigen, welche sich auf das Zeugnis der Sterne wie auf Postknechte b) E. Knights of the post: Ritter von der Post: so heissen die Engl. falsche, bestelte Zeugen. beruffen, und sie fälschlich sagen lassen, was andre erdichtet... Diese durchsuchen das Haus eines Planeten, damit sie wissen, wer in ein Haus hie unten eingebrochen und es geplündert habe: fragen die Venus und den Mond; wer einen Fingerhut oder einen Löffel gemaust, und können, obschon sie nichts bekennen wollen, aus ihrer Miene und Stellung lesen, wer der Dieb war, und wo das gestolne Gut hingekommen. Sie examiniren den Mars, und erraten aus seinen Blikken, wer einen Mantel entwendet; machen den Merkur beichten, und die Diebe verraten, welche er selbst zum Stelen angefürt; lesen iedermans Schiksal aus der Physiognomie der Planeten, gleich ienem, der den Zeddel des Doktors stat der verordneten Pillen verschlukte." S. 35-36.

 

[Ib-12-1781-1782-0064]
"Der Bär, der am nördlichen Hemisphärium rings um den Pol einen Zirkel macht, wie ein Tanzbär am Pfale, der am Ende seiner Kette im Kreise herumläuft, und Volk, das zu weit hervortrit, über den Haufen wirft." S. 39.

 

[Ib-12-1781-1782-0065]
"Die Ere ist einer Witwe gleich; sie wird durch muntere Versuche und Angriffe, durch * mänliches Zusezzen und Eindringen; nicht aber, wie ein blödes Mädgen, durch langsame Schritte gewonnen." S. 49.

 

[Ib-12-1781-1782-0066]
"Damit unsre Skribenten unsern neuern Rittern nur irgend einen wolklingenden Namen zum Muster geben, welches dieselben in Gefechten und Scharmüzzeln kopiren sollen, machen sie es gerade wie dieienigen, welche eine ganze Strasse niederreissen, damit sie auf dieselbe Stelle einen einzigen Pallast bauen; sie fragen nichts darnach, wenn sie, one alle Rüksicht auf Mütter, Weiber und Kinder, nur einen tollen, Iammer und Tod verbreitenden Menschen darstellen kön

 

[Manuskriptseite 19]

nen, der aus Ingredienzien von vielen Tapferkeiten, so wie die Manhaftigkeit von neun Schneidern, zusammengesezt ist. Also glaubt ein wilder Tartar, der auf einen hübschen, weisen und starken Man lauert, wenn er denselben töden könne, so erb' er alle dessen Schönheit, Wiz und Mut für sich, und läst sich bedünken, daß ihm gerade soviel eigentümlich zufalle, soviel er an dem Erschlagnen zerstört hat. Aber warhaftig, es ist hart, * daß man einem Menschen das Gehirn blos wegen aus dem Kopfe geschlagen werde, weil er hübsch gewachsen ist, und starke Knochen hat; so wie man Biber blos um des Geiles willen tödet." S. 54-55.

 

[Ib-12-1781-1782-0067]
"Das Getös der Trompete schärft die Tapferkeit, so wie der Donner das Bier in Essig verwandelt.... Sein Or hieng gebogen über die Saiten herunter, als Spek zu den Würsten. Denn Kaldaunen eh' sie gesotten werden, dienen wie einige schreiben, zur Musik sowol als Würste zu machen, und von ihnen schreibt sich die Tonkunst, beides der Saiten= und der Wind=Musik her." S. 58-59.

 

[Ib-12-1781-1782-0068]
"Wie der Fürst der Poeten längst gesungen, daß ein geschikter Arzt mer wert sei als funfzig Soldaten, so konte man dieses an Orsin's Exempel sehen, indem er durch seine Kunst, nicht weniger im Stande war, die Leute in die andre Welt zu schikken, als es die Schärfe des Schwerdes tut." S. 64.

 

[Ib-12-1781-1782-0069]
"Predigen und Disputiren war sein vornemstes Talent, worinnen er eine so ausnemende Stärke besas, daß er in Konventikeln focht und um sich sties, wie ein Ochse, denn Disputanten fechten wie Ochsen mit Waffen, die ihnen aus dem Kopf hervorwachsen." S. 73.

 

[Ib-12-1781-1782-0070]
"Die Kesselflikker schrien, stat, Kesselflikken, aus vollem Halse, nach der Kirchenzucht: kein Schweinverschneider sties mer in sein Horn, auch nur eine Kazze zu verschneiden, sondern rief nur: Reformazion, die Reformazion! die Austern=Weiber

 

[Manuskriptseite 20]

verschlossen ihre Fische, und liefen herum zu rufen: keine Bischöffe. Die Rattenfänger legten ihre Lichtstümpgen bei Seite, und schrien wider schlimme Räte. Kleiderflikker liessen die alten Rökke liegen, und wolten stat derselben, die Kirche wenden und flikken. Einige schrien, Kovenant, der Kovenant! anstat, kleine Pastetgen und Pfefferkuchen: Und andre, stat Besen, alte Stiefel und Schuhe; man solte das Unterhaus säubern. Einige stat, Küchenfet, Schmär; evangelische Prediger – und noch andre stat, alte Rökke, Mäntel pp. keine Korhemder, kein Liturgie=Buch." Seit. 79-80.

 

[Ib-12-1781-1782-0071]
Fingerhüte, Harnadeln und Löffel wurden in den Tigel geworfen, und kamen, wie ehedem gesäete Drachenzäne, plözlich in Gestalt lebendiger Menschen hervor." S. 81.

 

[Ib-12-1781-1782-0072]
"Hunde heilen ihre Wunden mit der Zunge, aber Männer die ihrigen mit der Faust." S. 89.

 

[Ib-12-1781-1782-0073]
"Grosse Siegshelden erwerben sich mer Ere von Feinden, welche sie im Triumphe füren, als von solchen, die sie erschlagen. Die Lorbern, womit sie ihre Augenbraunen zieren, werden von lebendigen, nicht von toden Feinden gepflükt. Der gröste Rum von einem erschlagnen Krippel kan nicht anders als ebenfals kriplicht sein: die eine Hälfte von ihm ist bereits erschlagen, die andre ist eurer Mühe nicht wert: die Ere könte nur auf einer Seite ansizzen, so wie der Adel getan, da ihr zum Ritter geschlagen wurdet." S. 101.

 

[Ib-12-1781-1782-0074]
"So stolpert die Gerechtigkeit, indem sie mit blinzelnden Augen das Laster verfolgt, oft über die Unschuld hin, und wirft sie zu Boden." S. 105.

 

[Ib-12-1781-1782-0075]
"Diese Dame wuste tausend verteufelte und ärgere Streiche, als ein Maulesel, der beist und ausschlägt, und hatte sich unter eine Grille in den Kopf gesezt, die eben so insolent als seltsam und tol war. Diese bestand darin, daß sie nur den lie

 

[Manuskriptseite 21]

ben könte, der sie in eben dem Grade verachtete und haste. Ein seltsames Rätsel von einer Dame: Nicht lieben, wenn sie geliebt war? Das hole der Henker! Also haben Gekken nur Herz gegen solche, die sich mit ihnen nicht einlassen wollen, und so giebt es Krankheiten, die nur gesunde angreifen: wer ihr Herz gewinnen wolte, muste demselben von hinten beikommen, wie die Hexen den Psalter rükwärts beten. Das war nun keine geringe Arbeit für den Ritter; er liebte, und durfte es sich nicht merken lassen: sie nicht kennen, solte die beste Aufwartung sein. Wie ein Bube, der um Missetat willen, das Gesicht gegen den Schwanz gekert, auf dem Esel sizt, also schaute er bei seiner Liebe nach einer Seite hin, und nach der entgegengesezten bewegte er sich: oder wie ein Taschenspieler auf eine Seite hinsieht, und unterdessen sein Stükgen in Ordnung bringt, bis er die Zuschauer erwischt hat, also machte es der Ritter, die Dame zu heiraten." S. 124-125.

 

[Ib-12-1781-1782-0076]
"Er berürte mit der eisenbewafneten Ferse die Flanke seines Gauls, und schikte so von der ritterlichen Ferse, sympatetische Eile in die Ferse des Pferdes hinüber." S. 129.

 

[Ib-12-1781-1782-0077]
"Die alten Helden waren berümt, weil sie gegen ihre überwundnen Feinde gütig, nicht weil sie trozzig waren. Ihre Degen, nicht ihre Worte waren scharf, und sie schnitten sich im Gefechte nur die Arbeit zu, damit sie hernach ihre Höflichkeit sehen liessen." S. 143.

 

[Ib-12-1781-1782-0078]
"Die Ere ist ein Lehen auf zukünftige Zeitalter, und kan dem rechtmässigen Lehentrager nicht genommen werden. Sie gleichet einem Stükke Vieh, das durch Kriege nicht kan verwirkt werden. Stirbt der, welcher im Felde umkomt, auf dem Bette der Ere, so mag man von dem, der sich im Feld Schläge erholt, wenigstens sagen, daß er auf dem Schubbetlein der Ere liege.

 

[Manuskriptseite 22]

Denn wie wir sehen, daß die Sonne bei einer Verfinsterung von den Leuten mer angegaffet wird, als wenn sie mit ihrem vollen Licht am Himmel glänzt, also wird auch die Tapferkeit nie mer bewundert, als wenn sie in niedrigen Umständen sich befindet." S. 149-150.

 

[Ib-12-1781-1782-0079]
"Aus der Stimme und dem Zwang der Rede durch die Nase, schliessen, ob inwendig alles gesund und ganz, one Spalten, oder Rizze von Sünde sei; so wie man Töpfe probirt, indem man sie klingen macht." S. 156.

 

[Ib-12-1781-1782-0080]
"Auch stammen sie unstreitig von der heidnischen Pfafheit her, da Fleischer allein Lerer, Älteste und Kirchenvorsteher waren und deren ganze Liturgie im Töden bestand; so wie einige glauben, daß es noch heut zu Tage: der Unterschied bestehet allein darinnen, daß sie eh'dem nur Tiere schlachteten, iezt aber Menschen: denn einen Ochsen, und dem Moloch zuweilen ein Kind zu opfern, wie eh'dem geschah, halten sie zwar für Greul, aber nicht, ganze Nazionen zu würgen." S. 157.

 

[Ib-12-1781-1782-0081]
"Ein Laienältester ist ein Simeon bei Levi: sein kleiner Finger drükt schwerer als patriarchalische Leiden; ist ein fürstlicher Prälat und ein weltlicher Bischof; ein Zelot von vermischter Natur; geistlich von vorn und ein Lai von hinten; ein regelloser Bruder, der Leinen und Wollen trägt; halb von diesem und halb von einem andern Orden; ein Amphibium; auf dem Troknen eine Bestie; im Wasser ein Fisch; das immer vom Raub, der Gnade oder der Sünde lebt; von aussen ein Schaf, von innen ein Wolf." S. 159.

 

[Ib-12-1781-1782-0082]
"Diese Prediger sind blos das Werk seiner mechanischen Pfoten, durch welche er ihnen die Gottesgelertheit vermittelst der Betastung einflöst: den Augenblik verwandeln sie sich in auserwälte Geschirre; durch die Berürung dazu gemacht, bet so wie man

 

[Manuskriptseite 23]

die Masern erbt, und eben so sagt man, betasten die Kardinäle an einem andern Ort, den neuerwälten Papst." S. 160.

 

[Ib-12-1781-1782-0083]
"Einige Skribenten machen ihre Ritter in ihren Liebeshändeln stets dadurch glüklich, daß sie die Pflaster von ihren Wunden abreissen: gerade wie Krüppel ein Almosen zu bekommen, also tun diese, und gewinnen ihre Damen." S. 170.

 

[Ib-12-1781-1782-0084]
"Es giebt eine gewisse, hochgewachsene, langbeinigte, und zur Verwunderung schnelle Dame, Fama genant. Dieselbe lebt gleich dem magern Kameleon von Luft, und speiset ihre eigne Worte; sie trägt an den Schultern ein Par Flügel, wie hangende Ermel, die durch und durch (wie Poeten bemerkt, und tiefsinnige Mytologisten es bestätigen) mit Oren und Augen und Zungen gefüttert sind. Vermittelst derselben durchfliegt sie den ganzen Luftkreis, und bringt oft Warheit, oft Lügen mit: sie ist wie morgenländische Tauben, mit Briefen und Merkuren aus den entferntesten Ländern behangen; auch mit Kalendern und Zeitungen, die zur Regel dienen, un* was und wie man iederzeit lügen sol. Um den Hals trägt sie ein Feleisen, mit Nachrichten von allerlei Gattung, frischen und stinkenden, befrachtet. p." S. 171-172.

 

[Ib-12-1781-1782-0085]
"Wie Bärte desto erwürdiger werden, ie mer sie gegen die Erde niederwachsen, und wie Kanonen desto höher schiessen ie tiefer ihre Laveten herunter gelassen sind, eben so sol dieses niedrige, zu Boden geworfne Schiksal mich desto mer in die Höhe heben; das sol es, ob Got wil!" S. 180.

 

[Ib-12-1781-1782-0086]
"Wetten sind die Gründe der Narren." S. 181.

 

[Ib-12-1781-1782-0087]
"Ihr könt den nicht lieben, der euch liebt. So suchen Spizbuben immer nur mit solchen zu spielen, die das Spiel nicht ver

 

[Manuskriptseite 24]

stehen. Auf diese Weise brent die Liebe in eurem Herzen eben so vergebens, als vergebens die Lampe in einem alten römischen Aschenkrug, die Toden zu erwärmen, und gerade denen zu leuchten, die nichts dabei sehen." S. 182.

 

[Ib-12-1781-1782-0088]
"Die Liebe ist ein Feuer, das im Herzen brent, wie Kolen, welche russige Chymisten mit Erde bedekken, wenn sie dieselben von Holz extrahiren; und gerade so, müssen Verliebte das Feuer ihrer Passion zudekken, und Sorge tragen, daß es nicht rauche. Sie gleichet ienem verwegnen Diebe, der die gestolnen Ochsen rükwärts in seine Höle zog. Also stilet die Liebe einen Verliebten, und ziehet ihn beim Schwanze in ihre Höle, damit keine dahingehende Fusstapfen ihn entdekken mögen.

 

[Ib-12-1781-1782-0089]
Es ist mit der Liebe wie mit Gleichnisreden, wo man etwas sagt und etwas anders meint. Liebe ist bei allen das Wort, Geld aber der mytologische Sin davon, der ware substanzielle Körper des Schattens, welchem die Aufwartung eigentlich gemacht wird. Wer das Herz einer Dame gewinnen wil, mus wie Kupido, es machen, wenn er den Bogen spant: mus mit der einen Hand sie fortstossen, u. mit der andern sie an sich ziehen." S. 187-188.

 

[Ib-12-1781-1782-0090]
"Unsre Liebe sol immer dauern, sol neue Welten und neue Naturen überleben, und gleich den Monden der Wappenkünstler, stets wachsen, nimmer abnemen und nimmer erblassen.... Ich lasse mich nicht so leicht durch poetische Entzükkungen fangen. Ihr zeigt mir wol so eure Kunst, aber nicht euer Herz, und werdet durch schwülstigen Flitter, das meinige nimmer in Brand sezzen. Die, welche durch Poeterei sich gewinnen läst, ist mer nicht als der Schreibe=Pult, und was immer die Männer von ihr sagen, das versteht sich so wenig von ihrer Person, als von dem Brete, worauf sie sich lenen.

 

[Ib-12-1781-1782-0091]
Einige balsamiren sie bei lebendigem Leibe, grausamer Wei

 

[Manuskriptseite 25]

se, mit arabischen Spezereien ein, oder würzen sie so wie französische Köche ihre Sauces und Ragouts, begegnen ihr barbarisch, daß sie ihre Lippen auf einer Müle schleifen, bis der polirte falsche Edelstein besser für ihren Reim, als für den Mund eines Frauenzimmers sich schikt; vergleichen denselben mit dem Munde einer Auster, und sezzen stat der Zäne eine Reihe von Perlen hinein : andre machen Blumensträusse aus ihren Wangen; von Rot und Weis im höchsten Abstande, und lassen Lilien und Rosen die Stelle des Bleiweis und des indianischen Laks vertreten. Die glänzenden Augen der Schönen verfinstern die Sonne und den Mond am Firmament, und diese sind nur schwarze Flekken, wie die Schönpflästergen, welche sie in Gestalt von Sonne, Monden und Sternen im Gesicht trägt, und aus deren Beschauung, die Astrologen viel weniger als aus der Beschauung des Gestirns am Himmel, sagen können, was für traurige Begegnisse dieselben ihrer Unterwelt vorbedeuten. Ihre Stimme ist die Musik der Himmelssphären; so laut, daß, wie die Philosophen sagen, menschliche Oren davon übertäubt werden; welches denn auch der Grund ist, warum wir sie wirklich nicht hören. Dergleichen Dinge sagen einige, die denen, welche sie in Reimen anbeten, in Prose einen Trit vor dem Hintern geben, und in eben den Bändern, welche sie so lieblich besungen, sie gern aufknüpfen würden. Dichter, denen das harte Schiksal zuteil worden, stets am zierlichsten von denen zu schreiben, die es am wenigsten verdienen: las von der schlechtesten Sache immer das beste gesagt sein, wie falsch oder gezwungen es herauskomme, daran ist nichts gelegen; und wenn es gesagt ist, so gilt es für nichts: alles was sie tun, ist nur den Bogen spannen, unbekümmert, ob es ein Schwan oder eine Gans sei, wornach sie zielen; wie Schafhirten, die ihre gesunden und räudigen Schafe mit demselben Zeichen bezeichnen. Denn Wiz, der zu tief, oder krum ge

 

[Manuskriptseite 26]

boret ist, mus das Ziel stets höher oder seitwärts fassen, sonst wird er, wenn er nicht schlem über das Korn steht, niemals treffen... Last Schönheit und Wiz das Ziel eurer Unternemung sein, denn ie glänzender das Weisse der Zielscheibe ist, ie leichter ist es zu treffen." S. 194-197.

 

[Ib-12-1781-1782-0092]
"Die Liebe wird von den Dichtern als ein Knabe vorgestelt. Sparet man aber die Rute gegen ein Kind, so wird es zum Taugenichts. Ein persischer Monarch strich die Grosmutter desselben, die See, von der seine Mutter, die Venus entsprossen war; daher es kömt, daß von gewissen Erwürden der Gebrauch des Rosmarins bei Liebesaffairen gut geheissen wird; und wie geschikte Bütner die Reifen bald nach der lydischen, bald nach der phrygischen Tonart anklopfen, warum solte ein künstliches taktmässiges Streichen nicht eben so einnemend sein, und hübsche harmonische Bewegungen des Leibes, das Herz einer Dame nicht gewinnen mögen? –" S. 205.

 

[Ib-12-1781-1782-0093]
"Es ist ein seltsames Ding, daß einige Leute auf das Disputiren so ser erpicht, wie Huren auf Brandewein. Es giebt Menschen, die auf ihren Meinungen nur darum steif beharren, damit sie die Freude haben, dieselben zerzerren und zerzausen zu lassen. Andre verwaren ihre Gewissens=Kasus im Futterale, wie Fiedler die Geige; und nemen sie niemals hervor, als wenn es sie iükt, ein Stük zum Disputat aufzuspielen; sezzen den Nuzzen von Warheit und Falschheit, von Recht und Unrecht, nur im Gezänke; disputiren, und ziehen irgend ein Paradoxum, gleich einem engen Stiefel, über die Form, und spannen und strekken es unbarmherziger, als Helmont, Montagne, Wit, oder Zizero iemals getan." S. 211-212.

 

[Ib-12-1781-1782-0094]
"Der Morgen verwandelte, wie ein gesottener Krebs, sein Dunkelbraun in Rot." S. 213.

 

[Manuskriptseite 27]

[Ib-12-1781-1782-0095]
"Vorschneider, sagt man, treffen die Gelenke, wenn sie an einen Hanrei denken; und solte das Gewissen gerichtliche Kasus nicht eben so gut treffen, wenn es auf Ränke bedacht ist?.. Kan nicht das gelerte Iuristenkollegium die Gesezze in ieder Gestalt erscheinen machen, sie bilden und modeln wie die Hexen die leimernen Figuren, wodurch sie die Leute verderben? ... Können diese Herren nicht aus der Tasche spielen? Recht und Unrecht durch geschwinde Handgriffe verwechseln, und ihren Wind teurer verkaufen als Lapländische Zauberer? Spricht nicht die Furcht, die Gunst, die Bestechung, der Gral, über denselben Kasus ungleiche Urteile aus? Wie Sefarer mit demselben Winde nach ungleichen Gegenden segeln können. Wenn die See austrit, und ein Land überschwemt, so dienen die nämlichen Dämme und Sandbänke, welche sie zuvor abgehalten, ihr nunmer, sie inner dem Lande zu behalten; eben so werden Landsgesezze, welche gemacht sind, tyrannische Usurpazion abzuhalten, nachdem diese sich einmal über die Freiheit einer Nazion ergossen, ihr zur Schuzwere." S. 228-230.

 

[Ib-12-1781-1782-0096]
" Die Ere Gleichwie wie die Wasservögel, wenn sie sich eintauchen, doch nicht benezt werden, also blieb er in den Wissenschaften stets ein Stümper." S. 268.

 

[Ib-12-1781-1782-0097]
"Die Menschen wonen nicht auf dem Gipfel der Berge, sondern an den Seiten und dem Fusse derselben: eben so verhält 's sich mit ihnen, in Ansehung der Wissenschaften." S. 288.

 

[Ib-12-1781-1782-0098]
"Also verwunden Spaniens Helden, Ochsen und weibliche Selen mit ihren Lanzen zugleich; und die edelste Dame wird immer die Beute des wegen, der die meisten Kühe zu Witwen machte." S. 317.

 

[Manuskriptseite 28]

[Ib-12-1781-1782-0099]
"Denn wie eine pytagorische Sele alle vierfüssigen Tiere, und Fische und Vögel durchwandert, und den Geschmak von iedem annimt, also war und ist es immer mit der Liebe beschaffen, die, wenn sie auch noch so heftig auf einen Gegenstand gerichtet ist, doch das Herumschweifen nicht lassen kan. Sie ist blos ein abwechselndes Fieber, welches den Pazienten erst Hizzen verursacht, ihn bald aber durch Frost senget, wie das Eisen in Grönland den Finger der es berürt. Sie schmelzt im Ofen der Lust, wie Glas, das eigentlich nichts anders als ein Feuereis ist, und nachdem die Hizze der Einbildung vergangen, wird der Liebhaber eben so spröde und zerbrechlich wie Glas. Denn wenn er mit Liebespulver geladen ist, und Madame oder Mademoiselle die Pfanne mit Zündkraut versehen oder, und den Han aufgespant ist hat, so wird der geringste Funke aus ihren Augen, die Büchse feuern, und von Eidschwüren knallen machen, die aber grade indem sie knalt wieder zurükprelt." S. 337. 338.

 

[Ib-12-1781-1782-0100]
"Sobald die Helden ihre Damen heiraten, so verwandelt sich al ihr voriges Rammeln in vergälte Eifersucht, wie ein umschlagender Wein in scharfen Essig, welches die Alten weislich durch den gelben Brautmantel vorgestelt: denn die Eifersucht ist blos eine Art Tripper und Fäulnis des Gemüts, die natürliche Wirkung der Liebe, wie die Entzündungen an einem andern Orte." S. 339.

 

[Ib-12-1781-1782-0101]
"Ihr würdet euch eben so leicht für eine verwittibte Bierwirtin, die von ihrer Schenke fet und reich geworden, zum Teufel schwören, und eure Rechnung auch wirklich bei einer solchen besser finden; denn alles Fet entzündet sich ser leicht: sie würde von euren Flammen bald Feuer fassen, schmelzen, und die Annemlichkeit ihrer Guineen in eure Taschen herabtriefen lassen, wie eine Kerze das Fet in den Leuchter." S. 351.

 

[Manuskriptseite 29]

[Ib-12-1781-1782-0102]
"Die Naturkündiger schreiben, daß Bremen nur eine Art Bastartbienen sein, die vor einem stürmischen Gewitter, Ochsen und Kühe anfallen, und ihren Stacheln die Stifter ihres eignen Hauses empfinden lassen, als von deren Äsern diese Insekten ihren Ursprung haben. Eben so hatte die Religion, ehe noch der Sturm des Kriegs ausbrach, verschiedne mutwillige und eigensinnige Sekten, die Würmer verdorbner Texte, ausgehekt, welche hernach, zuerst die ganze Religion, und denn auch ieder Schwarm den andern zu Grund richteten." S. 379-381.

 

[Ib-12-1781-1782-0103]
"Sie vertauschten ihre Prügel ans Prozessiren, damit sie das durch Hülfe der Gesezze behalten möchten, was sie anfangs durch Schändung derselben erworben hatten; wie Diebe, die gegen nachiagende Häscher ihre Sicherheit öfters in einem Hanfaker fanden." S. 383.

 

[Ib-12-1781-1782-0104]
"Viele Köpfe stehen dem Fortgang einer Intrigue im Wege; also sind die langsamsten Insekten dieienigen, welche am meisten Füsse haben." S. 397.

 

[Ib-12-1781-1782-0105]
"So genau passete seine Urteilskraft zu seinem Wizze; beide, wenn sie vereinigt waren, besonders geschikt, und von ausnemender Tiefsinnigkeit zu verborgnen Werken der Finsternis, eben wie blinde und schwache Insekten die Erde zu untergraben am geschiktesten sind. *...*

 

[Ib-12-1781-1782-0106]
Gleichwie alte Sünder ein richtiges Wetterglas an ihren Knochen und Gelenken haben, indem sie von ihren Beklemmungen und Schmerzen, auf alle Wendungen und Abwechselungen des Windes und Wetters, zu schliessen wissen, auch alle Mondsveränderungen richtiger durch die Empfindung an ihren eignen Beinen, als durch Napiers Tafeln bestimmen; eben so können grosse Statssünder von ihren Verbrechen einen Sturm prognostiziren, und einige Tage vor Einbruch desselben, an ihrem Gewissen Schmerzen empfinden." S. 106.

 

[Manuskriptseite 30]

[Ib-12-1781-1782-0107]
"Er verteidigte seine loci communes gegen die schreklichsten Anfälle, und unterstüzte das Schwache ihres Unsins mit desto mer Heftigkeit; gleich den Knochen sich raufender Eisenbeiser, die von den Prügeln, so sie empfangen, nur desto steifer werden." S. 409.

 

[Ib-12-1781-1782-0108]
"Wie die Metalle durch den Zusaz, den man ihnen giebt, also werden auch Narren durch ihre Narheit, immer härter und spröder, und die Hartnäkkigkeit wird nirgend wodurch unbiegsamer, als durch einen falschen Glauben." S. 410.

 

[Ib-12-1781-1782-0109]
"Wie schwangere Frauen, die stets nach ausserordentlichen und seltsamen Dingen lüstern; nach lächerlichen und ekelhaften Speisen, und selten nach dem Guten und Gesunden; und wie Weltkörper um ihre Pole, so drehen die menschlichen Kolköpfe sich beständig um ihre Oren, und was man ihnen zuversichtlich einschwazt, das lassen sie sich von der Weisheit selbst nicht mer einreden." S. 424-428.

 

[Ib-12-1781-1782-0110]
"Das einzige Mittel unser Interesse zu befördern, besteht darinnen, daß wir keiner Partei treu sein; so wie die Kugeln am richtigsten laufen, welche mit Fleis verfälscht, und so gemacht werden, daß sie auf der einen Seite überwiegen a) Bei dem Kugelspiele, welches die Engell. auf grünem Wasen spielen, werden die Kugeln auf einer Seite mit Blei beschwert." S. 450

 

[Ib-12-1781-1782-0111]
"Gleichwie die Ägypter ihre alten Ptolemeen durch Bienen, und durch den Stachel derselben, (das Schwerd so sie tragen) Gewalt und Ansehen vorstellen, indem diese kleine Tiergen ihre ganze Kraft in dem Schwanze haben, dergestalt, daß so bald sie an diesem Teile geschwächt sind, die übrigen sie aus ihrem wolgeordneten State verbannen; eben so dachten iene, daß nichts bequemer wäre, die Regierungen vorzustellen, als hieroglyphische Rümpfe. Denn wie bei einem natürlichen Kör

 

[Manuskriptseite 31]

per, der Hintern das Fundament vom Ganzen ist, also wird auch die Regierung bei einer Republik, oder bei einem Königreiche das Steuer genant, wodurch sie, wie segelnde Schiffe, gedreht und gewendet werden, vermittelst des Steisses; des Steisses, womit auch Vögel und Fische durch Luft und See steuern, und denen das Ruder des Hintern stat des Gestirns, und des Kompasses dient. Dieses zeigt klar, wie genau Rumpf und Republik zusammenpassen. Denn wie eine Fliege, die schlafen geht, ihren Steis über den Kopf hinstrekt, eben so hat iezt, in unserm verkerten Zwitterstate, der Pöbel die oberste Gewalt, und lies uns deswegen aufsizzen, damit er uns endlich den Schelmenstreich spielen möchte, uns abzuwerfen.

 

[Ib-12-1781-1782-0112]
Gelerte iüdische Rabbinen schreiben, daß in dem Rumpfe des menschlichen Körpers, ein gewisses Bein, Lüz genant, sich befinde, welches die Eigenschaft besizze, daß nichts in der Natur im Stande sei, es zu beschädigen; daher, wie sie ferner sagen, am grossen Tage der Auferstehung, alle andern Gliedmassen aus diesem Beine, so wie die ganze Pflanze aus einem Sämgen, hervorwachsen werden, weswegen die Anatomiker dieses Bein auch mit Recht os sacrum nennen. Was anders anders mithin als dieses Rumpfbein, könte bequemer sein, das Parlament vorzustellen? Welches so viel mal härtiglich hinausgeworfen ward, aber eben so wunderbar wieder erstand, und wie eine Kazze zenmal wieder auflebte." S. 462-464.

 

[Ib-12-1781-1782-0113]
"Zuviel und zuwenig Furcht macht die Leute gleich herzhaft; und wenn alle Hofnung zu entfliehen dahin ist, so suchen sie dem Tode durch Sterben zu entrinnen, oder sezzen sich mutig entgegen und iagen wie Löwen die vor sich her, vor welchen sie zuerst flohen." S. 473.

 

[Ib-12-1781-1782-0114]
"Daher die Wissenschaft, sich zeitig aus dem Staub zu machen in der Kriegskunst einen Hauptpunkt ausmacht, als wodurch

 

[Manuskriptseite 32]

einige die gloriösesten Taten verrichtet. Wie Kaufleute, die durch Bankerotiren reich werden; und wie Kanonen, welche Armeen bezwingen, indem sie zurüktreten, und vor dem Feinde zu weichen scheinen.... Man richtet oft durch Furcht mer aus, als durch die entschlossenste Tapferkeit: wie Erdbeben, die sonder Schläge töden, und alles nur durch Zittern zu Boden werfen." S. 480-481.

 

[Ib-12-1781-1782-0115]
"Der Ritter machte zum Scheine Ralphs Schelmenstreiche herunter, damit es das Ansehen gewänne, als wären es seine eigne, nach Art aller Beutelschneider, die, wenn sie andre berauben, sich niederbükken, und tun, als ob ihnen selbst etwas entfallen wäre." S. 490.

 

[Ib-12-1781-1782-0116]
"Nicht iene elenden falschen französischen Edelsteine, die ihr in unsre Augen sezt, sondern unsre waren eigentlichen Demanten sind es, die eure verliebte Herzen anfachen und in Brand sezzen. Noch können die falschen St. Martins Knöpfe, welche ihr unsern Lippen gebt, und sie uns tragen macht wie Indianerinnen, euren fressenden Flammen Narung bringen; wol aber die eigentlichen Rubine, die wir in unsern Kistgen verschlossen haben. Nicht die Perlen unsrer Zäne entzükken euch, sondern die, so wir um den Hals tragen, bringen solche verliebte Wirkungen hervor; und nicht die goldnen Harlokken, die ihr uns um den Kopf sezt, sondern die glänzenden Guineen in unsern Kabinetgen, entzünden das wilde Feuer in eurer Brust." S. 516.

 

[Ib-12-1781-1782-0117]
"Kupido's Pfeile treffen am unfelbarsten, wenn sie mit Gold beschlagen sind." S. 518.

 

[Ib-12-1781-1782-0118]
V.

 

[Ib-12-1781-1782-0119]
Physiognomische Reisen. Viertes Heft. p. 1779.

 

[Ib-12-1781-1782-0120]
"Der Richter hatte für die neoterische Kriminalwissenschaft des iungen Gerichtspatrons allen möglichen Respekt, drükt sich für ihn nieder, weil er fürchtete, er möcht' ihn mit dem ritterlichen Scharfblik hezzen, wie ein Has für den Windhund sich in die Furchen drükt." S. 26.

 

[Manuskriptseite 33]

[Ib-12-1781-1782-0121]
"– als beim Desert Iunker Teodor seinen Wiener Flaschenkeller auftät, und die Liqueurs Fines in kleinen Porzionen ausspendete, so daß die Zwergrömer unter den hohen Stengelgläsern mit Doppelkümmel herumhüpften, wie städtische Petitmäters bei einem Kirchweihtanze." S. 43-44.

 

[Ib-12-1781-1782-0122]
"Es bleibt doch dabei: vox viva docet, warum zögen wir auf den gelerten Iarmarkt der Akademien, um dort aus der ersten Hand für bares Geld Wissenschaft und Weisheit einzutauschen, wenn uns diese Artikel, der Hökkenkram unsrer Bücherschränke eben so gut liefern könte?" S. 99.

 

[Ib-12-1781-1782-0123]
"Wem ist unbekant, daß die sogenante Bienenkönigin die algemeine Volksmutter sei, in dem Verstande, wie mancher Fürst des Landes Vater zu heissen verdienet?" S. 135.

 

[Ib-12-1781-1782-0124]
"Wenn draussen der Himmel sich umwölkt, und Sturm und Plazregen verkündigt: so achtet man das wenig, wenn man sich unter sein eigen Dach bergen kan, wenn nur im Haus gut Wetter ist, wenigstens am Horizont des ehelichen Bethimmels. Wetterleuchtet und donnerts aber auch da, – kurz, wird der Haus=Ehefriede unterbrochen: so hält das in die Länge keiner aus, dem nicht das Temperament eines Hakkeklozzes verliehen ist, und da mus endlich aus dem Keim fortwärender Mismütigkeit die Hypochondrie reifen; denn nicht ieder Man ist gegen einen Regengus aus der Ehekammer mit dem Schirm scherzhafter Laune gerüstet, wie der weise Sokrates." S. 146.

 

[Ib-12-1781-1782-0125]
"Wenn der gordische Eheknoten einmal geschlungen ist, kan ihn nur die Todessense oder das Konsistorialschwerd lösen." S. 176.

 

[Ib-12-1781-1782-0126]
"Das gute Kind scheint zur Zeit kalt wie Eis, nämlich wie das Stük Eis, das Anno 40 als der grosse Winter war, bei der Akademie zu St. Petersburg, nach den Regeln der Optik zu einem Brenspiegel aptirt, und dadurch an der Sonne Holz und Stroh angezündet wurde, welches gleichwol, als diese Materialien Feuer gefangen hatten, hernach gar behend von den Flammen sol ge

 

[Manuskriptseite 34]

schmolzen sein. Dürfte sich das hier wol auch begeben: die drei Kompetenten brennen traun! lichterloh wie dürres Holz. Solt' ihr zartes Herz bei dieser Liebesglut nicht auch zerschmilzen, so wärs ein sicher Zeichen, daß ein unbekanter Schirmvertreter dazwischen stünd, und der übermässigen Hiz abwerte, daß sie nicht wirken kan." S. 214-215.

 

[Ib-12-1781-1782-0127]
"Dieser war nie mein Held.

 

[Ib-12-1781-1782-0128]
Ei nun, wenn er nur Lotchens Schmetterling ist. Die Mädgen kümmern sich um diesen mer als um den väterlichen Held, denken über den Punkt genau so, wie die Varrentrap Son und Wenner'schen Enzyklopädisten, die dem Schmetterling Achilles einen langen Artikel geben, um den Held Achilles kaum in Vorbeigehen nennen." S. 227-228.

 

[Ib-12-1781-1782-0129]
"Nun haben zwar die Tischreden zwar das Privilegium, daß sie einen gleich starken Zusaz von Aberwiz und Torheit, wie die Scheidemünze von Kupfer vertragen, und dennoch Kours behalten, wie die gedrukten zur Genüge beweisen: wenn aber das Salzfas des Wizzes gar umgestossen, zu tief in die Büchse der Schrauberei hinein gegriffen, oder der faulende Topf der Zweideutigkeiten zu ser aufgerürt wird, so verderbt mir das alle Eslust p." S. 240-241.

 

[Ib-12-1781-1782-0130]
"Mit den wizzigen Einfällen, dacht' ich, ists doch schier wie mit der Ialappeneichel, mit welcher ich meine Enten daheim zweimal im Iar zu purgiren pflege. Denn wenn ich nach der Vorschrift des Pariser Dictionnaire de l'industrie , eine Eichel wol mit Ialappenwurz abgekocht habe, versamle ich mein Entenvolk; und wenn sie nun horchsam da stehen, und mit dem Verlangen eines ungeduldigen Parterres harren, was ihnen zum besten gegeben werden sol, werf' ich meine Panazee unter sie, die denn gierig von einem Entvogel verschlungen wird, der sie vermög' ihrer wirksamen Kraft nicht lang bei sich behält, sondern bald unverdaut von sich giebt,

 

[Manuskriptseite 35]

da sie einem andern, der diesen herlichen Bissen am ersten erhascht, zu Teil wird, one von ihrer Kraft etwas zu verlieren. So durchwandert die medizinische Eichel nach und nach alle Entenmägen, und komt iedesmal mit neuen Kruditäten verbunden zum Vorschein, wie ein wizziger Einfal der oft wiederholt wird. - Wenn daher auf der einen Seite der Tafelwiz einer Ialappeneichel gleich, so war er auf der andern der berüchtigten versteinerten Leibesfrucht änlich, welche ein Weib als eine ehliche Bürde, nach Bericht der Berliner Memoiren, ganzer 22 Iar mit sich her umgetragen haben sol, eh' sie davon entbunden wurde, und als dieselbe nun endlich ans Licht kam, war doch weder Geist noch Leben drin, sondern war und blieb ein todes, schwerfälliges, unbehülfliches Wesen." S. 242-243.

 

[Ib-12-1781-1782-0131]
"Wars nicht übler Teehumor, der das auflodernde Kriegsfeuer diesseit und ienseit des Weltmers zuerst entzündet hat, welches alle Teekessel in der Welt nicht wieder auszulöschen vermögend sind?" S. 250.

 

[Ib-12-1781-1782-0132]
VI.

 

[Ib-12-1781-1782-0133]
Lebensläufe nach aufsteigender Linie nebst Beilagen A, B, C. Meines Lebenslaufs dritter Teil. Zweiter Band. Beilage C. Beschlus. Berlin 1781, bei Ch. F. Vos u. Son.

 

[Ib-12-1781-1782-0134]
"Da könt' eine Akademie erkoren werden, Professores, akademische Lerer zu bilden. Last uns Professores machen, Bilder, die uns gleich sind." S. 5.

 

[Ib-12-1781-1782-0135]
"Warlich, daß es mit dem menschlichen Geschlechte so wenig fortwil, daß es nicht von einer Stelle komt, liegt am Lerstande. Das arme Menschengeschlecht, wie es da noch immer in seinem Blute liegt? und was tun unsre Gros= und Kleinsprecher? Sie bestellen einen schönen eichenen Sarg, mit im Feuer vergoldeten Griffen, um für ein Standsmässiges Begräbnis Sorge zu tragen. Die meisten Lerer sind curatores funeris, Leichenbesorger. Got, wan erschalt die Stimme, sie komme aus Osten, Süden, Westen, Norden, wenn sie nur erschalt: du solt leben." S. 6-7.

 

[Manuskriptseite 36]

[Ib-12-1781-1782-0136]
"Würd' es nicht Früchte bringen in Geduld, wenn man die Saat nach der erwünschten Ernde, den Unterricht nach der künftigen Anwendung, einrichten möchte? Iezt stehn die Studirende nicht viel ordentlicher, als die Bücher in den meisten Biblioteken, nach der Grösse, nach den Bänden, nach dem Schnit, nach der Anwerbung. Es felt nur noch, nach dem Verleger und Drukort. Das Drukiar, worauf am wenigsten gesehen wird, würde vielleicht ein Umstand sein, der nicht im mindesten zu verwerfen wäre. – Der Professor hängt iezt den Brodkorb bald zu hoch, bald zu niedrig, und wie oft vergessen nicht die Speisemeister auf Universitäten über der Sele den Leib! Zanket nicht auf dem Wege, sagte Ioseph zu seinen lieben Brüdern, da er ihnen den Zerpfennig gab, und warlich dies solte die Losung aller Universitäten sei. Durchs Zanken wird zwar die Schale polirt; der Kern aber troknet ein in diesem fein geschlifnen Gehäuse." S. 7-8.

 

[Ib-12-1781-1782-0137]
"Berlin sah ich vor mir; den Paradeplaz nämlich in Berlin und Potsdam, wo der König, wie die Sonne auf ein Geländer Pfirschen, wirkt; dan schien es, daß sich ein Gedanke in mir hob, der wolte und noch nicht konte. Man mus ihm seine neun Monden Zeit lassen! – Getauft sol er werden, wenn er zur Welt komt. –" S. 10.

 

[Ib-12-1781-1782-0138]
"Wie aber, wenn es der Geistliche mit der Ewigkeit so machte, wie geizige Leute, die aus Furcht, in ihrem Lande das Ihrige durch Handel und Wandel zu verlieren, die überflüssigen Kapitalien in auswärtige Banquen senden; oder sie auf sichere Hypoteken eintabuliren lassen, um ein recht gemächliches Zinsenleben füren zu können? Man sehe sich doch um, läst sich denn der Geistliche nicht weit lieber bei seinem Lehenspatron, als bei Abraham, Isaak und Iakob, zu Tische bitten?" S. 12-13.

 

[Manuskriptseite 37]

[Ib-12-1781-1782-0139]
"Die Hoch und wol geordnete und eben so auch verordnete Bibliotek in Göttingen ist nicht ein Schaz für Motten und Rost; wornach höchstens die Diebe graben und stelen. Sie ist ein öffentliches Haus, wo ieder einen Zutrit hat. Die Bemerkung meines Vaters wie war! Eine Universität und keine Bibliotek, ist ein Weinhaus one Keller – da geh' ich doch hundertmal lieber in einen Keller, so finster es auch drin aussieht, und so schwer hinabzusteigen er auch ist, und trinke die Gabe Gottes frisch und kräftig, fast wie an der Quelle, lieber, sag' ich, als daß ich in manchem prächtigen Auditorio lange gestandnen, warm gewordnen Wein aus einem begriffenen Geschir trinken solte. Das Geschir mag patriarchalisch, griechisch, gotisch oder modisch gearbeitet sein. Eine Universität und eine Bibliotek sind sich so nahe verwand, daß ich behaupten könte, eine Akademie sei nichts weiter, als eine Bibliotek, wo es oft genug ist, zu wissen, im Schranke linker Hand, da und da!" S. 16-17.

 

[Ib-12-1781-1782-0140]
"Man hält die Zunge für bestochen, für gedungen. Sie ist höchstens ein Hauszeuge. Eben darum der natürliche Hang zur Physiognomik. Man wil in den Augen sehen, wie dem Menschen ums Herz ist.... Ich würde weit eher aus dem Kleide, aus dem Pferde, den Menschen beurteilen, als aus seinen Gesichtszügen und andern Schilden, die er vielleicht mit gutem Vorbedacht aushängt, und vom besten Stadmaler zeichnen läst. Wäre hier zur Gewisheit zu kommen, würden die Folgen nicht eben so gefärlich sein, als es die von der Gewisheit unsrer Todesstunde sind? Ich gebe selbst zu, Gottes Finger habe ins Gesicht dem Menschen sein Testimonium geschrieben; wer kan aber Gottes Hand lesen? Da sie auf Kain's Stirn leserlich werden solte, muste sie verständlich gemacht und mit roter Tinte unterstrichen werden." S. 19.

 

[Ib-12-1781-1782-0141]
"Leichter ist's, die Sphären=Musik zu hören, oder ein Dichter zu sein, als abstrakte Sachen anzuschauen und anschauend zu machen! – Nur Sontagskinder können Geister sehen, so wie Leibniz z. B. auf einem Baum das Prinzipium indiszernibilium. Zwar geben

 

[Manuskriptseite 38]

sich auch etliche mit Geisterbeschwörungen ab; allein ich halte nichts von der Klavikula Salomonis, und wer weis nicht, wie es dem D. Faust gegangen?

 

[Ib-12-1781-1782-0142]
Der Fus schläft zuweilen ein und wer kan alsdenn von hinnen? Man nent dies best besterben; wer sagt aber, daß der Kopf bestirbt, und doch bestirbt er eben so, und aus eben der Ursache, wie der Fus. Wir merken nicht so stark auf das, was den Organenbeweger trift, als auf die Organe. Ungern lassen wir etwas auf den Kopf kommen, den wir zur Schau tragen, für ieden, der Lust und Liebe zu sehen hat. Wir tun gegen alle Welt gros damit. Dem Man der Hut, dem Weibe die Kinder. Den Hut können wir mit leichter Mühe abnemen; sonst würden wir ihm die Würde eines Erenzeichens nicht einräumen. Es giebt Völker, die das Haupt blössen, wenn sie mit Got reden, und Völker, die es dekken. Die es blössen, tun es bei Leibe nicht, um den Kopf gegen Got nichts zu vergeben; sie wollen vielmer zeigen, daß auch der Kopf ein armer grosser Sünder sei. Völker, die ihr Haupt dekken, schöpfen aus der nämlichen Quelle. Sie schämen sich, vor Got ihr Licht leuchten zu lassen, und kriechen unter die Bäume im Garten. – – –

 

[Ib-12-1781-1782-0143]
Solte hie und da ein Kunstrichter von meinem Kopf zu behaupten für bequem finden, daß er zuweilen besterbe – so mag er wissen, wie man der Erde nicht ansehe, daß sie spornstreichs laufe." S. 22-23.

 

[Ib-12-1781-1782-0144]
"Wir sind alle faul von Natur, und brauchen Leidenschaften=Vorgespan, um weiter zu kommen." S. 29.

 

[Ib-12-1781-1782-0145]
"Unser guter Herman reist beim lezten Vers des Liedes alle Züge seines Positives auf, und die gewönlichen Redner und Schreiber suchen mit einem epigrammatischen Gedanken zu schliessen." S. 30.

 

[Ib-12-1781-1782-0146]
"Wir glauben vom Tode so wie die Iünger von ihrem Hern und Meister, er sei ein Gespenst." S. 33.

 

[Manuskriptseite 39]

[Ib-12-1781-1782-0147]
"Meine Mutter fand im diesseitigen Leben zwar Dornen und Disteln; allein auch Veilchen, Himmelschlüsselgen und Krausemünze." S. 39-40.

 

[Ib-12-1781-1782-0148]
"Ich verstehe die Linde nicht mer, wenn sie in der Gegend den Priester vorstelt, wenn sie sich erfurchtsvol neigt, das kleine Gesträuch segnet und für selbiges betet. Es rüret mich nicht mer, wenn dieses kleine Gesträuch so rings um die priesterliche Linde steht, und mit deinem Geist lispelt, oder wenn es vielmer, nach russischer Art mit einem Gospodi pumilu sich bükt. – Wie schwer atme ich den Balsam des schönen Morgens ein! Ists mir doch nicht anders, als wenn ich Arznei einnäme..... Da ärgert mich der Baum, der gerade wachsen könte, und aus Eitelkeit schief wird, um sich in dem kleinen Gewässer zu bespiegeln, das in einiger Entfernung blinket – und dort verdriest mich das elende Kraut, das sich auf der stolz herausgewachsenen Wurzel der Eiche niederläst, und diesen edlen Baum chikanirt, wie oft der Pöbel grosse Männer." S. 42-43.

 

[Ib-12-1781-1782-0149]
"Das Herz spielt weniger Streiche als die Vernunft. Die Vernunft ist eine Gemeinur, ieder schiebt ihren Zeiger; das Herz trag' ich bei mir. ... Das Portrait meiner Mutter war weibliche Schwachheit, im Arm mänlicher Stärke. Vater und Son können an einem Tage taufen lassen. Ein Pomeranzenbaum hat Früchte und Blüte." S. 68-69.

 

[Ib-12-1781-1782-0150]
"Sokrates lies einen Han opfern, um seine Religionsgrundsäzze zu läugnen. So mus ein Han immer bei der Verläugnung sein!" S. 89.

 

[Ib-12-1781-1782-0151]
"Wenn ich mit Menschen= und mit Engelzungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wär ich ein tönend Erz und eine klingende Schelle. Wenn man dem Hun nicht ein Nest bereitet, legt es in die Nessel. Auch Wasser wird Lauge, wenn es durch Asche gesengt wird. Seht! seine Einfalt erhebt den Wiz, wie Schatten das Licht. Wenn die Natur ein Korhemde anzieht, ist sie das Christentum." S. 91.

 

[Ib-12-1781-1782-0152]
"Apfelblüten vom Baum des Erkentnisses Gutes und Böses waren auf Minen's Wange; iezt Blüten vom Baum des Lebens." S. 92.

 

[Manuskriptseite 40]

[Ib-12-1781-1782-0153]
"Der Tod hat auch sein Sontagskleid. Alte Leute in Doktorhänden, wären sie auch des D.Saft seine, sind Maien, die abgerissen von der Natur und im Wasser stehen! –" S. 94.

 

[Ib-12-1781-1782-0154]
"Ihre Händ lebten mit der Zunge in Gemeinschaft. Sie schrieben sich et Kompagnie." S. 127.

 

[Ib-12-1781-1782-0155]
"Wer Worte aufmuzt, war ihr ein Han, der den Auskerigt nachkert." S. 130.

 

[Ib-12-1781-1782-0156]
"Mein Vater hatte ihm einige Stellen aus den Alten verdeutschet, und er hies sie ein Brenglas, wodurch wir die Sonne an die Pfeife zögen." S. 165.

 

[Ib-12-1781-1782-0157]
"Die vier Elemente, Feuer, Luft, Wasser, Erde, nante er die vier Temperamente der Natur! – die fünf Sinnen, die Poststrassen zur Sele." S. 173.

 

[Ib-12-1781-1782-0158]
"Den historischen Warheiten geht es, wie den alten Leuten, ie älter, ie schwächer." – S. 199.

 

[Ib-12-1781-1782-0159]
"Lachen ist ein Kranz, der gemeinhin sauren Wein anpreiset: meine Freude braucht keinen Kranz." S. 233

 

[Ib-12-1781-1782-0160]
"Noch nie hat sich ein Mensch seiner Sünden als Sünden gerümt. Er wolte vielmer durch diese seine Offenherzigkeit den andern auf das Gute aufmerksam machen, was in diesem Bösen lag. Wer Böses von sich sagt, ist oft der feinste Lobredner auf sich... Wen er lieb hat, den züchtigt er, könte man vom Menschen sagen, der übel von sich spricht." S. 237-238.

 

[Ib-12-1781-1782-0161]
"Aufforderungen zu guten Handlungen sind nicht Handlungen selbst; das Geläute keine Predigt. Der Christ hat zwar seinen Stern am Himmel, wie die Weisen aus dem Morgenlande; allein er mus auch seine Lampe in der Hand halten, wie die fünf klugen Iungfrauen." S. 244.

 

[Ib-12-1781-1782-0162]
"Nur im Grabe hat der Mensch alles unter seine Füsse getan. Die sechs Seiten des Kubus sind nicht der ganze Inhalt unsers Seins." S. 258.

 

[Manuskriptseite 41]

[Ib-12-1781-1782-0163]
"Man sieht den Krieg als eine Statsaderlasse an, und vielleicht nicht one Grund." S. 319.

 

[Ib-12-1781-1782-0164]
"Über die fremden Worte beim Exerziren war der Offizier am verlegensten: die Herren, sagte der Professor, sind alle deutsche Briefe mit französischen Aufschriften." S. 320-321.

 

[Ib-12-1781-1782-0165]
"Der Engländer vergräbt alles in sich; zuweilen gräbt er's auf, um diesem oder ienem Toden den Ring vom Finger zu ziehen. Man sieht aber fast immer noch am Ringe ein Stük vom Finger! - " S. 451.

 

[Ib-12-1781-1782-0166]
"Die Sinnen bringen nur auf etwas, das schon da ist. Sie dekken nur den Tisch, um die fertigen Schüsseln aufzutragen." S. 470.

 

[Ib-12-1781-1782-0167]
"Der Trost hält Stich, wenn man alle zerstreute Züge in einen Brenpunkt zu vereinigen sucht. Er ist wie die Schönheit, die häslich wird, so bald man sie zergliedert. Das dressirteste Pferd stolpert unter einem schlechten Reuter, und auch den härtesten Stein weis der Künstler so weich darzustellen, so warm zu machen, daß man glaubt, es sei Blut in ihm!" S. 618.

 

[Ib-12-1781-1782-0168]
"Die Lerche singt im Fluge, so auch der ächte Dichter. Der Philosoph steht." S. 628.

 

[Ib-12-1781-1782-0169]
"Den Magen nant er die Wurzel des Tiers; das Gehirn die Wurzel der Sele." S. 631.

 

[Ib-12-1781-1782-0170]
"Wie die Blumen und Bäume da schlafen, sagt er an einem schönen Abend zu mir, Sieh! einige Blätter legen die Füsse zusammen, andre legen sich ganz zu! Zweige beugen sich, als wenn du im Stul eingeschlummert bist. Wie schön alles eingeschlummert ist! Gute Nacht! lieber Mond." S. 638.

 

[Ib-12-1781-1782-0171]
VII.

 

[Ib-12-1781-1782-0172]
Schriften von Helfrich Peter Sturz. Erste Samlung. Leipzig, bei Weidmans p. 1779.

 

[Ib-12-1781-1782-0173]
"Manche Staten gleichen den Alpengebirgen; woltätige Fruchtbarkeit weilt weilt in der Mitte, und die Gipfel bleiben kal." S. 74.

 

[Ib-12-1781-1782-0174]
"Wer gesteht sich nicht in seinem Herzen, daß Trieb nach Genus der einzige Genus Grund aller Wirksamkeit sei. Ein woltätiger Fürst opfert darum nicht Bequemlichkeit und Kräfte, weil er ein leibeigner Knecht seiner Tugend ist, der sein Tagewerk one Bezalung verrichtet. Es**

 

[Manuskriptseite 42]

Er fordert eine hohe Belonung dafür; er ringt nach der Wollust der Liebe. Der Tiran hingegen giebt Achtung und Sicherheit für die gefärliche Befriedigung hin, kein Gesez als seinen Willen zu erkennen. Alle iagen nach ihrer Lieblingsfreude; ieder zalt für die Güter, die ihm behagen, den Preis, für welchen sie feil stehen. Als Schwerin die Fane ergrif, und an der Spizze seiner Haufen, entschlossen in die Feinde stürmte, so geschah es wol nicht, um eine Kugel freiwillig aufzusuchen, um der Nachwelt das Beispiel eines schönen edlen Todes zu geben; sondern ihm winkte der Triumph ienseits der Gefar, er folgte der Zauberstimme des Rums. Ieden Mutigen stärkt die Hofnung des Sieges, und er unterdrükt die Furcht des Mislingens.

 

[Ib-12-1781-1782-0175]
Selbst die Daziusse, die Kurziusse, ia die Chatels und die Ravaillac's weihten sich allein aus Eigennuz einem unvermeidlichen Tode. Die edlen Römer starben nicht ganz; ihr Name dauerte in der Geschichte; sie standen in vererten Bildsäulen da, unter den Errettern ihres Vaterlandes; ihre Manes stiegen hinab zu der Wonung glüklicher Schatten, und die verleiteten Meuchelmörder harten, mit der Hostie im Munde, im Vertrauen an den Löseschlüssel, auf die verbrieften Freuden der Seligkeit." S. 76-77.

 

[Ib-12-1781-1782-0176]
"Nichts kontrastirt mer in dem Kreise, als der weise, tiefsinnige Neker, der, wie eine hohe Eiche unter Maienblümgen, da steht. Dieser seltene Man kam one Mittel nach Paris; durch Glük und Fleis im Handel, vorzüglich aber durch seine Einsicht in die Symptomen des öffentlichen Kredits, durch seine Würdigung der Statspapiere in verschiednen Zeiten und Umständen, hat er ein grosses Vermögen erworben, endlich erhub ihn sein Ansehn zur erenvollen Stelle eines Ministers seines Vaterlands. Wenige kennen, wie er, die Verfassung dieses Stats, wenige reden so unterrichtend über den Gang seiner Tätigkeit, über den Umlauf und die Erneuerung innerer Kräfte. Man hängt an seinem Munde, wenn er, lichthel, die Systeme verschiedner Minister entfal

 

[Manuskriptseite 43]

tet, sie aus ihren Epochen heraushebt, alsdan nach dem Bedürfnis ihrer Zeiten schäzt, und ihre Feler und Vorzüge abwiegt. Alles ruft iezt schwärmerisch nach Handelsfreiheit; Neker, unbetäubt, zieht die Linie der Warheit zwischen Unordnung und Finanztirannei, zeigt, wie man plündert, und wie man erntet, und das alles kalt und ruhig, one zu widerlegen oder zu streiten, immer karg an Worten und reich an Geist." S. 105-106.

 

[Ib-12-1781-1782-0177]
"Ihr andet Wonnedank künftiger Geschlechter? für Wiz, der, wie ein Regenbogen, nur schimmert, so lang die Tropfen noch schweben?" S. 22.

 

[Ib-12-1781-1782-0178]
VII.

 

[Ib-12-1781-1782-0179]
William Shakespear's Schauspiele. Von Ioh. Ioach. Eschenburg. Erster Band. Zürch, bei Orel, Gesner, Fuesslin und Kompagnie. 1775.

 

[Ib-12-1781-1782-0180]
1) Der Sturm.

 

[Ib-12-1781-1782-0181]

"Da er sich im Besiz meiner Einkünfte und meiner Gewalt sah, so machte er's, wie einer, der durch häufiges Erzälen der nämlichen Unwarheit einen solchen Sünder aus seinem Gewissen gemacht hat, daß er selbst seiner Lüge glaubt; er hatte so lange die Rolle des Herzogs mit allen ihren Vorrechten gespielt, daß er sich zulezt einbildete, er sei wirklich der Herzog."

 

[Ib-12-1781-1782-0182]

S. 24.

 

[Ib-12-1781-1782-0183]

"Er schlingt, in einer seltsamen Gegend der Insel, die Arme in diesen traurigen Knoten und kült die Luft mit seinen Seufzern ab."

 

[Ib-12-1781-1782-0184]

S. 30.

 

[Ib-12-1781-1782-0185]

"Seitenstiche sollen deinen Atem einzwängen und Igel sollen sich die ganze Nacht durch an dir ermüden."

 

[Ib-12-1781-1782-0186]

S. 37.

 

[Ib-12-1781-1782-0187]

"Der Gram, der Krebs der Schönheit, hat ihn entstelt."

 

[Ib-12-1781-1782-0188]

Seit. 41.

 

[Ib-12-1781-1782-0189]

"Ihre schwere Verschuldung, gleich einem Gifte, das erst nach langer Zeit wirken sol, fängt nun an, ihre Lebensgeister zu nagen."

 

[Ib-12-1781-1782-0190]

S. 91.

 

[Ib-12-1781-1782-0191]

"Diese unsre Schauspieler waren, wie gesagt, lauter Geister, und zerflossen wieder in Luft, in dünne Luft. Eben so, wie diese bestandlosen Luftgesichte, werden die mit Wolken bekränzten Türme, die statlichen Palläste die feierlichen Tempel und diese grosse Erdkugel selbst, und alles, was sie in sich fast, einmal zerschmelzen, und, gleich diesem d verschwundnen grundlosen Schauspiel, nicht die mindeste Spur zurüklassen.

 

[Manuskriptseite 44]

Wir sind solcher Stof, woraus Träume gemacht werden; und unser kleines Leben ist rings umher mit einem Schlaf' umgränzt."

 

[Ib-12-1781-1782-0192]

S. 1 99-100.

 

[Ib-12-1781-1782-0193]

"Die Zeit geht nun aufrecht mit ihrer Bürde."

 

[Ib-12-1781-1782-0194]

S. 107.

 

[Ib-12-1781-1782-0195]
2) Ein Sommernachtstraum.

 

[Ib-12-1781-1782-0196]
" – – – Du hast durch Bänder
Von deinem Har, durch Ringe, Tändeleien,
Durch Näschereien, Puppen, Blumensträusse,
Verfürungen der unbewachten Iugend,
Den Abdruk ihrer Phantasie gestolen."

S. 128.

 

[Ib-12-1781-1782-0197]
" – – – Ist dein Blut
So kül, und hast du, wenn du deines Vaters
Beschlosner Wal dich nicht ergeben wilst,
Auch Mut genug, auf ewig eingeschleiert,
In eines öden Klosters trübe Schatten
Verschlossen, eine unfruchtbare Schwester,
Dein Leben hinzuleben, schwache Hymnen
Dem unfruchtbaren Mond' entgegen ächzend. – –
Dreimal beglükt, die, ihres Blutes Meister,
Solch eine keusche Pilgerschaft ertragen!
Doch ird'scher glüklich ist die abgepflükte Rose,
Als die am unvermälten Stokke welkend
In einzelner Glükseligkeit, von niemand
Genossen, einsam wächst, und blüht, und hinstirbt."

S. 130-131.

 

[Ib-12-1781-1782-0198]
"Hätt' ich die Welt; nur den Demetrius
Näm' ich davon, und gäbe dir das andre."

S. 136.

 

[Ib-12-1781-1782-0199]
" – Morg – – Morgen Mitternachts,
Wenn in der Wellen feuchtem Spiegel Phöbe
Ihr Silberangesicht beschaut, und mit
Zerflosnen Perlen grüne Rosen dekt p.,."

S. 137.

 

[Ib-12-1781-1782-0200]
"Umsonst hat nun der Stier sein Ioch getragen,
Der Akkersman hat seinen Schweis verloren,

[Manuskriptseite 45]


Die grüne Äre fault, eh' ihre Iugend
Das erste Milchhar eines Bartes kränzt.
Ler stehn die Hürden im ertränkten Felde,
Und Krähen mästet die ersäufte Herde.
Mit Schlamme liegt der Kegelplaz erfült,
Unkenbar und verschwemt der glatte Pfad,
Der durch des Frülings grüne Labyrinte
Sonst leitete. Die Sterblichen entberen
Der Winterkürzenden gewonten Freuden,
Und keine Nacht wird Hymnen mer geweiht.
Nur Luna, die Beherscherin der Fluten,
Vor Unmut bleich, wäscht überal die Luft,
Und füllet sie mit fieberhaften Flüssen.
Die Iareszeiten selbst verwirren sich,
Beschneite Fröste sinken in den Schos
Der frischen Ros', und auf des alten Winters
Eisgrauen Scheitel wird, als wie zum Spot,
Ein Kranz gesezt von holden Sommerknospen."

S. 151.

 

[Ib-12-1781-1782-0201]
"Ich sah – – – – – – –
Den Liebesgot in hast'ger Unruh, zwischen
Dem Erdbal und dem kalten Monde fliegen.
Er hielt, und richtete den straffen Bogen
Nach einer götlichen Vestalin, die *
In Westen tront', und schos mit solcher Macht
Den Liebespfeil von seinem Bogen ab,
Als solt' er hunderttausend Herzen spalten.
Allein ich sah es, wie sein feur'ger Pfeil
Im keuschen Stral des feuchten Monds sich löschte,
Und in iungfräulichen Betrachtungen,
Mit freiem Geist, die königliche Schöne
Vorüber gieng. Da merkt' ich, wo der Pfeil
Des Amors fiel; nach Westen fiel er hin
Auf eine kleine Blume, vormals weis

 

[Manuskriptseite 46]

Wie Milch; iezt rötlich von der Liebeswunde;
Und Mädgen nennen sie die müss'ge Liebe."

S. 154-156.

 

[Ib-12-1781-1782-0202]
"O ist das alles, alles schon vergessen?
Die Schulzeitsfreundschaft, und die spielende
Schuldlose Liebe unsrer frohen Kindheit?
Da, Hermia, schufen wir mit unsern Nadeln,
Gleich zwei kunstvollen Göttern, Eine Blume
Nach Einem Ris, auf einem Polster sizzend,
Und gurgelten nach Einer Melodie
Ein muntres Lied, die Arbeit zu beleben,
Als wären unsre Stimmen, Händ', und Herzen
Verkörpert, nur Ein Leib gewesen. So,
So wuchsen wir, wie eine Doppelkirsche,
Geteilt zwar scheinend, doch in Eins verwachsen,
Beisammen auf; zwei anmutvolle Beren,
An Einem Stiele reifend; so, zwei Leiber,
Dem Scheine nach, doch nur Ein Herz in beiden,
Und änlich zwei verbundnen Wappenrökken,
Für Einen nur, mit Einem Helm gekrönt."

S. 188.

 

[Ib-12-1781-1782-0203]
"Bis über ihre Augenlieder hin
Der Schlaf, mit Lederflügeln, und mit Füssen
Von Blei, dem Tod' nachäffend, kriecht; – –"

S. 196.

 

[Ib-12-1781-1782-0204]
"Denn was dem Unvermögen armer Pflicht
Zu schwer wird, mist die edle Rüksicht nur
Nach ihrer Kraft, nicht nach dem Wert. Wohin
Ich kam, begrüsten Statsgelerte mich
Mit ausstudiertem Glükwunsch, und ich sah
Sie zittern und erblassen, in der Mitte
Der schönsten Sprüche stokken, sah vor Furcht
Die sonst beredte Zunge stamlen; endlich
Verstumten sie, und brachen eher ab,

 

[Manuskriptseite 47]

Als sie mir Glük gewünscht. Und, glaube mir,
O Teure, selbst aus diesem Schweigen sucht' ich
Den Glükwunsch doch heraus; in ihrer scheuen Be
Bescheidenheit las ich soviel, als ie
Die Plapperzunge dreister, unverschämter
Beredsamkeit mir sagte. Denn die Liebe,
Und Einfalt mit gebundner Zunge, reden
Für mich mit wen'gem viel."

S. 218.

 

[Ib-12-1781-1782-0205]
3) Die beiden Veroneser.

 

[Ib-12-1781-1782-0206]

"Die gewaltige Macht der Liebe hat mich mit bitterm Fasten, mit büssenden Seufzern, mit nächtlichen Tränen und täglichem Kummer bestraft; hat, meinen Frevel zu rächen, den Schlaf von meinen bezwungnen Augen vertrieben, und sie zu Wächtern über die Sorgen meines Herzens gemacht."

 

[Ib-12-1781-1782-0207]

S. 272.

 

[Ib-12-1781-1782-0208]

"Unvorsichtige Gelübde können mit Vorsicht gebrochen werden."

 

[Ib-12-1781-1782-0209]

Seit. 279.

 

[Ib-12-1781-1782-0210]

"Du weist, der Bach, der sonst mit sanftem Murmeln dahin schleicht, wütet ungeduldig, sobald er gehemt wird; aber las ihm seinen freien Lauf, so rieselt er musikalisch über den Schmelz seiner bunten Kiesel hinweg, küst freundlich iedes Schilfror, das er auf seiner Wanderschaft antrift, und irt so durch tausend krumme Wendungen, mit freiwilligem Spiele, dem wilden Ozean zu. Las mich also gehen, und hindre meinen Lauf nicht. Ich wil so geduldig sein, als ein sanfter Strom, und mir aus iedem ermüdenden Schritte einen Zeitvertreib machen, bis der lezte mich zu meinem Geliebten gebracht hat; und dort wil ich ruhen, wie, nach überstandenem Ungemach des Lebens, eine glükliche Sele im Elysium."

 

[Ib-12-1781-1782-0211]

S. 282.

 

[Ib-12-1781-1782-0212]
VIIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0213]
Abrecht's von Haller, pp. Versuch schweizerischer Gedichte. Elfte vermerte und verbesserte Auflage. Karlsruhe, bei Christian Gotlieb Schneider. 1778.

 

[Ib-12-1781-1782-0214]
1)

 

[Ib-12-1781-1782-0215]
Über die Ere.
"Als aus des neuen Gottes Wunden
Das Blut entgieng, die Kräfte schwunden,
Wog Fama ieden Tropfen ab;
Allein das Werkzeug seiner Siege,

 

[Manuskriptseite 48]

Die Mitgefärten seiner Kriege,
Verschart mit ihrem Rum ein Grab...
Baut, eitle Herscher unterm Süden,
Die unzerstörbarn Pyramiden,
Gepflastert mit des Volkes Blut,
Doch wist, daß einst der Würmer Speise,
Man unterm Stein vom höchste Preise
Nicht besser als im Rasen ruft."

S. 11-12.

 

[Ib-12-1781-1782-0216]
2)

 

[Ib-12-1781-1782-0217]
Die Alpen.
"Beglükte güldne Zeit, Geschenk der ersten Güte,
O daß der Himmel dich so zeitig weggerükt!
Nicht, weil die iunge Welt in stätem Früling blühte,
Und nie ein scharfer Nord die Blumen abgepflükt.
Nicht, weil freiwillig Korn die falben Felder dekte,
Und Honig mit der Milch in dikken Strömen lief;
Nicht, weil kein küner Löw' die schwachen Hürden schrekte,
Und ein verirtes Lam bei Wölfen sicher schlief;
Nein, weil der Mensch zum Glük den Überflus nicht zälte,
Ihm Notdurft Reichtum war, und Gold zum Sorgen felte.
Ihr Schüler der Natur, ihr kent noch güldne Zeiten!
Nicht zwar ein Dichterreich vol fabelhafter Pracht,
Wer mist den äussern Glanz scheinbarer Eitelkeiten,
Wan Tugend Müh zur Lust, und Armut glüklich macht?
Das Schiksal hat euch hier kein Tempe zugesprochen,
Die Wolken, die ihr trinkt, sind schwer von Reif und Stral;
Der lange Winter kürzt des Frülings späte Wochen,
Und ein verewigt Eis umringt das küle Tal;
Doch eurer Sitten Wert hat alles das verbessert,
Der Elemente Neid hat euer Glük vergrössert."

S. 22-23.

 

[Ib-12-1781-1782-0218]
"Er kent den Bau der Welt, und stirbt sich unbekant:
Die Wollust wird bei ihm vergält, und nicht besieget,
Sein künstlicher Geschmak beekkelt seinen Stand;
Und hier hat die Natur die Lere recht zu leben
Dem Menschen in das Herz, und nicht ins Hirn gegeben.

 

[Manuskriptseite 49]

Hier macht kein wechselnd Glük die Zeiten unterschieden,
Die Tränen folgen nicht auf kurze Freudigkeit:
Das Leben rint dahin in ungestörtem Frieden,
Heut ist wie gestern war, und morgen wird wie heut.
Kein ungewonter Fal bezeichnet hier die Tage,
Kein Unstern malt sie schwarz, kein schwülstig Glükke rot.
Der Iare Lust und Müh rh ruhn stets auf gleicher Wage,
Des Lebensstaffeln sind nichts als Geburt und Tod....
Dort fliegt ein schwerer Stein nach dem gestekten Ziele,
Von starker Hand beselt, durch die zertrente Luft...
Dort eilt ein schnelles Blei in das entfernte Weisse,
Das blizt, und Luft und Ziel im gleichen Iezt durchbort;
Hier rolt ein runder Bal in dem bestimten Gleisse,
Nach dem erwälten Zwek mit langen Säzzen fort.
Dort tanzt ein bunter Ring mit umgeschlungnen Händen
In dem zertretnen Gras bei einer Dorf=Schalmei;
Und lert sie nicht die Kunst sich nach dem Takte wenden,
So legt die Frölichkeit doch ihnen Flügel bei.
Das graue Alter dort sizt hin in langen Reihen,
Sich an der Kinder Lust, noch einmal zu erfreuen."

S. 27-29.

 

[Ib-12-1781-1782-0219]
"In ihren Adern fliest ein unverfälscht Geblüte,
Darin kein erblich Gift von siechen Vätern schleicht,
Das Kummer nicht vergält, kein fremder Wein befeuret,
Kein geiles Eiter fäult, kein welscher Koch versäuret."

S. 32.

 

[Ib-12-1781-1782-0220]
"Dort dringt ein träger Schwarm von schwerbeleibten Kühen,
Mit freudigem Gebrül, sich im betauten Steg:
Sie irren langsam hin, wo Klee und Muttern blühen,
Und mäh'n das zarte Gras mit scharfen Zungen weg."

S. 34.

 

[Ib-12-1781-1782-0221]
"Wan von der Sonne Macht die Wiesen sich entzünden,
Und in dem falben Gras des Volkes Hofnung reift,
So eilt der muntre Hirt nach den betauten Gründen,
Eh' noch Aurorens Gold der Berge Höh durchstreift.
Aus ihrem holden Reich wird Flora nun verdränget,
Den Schmuk der Erde fält der Sense krummer Lauf,
Ein lieblicher Geruch, aus tausenden vermengt,
Steigt aus der bunten Reih' gehäufter Kräuter auf:

 

[Manuskriptseite 50]

Der Ochsen schwerer Schrit fürt ihre Winterspeise,
Und ein frolokkend Lied begleitet ihre Reise.
Bald, wan der trübe Herbst die falben Blätter pflükket,
Und sich die küle Luft in graue Nebel hült,
So wird der Schos mit neuer Zier geschmükket,
An Pracht und Blumen arm, mit Nuzzen angefült;
Des Frülings Augenlust weicht nüzlicherm Vergnügen,
Die Früchte funkeln da, wo vor die Blüte stund:
Der Äpfel reifes Gold, durchstriemt mit Purpurzügen,
Beugt den gestüzten Ast, und nähert sich dem Mund.
Der Birnen süs Geschlecht, die honigreiche Pflaume,
Reizt ihres Meisters Hand, und wartet an dem Baume."

S. 35-36.

 

[Ib-12-1781-1782-0222]
"Ein angenem Gemisch von Bergen, Fels und Seen,
Fält nach und nach erbleicht, doch deutlich, ins Gesicht,
Die blaue Ferne schliest ein Kranz beglänzter Höhen,
Worauf ein schwarzer Wald die lezten Stralen bricht:
Bald zeigt ein nah Gebürg die sanft erhobnen Hügel,
Wovon ein laut Geblök im Tale wiederhalt:
Bald scheint ein breiter Se ein meilenlanger Spiegel,
Auf dessen glatter Flur ein zitternd Feuer walt:
Bald aber öfnet sich ein Strich von grünen Tälern,
Die, hin und her gekrümt, sich im entfernen schmälern.
Dort senkt ein kaler Berg die glatten Wände nieder,
Den ein veriärtes Eis dem Himmel gleich getürmt,
Sein frostiger Krystal schikt alle Stralen wieder,
Den die gestiegne Hiz im Krebs umsonst bestürmt.
Nicht fern vom Eise strekt, vol futterreicher Weide,
Ein fruchtbares Gebürg den breiten Rükken her;
Sein sanfter Abhang glänzt vom reiffendem Getreide,
Und seine Hügel sind von hundert Herden schwer.
Den nahen Gegenstand von unterschiednen Zonen,
Trent nur ein enges Tal, wo küle Schatten wonen.
Hier zeigt ein steiler Berg die Mauergleichen Spizzen,
Ein Waldstrom eilt hindurch, und stürzet Fal auf Fal.

 

[Manuskriptseite 51]

Der dik beschäumte Flus dringt durch der Felsen Rizzen,
Und schiest mit gäher Kraft weit über ihren Wal:
Das dünne Wasser teilt des tiefen Falles Eile,
In der verdikten Luft schwebt ein bewegtes Grau,
Ein Regenbogen stralt durch die zerstäubten Teile,
Und das entfernte Tal trinkt ein beständigs Tau.
Ein Wandrer sieht erstaunt im Himmel Ströme fliessen,
Die aus den Wolken fliehn und sich in Wolken giessen."

S. 43-45.

 

[Ib-12-1781-1782-0223]
"Dort ragt das hohe Haupt am edlen Enziane
Weit übern niedern Kor der Pöbelkräuter hin:
Ein ganzes Blumenvolk dient unter seiner Fane,
Sein blauer Bruder selbst, bükt sich, und eret ihn.
Der Blumen helles Gold, in Stralen umgebogen,
Türmt sich am Stengel auf, und krönt sein grau Gewand;
Der Blätter glattes Weis, mit tiefem Grün durchzogen,
Bestralt der bunte Bliz von feuchtem Diamant:
Gerechtestes Gesez! daß Kraft sich Zier vermäle,
In einem schönen Leib wont eine schönre Sele.
Hier kriecht ein niedrig Kraut, gleich einem grauen Nebel,
Dem die Natur sein Blat in Kreuze hingelegt;
Die holde Blume zeigt die zwei vergüldten Schnäbel,
Die ein von Ametyst gebildter Vogel trägt.
Dort wirft ein glänzend Blat, in Finger ausgekerbet,
Auf eine helle Bach den grünen Widerschein;
Der Blumen zarten Schnee, den matter Purpur färbet,
Schliest ein gestreifter Stern in weisse Stralen ein:
Smaragd und Rosen blühn, auch auf zertretner Heide,
Und Felsen dekken sich mit einem Purperkleide.
Allein wohin auch nie die milde Sonne blikket,
Wo ungestörter Frost das öde Tal entlaubt,
Wird holer Felsen Gruft mit einer Pracht geschmükket,
Die keine Zeit versert, und nie der Winter raubt.
Im nie erhelten Grund von unterird'schen Grüften
Wölbt sich der feuchte Ton mit funkelndem Krystal,

 

[Manuskriptseite 52]

Der schimmernde Krystal sprost aus der Felsen Klüften,
Blizt durch die düstre Luft, und stralet überal.
O Reichtum der Natur! verkriecht euch; welsche Zwerge,
Europens Diamant blüht hier und wächst zum Berge.
Im Mittel eines Tals von himmelhohem Eise,
Wohin der wilde Nord den kalten Tron gesezt,
Entspriest ein reicher Brun mit siedendem Gebräuse,
Raucht durch das welke Gras, und sänget, was er nezt.
Sein lauter Wasser rint mit flüssigen Metallen,
Ein heilsam Eisensalz vergüldet seinen Lauf:
Ihn wärmt der Erde Gruft, und seine Fluten wallen
Vom innerlichen Streite vermischter Salze auf:
Umsonst schlägt Wind und Schnee um seine Flut zusammen,
Sein Wesen selbst ist Feu'r, und seine Wellen Flammen.
Dort aber, wo im Schaum der strudelreichen Wellen
Die Wut des trüben Stroms gestürzte Wälder wälzt,
Rint der Gebürge Gruft mit unterird'schen Quellen;
Wovon der scharfe Schweis das Salz der Felsen schmelzt.
Des Berges holer Bauch, gewölbt mit Alabaster,
Schliest zwar dies kleine Mer in tiefe Schachten ein;
Allein sein äzend Nas zermalt das Marmorpflaster,
Dringt durch der Klippen Fug, und eilt gebraucht zu sein....
Der Strom fliest schwer von Gold, und wirft gediegne Körner,
Wie sonst nur grauer Sand gemeines Ufer schwärzt:
Der Hirt sieht diesen Schaz, er rolt zu seinen Füssen,
O Beispiel für die Welt, er sieht 's und läst ihn fliesen."

S. 47-53.

 

[Ib-12-1781-1782-0224]
"Elende! rümet nur den Rauch in grossen Städten,
Wo Bosheit und Verrat im Schmuk der Tugend gehn,
Die Pracht, die euch umringt, schliest euch in güldne Ketten,
Erdrükt den, der sie trägt, und ist nur andern schön.
Noch vor der Sonne reist die Erfurcht Erfurcht] MIWI: Hallers Originaltext im Projekt Gutenberg: "Ehrsucht" ihre Knechte
An das verschlosne Tor geerter Bürger hin,
Und die verlangte Ruh der durchgeseufzten Nächte

 

[Manuskriptseite 53]

Raubt euch der stäte Durst nach nichtigem Gewin.
Der Freundschaft himlisch Feu'r kan nie bei euch entbrennen,
Wo Neid und Eigennuz auch Brüderherzen trennen.
Dort spielt ein wilder Fürst mit seiner Diener Rümpfen,
Sein Purpur färbet sich mit lauem Bürgerblut:
Verläumdung, Has und Spot, zalt Tugenden mit Schimpfen,
Der giftgeschwolne Neid nagt an des Nachbarn Gut:
Die geile Wollust kürzt die kaum gefülten Tage,
Weil um ihr Rosenbet ein naher Donner blizt:
Der Geiz bebrütet Gold, zu sein und andrer Plage,
Das niemand weniger, als wer es hat, besizt:
Dem Wunsche folgt ein Wunsch, der Kummer zeuget Kummer,
Und euer Leben ist nichts als ein banger Schlummer.
Bei euch, vergnügtes Volk, hat nie in den Gemütern
Der Laster schwarze Brut den ersten Siz gefast,
Euch sättigt die Natur mit ungesuchten Gütern;
Die macht der Wan nicht schwer, noch der Genus verhast:
Kein innerlicher Feind nagt unter euren Brüsten,
Wo nie die späte Reu mit Blut die Freude zalt:
Euch überschwemt kein Strom von wallenden Gelüsten,
Dawider die Vernunft mit eiteln Leren pralt.
Nichts ist, das euch erdrükt, nichts ist, das euch erhebet,
Ihr lebet immer gleich, und sterbet, wie ihr lebet."

S. 54-55.

 

[Ib-12-1781-1782-0225]
3)

 

[Ib-12-1781-1782-0226]
Die Falschheit menschlicher Tugenden.
"Des Abends Heiliger b* verbant die Morgenländer,
Last Insuln im Gefecht des Gegners Insuln dräu'n,
Und dringt auf Märterer mit Märtrern feindlich ein.
Den Ban* Ban vom Niedergang zerblizt der Ban von Norden."

S. 88.

 

[Ib-12-1781-1782-0227]
4)

 

[Ib-12-1781-1782-0228]
Der Man nach der Welt.
"Vor diesem war ein Man, der rümlich wolte sein,
Erhaben am Verstand, in seinem Tun gemein;
Dem Vaterlande treu, der Gotheit ererbietig;
Auch gegen Grosse steif, auch gegen mit Geringen gütig;

 

[Manuskriptseite 54]

Sich selber war er arm, und gegen Arme gütig reich;
Sein Herz war wo das Recht, sein Or bei beiden gleich;
Hold dem, was er gewält, bei andern unempfindlich:
In Kleinigkeiten fremd, in Recht und Klugheit gründlich;
Gehorsam besserm Rat, auch wenn sein Feind ihn giebt,
Und dem Gesezze treu, auch schlüg' es, wen er liebt;
Geschäftig, wan allein, und müssig zum Verhöre,
Nicht hungrig nach dem Lon, noch füllos für die Ere;
Aus Eifer nicht zu kün, nicht feig zum beim Widerstand,
Und keinem Freunde hold, wie seinem Vaterland;
Im Reden kurz aus Wiz, aus Deutlichkeit begreiflich,
Dienstfertig unbezalt, um keinen Preis erkäuflich,
Stieg er und Bern mit ihm, Verdienst war sein P*t*on Patron,
Die algemeine Gunst war ihm der liebste Lon."

S. 140.

 

[Ib-12-1781-1782-0229]
5) Über den Ursprung des Übels.
"Und iener Wald, wen läst er unvergnüget?
Wo dort in rotem Glanz halb * nakte Buchen glühn,
Und hier der Tannen fettes Grün
Das bleiche Mos beschattet:
Wo mancher heller Stral, auf seine Dunkelheit,
Ein zitternd Licht durch rege Stellen streut,
Und in verschiedner Dichtigkeit,
Sich grüne Nacht mit güldnem Tage gattet."

S. 161.

 

[Ib-12-1781-1782-0230]
"Auf ienem Teiche schwimt der Sonne funkelnd Bild,
Gleich einem diamantnen Schild,
Da dort das Urbild selbst, vor irdischem Gesichte,
In einem Stralenmer sein flammend Haupt verstekt,
Und, unsichtbar vor vielem Lichte,
Mit seinem Glanz sich dekt."

S. 162.

 

[Ib-12-1781-1782-0231]
"Noch selig, wäre noch der Tage kurze Zal
Für uns zugleich das Mas des Lebens und der Qual!
Ach Got und die Vernunft giebt Gründe grösrer Schrekken,
Vor ienem Leben kan kein Grabstein uns bedekken.

 

[Manuskriptseite 55]

Nachdem der matte Geist die Gei* Iare seiner Acht,
Verbant in einen Leib, mit Elend zugebracht,
Schlägt über ihn die Not mit voller Wut zusammen,
Verzweiflung brent in ihm mit nie geschwächten Flammen,
Und die Unsterblichkeit, das Vorrecht seiner Art,
Wird ihm zum Henkertrank, der ihn zur Marter spart:
Im Has mit seinem Got, mit sich selbst one Frieden,
Von allem, was er liebt, auf immer abgeschieden,
Geprest von naher Qual, geschrekt von ferner Not,
Verflucht er ewig sich, und hoffet kein Tod."

S. 265-266.

 

[Ib-12-1781-1782-0232]
"Ein wachsames Gefül liegt in uns selbst verborgen,
Das nie dem Übel schweigt, und immer leicht versert,
Zur Rache seiner Not den ganzen Leib empört.
Im zärtlichen Gebäu von wunderkleinen Schläuchen,
Die iedem Teil von uns die Kraft und Narung reichen,
Bräch' alles Übermas den schwachen Faden ab,
Und die Gesundheit selbst fürt unvermerkt zum Grab.
Allein im weichen Mark der zarten Lebens=Senen
Wont ein geheimer Reiz, der zwar ein Brun der Tränen,
Doch auch des Lebens ist, der wider ein Feind,
Der sonst wol unerkant uns auszuhölen meint,
Uns zwingt zum Widerstand; er schliest die regen Nerven
Vor Frost und Salze zu, verflösset alle Schärfen
Durch Zuflus süssen Safts, und kült gesalznes Blut,
Durch Zwang vom heissen Durst, mit Strömen dünner Flut,
In allen Arten Not, die unsre Glieder fäulet,
Ist der bittre Trank, womit der Leib sich heilet......
Er grub mit Flammenschrift in uns des Lasters Scheu,
Und ihren Nachgeschmak, die bittre Kost der Reu."

S. 176-179.

 

[Ib-12-1781-1782-0233]
6)

 

[Ib-12-1781-1782-0234]
Gedicht über die Ewigkeit.
"Ihr Wälder! wo kein Licht durch finstre Tannen stralt,
Und sich in iedem Buch die Nacht des Grabes malt:

 

[Manuskriptseite 56]

Ihr holen Felsen dort! wo im Gesträuch verirret,
Ein trauriges Geschwärm einsamer Vögel schwirret:
Ihr Bäche! die ihr mat in dürren Angern fliest,
Und den verlornen Strom in öde Sümpfe giest:
Erstorbnes Gefild', und Grausenvolle Gründe!
O daß ich doch bei euch des Todes Farben fünde!
O närt mit kaltem Schaur, und schwarzem Gram mein Leid!
Seid mir ein Bild der Ewigkeit."

S. 206-207.

 

[Ib-12-1781-1782-0235]
" Frucht Furchtbares Mer der ernsten Ewigkeit!
Uralter Quel von Welten und von Zeiten!
Unendlichs Grab von Welten und von Zeit!
Beständigs Reich der Gegenwärtigkeit!
Die Asche der Vergangenheit
Ist dir Keim von Künftigkeiten.
Unendlichkeit! wer misset dich?
Bei dir sind Welten Tag', und Menschen Augenblikke.
Vielleicht die tausendste der Sonnen wälzt sich iezt sich,
Und tausend bleiben noch zurükke.
Wie eine Ur, beselt durch ein Gewicht,
Eilt eine Son, aus Gottes Kraft bewegt:
Ihr Trieb läuft ab, und eine zweite schlägt,
Du aber bleibst, und zälst sie nicht.....
Als mit dem Unding noch das neue Wesen rung
Und, kaum noch reif, die Welt sich aus dem Abgrund schwung,
Eh als das Schwere noch den Weg zum Fal gelernet,
Und auf die Nacht des alten Nichts,
Sich gos der erste Strom des Lichts,
Warst du, so weit als iezt, von deinem Quell' entfernet:
Und wan ein zweites Nichts wird diese Welt begraben;
Wan von dem Alles selbst nichts bleibet als die Stelle;
Wan mancher Himmel noch, von andern Sternen helle,
Wird seinen Lauf volendet haben,
Wirst du so iung als iezt, von deinem Tod gleich weit,

 

[Manuskriptseite 57]

Gleich ewig künftig sein, wie heut.
Die schnellen Schwingen der Gedanken,
Wogegen Zeit, und Schal, und Wind,
Und selbst des Lichtes Flügel langsam sind,
Ermüden über dir, und hoffen keine Schranken.
Ich häufe ungeheure Zalen,
Gebürge Millionen auf;
Ich wälze Zeit auf Zeit, und Welt auf Welten hin,
Und wan ich auf der March des Endlichen nun bin,
Und von der fürchterlichen Höhe,
Mit Schwindeln wieder nach dir sehe,
Ist alle Macht der Zal, vermert mit tausend malen,
Noch nicht ein Teil von dir;
Ich tilge sie, und du liegst ganz vor mir."

S. 208-210.

 

[Ib-12-1781-1782-0236]
X.

 

[Ib-12-1781-1782-0237]
Göttingisches Magazin der Wissenschaften und Litteratur. Herausgegeben von Georg Christoph Lichtenberg und Georg Forster. Ersten Iargangs drittes Stük. Göttingen, bei I. Ch. Dieterich 1780.

 

[Ib-12-1781-1782-0238]
1) Vom Zustande der heutigen Litteratur, von Lichtenberg.

 

[Ib-12-1781-1782-0239]
"Die Gabe, das Kapital von Bemerkungen über den Menschen zu vergössern und eigne Empfindungen mit dem verständlichsten individualisirenden Ausdruk zu Buch zu bringen und dadurch auch Männer zu unterhalten, die ienes System nicht kennen, und mer als transzendente Sezzerkünste von einem Schriftsteller verlangen, scheint von Tag zu Tag mer zu erlöschen. Und was Wunder? die helsten Köpfe unsrer Nazion, Leute von Welt und Erfarung lesen nun, nachdem sie sich soviel hundertmal betrogen gefunden haben, die neuen Produkte dieser Art gar nicht mer, und die Beurteilung, Anpreisung und Vergötterung derselben ist gröstenteils in den Händen von Ex=Primanern, die ienen Werken ihre erste Form sowol als nachherige Ausbildung zu danken haben, und von Leuten, die die Welt so wenig kennen als die Welt sie. Das Makulatur von heute rümt die Makulatur von gestern, und Pfefferdutten=Kredit gründet sich auf Pfefferdutten=Lob. Steht irgend einmal ein Kenner in einem Iournal oder einer Zeitung, die in höheren Wissenschaften Kredit hat, auf, und redet die Warheit,

 

[Manuskriptseite 58]

so nent es die Menge in stolzer Bequemlichkeit, Intrigue der Stechbane oder gelerte Pedanteri oder altkluge laudes temporis acti. Vox populi heist auch hier vox dei und Buchhändler Absaz der Masstab für innern Wert. Es hat sich nämlich in unsre Schauspiele so wol als Romane und Gedichte (ich rede hier von der bei weitem grösseren Anzal) eine gewisse Gradus ad Parnassum=Metode eingeschlichen, eine schlaue den Oren der Zeit angepaste Logodädalie und Versezungskunst des tausendmal gesagten, die die Lesegeselschaften in Erstaunen sezen, aber ieden warhaften Kenner des Menschen mit unbeschreiblichem Unwillen erfüllen. Hierzu trägt wol freilich die Leichtigkeit, womit wir im 20ten Iar schon so vielerlei Kentnisse sammeln können, nicht wenig bei. Durch die Gewonheit immer süsse Lere leicht zu empfangen, erschlapt bei den meisten das Talent, selbst zu suchen. Sie sehen daher in allen Dingen gemeiniglich nur, was sie schon wissen. Empfelung vertrit die Stelle von eigner Prüfung, Nachschlagen von Nachdenken und Ansehen die von Würdigkeit. Unglükseliger Weise sind die Werke, worin der moralische Mensch, oder nur gewisse Seiten desselben gut entwikkelt liegen, so äusserst selten, und weil auch bei den wenigen noch scharfe Beobachtung seiner selbst und Zusammenhang mit sich selbst nötig ist, und die Stelle der Zeichnungen vertreten mus, so werden sie so äusserst selten gelesen und verstanden, daß ihr Einflus auf unsre iungen schönen Geister nur ser gering ist. Man schreibt daher leichter Romane aus Romanen, Schauspiele aus Schauspielen und Gedichte aus Gedichten, one im Stand zu sein oder auch nur den Willen zu haben, die Zeichnung endlich einmal wieder mit der Natur zusammen zu halten. Töricht affektirte Sonderbarkeit in dieser Metode wird das Kriterium von Originalität, und das sicherste Zeichen, daß man einen Kopf habe, dieses, wenn man sich des Tags ein parmal darauf stelt. Wenn dieses auch eine Sternische Kunst wäre, so ist wol so viel als gewis es ist keine der schwersten. Mit etwas Wiz, biegsamen Fibern und einem durch ein wenig Beifal gestärkten Vorsaz sonderbar zu scheinen, läst sich eine Menge närrisches Zeug in der Welt anfangen, wenn man schwach genug ist es zu wollen, unbekant genug mit warem Rum es

 

[Manuskriptseite 59]

schön zu finden, und müssig genug es auszufüren. Was kan endlich daraus werden? Nichts anders, als man malt den Menschen nicht mer, wie er ist, sondern, stat seiner ein verabredetes Zeichen sezt, das mit dem Original oft kaum soviel Änlichkeit hat, als manches Heraldische mit dem seinigen. Solche Schriften lassen sich freilich lesen, ia ich wil nicht läugnen, daß ein schlauer Kopf sogar eine gewisse Art von Kunst darin anbringen könne, die einem andern Kopf von änlicher Schlauigkeit Vergnügen machen und daher eines gewissen Grades von Volkommenheit fähig sein kan. Aber das Ganze bleibt doch allemal eine erbärmliche Plakkerei, die weder dem Man von Geschäften noch dem Ausländer gefallen kan, wie die Proben, die man mit einigen unsrer berüchtigsten hat machen wollen, satsam gelert haben. Mancher der wol fült wo ihn der Koturn und Sokkus drükt, wirft sich, wie man zu sagen pflegt, daher in das Fach der weinerlichen Liebe, wo sowol ihm als dem Leser, iedem nach seiner Art, das quod natura omnia animalia docuit zu statten komt, ienem das Schreiben so wie diesem die Selbstvergleichung erleichtert, und beiden ihren Mangel an Einsicht nicht fülen läst. Ein ieder, wenn er über das 16 Iar weg ist, hat schon seine Beobachtungen hierzu gemacht, und findet sich und seine Schöne im Schauspiel u. Roman, so wie der Verliebte iedes Mädgen auf ein Par hundert Schritte für die seinige hält. Was er noch nicht gefunden hat, das lernt er finden, und was er noch nicht ist, das wird er. Wo ein Volk einmal aus Mangel an Geschmak und an Kentnis des Menschen von andern Seiten, so weichlich geworden ist, daß es nur allein für Werke dieser Klasse Gefül hat, und nur Schriftsteller, die die Heimlichkeiten ihrer Iugend unter dem Kredit des reifern Alters auf diese Art ausplaudern, für Seher zu halten anfängt, da geht es Fal auf Fal. Denn wohin kan ein solcher Trieb nicht füren, wenn ihm, wie bei uns, ieder Bube der seinen Siegwart halten kan, unter dem Kredit des sichern Zeichens eines auserwälten Gefüls und der bereits geschehenen Einweihung in die innersten Mysterien der Natur nachhängen zu müssen glaubt. Daher entstehen die häufigen Vermälungen von warmen Herzen mit leren Köpfen, und durch iede wird entweder ein sogenanter liebenswürdiger Schriftsteller, oder ein sogenanter menschenfreundlicher, liebevoller Leser. Denn unter allen Verbindungen von Mängeln und Volkommenheiten der menschlichen

 

[Manuskriptseite 60]

Sele ist, wenn mich meine Beobachtung nicht ganz trügt, gerade die eben genante, dieienige bei der man mit der grösten Leichtigkeit schreibt, und mit der grösten Toleranz liest. Der Beifal eines entnervenden Buchs kan daher leicht epidemisch werden, der von einem in die Sele redenden, stärkenden ist alzeit gering. Ein alter Meister (Arzesilas der Akademiker) hat schon gesagt, aus iedem Manne s läst sich ein Kastrat machen, aber aus keinem Kastraten ein Man. –

 

[Ib-12-1781-1782-0240]
Ich bin überzeugt, die Kredit=Skala unsrer schönen Schriftsteller würde gröstenteils umgekert werden, wenn die Männer anfangen wolten zu reden, die immer auch Bedachtsamkeit schweigen, und hingegen die iungen warmen Herzen schweigen wolten, die iezt aus Unverstand sprechen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0241]
Wenn ein Buch und ein Kopf zusammen stossen und es klingt hol, ist denn das allemal im Buche? Daß doch diesen würdigen iungen Männern, die einmal für allemal einsehen müsten, daß wenig dazu gehört klüger zu sein als sie, nicht ein einzigsmal einfält, daß, um einzusehen wie ler ihre Gözen sind, man vielleicht blos klüger sein dürfe als sie! Milton war einer der gelertesten und tätigsten Männer seiner Zeit. Aus seinem verlornen Paradies hätte Newton Ideen schöpfen können, wenn er sie nicht gar daraus geschöpft hat. Selbst die Leberreime eines solchen Mannes müssen dem Ausländer und dem Manne von Geschäften gefallen. Was aus einem solchen Kopf komt, darf sich auch nicht schämen zu einem änlichen Kopf hinzugehen. Sein Werk gleicht den Werken der Natur. Dort hängt der silberne Mond am blauen Firmament, dem entzükten Säugling auf den Armen seiner Wärterin, darnach zu greifen, dem einsamen Wanderer zu leuchten und Eulern und Mayern seine Ban zu bestimmen. Beattie zitirt den Milton so wie er die Natur zitirt, und glaubt mit der Natur zusammen zu treffen, wenn er mit ihm zusammentrift, alles dieses ist dem Schüler noch verborgen, der sein Auge an dessen Bildern weidet, oder der mit Entzükken die unerreichbare Harmonie seiner Verse hört. Man vergleiche nun die Werke seiner meisten Nachamer mit ihm. Der Säugling greift darnach, der Wandrer tagt dabei und Euler u. Mayer lassen sie liegen. Es

 

[Manuskriptseite 61]

ist da keine Beschäftigung für sie. Manche Dichter unter uns werden daher nur von gewissen Dichtern gelesen." S. 467-475.

 

[Ib-12-1781-1782-0242]
"Die meisten Menschen sind bessere Beobachter, als sie glauben und kennen den Menschen besser, als sie wissen, es sind nur die falsch verstandnen Vorschriften andrer die sie irre füren. Sie machen selbst von diesen Kentnissen häufig Gebrauch, allein gemeiniglich nur im Handel und Wandel. Sobald sie die Feder ergreifen, so ist es als wenn der Unsegen über sie käme, und das gemeiniglich stärker, iemer sogenante schöne Lektüre sie haben. Sie fangen alsden augenbliklich an ein Gala=Deutsch zu sprechen, und alles ist so festlich und buchmässig; daß gar nichts drüber geht. Wenn sie das ganze Iar mit ordentlichen, natürlichen Zügen einher gegangen sind, so fangen sie nun so süs und selig an zu schmunzeln, wie alte Iungfern, wenn sie sich malen lassen sollen." S. 478.

 

[Ib-12-1781-1782-0243]
"Die Klasse des Pöbels enthält die Originale zu unsern Versteinerungen der höhern Welt. – Griechenland, das heilige Grab der schönen Künste." S. 480.

 

[Ib-12-1781-1782-0244]
"Es ist unmöglich die Fakkel der Warheit durch ein Gedränge zu tragen, one hier einen Bart und dort ein Kopfzeug zu versengen, und verdrüsliche Auslegung von Satyren mus man immer erwarten, so lange man die Gegenstände dazu nicht aus dem alten Testament nimt." S. 484

 

[Ib-12-1781-1782-0245]
"Die Bedienten, worunter ich alles verstehe, was wenigstens zuweilen Livree trägt oder tragen solte, von dem nettesten Kerl an, der seine Bildung hinter den Stülen des ersten Speisesals der Welt empfangen hat, bis zu dem ungehobelten Baueriungen, der noch im Kamisol mit Aufschlägen das Aportiren lernt, sind nicht die lezten Menschen, auf die der Dichter zu sehen hat. Es ist dieienige Klasse, bei der Kopf und Schwanz im Zirkel der menschlichen Geselschaft einander fassen, und unter deren Einflus dieienigen wieder mer oder minder stehen, die sonst keine Befele erkennen. Die langen Arme der Grossen, sich selbst überlassen, sind daher bei weitem nicht so furchtbar, als die verzwikten kurzen ihrer Kammerdiener. Sie sind daher in Schauspielen und Romanen vortreflich zu gebrauchen, Streiche durchzusezen, wo viel Kraft und mit Unverstand nötig ist. Ein Zement in der Verbindung von Begebenheiten, das alles zusammenhält, was sonst nicht halten wil." S. 484.

 

[Ib-12-1781-1782-0246]
"Er hat ausser den Händen nichts mer in der Tasche." S. 497.

 

[Manuskriptseite 62]

[Ib-12-1781-1782-0247]
XI.

 

[Ib-12-1781-1782-0248]
Wilhelmine, ein prosaisch komisches Gedicht, von Moriz August von Thümmel. Vierte Auflage. Leipzig, bei Weidman's Erben u. Reich. 1777.

 

[Ib-12-1781-1782-0249]
"Vier Iargänge finstrer Predigten hatt' er also geendiget: mit zitternden Händen geschrieben und auf einen Haufen gesammelt, lagen sie in einem verriegelten Schranke, oft von andächtigen Würmern besucht, die alle Buchstaben zerfrassen und höflicher für die dankbare Nachwelt sorgten, als der betrogne Buchhändler, der so oft mit drolligten Postillen den einfältigen Freigeist belustigt. Aber die komische Muse hüpft ängstlich über den heiligen Staub und über die traurigen Scheduln des Pastors; sie beschäftige sich nur mit seinem Glükke – und erzäle den wunderbaren Traum, der ihn bewilkommend an der lezten Stufe des Iars mit dem Ende seines Kummers schwindsüchtigen Kummers schmeichelte:

 

[Ib-12-1781-1782-0250]
In der zwölften Stunde der Nacht, damals, als sich das zwei und sechzigste blutige Iar des achtzenten Iarhunderts, von wenigen Minuten loszuarbeiten suchte, um sich an die Reihe so vieler vergangnen Iartausende zu hängen; so wie der furchtbare Nachtvogel, auf dessen Rükken die Natur einen Todenkopf gebildet, sich mühsam aus dem Gefängnisse seiner Puppe herauswindet, seine schweren Flügel versucht – und verschwinden würde, wenn nicht ein Naturforscher Rösel sein Leben verfolgte – der pfält ihn mit einer glühenden Pfrieme gleich nach seiner Geburt, und sezt diesen gräulichen Vogel in die bunte Geselschaft der Schmetterlinge, Heuschrekken und Käfer. p." S 21-23.

 

[Ib-12-1781-1782-0251]
"Ein Spürhund der Liebe, ein leichtfertiger Page, der einst in seinem Müssiggang diese ländliche Venus erblikte, pralte so laut mit seiner Entdekkung, daß sein verliebtes Geschwäz durch funfzig Türen in die Oren des aufmerksamen Hofmarschals erklang, der sogleich den sultanischen Entschlus faste, mit den Reizungen der holden Wilhelmine den Hofstat zu verschönern und sie dem unsaubern Dorfe und der List eines Pagen zu entziehen. Wenn die weibliche Älster in der Mitte des Weinbergs eine volle Traube entdekt, die von hundert Blättern beschüzt die lezte Zeit ihrer Reife erlangt hat: so erwekt oft dies prophetische Geschrei bei dem reisenden Handwerksman ein durstiges Nachdenken – Er ersteigt den

 

[Manuskriptseite 63]

Weinberg und entzieht dem Stokke und der veriagten Schwäzerin die vortreflichsten Beren." S. 33-34.

 

[Ib-12-1781-1782-0252]
"Die neue Sonne rolte den iungen Tag des Iares herauf. Ihr ungewonter Blik übersah schüchtern die Planeten, die sie bescheinen solte, und nun wandte sie auch ihr unschuldiges Gesicht zu unsrer Erdkugel. Ein Her vorausbezalter Gratulanten iauchzt' ihr entgegen, andre - unglüklicher, zerrissen das Neuiarsgedicht, seit dem frostigen September geschmiedet; denn ihr alter Mäzen ist den heiligen Abend vorher gestorben, und hinterläst geizige Erben, die den Apol samt den Musen verachten und ungeheissene Arbeiten niemals grosmütig belonen. Veriarte Rechte, drohende Wechselbriefe, erfülte Hofnungen und erseufzte Maiorennitäten drängten sich auf den Stralen des neuen Lichts in das beunruhigte Herz der erwachten Sterblichen. Aber friedliebend und sanft wirkt sie, die mächtige Sonne, auf die Felsenherzen der Grossen und in die morschen Gebeine der Helden, die iezt, voller Neigung zur Ruhe, sich beschwerlich von ihren Lagern erheben, um ihre Wunden verbinden und die Merkmale ihrer Tapferkeit vernähen zu lassen. Stolz auf ihr Elend behängen sie den krüplichten Körper mit den bunten Zeichen des gnädigen Spottes der Fürsten, mit dem teuern Spielwerke von Kreuzen und Bändern; und die Empfindung ihres Heldenlebens wütet in ieglicher Nerve. Betäubt von den murrenden Wünschen der Torheit und von den lauten Seufzern des Unglüks, stand die Sonne in wehmütiger Schönheit am Himmel, fürchtete sich, länger herab zu schauen, und verstekte sich oft hinter ein trübes Gewölke. So steht ein unschuldiges blühendes Mädgen, zu arm ihr iunges Leben zu erhalten, vor der versammelten Schule der Maler, und verrät die geheimsten Schönheiten der Natur, für einen geringern, unbilligen Preis, der Betrachtung der Kunst. In schamhafter Einfalt verstekt sie ihre mächtigen Augen hinter einer ihrer iungfräulichen Hände, indem sie mit der andern das leztere neidische Gewand von sich legt, das ihre Reize verbarg, und nun – ängstlich erwartet sie den Verlauf der verkauften Stunde. Die geschiktesten Iünglinge zittern bei dem Anblikke der unverhülten schönen Natur, und ihre sonst gewisse Hand zeichnet Feler auf das gespante Papier. Der minderiärige Knabe allein übertrift hier seinen Meister; denn in seinem kleinen noch füllosen Herzen liegen iene sympatetische Triebe un

 

[Manuskriptseite 64]

entwikkelt, und seine Hand lernt' eher der Kunst, als der Liebe gehorchen. –" S. 39-42.

 

[Ib-12-1781-1782-0253]
"Schon eilte die buntschäkkigte Gemeinde mit gesättigter Sele und hungrigem Magen nach Hause, als der erwartete Wagen zur Höhe des Dorfs hereinschimmerte." S. 43.

 

[Ib-12-1781-1782-0254]
"Morgen, wenn die Göttin der Kabale auf den feuchten balsamischen Wolken des dampfenden Tees, nachdenkend an den kostbaren Pfla Plafonds herumzieht und ihre Anbeter ermuntert, und wenn die eigensinnige Göttin der Mode ihren Liebling, den Schneider, zu wichtigen Konferenzen der Statsräte geleitet, oder damit Sie mich deutlich verstehen: Morgen wenn es früh Zene geschlagen pp." S. 50-51.

 

[Ib-12-1781-1782-0255]
"Schon tönte der Wächter seinen lezten Nachtgesang; in einem tiefen verunglükten Bas – hülte sich in seinen Schafpelz und beurlaubte sich von der Stad. In gehöriger Entfernung schlichen die Spötter seiner Aufsicht, die glüklichen Diebe, ihm nach, wekten den Torschreiber auf, und erreichten bald das sichere Gehölze." S. 58.

 

[Ib-12-1781-1782-0256]
"In einer prächtigen Wintertracht war heut' die Sonne dem Erdbal erschienen; Ihr Einflus hatte die lebenden Geschöpfe der Welt schon alle aus dem Schlafe gewekt, wenn ich in Savoien die Murmeltiere, und in Deutschland die Mädgens ausneme, welche die Mode erzieht; Sogar die berümten Schläfer der Residenz, alle Hofiunkers und Statsräte waren erwacht, hatten nun ausgegänt, und fiengen an ihren erhabnen Trieb nach Geschäften zu fülen, denn einige verschlukten schon levantischen Koffe, und blätterten im Hern und Diener, oder bezeichneten, um nach volbrachtem Tage weiter zu lesen, dankbar die rürende Stelle, bei der ihnen den Abend vorher – die Gedanken in Schlaf übergiengen. Mit edlem Eifer übten sich andre im Stillen die Zalen der Würfel zu lenken, oder durch geschwinde Folten (ein mystisches Wort) sich über allen Wechsel des Glüks zu erheben. Die von flüchtigem Geblüte schlotterten schon über das Pflaster, um die blassen Fräuleins an der Toilette zu besuchen, und ihnen durch mächtige Scherze rote Wangen zu schaffen." S. 63-64.

 

[Ib-12-1781-1782-0257]
"Eine ganz sapphische Empfindung strömte durch ihr dankbares Herz, und trieb ihren wallenden Busen empor, daß der blasrote Atlas zu knistern

 

[Manuskriptseite 65]

anfieng, der ihn weit unter der Hälfte umspante. Ach welch ein reizender Busen! o scherzhafte Muse beschreib ihn! Auf seiner linken Erhöhung lag ein mondförmiges Schönflekgen aufgeheftet durch Gummi, von dem ein kleiner Liebesgot, immer mit drollichten Reverenzen die Blikke der Grafen und Läufer – L*q Laqueien und Freihern auf sich zog. Aber iezt erhob sich dreimal die warme bebende Brust, und trente die gedörte Musche vom Gummi. Der kleine Liebesgot – mit samt seinem Gerüste, fiel – zwischen der Schnürbrust – unaufhaltsam hinunter, daß die Schöne und schrie u. der ernsthafte Hofmarschal wirklich zu lachen anfieng. So fält ein pralender Zanarzt unter die morschen Trümmer seines Teaters, indem er mit stampfender Beredsamkeit dem Pöbel winkt, sein Rattenpulver zu kaufen. Sein erbärmlich Geschrei, und das laute Lachen des Volks betäuben den Iarmarkt, wenn ihn nun aus dem teuern Schutte sein buntschäkkichter Diener hervorzieht." S. 69-71.

 

[Ib-12-1781-1782-0258]
"Auf den Uren war schon der Mittag vorüber, aber in den Häusern der Grossen brach er erst mit festlichem Pomp' aus der Küche hervor – Hekatomben rauchten ihm – denn die mittägliche Sonne hat noch nicht ihre Anbeter verloren – Mit mererm Eifer, als wol iemals ein ägyptischer Priester gehabt, feiern sie täglich ihr Fest, mit sonnenroten Gesichtern, bis das woltätige Licht den Kreis verläst, und nun die stille Venus vom nächtlichen Himmel herabblinkt." S. 75-76.

 

[Ib-12-1781-1782-0259]
"Hier zog er - gleich einer alchymistischen Phiole, einen langen Beutel heraus, der in der Farbe der Hofnung künstlich gestrikt war. Ein billiger Zwischenraum scheidete dreissig Ephraimiten von einer güldnen Madona. Ihres innern Wertes gewis, erwartete sie ruhig ihr verzögerndes Schiksal, da sich indes der iüdische Haufe mit Geräusche bis an die Mündung des Beutels drängte, um bald erlöset zu werden, und in einem ungewissen Kourse betrüglich zu wuchern." S. 78-79.

 

[Ib-12-1781-1782-0260]
"Der glüklich angelangte Magister fand seine berostete Pfarre zu einem Pallaste verwandelt, als er hinein trat. Ein Duzend Bediente seines gnädigen Gönners hatten die in seiner Abwesenheit die herkulische Arbeit unternommen, Stuben u. Kammern zu säubern, und in der Küche herschte ein ansenlicher Koch, dessen eigensinnige Befele tausend Geräte verlangten, deren Namen noch nie in diesem Dorfe waren gehört worden. Seine donnernden Flüche flogen in der Küche herum, daß der erschrokne Pfarher mit einem Schauer vorbei gieng, sich in

 

[Manuskriptseite 66]

sein Museum sezte und das Gebetbuch zur Hand nam. Als ein Fremdling in seiner eignen Behausung, getraute er sich nicht, iezt von dem vornemen Koche etwas zu essen zu fordern; lieber versäumte er das Mittagsmal, und tröstete * sich politisch mit dem frölichen Soupé." S. 93-94.

 

[Ib-12-1781-1782-0261]
"Zuerst erschien der lakkirte Schlitten des Hofmarschals, an der Spize vieler andern. Vier deutsche Hengste, sinesisch geschmükt, zogen ihn, und ein vergoldeter Iupiter regierte den schnurbärtigen Kutscher - Ein musikalisches Silbergeläute hüpfte auf den Rükken der Pferde, indem unter ihren stampfenden Füssen die fröliche Erde davon flog. Schon von ferne erkante der zitternde Pfarher seinen Gönner, und an seiner Rechten die gepuzte Braut. Mit unbedachtsamer Höflichkeit gieng er dem fliegenden Schlitten entgegen – aber sein wilder Fürer schwengte die knallende Peitsche u. wendete mit seinen vier Schimmeln im vollen Trabe um, daß der Magister, mit verzertem Gesichte eilig, wieder zurük sprang. Mit maiestätischem Anstande stieg nun die einnemende Wilhelmine von dem samtenen Sizze, und da verriet sich zugleich auf einige süsse Augenblikke für den entzükten Bräutigam, ihr kleiner vorgestrekter Fus bis an die Höhe des seidenen Strumpfbands, auf welchem mit Pünktgen von Silber ein zärtlicher Vers des Voltaire gestikt war; Ach wohin weis doch nicht ein französischer Dichter zu schleichen! Gesteht es nur, ihr Deutschen! Bis dahin ist noch keiner von euern grösten Geistern gedrungen. So bald sie ausgestiegen war, umrauschte ein buntfarbiger Stof diese verdekten Schönheiten. Eine schneweisse türkische Feder blähete sich auf ihre gekräuselten Hare, und bog sich neugierig über ihren wallenden Busen, der unter den feinen Spizen aus Brabant hervorblikte, wie der volle Mond hinter den Spröslingen eines iungen Orangenwäldgens. Nach ihr sprang der ansenliche Hofmarschal unter die Menge der erstaunten Bauern, die heute Arbeit und Tagelon vergassen, um das Fest ihres Hirten zu begaffen. Ein gewässertes Band hieng schief über dem Lazurblauen Samte eines Kleides; und der milde Einflus seines Gestirns zeigte sich auf allen Gesichtern, und nötigte dem unhöflichen Trescher den Hut ab. Alle Blikke wandten sich iezt einzig und auf den gestempelten Hern –

 

[Manuskriptseite 67]

nicht einer fiel mer auf Wilhelminen. Diese werden wir noch oft, dachten die Bauern, als Frau Magisterin bewundern, aber einen Hofmarschal sieht man nicht alle Tage. So vergist man das alles bescheinende Licht des Olymps, wenn eine seltne Nebensonne erscheint, die plözlich entsteht und verschwindet. Ein andrer Schlitten, unter dem Zeichen des Mars, der (eine seltsame Erfindung des wizigen Bildhauers) auf einem Ladestok rit, lieferte zwen aufgedünstete Müssiggänger am Hofe, Kammerhern genant. Einst hatten sie in ihrer Iugend als hizige Krieger einen einzeln furchtsamen Räuber veriagt, und sich und dem geängsteten Prinzen das Leben gerettet. Zur Belonung hatten sie sich dieses untätige Leben erwält, genossen einer feistmachenden Pension; erzälten immer die grosse Tat ihres Soldatenstandes – und gönten gern ihre lärmende Gegenwart einem ieglichen Schmausse. So lebten einst die Erhalter des Kapitols, iene berümten Gänse, von den Woltaten der dankbaren Römer; one Furcht geschlachtet zu werden, frassen sie den ausgesuchtesten Waizen von Laziums Feldern für einen wichtigen Dienst, den eine iede andre schnatternde Gans mit eben der Treue verrichtet hätte. Der flüchtige Merkur und vier schnaubende Rosse brachten die pigmäische Figur eines affektirten Kammeriunkers gefaren. Stolz auf einen eingebildeten guten Geschmak, ersezten seine reichen Kleider den Mangel des seines Verstandes. Zuversichtlich besah er heut eine glänzende Weste, die, wie die weisse Wamme eines drollichten Eichhörngens unter seinem rotplüschnen Rokke hervorleuchtete, und frölich dacht' er an die Verdienste der weit kostbarern zurük, die sich noch in seiner Garderobbe befanden. Ein par blizende Steinschnallen, und eine Dose von Saint-Martin erschaffen, waren ihm das, was einem rechtschaffenen Manne ein gutes Gewissen ist – sie machten ihn zufrieden mit sich selbst, und dreust in ieder Geselschaft. Iezt lief er gebükt in die Pfarre hinein; gebükt, als ob sein kleiner Körper befürchtete, an die altväterische Haustüre zu stossen, die gotisches Schnizwerk verbrämte. Nun aber kam unter der Anfürung einer gefälligen Minerva ein einzelner vernünftiger Man gefaren, der, wenig geachtet von den Weisen des Hofs, den Befelen seines Herzens mit strengem Eigensinne folgte. Nie erniedrigte er sich zur Schmeichelei, und nie folgte er der Mode des Hofes, die das Hauptlaster des Fürsten zu einer Tugend erhebt und durch Nachamung billigt: Vergebens – (Kont' es wol anders sein?) hoft' er in diesem Getümmel ein nahes Glük, hier wo man nur durch seine

 

[Manuskriptseite 68]

Ränke gewint, und wo die Blikke der Grossen mer gelten, als ein richtiger Verstand und Tugend und Warheit. Er war es, der Wilhelminen zuerst mit glimpflichen Worten, vor der weiten Gefar warnte, in die ihr Leichtsin, und die veriärte List eines wollüstigen Hofs ihre Tugend verwikkelte, der ihr zuerst den Gedanken erträglich erträglich] von hier bis "atmen" ©© und angenem wünschenswert machte, wiederum die heitere gesundere Luft ihres Geburtsorts zu atmen. Mit innerer Befriedigung sah er, daß der heutige Tag seine Bemühung krönte und dieses frohe Gefül beschäftigte ihn einzig im Taumel einer törichten Geselschaft. Ungern sah ihn der Hofmarschal in dem Kreis seiner Lust – Er aber ertrug ungekränkt diese re erande Verachtung und gab sich gern einem unruhigen Tage Preis, um ein verirtes Mädgen in einer glüklich entschlossenen Tugend zu stärken. Zischt ihn aus – ihr Lieblinge und Weisen des Hofs! Was helfen ihm alle seine Verdienste? daß sie einst vielleicht in Stein gehauen, auf seinem Grabmale sizen und weinen? O wie töricht! den Geboten des Himmels zu gehorchen, wo ein Fürst befielt, und auf dem einsamen Wege der Tugend zu wandeln, wo noch kein Hofman eine fette Pfründe erreicht hat. Wenn eine falsche schwankende Ur des Stadhauses den Vorurteilen der Bürger gebietet, so betriegt uns oft unsre ware Kentnis der Zeit um ihren Gebrauch: denn hier, wo ein iedes dem algemeinen Irtume folget, den eine summende Glokke ausbreitet, und die entfernte Sonne für nichts achtet, was hilft es hier dem gewissen Sternseher, daß er sich alleine nach ihren Befelen richtet – und den Wan der Stad verlacht – und seine Stunden nach der Natur mist? Mit allen seinen Kalendern wird er bald sein Mittagsmal – bald den Besuch bei seiner Geliebten und den Torschlus versäumen. – Zwen würdige Geselschafter beschlossen den Einzug in einem alten Schlitten, den ein unscheinbares Bildnis beschwerte – Ob es einen nervigten Vulkan oder einen aufgeblähten Midas vorstelte, war für die Kunstrichter ein Räzel. Ein halbgelerter Patrizius, ehmaliger Hofmeister des Marschals, am Stande, so wie an Wissenschaft weder Pferd noch Esel – nam die eine Hälfte des bretternen Sizes ein, und auf der andern sas ein graugewordner

 

[Manuskriptseite 69]

Hofnar, der mühsam den ganzen Weg hindurch auf Einfälle dachte, in Versen und Prosa, die hohe Geselschaft zu erlustigen: aber sein lerer Kopf blieb one Erfindung. Oft weinte der Arme, daß sein Alter ihm das Ruder aus den Händen wand, das er so lange glüklich regiert, und um welches sich iezt der fürstliche Läufer, der Oberschenk und eine dikke Tyrolerin rissen.". Seit. 95- 103.

 

[Ib-12-1781-1782-0262]
"Ein matematischer Furier hatt' indes die hochzeitliche Tafel geordnet. Eh' man sich sezte, bewunderte man seinen Geschmak in einer minutenlangen Stille, und faltete dabei die Hände. Schimmernder Wein, der, wie die Begeisterung der Liebe, nicht beschrieben, der empfunden werden mus, blikte durch den geruchvollen Dampf der teuren Gerichte, wie das Abendrot unter dem aufsteigenden Nebel hervor." S. 109-110.

 

[Ib-12-1781-1782-0263]
"Auf einmal reizt' eine überzukkerte Welt die weiten Augen der Gäste. Faunen und Liebesgötter und nakte Mädgen, in einem poetischen Brenofen gebildet, scherzten on' Aufhören im funkelnden Grase. In der Mitten entdekte sich eine lachende Szene unter einer hohen, arkadischen Laube, von ewigem Wintergrün: die porzelane Zeit war es, die mit einer furchtbaren Hippe, den zerbrechlichen Amor in der Laube herumiagte – O wie wird es ihm gehen, wenn er sich einholen läst! denn der kleine lose Dieb hat der Zeit ihr Stundenglas listig entwendet, und schüttelt den Sand darinnen unter einander, worüber die hohe Geselschaft sich innerlich freute. Ein voller Teller lustiger Einfälle, in buntem Kraftmele gebakken, streuete neues Vergnügen über die Tafel." S. 113-114.

 

[Ib-12-1781-1782-0264]
"Ein solches Gefül (der Scham) durchdringt oft die treulose Brust eines Hofmans wenn sie nun zum erstenmale unter dem erteilten Ordenssterne klopfet. Furchtsam glaubt er, die Gemalin des Fürsten möchte das Verdienst erraten, das ihm dieses Erenzeichen erwarb. Selbst den ihm unbekanten lakonischen Worten des Sterns trauet er nicht; und er wird es nicht eher wagen, sich unter seinen Neidern zu brüsten, bis ihm sein trostreicher Schneider die goldnen Buchstaben verständlich gemacht hat." S. 117.

 

[Ib-12-1781-1782-0265]
"So taumeln oft die vermumten Geschöpfe einer Maskerade widersinnisch unter einander, vergessen ihre Verkleidung, um nach dem Trieb' ihrer Sinne zu handeln – Rabbi Moses zieht die verkapte Nonne zum schwäbischen Tanz auf, oder fordert ein Stük schmakhafte Zervelatwurst. Der lange Türke trinkt im falben Burgunder die Gesundheit des allerchristlichen Königs, und die stroherne Pyramide fängt an, Knaster zu rauchen." S. 122-123.

 

[Manuskriptseite 70]

[Ib-12-1781-1782-0266]
XII.

 

[Ib-12-1781-1782-0267]
ASMUS omnia sua secum portans, oder sämtliche Werke des Wandsbekker Boten. III. Teil. Beim Verf., und in Kommission bei Gottlieb Löwe in Breslau.

 

[Ib-12-1781-1782-0268]
"Was kan man bessers tun als in sich frölich und vergnügt sein? Denn so lange die Stunde wärt, darin man 's ist, so lange wärt sie, und hernach ist sie noch immer wie eine Schachtel darin Räucherwerk gewesen ist." S. III.

 

[Ib-12-1781-1782-0269]
"Einige Gelerte, die zwischen Volk und Volk, Iarhundert und Iarhundert richten, haben die Gewonheit an sich, daß sie ihre eigne Einsichten und Gaben zur Elle machen, und darnach, zum Exempel das Morgenländische und Ägyptische Drapdor, das schöne griechische Wassergewand u. s. w. ausmessen, und eben daher ereignet sich das Milchgesichtlein, das verschiedentlich oben auf ihren Urteilen sizt und selbstklug umherlächelt." S. 13.

 

[Ib-12-1781-1782-0270]
"Der grosse und der kleine Hund, oder Pakkan und Alard."
Ein kleiner Hund, der lange nichts gerochen
Und Hunger hatte, traf es nun
Und fand sich einen schönen Knochen
Und nagte herzlich dran, wie Hunde denn wol tun.
Ein grosser nam sein war von fern:
"Der mus da was zum Besten haben,
Ich fresse auch dergleichen gern;
Wil doch des Wegs einmal hintraben."
Alard, der ihn des Weges kommen sah,
Fand es nicht ratsam, daß er weilte;
Und lief betrübt davon, und heulte,
Und seinen Knochen lies er da.
Und Pakkan kam in vollem Lauf
Und fras den ganzen Knochen auf.
Ende der Fabel.
"Und die Moral?" Wer hat davon gesprochen? –
Gar keine! Leser, bist du tol?
Denn welcher arme Man nagt wohl an einem Knochen,
Und welcher reiche näm' ihn wol?"

S. 23-25.

 

[Ib-12-1781-1782-0271]
"Das Heiraten komt mir vor wie 'n Zukkerboltje oder bone; schmeckt anfangs s*ch süslicht, und die Leute meinen denn: es werde ewig so fortgehen. Aber das bisgen Zukker ist bald abgelekt, sieht er, und dan komt inwendig bei den meisten 'n Stük Assa foetida oder Rhabarber, und denn lassen sie's Maul hängen. Bei dir nun sols nicht so sein! Du solst, wenn du mit dem Zuk

 

[Manuskriptseite 71]

ker fertig bist, eine wolschmekkende kräftige Wurzel finden, die dir dein Lebelang woltut!" S. 26.

 

[Ib-12-1781-1782-0272]
"Nachricht vom Genie."
Ein Esel Fuchs traf einen Esel an,
Her Esel! sprach er, iederman
Hält Sie für ein Genie, für einen grossen Man!
"Das wäre!" fieng der Esel an,
"Hab doch nichts närrisches getan."

S. 28.

 

[Ib-12-1781-1782-0273]
"Der Maulwurf wirft anders auf als der Erdkrebs; der König Salomo baut sich ein anderes Haus als Iohan Hutmacher, und diese müssen es erst durch den dritten Man tun lassen; so kan ia der innerliche Baumeister, denn dasein mus doch einer, aus seinem weichen Mörtel selbst wol sein Haus und sonderlich sein Kabinett nach Stand und Würden bauen! und die härtesten Knochen sind weicher Mörtel gewesen." S. 41.

 

[Ib-12-1781-1782-0274]
"Die Natur hat, wie in den Apoteken, ihre simplicia und composita in verschiedene Büchsen getan, und die äussere Form der Büchse ist das Schild was sie darüber ausgehängt hat. Der mus wol ser glüklich sein und ein seltner Heiliger, der sie alle versteht, aber der ein grosser Hans ohne Sorgen und Veit auf allen Gassen, der sich um kein's bekümmert." S. 41.

 

[Ib-12-1781-1782-0275]
"Die Himmelslichter sind doch wirklich, wie die Augen am Menschen, ofnere oder zarter bedekte Stellen der Welt, wo die Seele heller durchscheint." S. 65.

 

[Ib-12-1781-1782-0276]
"So 'n Trup Religionszweifel ist aber wie die Klapperschlange, und fält über den ersten den besten werlosen Man her; das wil er nicht haben, und darum hat er gleich iedem Zweifel einen Maulkorb umgetan, oder wenn Ew. Maj. den Maulkorb etwa nicht leiden können, er hat iedweden Zweifel 'n Felsstük mit scharfen Ekken in den Hals geworfen, daran zu nagen, bis sich irgend ein gelerter und vernünftiger Teologe rüste." S. 96-97.

 

[Ib-12-1781-1782-0277]
"Ein Fürst ist der Gärtner in seinem Garten, und wo er eine schöne Blume sieht, wenn sie auch schon an iemandes Busen sässe, da nimmt er sie mit hoher Hand und geht weiter." S. 104.

 

[Ib-12-1781-1782-0278]
"Und siehe, die Sonne geht! frölich wie 'n Bräutigam, und vom Aufgang bis zum Niedergang triefen ihre Fusstapfen von Segen." S. 116.

 

[Ib-12-1781-1782-0279]
"Ie mer man der Kaze den Rükken streichelt, desto höher hält sie den Schwanz. In iedem Menschen ist so eine solche Kaze, und klein und niedrig mus der Mensch zuvor sein, sonst kan er nicht gros und gut werden. Die Schmeichler machen 's umgekert, und es ist schwer ihnen zu entrinnen." S. 119.

 

[Ib-12-1781-1782-0280]
"Der Man im Lenstul."
Sas einst in einem Lenstul stil
Ein viel gelerter Man,

 

[Manuskriptseite 72]

Und um ihn trieben Knaben Spiel
Und sahn ihn gar nicht an.
Sie spielten aber Stekkenpferd,
Und ritten hin und her:
Hop, Hop! und peischten unerhört,
Und trieben's Wesen ser.
Der Alte dacht' in seinem Sin:
"Die Knaben machen's kraus;
Mus sehen lassen wer ich bin."
Und damit kramt' er aus.
Und machte ein gestreng Gesicht,
Und sagte weise Ler.
Sie spielten fort, als ob da nicht
Man, Ler, noch Lenstul wär.
Da kam die Laus und überlief
Die Lung' und Leber ihm.
Er sprang vom Lehnstul auf, und rief
Und schalt mit Ungestüm:
"Mit dem verwünschten Stekkenpferd!
Was doch die Unart tut!
Stil da! ihr Jungens, stil, und hört!
Denn meine Ler' ist gut."
Kan sein, sprach einer, weis es nit,
Geht aber uns nicht an.
Da ist ein Pferd, kom reite mit;
Denn bist du unser Man".

S. 137-139.

 

[Ib-12-1781-1782-0281]
"Du kanst so in dir sein, und auswendig so verstört und albern aussehen, daß der Priester Eli, wenn er dein Pastor loci wäre, dich leicht in bösen Ruf bringen könte. Und das sind gute Anzeigen, Andres. Denn wenn das Wasser sich in Staubregen versplittert, kan es keine Müle treiben, und wo Klang und Rumor an Tür und Fenstern ist, passirt im Hausse nicht viel." S. 161.

 

[Ib-12-1781-1782-0282]
"Hieraus mögt Ihr nun selbst urteilen, wie weit die Philosophie ein Besen sei die Spinweben aus dem Tempel auszufegen. Sie kan auf gewisse Weise 'n solcher Besen sein, ia; mögt sie auch einen Hasenfus nennen, den Staub von den heiligen Statuen damit abzukeren." S. 190.

 

[Manuskriptseite 73]

[Ib-12-1781-1782-0283]
XIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0284]
Christian Wernikens Überschriften. Nebst Opizens, Tscherning's, Andreas Gryphius und Adam Olearius epigrammatischen Gedichten. Leipzig, bei Weidmans p. 1780.

 

[Ib-12-1781-1782-0285]
1)

 

[Ib-12-1781-1782-0286]
Von Hans Sachs.
"Oft wenn ich lange gnug gebrauchet Al und Feder
Und manch unschuldig Wort gerekket, wie das Leder.
Wenn ich, mit Tint' und Pech besudelt, Vers' erdacht,
Und manchen Schuh zu kurz und Fus zu lang gemacht, p.

S. XIX.

 

[Ib-12-1781-1782-0287]
2)

 

[Ib-12-1781-1782-0288]
Beschaffenheit der Überschriften.
"Dan läst die Überschrift kein Leser aus der Acht,
Wenn in der Kürz' ihr Leib, die Sel' in Wiz besteht,
Wenn sie nicht alzutief mit ihrem Stachel gäht,
Und einen Abris nur von einer Wunde macht;
Vor Lachen nur uns Tränen aus den Augen prest,
Und kizelnd einem, der's bedarf, zur Ader läst."

S. 3.

 

[Ib-12-1781-1782-0289]
3)

 

[Ib-12-1781-1782-0290]
Auf die schöne aber unbelebte Kloris.
"So schläfrig, doch so schön! Kan man den Augen trauen?
Ist Kloris der Natur Geschöpf? Ist Kloris nur
Ein seltnes Werk der Kunst? Das, was wir an ihr schauen,
Ist für die Kunst zu gros, zu schwach für die Natur.
Nam etwa die Natur zur Hand des Malers Waffen,
Hat sie mit gleicher Münz' ein Künstler hier bezalt:
So hat sie die Natur gemalt, nicht geschaffen,
So hat ein Maler sie geschaffen, nicht gemalt."

S. 4.

 

[Ib-12-1781-1782-0291]
4)

 

[Ib-12-1781-1782-0292]
Sünde und Strafe.
"Dem, welcher Sünde liebt und nicht gern Straf' erträgt,
Ist beider Nuzen nicht und Schaden nicht recht kund:
Stat daß die Sünd', indem sie kizelt, uns verwundt,
Heilt uns die Straf', indem sie schlägt."

S. 7.

 

[Ib-12-1781-1782-0293]
5)

 

[Ib-12-1781-1782-0294]
Auf Klorinden.
"Klorinde trauert um ihren Man,
Den sie in Wort und Werk (sie schwört es) nie betrogen;
Sie hat ein zierlich Traurkleid an,
Ihr Zimmer ist mit Boy bis auf den Grund bezogen,
Schwarz ist die Dekk' auf ihrem Bet,
Briefträger, Kupler, Knecht, Magd, Kutscher, Pferd' und Wagen
Die müssen alle Trauer tragen:
Es scheint, als ob sie Freud' an ihrer Trauer hätt'."

S. 9.

 

[Manuskriptseite 74]

[Ib-12-1781-1782-0295]
6)

 

[Ib-12-1781-1782-0296]
Ingeniosa necessitas.
"War ists, die Not lert manchem Wiz,
Ist seine zweite Mus', und schneid die Feder spiz:
Not lert zuerst ihm Mässigkeit,
Und die Gewonheit wird zulezt Gewogenheit;
Die eine Tugend folgt der andern auf dem Fus.
Allein, was ist der lezte Schlus?
Dem Anfang' ist das Ende gleich:
Denn Wiz macht selten klug, und Tugend selten reich."

S. 11.

 

[Ib-12-1781-1782-0297]
7)

 

[Ib-12-1781-1782-0298]
Dank für nichts bei Hofe.
"Wenn dir ein Statsman viel verspricht,
So zeig' ihm ia dein Mistraun nicht;
Verneige vor ieder seiner Lügen,
Nim an die Wort' als eine Gabe;
Ia, daß er nicht zu viele Mühe habe,
So hilf ihm selbst dich zu betrügen:
So findst du endlich in der Tat,
Daß der dir dient, der dir nicht schadt."

S 14.

 

[Ib-12-1781-1782-0299]
8)

 

[Ib-12-1781-1782-0300]
Auf die eingebildete Rossa.
"Wozu dein falsch Geschmeid' und eitle Flitterpracht?
Dein Man ist Pfalzgraf; gut! Doch seine Macht,
Gleicht darum noch nicht seinem Recht;
Nicht deine Stein', er macht nur deine Kinder echt.

a) Die Pfalzgrafen oder comites palatini können unechte Kinder echt machen. –"S. 16

 

[Ib-12-1781-1782-0301]
9)

 

[Ib-12-1781-1782-0302]
An die Entdekker von Amerika.
"Euch wies Amerika der ersten Unschuld Spur,
Ein Volk, das one Zwang gehorchte der Natur,
Das einen eitlen Rum nie sucht' in der Gefar,
Und keine Tugend kant', als die kein Laster war;
Ihr fandet, und dies must' ein Biederherz erfreuen,
Die Welt der Alten in der neuen."

S. 16-17.

 

[Ib-12-1781-1782-0303]
10)

 

[Ib-12-1781-1782-0304]
An die Eroberer von Amerika.
"Ihr Sieger, was war eure Frucht,
Als ihr nur Gold, nicht Tugend, hier gesucht?
Daß ein zerstörtes Volk sich heimlich an euch rächte,
Durch Unterwürfigkeit euch ins Verderben sties,

 

[Manuskriptseite 75]

Indem es eure Macht durch die Vergrösserung schwächte,
Und seine Krankheit euch für eure Laster lies."

S. 17.

 

[Ib-12-1781-1782-0305]
11)

 

[Ib-12-1781-1782-0306]
Auf den Sieg der Semiramis.
"Wer schleunig der Gefar entgegen laufen kan,
So wie Semiramis, wird selten überwunden:
Sie läuft vom Spiegel weg und legt den Harnisch an,
Und ihre Feinde sind eh' als ihr Har gebunden."

S. 18.

 

[Ib-12-1781-1782-0307]
12)

 

[Ib-12-1781-1782-0308]
Der Grossen Fal erdrükt viele Gemeine.
"War ists, der Donnerkeil trift insgemein die Eichen,
Wenn sanfte Winde nur um schwache Sträuche schleichen;
Doch diese haben oft an der Verwüstung Teil:
Der Eiche Splitter sind der Sträuche Donnerkeil."

S. 20.

 

[Ib-12-1781-1782-0309]
13)

 

[Ib-12-1781-1782-0310]
Gefärliche Schönheit.
"Die Schönheit schmükt ein iung Gesicht,
Und Epheu schmükt ein alt Gewölbe.
Du sagst; ich finde hier die Gleichheit nicht.
Ein iung Gesicht, ein alt Gewölb' ist nicht dasselbe.
So höre denn! Der Schmuk, den beid' erwerben,
Durch Schönheit das, durch Epheu dies,
Verursacht ihren Fal gewis:
Was beide ziert ist ihr Verderben."

S. 21.

 

[Ib-12-1781-1782-0311]
14)

 

[Ib-12-1781-1782-0312]
Auf die Menge französischer Bücher.
"Daß uns so mancher schöner Geist,
Den Frankreich zeugt und Holland speist,
So manches Werk beschert;
Daß er das Iar nach Büchern zält,
Und ihm am Iar kein Monat felt.
Ist das nicht Wunderns wert?
Kaum macht er seine Feder nas,
Flugs schreibt er, one Müh.
War ists, er schreibt, ich weis nicht wie,
Doch auch, ich weis nicht was."

S. 24.

 

[Ib-12-1781-1782-0313]
15)

 

[Ib-12-1781-1782-0314]
Heldengedichte und Überschriften.
"Ein heldenmässiges Gedicht
Ist gleich der steten Glut, die aus dem Ätna bricht;
Die Überschriften sind hingegen
Wie Funken, die aus Stal zerstreut zu springen pflegen."

S. 27.

 

[Manuskriptseite 76]

[Ib-12-1781-1782-0315]
16)

 

[Ib-12-1781-1782-0316]
Auf Pelion, den Statsman.
"Wenn Pelion von Statsgeschäften spricht,
So zeichnet er zuerst in seinem Angesicht den
Den Grundris seiner Red'; er hustet, und hernach
Fürt Ein – langsames – Wort – die – andern – auf die Wach,
In welchen der Verstand als Feur vom Stal sich weiset,
Und, wie die Grossen, unter fremdem Namen reiset.
Der Schlus ist so verstekt, die Meinung so verdreht,
Daß man ihn minder nie, als wan er red, versteht."

S. 31-32.

 

[Ib-12-1781-1782-0317]
17)

 

[Ib-12-1781-1782-0318]
An die Weiber von Windsheim.
"Die ihr durch eure List und Stärke
(Der waren Liebe Wunderwerke)
Des strengen Kaisers Zorn betrogt,
Die Männer der Gefar entzogt!
Legt eure Bürd' iezt ab, vertauscht die Last mit Lust,
Legt sie vom Rükken ab, und nemt sie auf die Brust;
Macht, daß ein Wunderwerk das andre nach sich ziehe.
Sind sie noch tod vor Furcht: die Liebe stärkt die Schwachen.
Vom Tode Lebende zu retten heischt mer Mühe
Als solche Tode lebendig zu machen."

S. 36-37.

 

[Ib-12-1781-1782-0319]
18)

 

[Ib-12-1781-1782-0320]
Auf einen exemplarischen Domhern.
"Obgleich Gratinus nie, als wenn er vol ist, singt,
Nie betet, als wenn er wil an die Tafel treten,
So ist es dennoch war, daß er die Zeit verbringt,
Der Geistlichkeit gemäs, mit Singen und mit Beten."

S. 38.

 

[Ib-12-1781-1782-0321]
19)

 

[Ib-12-1781-1782-0322]
An unsre Poeten.
"Ihr Deutschen, wenn ein Vers aus eurer Feder quilt,
Um eure Phyllis zu bedienen,
Erscheint sogleich ein Marmorbild,
Das Aug' ist von Achat, die Lippen sind Rubinen,
Die Adern aus Saphir gedreht.
In Welschland pflegt der zärtliche Poet
Mit seiner Göttin flugs bis ans Gestirn zu fliegen.
In Frankreich macht er sie zu lauter Geist und Wiz,
Der Freundschaft fähig, und verschwiegen,

 

[Manuskriptseite 77]

Kurz, zum Gefäs on' einen Riz.
In England haben sie zu schalten und zu walten,
Und werden doch für nichts, als Fleisch und Blut gehalten.
Nur ihr wolt, umgekert, Pygmalione sein,
Denn eure Phyllis wird durch ein Bild von Stein."

S. 38-39.

 

[Ib-12-1781-1782-0323]
20.

 

[Ib-12-1781-1782-0324]
Auf das Glük.
"Manch ungehobelt Holz wird zum Merkur gemacht,
Wenn mancher seltne Man, aus aller Höfling' Acht,
Sich sonst bei einem Mas als seinem Schatten mist.
Viel' hebt das Glük empor, viel hält es auch zurük.
Doch wer die Welt recht kent, der findet, daß das Glük
Mer Schulden ausstehn hat, als es selbst schuldig ist."

S. 41.

 

[Ib-12-1781-1782-0325]
21)

 

[Ib-12-1781-1782-0326]
Auf den Muzius Szävola.
"Als Szävola, zum Mord verfürt durch seine Iugend,
So wie das Laster für die Tugend,
Den Schreiber für den König nam,
Und nach volbrachter Tat erst zur Erkentnis kam,
Da wust' er der Gefar den Vorteil abzuschwingen,
Und, durch die Schande nicht verzagt,
Das, was das Laster ihm versagt,
Der Tugend selber abzudringen:
Er machte, daß der Has sich in Verwundrung wand,
Sich brant' er ab, dem Feind entwafnet' er die Hand;
Und weil die edle Wut man ihm zur Tugend zälte,
Erreicht er seinen Zwek, indem er ihn verfelt."

S. 45-46.

 

[Ib-12-1781-1782-0327]
22)

 

[Ib-12-1781-1782-0328]
Auf Zäsars Mord.
"Es rüme, wer da wil, am Brutus, Zäsars Mord,
Und schreib auf dessen Brust der Freiheit blutig Wort:
Wer gegen Zäsars Huld des Brutus Undank sezet,
Und Freundschaft mer als Freiheit schäzet,
Der ruft mit mir: Es leb', es lebe der Tyran,
So lange seiner Macht auch seine Tugend gleichet,
Und er mit grösserm Rum dem Volk die Fesseln reichet,
Als ichs in Freiheit sezen kan."

S 48-49.

 

[Ib-12-1781-1782-0329]
23)

 

[Ib-12-1781-1782-0330]
Auf die Virginia.
"Ein gleicher Frevel ward zugleich an dir verübet.
Von dem, der dich gezeugt, von dem, der dich geliebet:

 

[Manuskriptseite 78]

Die Tugend liebte iener, dieser dich zu ser,
Nicht viel hatt' Appius, zu viel dein Vater Er.
Zu strenge Tugend hat dir deinen Tod gegeben,
Und deine Schande war zu strenger Liebe Frucht;
Lieb' one Tugend stelte Neze deiner Zucht,
Und Tugend one Liebe raubte dir das Leben."

S. 50.

 

[Ib-12-1781-1782-0331]
24)

 

[Ib-12-1781-1782-0332]
Auf den Zinzinnatus.
"Es brauchte Zinzinat die Pflugschar, wie das Schwerd,
Und baute so sein Feld, als er des Feinds verhert;
Er lerte Feind und Rind gleiches Ioch zu tragen,
Indem sein Schwerd so scharf als seine Peitsche schlug,
Bald trieb er Ochsen vor den Pflug,
Bald Pferde vor dem Siegeswagen."

S. 50-51.

 

[Ib-12-1781-1782-0333]
25)

 

[Ib-12-1781-1782-0334]
Die Mässigkeit.
"Wer seiner vollen Krüge schonet
Ist mässig, nicht, wer Durst gezwungen leidt.
In einem leren Fasse wonet
Der Durst und nicht die Mässigkeit."

S. 52.

 

[Ib-12-1781-1782-0335]
26)

 

[Ib-12-1781-1782-0336]
Auf die Drukkerei der Deutschen.
"Daß noch kein wol gedruktes Blat
Ein deutsches Buch gezieret hat,
Kein Blat, wovon man sagt, daß es zum Lesen reize,
Kömt her von manches Drukkers Geize.
Der Bogen ist so ser beflekt,
Daß er ihn durch den Druk verstekt;
Und weil die Schrift ganz abgenüzet,
Tuts Not, daß er durch die eine Reih die andre stüzet.
Doch, gute Schreiber! habt Geduld;
Gebt dem Verleger ia nicht alle Schuld:
Mich dünkt, daß er bei diesem Spiel
Euch selber in die Karte gukt.
Und weil ihr wenig schriebt auf viel,
Er viel auf wenig drukt."

S. 54.

 

[Ib-12-1781-1782-0337]
27)

 

[Ib-12-1781-1782-0338]
Auf den verheirateten Veit.
"Veit liebte Lauren: als er sah, er gehe
Umsonst der Schönen nach, so nam er sie zur Ehe;

 

[Manuskriptseite 79]

Fand aber wenig Freud' im Ehstand', ausser iezt,
Nun seine Frau, die sich die Lung' erhizt,
Ihm die Erlaubnis giebt, auf ihren Tod zu hoffen.
Wie wunderlich sind unsre Triebe.
Lieb' one Hofnung hat die Heurat erst getroffen,
Und was sie leidlich macht ist Hofnung one Liebe."

S. 60.

 

[Ib-12-1781-1782-0339]
28)

 

[Ib-12-1781-1782-0340]
Auf den Nil, als ein Vorbild des woltätigen Philanders.
"Dem ganzen Lande fliest der reiche Nil zu gut,
Und seine Nuzbarkeit, die sich so weit erstrekket,
Liegt in der Tiefe nicht verstekket,
Sie schwimmet oben auf der Flut.
Ein Flus, wenn er für sich in seinen Ufern fliest,
Und eine See, wenn er für andre sich ergiest."

S. 63.

 

[Ib-12-1781-1782-0341]
29)

 

[Ib-12-1781-1782-0342]
Auf den geilen Luzius.
"Der liebt den Wein, und sucht den Himmel in dem Fasse,
Der liebt das Geld, und sucht den Himmel in der Kasse,
Der liebt Gewinst, und sucht den Himmel bei den Kunden,
Der liebt die Iacht, und sucht den Himmel in den Hunden,
Der liebt die See, und sucht den Himmel unterm Striche,
Der liebt den Fras, und sucht den Himmel in der Küche:
Wo sucht in Luzius? Er liebt die Liebesfälle,
Verbotne Brunst, und sucht den Himmel in der Hölle."

S. 66-67.

 

[Ib-12-1781-1782-0343]
30)

 

[Ib-12-1781-1782-0344]
Auf die Titel.
"Mit gutem Namen sich und schlechtem Tuch zu kleiden,
Genüget Männern, die gern alle Torheit meiden.
Denn wer mit andern sich durch stolze Kleider mist,
Ist eben solch ein Tor, als wer mit Titteln pralt;
Die Ere, welche man bezalet,
Ist wie ein prächtig Kleid, das nicht bezalet ist."

S. 70.

 

[Ib-12-1781-1782-0345]
31)

 

[Ib-12-1781-1782-0346]
Neuiarswünsche.
"Es spricht Argantes mir am neuen Iarstag zu,
Und nimt mir, was er mir doch anwüscht, Fried' und Ruh;
Er wünscht mir viele Iar' und raubt mir meine Zeit,
Veranlast mich zum Fluch, und wünscht die Seligkeit;
In seinem Antliz sizt das Merkmal böser Tage,
Und sein Neuiarswunsch ist des Neuiars erste Plage." In seinem [...] Plage."] vertikaler Strich am Rand der Seite

S. 71.

 

[Manuskriptseite 80]

[Ib-12-1781-1782-0347]
32)

 

[Ib-12-1781-1782-0348]
Auf einen Taglöner der Verleger.
"Schreib eilends! denn es steht der Drukker vor der Tür,
Und bringt gespartes Gold für dein verschwendt Papier.
Zwar deine Worte hatten nicht
Mit seinem Golde gleich Gewicht;
Doch wird die Anzal hier dem Werte vorgezogen:
Du wägst allein sein Gold, er zält nur deine Bogen."

S. 73.

 

[Ib-12-1781-1782-0349]
33)

 

[Ib-12-1781-1782-0350]
Frankreichs Friedensversicherungen.
"Die Worte Frankreichs sind ser milde,
So wenig auch die Tat damit zusammentrift.
Es fürt im Munde stat des Zukkers Gift,
Wie Kröten in Gestalt der Lilien im Schilde."

S. 84.

 

[Ib-12-1781-1782-0351]
34)

 

[Ib-12-1781-1782-0352]
Schiffart des Lebens.
"Wir irren auf der See der Welt,
Auf welcher eine Flut die andre schwelt.
Kein Vorgebirg' erscheint zur rechten oder linken;
Wir sind der Stürme Gaukelspiel:
Süd, Ost, Nord, West, es gilt gleich viel,
Weil wir den Hafen nur erreichen, wenn wir sinken."

S. 86.

 

[Ib-12-1781-1782-0353]
35)

 

[Ib-12-1781-1782-0354]
Eitelkeit der weltlichen Lüste und Eren.
"Daß eine Fürstin mich umfieng mit heissen Küssen,
Und mich ein König Freund und Grafen gnädig hiessen,
Das träumt' ich. Mein Gemüt war durch die Lust betört;
Ich schmekte, was ich fült', und fülte, was ich hört'
Als ich hierauf erwacht' und d nach den sanften Zeichen
Der ungewonten Küss' auf meinen Lippen sucht',
Auch den entwichnen Schal der Titel in der Flucht
Durch mein verwöntes Or gedachte zu erreichen,
Da war so wenig hier zu hören und zu sehen,
Als wenn, was ich geträumt, wär' in der Tat geschehn."

S. 89-90.

 

[Ib-12-1781-1782-0355]
36)

 

[Ib-12-1781-1782-0356]
Schmeichelnde Leichenpredigten.
"Die Lobsprüch' aus der Schrift, die wider sein Gewissen
Ein Pfarrer blos ums Geld der Leich'
Erteilet, sind den Sternen gleich,
Die von dem Himmel in Moräste schiessen."

S. 95.

 

[Manuskriptseite 81]

[Ib-12-1781-1782-0357]
37)

 

[Ib-12-1781-1782-0358]
Die verkerte Welt. In einer Fabel.
"Einst kerten Lieb' und Tod in eine Herberg' ein,
Sie legte rechts, er links den Köcher und die Pfeile
Vom Rükken; schliefen drauf und wurden erst beim Schein
Der hohen Sonne wach, so daß aus grosser Eile
Beim Abzug sie und er ein falsch Gewer bekam:
Wie nun bei iungen sie, er sich bei alten übt,
Und ieder fremde Pfeil' auf eignen Boden nam,
So starb die Iugend ab, das Alter ward verliebt."

S. 99.

 

[Ib-12-1781-1782-0359]
38)

 

[Ib-12-1781-1782-0360]
Urteile von verborgner Hand. Auf den Nikander.
"Die deutsche Warheit schreibt Nikander gern,
Doch seinen Namen wil er nie gestehen.
Er wil, man sol, wie in der Handlatern,
Das Licht, doch nicht den Träger sehen."

S. 101.

 

[Ib-12-1781-1782-0361]
39)

 

[Ib-12-1781-1782-0362]
Auf eine von der Zeit verlöschte Grabschrift.
"Vor ward durch diese Schrift, die hier die Zeit zerstöret,
Daß alles auf der Welt vergänglich sei, geleret,
Und nun man sie nicht lesen kan,
Zeigt sie es uns noch klärer an.
Kein grösser Zeugnis kan man haben,
Die Grabschrift selbst liegt hier begraben."

S. 104.

 

[Ib-12-1781-1782-0363]
"Verstand im Trinkgelag' ist Wasser in dem Wein." S. 111.

 

[Ib-12-1781-1782-0364]
40)

 

[Ib-12-1781-1782-0365]
An den berümten Klito.
"Du sorgst, o Klito, daß dein Rum hier nicht vergeh',
Und ieder nennet dich ein Wunder seiner Zeit:
Wo aber bleibt die Ewigkeit?
Was hilfts der Rhone wol, daß durch den Genfersee
Sie rein und unvermischt ihr stolzes Wasser füret,
Wenn sie zulezt im Mere sich verlieret?"

S. 116.

 

[Ib-12-1781-1782-0366]
41)

 

[Ib-12-1781-1782-0367]
Auf das sogenante Schrauben.
"Wo du die Torheit suchst zu bessern, so sprich deutsch,
Sei herzhaft, nicht bered, und greife nach der Peitsch';
Verblümte Reden sind verloren
Bei ungeschlifnen Eselsoren;
Wer einen Narren aus Scherz Her Hofrat heist,
Gleicht dem, der nach dem Hund' aus Eifer Knochen schmeist."

S. 119.

 

[Manuskriptseite 82]

[Ib-12-1781-1782-0368]
42)

 

[Ib-12-1781-1782-0369]
Auf zwei wichtige Widersacher.
"Ob Punkt, ob Komma richtig sei,
Ist zwischen euch das Feldgeschrei.
Kek geht ihr auf einander los,
Und schreibet beid' auf Hieb und Stos."

S. 129.

 

[Ib-12-1781-1782-0370]
43)

 

[Ib-12-1781-1782-0371]
Auf die Blanda.
"Der Blanda Lieb' ist gros, die sie zum Gryphon trägt,
So gros, daß zwanzig kaum die Reizung können stillen,
Die er in ihrem Sin erregt;
Sie liebt ihn, und um seinetwillen
Das ganze mänliche Geschlecht,
Sogar auch seinen eignen Knecht."

S. 131-132.

 

[Ib-12-1781-1782-0372]
44)

 

[Ib-12-1781-1782-0373]
Bei der Zurüklegung des xx Iars.
Noch eines felet mir, so hab' ich xx Iare,
Und dan vielleicht noch eins so lieg ich auf der Bare,
Noch eins und minder doch, so bin ich schon vergessen:
So daß die Zeit, die mir das Schiksal zugemessen,
Mit meiner Schreiberei vielleicht zusammentrift:
Ich habe viel getan, und wenig ausgerichtet,
Die Warheit stets geredt, und dennoch viel gedichtet:
Mein ganzes Leben ist gleich einer Überschrift."

S. 133-134.

 

[Ib-12-1781-1782-0374]
45)

 

[Ib-12-1781-1782-0375]
Furor poeticus.
"Wie glüklich ist der Man, der sich vom Winde nären,
Und Wolle kan von Schnee, gleich wie von Schafen schären,
Der zu Dukatengold der Sonne Stralen schlägt,
Und dem Betrug' aus Rauch Helm, Schild und Panzer fegt;
Der Marmor und Albast aus Brust und Händen hauet;
Und ein Eskurial dem Rum zur Wonung bauet;
Der Edelstein' und Stern' aus seiner Feder sprizt,
Und dessen Muse nichts, als Musk und Amber schwizt.
Der in dem Aug' Achat, in Tränen Perlen find't,
Der einen feinen Vers aus Spinneweben zieht,
zieht] an dieser Stelle im Original folgende Zeile: "Und aus den Disteln Zeug, der Luft zum Schlafrok spint;"
Und, wie ein Sontagskind, Nichts in Person oft sieht!
Wie glüklich ist der Man, der alle Not vergist,
Nicht Durst, nicht Hunger fült, weil er von Sinnen ist."

S. 135-136.

 

[Manuskriptseite 83]

[Ib-12-1781-1782-0376]
"Ihr (die Weiber) seid an Häuslichkeit den Sternen gleich bei Tage,
An Schönheit aber gleich bei Nacht."

S. 154.

 

[Ib-12-1781-1782-0377]
46)

 

[Ib-12-1781-1782-0378]
Mumerei bei Hofe.
"Beklagen, den man neidet; den man hasset, küssen;
Verfolgen, den man ert; so zu versprechen wissen,
Daß man nichts halten darf; mit Absicht tugendhaft
Und nicht stets arg zu sein: dies ist die Eigenschaft
Der Hofleut', aber so, daß man sie kennen kan:
Die gröste Larv' entdekt am ersten ihren Man."

S. 157.

 

[Ib-12-1781-1782-0379]
"Erfarung one Klugheit ist
Ein Blinder auf gewonter Ban.
– Klugheit on' Erfarung ist
Ein Sehender auf fremdem Wege."

S. 160.

 

[Ib-12-1781-1782-0380]
47)

 

[Ib-12-1781-1782-0381]
Wiz und Verstand.
"Ein mänlicher Verstand, so dünkt mich, übertrift
Weither gesuchten Wiz in einer Überschrift:
Der erste gleicht der Frucht, die reif vom Baume fält,
Der andre der, die man durch Schütteln erst erhält."

S. 171.

 

[Ib-12-1781-1782-0382]
"– – – – daß uns Frankreich drükt,
Und die verstelte Kröt' oft unsern Adler pflükt."

S. 175.

 

[Ib-12-1781-1782-0383]
48)

 

[Ib-12-1781-1782-0384]
Die Sonne und der Mond.
"Die Sonn' in unsrer Sprach' heist die, der Mond heist der:
Weist du Kornut, sprach Lepidus, woher?
Die Frauen pflegen so gemein
Wie die, die Männer so gehörnt, wie der, zu sein."

S. 181.

 

[Ib-12-1781-1782-0385]
49)

 

[Ib-12-1781-1782-0386]
Auf die guttätige Amaryllis.
"Daß man den Schöpfer im Geschöpf am besten liebet,
Weis Amaryllis, die der Armut willig giebet,
Und ihr so sitsam Hilfe beut,
Daß man den Geber nicht vom Nemer unterscheid't;
Die ihre Mild' und Güt' als Laster zu verhelen
Und so zu geben pflegt, als andere zu stelen:
Sie gleicht dem vollen Flus, der fliessend Tag und Nacht,
Das Ufer fruchtbar macht zwar, doch kein Geräusche macht."

S. 182.

 

[Ib-12-1781-1782-0387]
50)

 

[Ib-12-1781-1782-0388]
Auf den scheinheiligen Phax.
"Wenn ich den Phax von ungefär

 

[Manuskriptseite 84]

Bei einer schönen Tais finde,
Spricht er: Mein Amt bringt mich hieher,
Um sie von ihrer schnöden Sünde
Durch meinen treuen Unterricht
Und ernste Warnung abzuschrekken:
Er wärmt sich an der Sonn', und spricht,
Er schaue nur nach ihren Flekken."

S. 184.

 

[Ib-12-1781-1782-0389]
"Saul's Helm war da ihm (David) zu gros, nicht aber seine Krone." S. 191.

 

[Ib-12-1781-1782-0390]
51)

 

[Ib-12-1781-1782-0391]
Es ist gut, Her, daß du uns züchtigest.
"Wie mancher dünket sich im Glük ein Held zu sein,
Der in der Not verzagt! Das Unglük bringt allein
Zur Selbsterkentnis, dient die Flekken
Des eignen Herzens aufzudekken.
Ein heitres Glas zeigt nur das Licht,
Doch wenns verfinstert ist, so zeigts dir dein Gesicht."

S. 193-194.

 

[Ib-12-1781-1782-0392]
52)

 

[Ib-12-1781-1782-0393]
Auf den Müssiggang.
"Such' in der Arbeit deine Ruh,
Nachdem du emsiglich den Himmel angefleht.
Die Arbeit kömt der Welt, dem Himmel das Gebet,
Der Müssiggang der Hölle zu."

S. 202.

 

[Ib-12-1781-1782-0394]
53)

 

[Ib-12-1781-1782-0395]
Auf den Kreon.
"Es war Verachtung meine Frucht,
So lang' ich Kreons Gunst durch Demut blos gesucht;
So bald mir die Geduld entfiel,
Erreicht' ich unverhoft durch Kekheit Zwek und Ziel:
Er war besorgt für seine Ruh,
Und schrieb mir einen Brief vol Anerbietung zu.
Ich las ihn und erkant' hiebei,
Daß eines Narren Gunst gleich seinem Briefe sei,
Indem man, eh' man seinen Grus
Erhält, zuvor sein Siegel brechen mus."

 

[Ib-12-1781-1782-0396]
S. 206.

 

[Ib-12-1781-1782-0397]
54)

 

[Ib-12-1781-1782-0398]
Auf die Bulereien der Deutschen in Frankreich.
"Daß Frankreich uns weis zu verwunden
Mit Pulver, welches wir erfunden;
Daß es in Büchern uns verlacht,
Die wir zu drukken erst erdacht;
Daß wir dort unser Geld verschwenden,
Mit dem es uns hernach besticht;
Daß es in unsre Länder bricht
Mit Pferden, die wir ihnen senden:

 

[Manuskriptseite 85]

Dies alles fass' ich eh', als daß wir, tol und blind,
Die Iugendkräfte dort verlieren,
Und ihre Weiber selbst verfüren,
Und unsrer Feinde Väter sind."

S. 209.

 

[Ib-12-1781-1782-0399]
55)

 

[Ib-12-1781-1782-0400]
Freigebigkeit der Fürsten.
"Hoch schäzt man, was der Mund der Fürsten spricht, doch liebt
Man mer noch, was die Hand der Fürsten giebt;
Ein ieder schäzt ihr Bild auf Erenpforten ser,
Doch liebt er es auf ihren Münzen mer."

S. 215.

 

[Ib-12-1781-1782-0401]
56)

 

[Ib-12-1781-1782-0402]
Grabschrift eines farenden Boten.
"Der halb in Hamburg wont' und halb in Koppenhagen,
Und Leute, Pak und Brief' in ein Register schrieb;
Der seinen Vorteil macht auf einem Rükreiswagen,
Und oft an Einem Ort, doch niemals lange, blieb,
Der läge nicht so lang' in diesem Nachtquartiere,
Wär' hier ein Wagen nur, der auch zurükke füre."

S. 220.

 

[Ib-12-1781-1782-0403]
"Verkert ist Zokons ganzes Wesen,
Man mus ihn, wie hebräisch, rükwärts lesen."

S. 232.

 

[Ib-12-1781-1782-0404]
56) 56)] Zählfehler JP

 

[Ib-12-1781-1782-0405]
Nosce te ipsum.
"Denn wer kein Fremdling ist in seinem eignen Herzen,
Entdekt hier manchen Trieb, der ihn zum Zorn bewegt;
Und wer bedachtsam schreibt, fült oft die grösten Schmerzen,
Wie der, der unbedachtsam schlägt."

S. 236.

 

[Ib-12-1781-1782-0406]
57)

 

[Ib-12-1781-1782-0407]
Auf ein gewisses Sonnet.
"Ein wundersam Sonnet schreibt Polyklet,
In welchem der Verstand in steter Irre geht;
Worin die dreizehn ersten Zeilen
Zur lezten als ins Wirtshaus eilen:
Denn ist gleich weder falsch, was vorhergeht, noch war,
So ist der Endspruch dennoch klar:
Er schleust durch ein grob Wort sein dunkeles Gedicht,
Und sprizt die Feder aus dem Leser in's Gesicht."

S. 245-246.

 

[Ib-12-1781-1782-0408]
58)

 

[Ib-12-1781-1782-0409]
Auf den Statsman Palinurus.
"War ist's, daß Palinur beherzt am Steuer sizt,
Wan mit der sanften Flut sein knarrend Ruder spielt;
Allein sobald die See den Kampf der Winde fület,
Der den erregten Schaum bis an die Wolken sprizt;
Wan, wie die Welle steigt, das Schif zu sinken scheinet,
Und Palinur in Eil' es zu erleichtern meinet,

 

[Manuskriptseite 86]

So wirft er aus, unwissend was,
Anstat des Ballasts, den Kompas."

S. 247.

 

[Ib-12-1781-1782-0410]
59)

 

[Ib-12-1781-1782-0411]
Blumenreiche Gedichte.
"Man findet, wenn man alle Rosen und Narzissen,
Die iezt die deutschen Verse füllen müssen,
Und den Verstand und Sin des Dichters überlegt,
Daß ein unfruchtbar Feld die meisten Blumen trägt."

S. 258.

 

[Ib-12-1781-1782-0412]
60)

 

[Ib-12-1781-1782-0413]
An den falschen Agyntes.
"Du giebst mir alzuviel und alzuwenig Ere,
Nach dem ich dich, Agynt, hör' oder dich nicht höre;
Das erst' ist nicht nach meinem Sin,
Das andre fält mir ungelegen:
Du machst mich rot, wenn ich zugegen,
Und schwarz, wenn ich abwesend bin."

S. 263.

 

[Ib-12-1781-1782-0414]
XIIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0415]
ASMUS omnia sua secum portans, oder sämtliche Werke des Wandsbekker Boten, I. und II. Teil. Hamburg gedrukt bei Bode. 1775.

 

[Ib-12-1781-1782-0416]
"Die Sterne und hohen Erentitel sind beim Verdienst, was der Wetterhan beim Winde ist. Wer einen grossen Titel und Stern hat, der mus auch 'n gros Verdienst haben, darnach richten sich die Potentaten beim Geben, und das sieht man auch an den meisten Herren die hohe Titel und Sterne haben; a Propos, hab wol eher 'n Stern auf einer Brust gesehn; und in dem Gesicht darüber Harmpfoten und Verdrus, und da hab' ich denn so bei mir selbst gedacht, daß es wol nicht immer Fried und Freude sei was so 'n Stern auf einer Brust manchmal so hoch hebt, und daß Titel und Sterne wol nicht innerlich müssen glüklich machen können. Das Seinige treu tun, pflegte meine Mutter zu sagen, ist 'n Stern, der auf der blossen Brust sizt, die andern sizen nur am Laz." S. XIII-XIIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0417]
"Die Betrachtungen über die Religion und ihr Neues, die Ortographie one H, ist sind bekant; diese Apologie ist ein Wink und Antwort darauf und auf alle Betrachtungen der Art, die sämtlich auf demselben Loch, nur mer und minder laut, gepfiffen werden und gepfiffen worden sind, seit dem Ersten, der den Iohanniswurm der algemeinen Vernunft, stat ihn auf der Erde seiner Heimat fortkriechen und glänzen zu lassen, über die Religion aufsteigen lies, wie die Knaben ihren Drachen; und die sämtlich auf demselben Loch werden gepfiffen werden bis an der Welt Ende

 

[Manuskriptseite 87]

und der Iohanniswürmer und Knaben und Drachen. Der Verfasser läßt sich in das Gesinge und Gesumse wieder und für die Religion gar nicht ein, sondern anatomirt den Iohanniswurm und macht ihn verdächtig pp. Übrigens hat er sich in ein mitternächtliches Gewand gewikkelt, aber die goldnen Sternlein hin und her im Gewandte verraten ihn." S. 29-30.

 

[Ib-12-1781-1782-0418]
Der Tempel der Musen.
Der Deutsch' und Grieche pflegen
Des Altars;
Der Römer pflegt auch mit, von wegen
Des Nachbars;
Hoch am Gewölbe schwebet
Der Britte wie Cherub, und lebet;
Der Welsch' ist Adiunktus und Küsterman,
Und oben flattert der Han
Vergoldet und lieblich zu sehen,
Und krähet Epopeen."

S. 38.

 

[Ib-12-1781-1782-0419]
"Das Genie ist 'n Walfisch, der bald eine Idee drei Tage, und drei Nächte in seinem Bauche halten kan, und sie denn lebendig ans Land speit; ist 'n Walfisch, der bald durch die Tiefe in stiller Grösse daher färt, daß den Völkern der Wasserwelt 'n kaltes Fieber ankömt, bald herauf färt in die Höhe und mit Dreimastern spielt, auch wol mit Ungestüm aus dem Mere plözlich hervorbricht und grosse Erscheinungen macht. Das Nicht=Genie aber ist 'n Walfischgerippe, one Fet und Bein, das auf'm Wasser vom Winde hin und her getrieben wird, eine Witterung für die schwarzen und weissen Bären (Iournalisten und Zeitungsschreiber) die über die Eisschollen herkommen und d'ran nagen." S. 42.

 

[Ib-12-1781-1782-0420]
"Die Herren Philosophen, die von Algemeinheiten gehört haben, die tief in der Natur verborgen liegen sollen und durch Hebammenkünste zur Welt gebracht werden müssen, abstrahiren der Natur das Fel über die Oren, und geben ihre nakte Gespenster für iene Algemeinheiten aus; und ihre Zuhörer, die an diese Gespenster w gewönt werden, verlieren nach und nach die Gabe, Eindrükke von einer Welt zu empfangen, in der sie sind. Alle Haken ihrer Sele, die an die Eindrükke der wirklichen Natur anpakken sollen, werden abgeschliffen, und alle Bilder fallen ihnen nur perspektivisch und dioptrisch in Aug und Herz." S. 45.

 

[Ib-12-1781-1782-0421]
"Ein orientalischer Laut ist ein Laut aus Orient, und in Orient waren bekantermassen die 5 Pforten am Menschen in vollem Besiz aller ihrer Gerechtsame, und man hatte nicht den Mark aus den Knochen der Sinne durch Lands

 

[Manuskriptseite 88]

übliche Abstrakzion herausgezogen; schlug nicht die Natur übern Leisten eines Systems, und rekte sie nicht darüber aus; löste sie nicht zu einem leichten Äterduft auf, der zwar die Windmüle der algemeinen Vernunft behende umtreibt, übrigens aber nicht Kraut noch Pflanzen wachsen machen kan." S. 57-58.

 

[Ib-12-1781-1782-0422]
"Man im zerrissenen Mantel, mit der ruhigen Miene! ich stehe eifersüchtig an deiner Tonne, und, wenn die verwünschte Kluft zwischen Ideen und Empfindungen nicht wäre, so schiene morgen die Sonne, wenn sie aus dem Mer steigt, in zwo Tonnen. Ich bin sehr aufrichtig, wie du siehst, Diogenes! Die andern zeigen dir blos ihre brillanten Teile, das mulier formosa superne, eine volle Brust, einen schönen süsschwazenden Mund, ein freundliches Komplimentirgesicht pp. und ich, meine partes pudendas, das desinit in atrum piscem, meine schweren podagrischen Füsse, die ich nachschleppen mus und die meinen Entschlüssen den Hals brechen. Dein Ausleger, so richtig und bered sein Mund spricht, (seine Füsse sind unterm Mantel verborgen) predigt in den Wind. Es ist wol kein Mensch in Aten, der nicht in gewissen Stunden das Schale der erkünstelten eingebildeten Bedürfnisse und die Dornen im Labyrint der Leidenschaften fülen, und oft darüber ein sauer Gesicht machen, und an deine Tonne denken solte; aber was hilft der blosse Gedanke des Kopfs? Fussalbe, Man von Sinope! - " S. 82-84.

 

[Ib-12-1781-1782-0423]
"Heut zu Tage empfelen sich besonders die Deutsche und Italienische Musik durch hervorragende Eigenschaften. In beiden haben wir trefliche Meisterstükke, und grosse Meister, die den Rum verdienen, daß sie durch ihre Harmonie und Melodie den Vogel auf der Spize des Szepters in der hohen Hand Iupiters einschläfern können. Wem es aber von den Göttern aufbehalten ist, die Musik in Einfalt und Kraft wieder einzufüren, der bedarf eines solchen Rumes nicht; ihn wird Apollo seinen Freund nennen, und sein unerkantes Verdienst durch zwei lange Gliedmassen unter Midas Lokken rechtfertigen." S. 96.

 

[Ib-12-1781-1782-0424]
"Ich kann auch wol zwei hundert Vers' in einer Stund lesen, und 's ficht mich sehr oft nicht mer an, als wenn ich durch Wasser wate, auch spielen ein'm die Reime wie Wellen an 'n Hüften." S. 100.

 

[Ib-12-1781-1782-0425]
"Grabschrift auf den Windmüller Jakson."
Hier liegt der Müller Jakson!
Er lebte vom Winde mit lieben Weib und Knaben;
Es leben auch sonst noch viele davon,
Die keine Müle haben."

S. 120.

 

[Manuskriptseite 89]

[Ib-12-1781-1782-0426]
"Universalhistorie des Jars 1773; oder silbernes A. B. C. defekt"
"Am Firmament in diesem Iar
Ists so geblieben wie es war.
Gelerte sezten fort ihr Spiel
Mit dem bewusten Federkiel.
Prozesse hatten gut Gedeyhn,
Und über Recht tät Niemand schrein.
Stambäume trieb man, gros und dik,
In Mistbeten mit gutem Glük. p."

S. 158.

 

[Ib-12-1781-1782-0427]
"Ich pflege mich denn wol alle Neuiarsmorgen auf einen Stein am Weg' hinzusezen, mit meinem Stab vor mir im der Sand zu scharren und an dies und ien's zu denken. Nicht an meine Leser; sie sind mir aller Eren wert, aber Neuiarsmorgen auf dem Stein am Wege denk' ich nicht an sie, sondern ich size da und denke dran, daß ich in dem vergangnen Iar die Sonne so oft hab' aufgeh'n sehen, und den Mond, daß ich soviele Blumen und Regenbogen gesehn, und so oft aus der Luft Odem geschöpft und aus dem Bache getrunken habe; und denn mag ich nicht aufsehn, und nem' mit beiden Händen meine Müze ab, und kuk h'nein. So denk' ich auch an meine Bekante die in dem Iar starben, und daß sie nun mit Sokrates, Numa und andern Männern sprechen können, von denen ich soviel Gutes gehört habe, und mit Iohan Hus; und denn ist's als wenn sich rund um mich Gräber auftun, und Schatten mit kalen Glazen und langen grauen Bärten heraus steigen, und 'n Staub aus 'm Bart schütteln. Das mus nun wol der ewige Iäger tun, der übern Zwölften sein Tun so hat. Die alten frommen Langbärte wollen wol schlafen, aber Eurem Andenken und der Asch' in Euren Gräbern ein frölichs frölichs Neuiar!!!! " S. 188-189.

 

[Ib-12-1781-1782-0428]
"Hmm! 's ist 'n rechtes Leid mit den Leidenschaften! man könt' in der Welt leben wie 'n Kind an Mutterbrust, wenn sie uns das Spiel nicht verderbten; aber sie verderben's! Am Mastbaum gebunden und Küt in 'n Oren ist mühsam und umständlich, und das Harfenstükgen ist schwer zu treffen. – Ia, aber das ist recht kuriös, daß die Gelerten auch zanken! Die kennen doch was bessers, und mit der Philosophie 'n Stük aufspielen, daß Tieger und Löwen händelekken, und Klöz' und Stein' anfangen zu tanzen. Das können die Gelerten, das hat schon vor tausend Iaren einer getan, und was werden sie sint der Zeit nicht für Paspagees gelernt haben. Sans Kompraison! Neid, Eitelkeit, Geiz, Wollust und wie's Ungeziefer weiter heist, da weis 'n Gelehrter nicht von, das mus alles h'raus, und das ist nur noch erst so das Stimmen zur Musik, das Kämmen und Waschen zur Audienz beim Schnittermädgen des Himmels." S. 215-219.

 

[Manuskriptseite 90]

[Ib-12-1781-1782-0429]
XV.

 

[Ib-12-1781-1782-0430]
Tristram Schandi's Leben und Meinungen. Erster Teil. Zwote von Bode verbess. Aufl.

 

[Ib-12-1781-1782-0431]
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Hanau und Höchst, bei G. L. Gölner. 1776.

 

[Ib-12-1781-1782-0432]
"Neun Zenteil von eines Mannes Verstande oder Dumheit, von seinem Fortkommen oder Umwerfen in der Welt, hängt von den Bewegungen dieser Lebensgeister, ihrer Tätigkeit und den verschiednen Gängen und Steigen ab, auf welche man solche versezt; dergestalt, daß, wenn sie einmal auf die Beine gekommen sind, – ob sie den linken oder rechten Fus vorsezen, das tut nicht einen Pfifferling zur Sache, – fortlaufen sie, was hast du, was kanst du, als ob iemand mit einer Peitsche hinterdrein wäre; und indem sie immer denselben Gang hin und her laufen, machen sie sich bald einen ebnen Pfad darauf, der so dicht und gebant wird, als ein Spaziergang in einem Garten, von welchem, wenn sie einmal daran gewönt sind, der Satan selbst sie oft nicht abbringen könte." S. 1-2.

 

[Ib-12-1781-1782-0433]
"Die feinsten Philosophen, welche im Vorbeigehn gesagt, den breitesten Verstand haben, (ihre Selen stehen in umgekerten Verhältnis mit ihren Untersuchungen) p." S. 3.

 

[Ib-12-1781-1782-0434]
"Dieser Planete ist von den Schnizeln und Feilspänen gemacht, die von den übrigen gemacht sind abfielen." S. 8.

 

[Ib-12-1781-1782-0435]
"Er könne auf seinem langsamen Pferde eine Lükke in seiner Predigt – oder ein Loch in seinen Beinkleidern – auf dem Einen so gut als auf dem Andern flikken: – muntres Trottiren und langsames Argumentiren wären, wie Wiz und Verstand, zwei unverträgliche Bewegungen." S. 21.

 

[Ib-12-1781-1782-0436]
"Der hypotekarische Gläubiger und der hypotekarische Schuldner denken über die Länge der Zeit in Geldsachen nicht verschiedner, als der Spötter und der Ausgespottete über die Länge des Gedächtnisses. Doch hierin geht das Gleichnis unter ihnen, wie die Scholiasten es nennen, auf allen Vieren; welches, im Vorbeigehen anzumerken, auf einem oder zwen Füssen mer ist, als sich einige der besten im Homer rümen können; – nämlich, der Eine trägt eine Summe, und der Andre ein Gelächter auf Kosten eines Dritten davon und denkt nicht weiter daran. – In beiden Fällen gleichwol laufen die Interessen in die Höhe. Der festgesezte, oder zufällige Zalungstag dient nur gerade dazu, die Sache nicht völlig ins Vergessen kommen zu lassen, bis endlich, zu einer schönen Stunde, – Pratsch! komt der Gläubiger zu beiden, fordert auf der Stelle sein Kapital mit den vollen Interessen bis auf

 

[Manuskriptseite 91]

den lezten Tag, und läst beide die Gültigkeit ihrer Obligazionen in ihrer ganzen Ausdenung fülen." S. 31-32.

 

[Ib-12-1781-1782-0437]
"Glaube mir, Yorik, wenn es einmal, eine besondre Lust zu büssen, beschlossen ist, daß ein hülfloses unschuldiges Tier geopfert werden sol, so ist es leicht, in iedem grünen Gebüsche, wohin es sich verirret hat, genug troknes Reisholz zum Feuer zu finden, worauf es verbrant werde." S. 34.

 

[Ib-12-1781-1782-0438]
"Könte ein Geschichtschreiber seine Historie so vor sich treiben, als ein Mauleseltreiber sein Tier – immer vorwärts; – wie zum Exempel auf dem Wege von Rom nach Loretto, one nur einmal den Kopf weder links noch rechts zu keren p." S. 43.

 

[Ib-12-1781-1782-0439]
"Er behauptete, es verhielte sich ganz genau eben so mit dem Statskörper als mit dem natürlichen, worin Blut und Lebensgeister schneller nach dem Haupte getrieben würden, als sie wieder abfliessen könten; – es müsse ein Stokken der Zirkulazion erfolgen, welches in beiden Fällen tödlich wäre." S. 56.

 

[Ib-12-1781-1782-0440]
"Die unvorsichtige Aufname solcher Gäste, (sonderbarer Meinungen), welche, nachdem sie einige Iare lang in unserm Gehirne haben ungehindert und frei aus= und eingehen dürfen – endlich gar als Einheimische betrachtet sein wollen. – Einige Zeit arbeiten sie, als spielten sie nur Pfand; g - aber gemeiniglich, wie mit einem verliebten Pare, wird aus Pfandwechseln Handwechseln." S. 65.

 

[Ib-12-1781-1782-0441]
"Die feinern Winke und verdekten Mitteilungen der Wissenschaften verfliegen wie Spiritus, in die Höhe; die schwere Moral verliert sich im Bodensaze und beides, das Eine und das Andre, geht für die Welt eben so gut verloren, als ob es noch immer im Bauche des Dintenfasses gebliebe wäre." S. 71.

 

[Ib-12-1781-1782-0442]
"Meiner Tante Dinah Geschichte war meinem Vater von eben so vieler Wichtigkeit, als dem Kopernikus die Retrogadazion der Planeten. – Die Nebenschliche der Venus aus ihrer graden Laufban bestätigten das Kopernikanische System, das von ihm seinen Namen erhielt; und die Nebenschliche der Tante Dinah von ihrer ebnen Ban, taten eben die Dienste bei der Errichtung meines Vaters Systems, welches, wie ich glaube, hinfort beständig nach ihm das Schandysche System heissen wird." S. 84.

 

[Ib-12-1781-1782-0443]
"Wenn das Momusfenster in der Brust des Menschen, nach der vorgeschlagenen Verbesserung dieses Erzkritikers, stat gefunden hätte: – so würde erstlich diese närrische Folge gewis daraus entstanden sein, – daß die weisesten und ernsthaftesten von uns allen, in einer oder der andern Münzsorte hätten alle Tage unsers Lebens Fenstergeld bezalen müssen.

 

[Manuskriptseite 92]

Und zweitens, wenn besagtes Glas eingesezt worden, nichts weiter, um den Karakter eines Menschen aufzunemen, gefelt haben würde, als einen Stul zu nemen, ganz leise hinzugehen, wie Sie etwan vor einem gläsernen Bienenstok tun würden, und hineinzugukken, – die Sele ganz mutternakt zu besehn; – alle ihre Bewegungen – ihre Gestrikke und Gewebe zu bemerken, – allen ihren Puppen, von der Erzeugung an bis zum Auskriechen nachzuspüren – genau ihre Sprudeleien, ihr Hüpfen und Springen zu beobachten; dan nach einiger Aufmerksamkeit auf ihr ernsthafteres Betragen, das auf ein solches Toben, Springen u. s. w. zu erfolgen pflegt – Feder und Dinte zur Hand zu nemen, und nichts nieder zu schreiben, als was Sie mit ihren eignen Augen gesehen hätten, und beschwören könten. – Aber das ist eine Hülfe, der ein Biograph auf diesem Planeten entberen mus. – Auf dem Planeten Merkur (vielleicht) möcht' es ihm wol so gut, wo nicht gar besser werden; - denn da mus die erschrekliche Hize, welche, nach der genauen Berechnung der Herren, die alles berechnen können, wegen seiner Nähe bei der Sonne, der Hize des glühenden Eisens gleich ist, – schon längst, glaub' ich, die Körper der Bewoner zu Glase geschmolzen haben, (als caussa efficiens ) um sie für das Klima geschikt zu machen, (welches ist caussa finalis) so, daß vermöge beider, alle Wonörter ihrer Selen, von Oben bis Unten nichts anders sein kan, (das die tiefsinnigste Philosophie das Gegenteil zu beweisen suchen) als ein feiner durchsichtiger Körper von hellem Glase, – dergestalt daß, solange bis die Leute alt und ziemlich runzlicht worden, wodurch die Lichtstralen, indem solche darauf fallen, entsezlich gebrochen werden, – oder von ihren Oberflächen in so schiefen Linien zum Auge zurükgeworfen werden, daß man keinen Menschen dadurch erkennen kan – seine Sele eben so gut, – es sei denn aus blosser Zeremonie, oder wegen des geringen Vorteils, den ihr der Nebel verschaft – in ieder andern Betrachtung, sag' ich, möchte sie eben so gut auf öffentlicher Gasse ihr Possenspiel treiben, als zwischen ihren eignen 4 Wänden." S. 90-91.

 

[Ib-12-1781-1782-0444]
"Von einem Manne und seinem Stekkenpferde kan ich nun zwar nicht sagen, daß sie genau so, wie die Sele und der Leib, auf einander Wirkung und Gegenwirkung täten. One Zweifel aber ist unter ihnen eine Art von Kommunikazion, und zwar bin ich der Meinung, daß es ser nach der Art zugehe, wie mit elektrisirten Körpern. – Und das vermittelst der erhizten Teile des Reiters, welche den Rükken des Stekkenpferdes unmittelbar berüren. – Durch langes Reiten und vieles Reiben wird der Körper des Reiters endlich mit so vieler

 

[Manuskriptseite 93]

stekkenpferdischer Materie angefült, als er fassen kan. – Wenn Sie also vermögend sind, eine deutliche Beschreibung von der Natur des Einen zu geben: so können sie schon einen ziemlich genauen Begrif vom Genie und Karakter des Andern daraus herleiten." S. 94.

 

[Ib-12-1781-1782-0445]
XVI.

 

[Ib-12-1781-1782-0446]
T. Schandis Leben u. Meinungen. Zweiter Teil pp.

 

[Ib-12-1781-1782-0447]
"Wenn sich ein Mensch einer herschenden Leidenschaft überläst, – oder, mit andern Worten, wenn sein Stekkenpferd hartmäulig wird – So adeh kalte Vernunft und liebe Klugheit." S. 115.

 

[Ib-12-1781-1782-0448]
"Hätte Doktor Slop den Obadiah in einer Entfernung von tausend Schritten wargenommen, wie er in einem schmalen Furwege so ungeheuerlich auf ihn zu iagte, – wie ein Drekteufel durch Dik und Dünne, auf allen Seiten sprüzte und schlenkerte, als er sich näherte – solte nicht ein solches Phänomenon, mit einem solchen Wirbel von Schlam und Wasser, der sich um seine Axe mit fort bewegte, dem Doktor Slop in seinen Umständen, eine weit fürchterlichere Erscheinung gewesen sein, als der drohendste von Whiston's Kometen? – Nicht einmal seines Kerns, das ist Obadiah und sein Kutschpferd, zu gedenken, so war sein Wirbel allein genug, wo nicht den Doktor, doch wenigstens sein Röslein zu fassen und rein mit fortzureissen." S. 131.

 

[Ib-12-1781-1782-0449]
"Er (der beschmuzte D. Slop) stand wie Hamlets Geist, unbeweglich und stum, eine ganze und halbe Minute an der Zimmertür in aller Maiestät des weichen Urstofs des ersten Menschen." S. 133.

 

[Ib-12-1781-1782-0450]
"Meines Vaters Gedanken namen unglüklicher weise einen verkerten Weg bei der Untersuchung, und hielten sich, wie mein alzeit fertiger Kritikus, blos bei dem Klingeln und Pochen an der Türe auf, – massen den Zeitraum von Einem zum Andern, – und waren dergestalt bei der Operazion geschäftig, daß ihnen alles Andre in der Welt nichts angieng. – Ein gewönlicher Feler der grössesten Matematiker, die mit Macht und Gewalt an der Demonstrazion arbeiten, und darüber so ser ihre Kräfte verschwenden, daß sie keine übrig behalten, das Korollarium zu ziehen, und die Anwendung zu machen." S. 134.

 

[Ib-12-1781-1782-0451]
"Den Kanzelrednern geht's, wie den französischen Politikern, was sie im Kabinette gewinnen, das verlieren sie wieder im Felde." S. 178.

 

[Ib-12-1781-1782-0452]
"Her Schandy wolte nichts in dem Lichte betrachten, in welches andre es gestelt hatten. – Er sezte die Sachen in sein eignes. – Er wog nichts auf der Ratswage. – Nein – dazu war er ein zu feiner Forscher, sich so groben Überschnellungen auszusezen, – das genaue Gewicht der Dinge auf dem wissenschaftlichen Pakhofe zu erfaren, müste das Wirbelnied der Wagschale fast unsichtbar sein, um alle Phi Frikzion von Rokkenphilosophie zu vermei

 

[Manuskriptseite 94]

den; sonst würden die kleinen philosophischen Asse, welche allemal das Zünglein verändern müsten, gar nicht ziehen. Wissenschaften wären, so behauptete er, so gut wie die Materie, teilbar bis in Infinitum." S. 183-184.

 

[Ib-12-1781-1782-0453]
"Der blosse Gedanke, daß ein so edles, so feines, so immaterielles und so erhabnes Wesen, als die Anima, oder selbst als nur der Animus, seinen Wonsiz in einer Pfüze, oder in irgend einer Feuchtigkeit, sie sei so dik oder dün sie wolle, nemen, und wie ein Frosch, den lieben langen Tag durch Winter und Sommer nichts anders tun solte, als sizen und plätschern empörte seine Einbildung." S. 188.

 

[Ib-12-1781-1782-0454]
"Er glaubte, daß das Hauptsensorium, oder Hauptquartier der Sele, wohin alle Rapports gebracht, und woher alle Befele geholt würden, wäre im, oder nahe beim Cerebello – oder vielmer, irgendwo in der Gegend der Medulla oblongata, – in welcher, nach der übereinstimmigen Meinung der holländischen Zergliederer, alle die feinen Nerven aller Organen der sieben Sinne zusammenstossen, wie die Strassen und krummen Gänge in einer Stad auf den grossen Marktplaz gehen." S. 188-189.

 

[Ib-12-1781-1782-0455]
"Viele von unsern besten Köpfen sind nichts bessers, als ein verschlängelter Flok=Seide, – kein Faden läuft gerade, - lauter Wirwar inwendig." S. 191.

 

[Ib-12-1781-1782-0456]
"Die Natur hat in den wärmern Himmelsstrichen eine leichtere Taxe auf den schönern Teil der Schöpfung gelegt; ihm mer Vergnügen geliehen; – und weniger notwendige Schmerzen. –" S. 193.

 

[Ib-12-1781-1782-0457]
XVII.

 

[Ib-12-1781-1782-0458]
Tristram p. DritterTeil. pp. Multitudinis imperitae non formido judicia; meis tamen, rogo, parcant opusculis – in quibus fuit propositi semper, a jocis ad seria, a seriis vicissim ad jocos transire. Joan. Saresberiensis, espisc. Lugdun. Multitudinis bis *…* *…* espisc. Lugdun.] Motto in Tristram S. gecheckt. Barb.

 

[Ib-12-1781-1782-0459]
"Der Leib eines Menschen und seine Sele sind volkommen wie ein Nachtwams, und das Unterfutter eines Nachtwams; – zerknolt das eine, und ihr zerknolt das andre mit. Nur eine gewisse Ausname giebt es bei dem Falle, und die ist, wenn Sie ein so glüklicher Kumpe sind, daß Ihr Brustwams von Roltaffend gemacht ist, und das Leibfutter darunter von Seidenbast." S. 203.

 

[Ib-12-1781-1782-0460]
"Oncle Toby's Kopf war wie eine Rauchfane auf einem Schorsteine – die Feuermauer umgekert, und die Ideen sich beständig darin herum wirbelnd, alle dik und überzogen von russiger Materie." S. 241

 

[Ib-12-1781-1782-0461]
"Wiz und Verstand sind zwei Wirkungen der Selenkräfte, die so weit von einander entfernt liegen, als der Morgen vom Abend. – So sagt Lokke: – wie die Winde, die dem Menschen an den entgegengesezten Enden abgehn, sag' ich." S. 243.

 

[Manuskriptseite 95]

[Ib-12-1781-1782-0462]
"Schlüsse zu machen, besteht darin, die Warheit zweener Säze, vermittelst eines dritten (medius terminus genant) zu vergleichen und zu bestimmen. Gerade wie ein Man, nach Lokke's richtiger Bemerkung, vermittelst einer Meskette ausfindet, daß zwei Kegelbanen von gleicher Längen sind, die man nicht zusammen bringen kan, um ihre Gleichheit per iuxta positionem zu messen." S. 249.

 

[Ib-12-1781-1782-0463]
XVIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0464]
Tristram p. Vierter Teil p. 1777.

 

[Ib-12-1781-1782-0465]
"Derweile die Ungelerten geschäftig waren, durch diese Unterichtsleitungen bis in die Tiefe des Brunnens zu dringen, woselbst die Warheit ihren kleinen Hofstat hält – waren die Gelerten auf ihre Art eben so ämsig darüber her, solche durch die Rören der dialektischen Indukzion herauf zu pumpen." S. 21.

 

[Ib-12-1781-1782-0466]
"Die Iungens hatten ein so schön und warm Herz, als sie aus Gottes Bakofen kommen können." S. 46.

 

[Ib-12-1781-1782-0467]
"Obgleich der Mensch das herlichste Furwerk von allen ist, so ists gleichwol dabei so leicht gebaut, und so wakkelnd gefügt, daß die harten Püffe und Stösse, die es in dieser hökrichten Fart des Lebens ausstehen mus, ieden Tag es wol zwölfmal umwerfen und in Stükken brökkeln würden, hätten wir nicht eine geheime Stal=Feder in uns. Diese Stal=Feder ist dieienige grosse und elastische Kraft in unserm Wesen, den Übeln entgegenzuwirken, welche, wie eine verborgen angebrachte Feder in einem gut gemachten Wagen, zwar nicht den Stos abwendet, aber doch macht, daß wir ihn weniger fülen." S. 50.

 

[Ib-12-1781-1782-0468]
"Lizetus, (Fortuneo) obgleich die ganze Welt weis, daß er als ein Fötus von nicht mer denn fünf und einen halben Zol lang, doch zu der erstaunenden Höhe in der Litteratur hinan wuchs, daß er ein Buch schrieb, das einen Titel hatte, der so lang war wie er selbst." S. 54-55.

 

[Ib-12-1781-1782-0469]
"Er ist in den abnemenden Tagen seines Vaters gezeugt, da schon das Siegel seiner Geister und seines Körpers anfieng stumpf zu prägen." S. 71.

 

[Ib-12-1781-1782-0470]
"Ich habe ihn zwischen den beiden Hörnern meines Dilemma's in der Klemme. An einem mus er hängen bleiben." S. 95.

 

[Ib-12-1781-1782-0471]
XVIIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0472]
Tristram p. Fünfter Teil. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0473]
"Sollen wir denn ewig neue Bücher machen, wie die Apoteker neue Mixturen, indem wir blos von einem Glas ins andre giessen? – Sollen wir denn beständig dasselbe Seil spinnen und wieder aufdrehn? Beständig den Seilergang gehen – beständig denselben Schrit? – Sollen wir bis acht Tage nach Ewig, immerfort, Festtag oder Werkeltag, bestimt sein, die Reliquien der Gelersamkeit zu zeigen, wie die Mönche die Reliquien ihrer Heiligen – on' nur ein einziges Wunderwerk damit zu tun? –" S. 126.

 

[Ib-12-1781-1782-0474]
"Der Tod öfnet die Pforte des Nachrums und schliest die Pforte des Neids hinter sich zu. – Wenn wir sind, ist der Tod nicht; wenn der Tod ist, so sind wir nicht." S. 143.

 

[Manuskriptseite 96]

[Ib-12-1781-1782-0475]
"Zu Wasser konte dieses Sentiment ganz gemächlich den Ganges herunter in den Sinus Gangetikus, oder Bay von Bengalen und so in das indische Mer kommen; und indem es den Weg des Handels nam (der Weg über Cap de bonne esperance war damals noch nicht entdekt) konte es mit andern Gewürz= und Spezereiwaren übers rote Mer nach Ioddah, dem Hafen von Mekka, oder nach Tor oder Suez, zwei Städgen im Innersten des Golfo, gebracht werden; und von da mit Karavanen nach Koptos, das nur drei Meilen Tagereisen davon liegt, dan den Nil herunter gerades Weges nach Alexandrien, woselbst das Sentiment gerade unten an der Treppe der alexandrinischen Bibliotek ausgeschift werden konte. – Und aus diesem Pakhause kont' es geholt werden – Got segn' uns! was in den damaligen Zeiten die Gelerten für einen Handel betrieben." S. 160.

 

[Ib-12-1781-1782-0476]
XX.

 

[Ib-12-1781-1782-0477]
Tristram p. Achter Teil. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0478]
"Es ist Iammer und Schade – aber nicht weniger, aus einer täglichen Bemerkung über den Menschen gewis, daß er wie eine Kerze an beiden Enden angezündet werden kan – woferne nur der Tocht weit genug hervorsteht. Ist keiner da – und er wird unten angezündet – so – weil in dem Falle die Flamme gemeiniglich das Unglük hat, sich selbst auszulöschen – gehts wieder nicht.

 

[Ib-12-1781-1782-0479]
Was mich anbelangt, könt' ichs immer selbst einrichten, von welchem Ende an ich brennen wolte! denn ich kan den Gedanken nicht ausstehen, so viehdum zu brennen – so solte mich eine erliche Hausfrau allemal bei der Spize anzünden; denn alsdan könt' ich hübsch mit Eren, bis in die Pfeife herunter brennen; das heist, von meinem Kopf bis zu meinem Herzen, von meiner Leber bis zu meinen Eingeweiden und so den Weg der mesenterischen Venen und Arterien herunter, durch alle die Windungen und Seitenschnitte der Intestinen und ihrer Häute, bis zum blinden Darm." S. 103-104.

 

[Ib-12-1781-1782-0480]
"Ein Auge ist darin ganz volkommen einer Kanone gleich, daß es nicht so wol das Auge oder die Kanone an und für sich selbst tut, als die Richtung des Auges – und die Richtung der Kanone, wodurch das Eine und die Andre so viele Verwüstung (die des Auges nämlich ist die erregte Liebe) anrichten." – Seit. 137.

 

[Manuskriptseite 97]

[Ib-12-1781-1782-0481]
XXI.

 

[Ib-12-1781-1782-0482]
Satirische und ernsthafte Schriften von Dr. Ionatan Swift. Dritter Band. Hamburg und Leipzig, 1758.

 

[Ib-12-1781-1782-0483]
"Sein (des Hofmeisters der Nachwelt) alter eingesessener Grol wider die Schriften unsrer Zeit, ist so gros, daß man selbst von etlichen tausend Büchern die iärlich in dieser Hauptstad herauskommen, nicht das geringste mer hört, nachdem die Sonne ihren Lauf nur einmal volendet hat. Unglükselige Kinder! Eine Menge derselben wird grausamer Weise umgebracht, noch ehe sie so viel von ihrer Muttersprache gelernt, daß sie um Erbarmung flehen könten. Einige erstikt er in der Wiege; andre erschrekt er, daß sie Konvulsionen bekommen, daran sie augenbliklich sterben: einige schindet er lebendig; andern reisset er ein Glied nach dem andern ab; ser viele opfert er dem Moloch auf, und die übrigen stekt er mit seinem giftigen Odem an, daß sie sich selbst nach und nach verzeren und endlich sterben." S. 41.

 

[Ib-12-1781-1782-0484]
"Ich habe wargenommen, daß einige Satiriker mit der Welt nicht anders umgehen, als ein pedantischer Schulmeister mit einem bösen Knaben, dem die Hosen heruntergelassen sind, die Rute zu empfangen. Erst stelt er ihm ein Verbrechen vor; denn redet er ihm von der Notwendigkeit der Strafe bei einem so grossen Mutwillen, und am Ende iedes Perioden haut er einmal zu. Nun wenn ich mich in etwas auf die Menschen verstehe, so dünkt mich, daß diese Herren weit besser täten, wenn sie mit ihren Vorstellungen und Züchtigungen zurükblieben. Denn in der ganzen Welt ist wol kein Glied so harthäutig und unempfindlich, wie der Hintere der Welt, ihr mögt ihn mit Füssen stossen, oder mit Ruten streichen. Nebst diesem scheinen auch viele unsrer neuesten Satiriker in dem Vorurteil zu stehen, daß weil die Nesseln stechen, so müsse alles andre Unkraut diese Eigenschaft ebenfals haben. Ich mache diese Vergleichung gar nicht in der Absicht, diese würdigen Skribenten zu verkleinern, denn es ist bekant, daß die Phythologisten insgesamt dem Unkraut den Vorzug vor allen andern Kräutern geben. Daher der erste Monarch unsrer Insel, welcher zu diesem feinen Geschmak und dieser vortreflichen Urteilskraft gelangen mögen, ser weislich gehandelt, indem er die Rosen aus dem Ordensband wegschafte, und hingegen die Distel als die weit edlere Blume dafür hinsezte. –

 

[Ib-12-1781-1782-0485]
Nebst diesem sind dieienigen, welche mit ihren verdorbnen Zänen nicht mer beissen können, am geschiktesten, diesen Mangel durch ihren Odem zu ersezen." S. 58-59.

 

[Ib-12-1781-1782-0486]
"Wer gerne in einem grossen Gedränge gehört sein wil, der mus drükken,

 

[Manuskriptseite 98]

drängen, stossen, und mit unablässiger Bemühung klettern, bis er sich selbst auf einen gewissen Grad der Höhe über dasselbe hinaufgearbeitet hat. Wir sehen nämlich, daß alle Versamlungen, so gedränge es es immer zugehen mag, unter sie hinein zu klemmen, die besondre Eigenschaft haben, daß über ihren Köpfen Raum genug ist. Allein dahin zu gelangen, das ist der Punkt; und es ist wol eben so schwer sich über den Pöbel zu erheben, als aus der Hölle zu steigen:

 

[Ib-12-1781-1782-0487]
– – – Evadere ad auras
Hoc opus, hic labor est.

Die Weise nun, deren sich die Philosophen aller Zeiten, zur Erlangung dieses Endzweks bedienet, war diese, daß sie gewisse Gebäude in die Luft aufgefürt haben. Allein so beliebt und gewönlich diese Art von Gebäuden ehmals gewesen, und noch heut zu Tage immer sein mag, so glaube ich doch mit grosgünstiger Erlaubnis, daß sie insgesamt, selbst den Korb des Sokrates nicht ausgenommen, darinnen er sich, zum Behufe seiner tiefsinnigen Betrachtungen aufhängen lies, zween Hauptmängeln unterworfen sind. Denn erstlich, so sind dieselben auf ein so gar hohes Fundament aufgefürt, daß man sie öfters nicht sehen, und den Schal von daher niemals vernemen mag. Und für das andre, ist die Materie woraus sie bestehen, sogar hinfällig, daß sie durch das veränderliche Wetter vornämlich in unsern nordwestlichen Ländern stets ser vielen Schaden erlitten haben." S. 65-66.

 

[Ib-12-1781-1782-0488]
"Was die Gestalt und Grösse der Kanzeln betrift, so halt' ich dafür, ihre Volkommenheit bestehe darin, daß sie ganz eng sind, one einigen Zierrat, und welches das beste ist, one einige Dekke, (denn nach einer alten Regel, sol die Kanzel das einzige unbedekte Gefässe sein, in allen Zusammenkünften, wo dessen rechtmässiger Gebrauch beibehalten wird,) wodurch denn erhalten wird, daß sie wegen ihrer besondern Änlichkeit mit dem Pranger stets einen starken Einflus auf die Oren haben werden." S. 69.

 

[Ib-12-1781-1782-0489]
"Das Paterre ist, zufolge der vorhin angefürten Gründe, niedriger als der Schauplaz; damit alle wichtige Materien, welche von dannen ausgeworfen werden, es sei Blei oder Gold, gerade herunter den Kritikern (wie sie, deucht mich, heissen) in den Rachen falle, welche sie Angelweit aufgespert halten, um solche zu verschlingen. Hiernächst sind die Logen rund herum und in einer gleichen Höhe mit der Schaubüne gebauet: dem Frauenzimmer zur Ere; weil man wargenommen, daß dieienige reiche Quelle von Wiz, welche das Iükken und gewisse Protuberanzen zum Grund

 

[Manuskriptseite 99]

hat, bei nahe in grader Linie fortgeht, und stets einen Zirkel beschreibt. Das Weinerliche, und kleine frostige Einfälle steigen wegen ihrer ausnemenden Leichtigkeit von selbst auf die artigste Weise zu der mittelsten Abteilung hinauf, woselbst sie erstarren, und wegen des kalten Verstandes der Zuschauer gänzlich erfrieren. Schwülstige und possirliche Reden erheben sich wegen ihrer windigen leichten Natur unter allen am höchsten, und würden sich endlich unter dem Dache verlieren, wenn die kluge Vorsicht des Baumeisters es nicht vermittelt hätte, daß für sie noch ein vierter Plaz wäre angelegt worden, die Groschengalerie genant, woselbst sich eine geschikte Geselschaft findet, welche diese Reden begierig auffängt. *

 

[Ib-12-1781-1782-0490]
Durch die Kanzel werden die Schriften unsrer neuern Heiligen, in Grosbrittanien vorgebildet, wie sie dieselben von der Hefe und den groben Schlakken der Sinne und der Vernunft gereinigt und geläutert haben; die Materie derselben ist, wie schon gedacht, altes verfaultes Holz, und dieses zwar um zweierlei Ursachen willen. Erstlich weil das faule Holz die Eigenschaft besizt, daß es im Finstern leuchtet; und hiernächst weil es inwendig vol Würmer ist. Ein Vorbild von gedoppelter Bedeutung. Denn es stelt beides die zwo vornemsten Eigenschaften des Redners sowol, als auch das zweifache Schiksal vor, welches seine Werke zu gewarten haben.!" S. 72-73.

 

[Ib-12-1781-1782-0491]
"Nun diesen wichtigen Warheiten zufolge, haben sich die Weisen von Grubstreet iederzeit beflissen, ihre Leren und Wissenschaften den Lesern unter den Vehiculis von Fabeln und Sinbildern beizubringen. Weil sie aber mer Zeit und Mühe angewendet, dieselben mit allerlei Zierraten auszuschmükken, als nötig war, so ist's mit diesen Farzeugen gegangen wie es insgemein mit schönen gemalten und vergoldeten Wagen zu gehen pflegt, deren äusserlicher Zierrat die Augen vorbeigehender Zuschauer dermassen verblendet, und ihre Einbildung so ser einnimt, daß sie weder die Person welche darin sizt, bemerken, noch die vortrefliche des Eigentümers betrachten." S. 78.

 

[Ib-12-1781-1782-0492]
"Die Volkommenheiten des alten Kritikers sind nichts als die verbesserten Talente seiner Iugend. Gleich dem Hanf, von dem uns die Naturkündiger sagen, daß er die Kraft zu erstikken schon habe, wenn er auch blos im Samen genommen werde." S. 119.

 

[Ib-12-1781-1782-0493]
"Die Kritik wird zuwider allen übrigen Eigenschaften des Verstandes stets für das beste und volkommenste in ihrer Art gehalten, wenn sie zum erstenmal, und also ganz neu und frisch aus dem Verstand des Kritikers her

 

[Manuskriptseite 100]

auskömt. So wie Schüzen das erste Zielen für das Beste halten, und selten felen werden, in das Weisse zu treffen, wenn sie nicht noch den zweiten Schus zu tun gedenken. S. 122.

 

[Ib-12-1781-1782-0494]
"Ich erkläre es, als eine höchst schädliche Gewonheit, daß man die Vorreden zu Küchenzetteln macht. Ich hab es nämlich iederzeit für eine ser grosse Unbesonnenheit gehalten, wenn ich gesehen, daß dieienigen welche Misgeburten und anders dergleichen für Geld sehen lassen, dieselben in einem grossen und nach dem Leben gemalten Bildnis vor die Türe hinaus hängen. Dieses hat mir wirklich manchen Dreier erspart." S. 155-156.

 

[Ib-12-1781-1782-0495]
"Bei den Schriftstellern sind die Ausschweifungen Mode, wie bei geschmakvollen Leuten Speisen aus allerlei Eingehaktem, und in Suppen, Frikasseen und Ragouts bestehen. S. 1

 

[Ib-12-1781-1782-0496]
Sie behaupten, daß Ausschweifungen in einem Buche fremden Truppen in einem State, durch die Veranlassung der Vermutung gleichen, daß die Nazion selbst nicht viel Herz und Macht habe, und solche öfters entweder unter das Ioch bringen oder in die wildesten Gegenden des Landes vertreiben." S. 170-171.

 

[Ib-12-1781-1782-0497]
"Ich ziele nämlich auf das unter den Neuern sinreichen Köpfen, so hochberümte Talent, allerlei unversehene, angeneme und geschikte Gleichnisse, Anspielugen und Zweideutigkeiten von den Schamgliedern beiderlei Geschlechts, und ihrem eigentlichen Gebrauch zu erfinden und anzuwenden. Wie ich denn in der Tat nachdem ich wargenommen, wie schlecht sich andre Erfindungen halten mögen, wenn sie nicht in eben diese Kanäle eingeleitet werden, auf die Gedanken geraten, daß der glükliche Genius unserer Zeiten und unsers Landes, durch iene alte typische Beschreibung der indianischen Pigmäen, die nicht über 2 Fus hoch gewesen, sed quorum pudenda crassa et ad talos usque pertingentia, prophetisch sei vorgebildet worden. Nun habe ich mir die Mühe genommen, die leztern neuesten Werke, worin diese Schönheiten besonders hervorstechen, genau einzusehen: obschon aber diese Ader im Anfang so mildiglich geflossen, auch alle mögliche Mittel sind angewendet worden, sie erweitern, auszudenen, und offen zu halten; (eben wie die Szyten die Gewonheit hatten und ein Instrument hatten, ihre Stutten aufzublasen, damit sie desto mer Milch geben möchten)," p. S. 175.

 

[Manuskriptseite 101]

Der fortbrechende Wind verursacht auf der Gesichtsfläche des Priesters dieselbe Veränderungen, welche er auf der Oberfläche der See erreget. Erst wird sie schwarz, denn giebt es Wellen, und endlich bersten sie in lauter Schaum." S. 185-186.

 

[Ib-12-1781-1782-0498]
"Die Einbildung ist die Gebärmutter, und das Gedächtnis das Grab aller Dinge. –" S. 204.

 

[Ib-12-1781-1782-0499]
"Wie nun einige Rasereien die Kräfte der Nerven verdoppeln, also giebt es andre, welche dem Gehirn neue Stärke und Lebensgeister mitteilen. Nun trift es gemeiniglich ein, daß diese muntere und lebhafte Geister die das Gehirn in Besiz nemen, denen Gespenstern gleichen, welche in andre wüste und lere Wonungen ziehen, und weil sie da nichts zu tun antreffen, entweder verschwinden, und etwa ein Stük von dem Haus mit sich wegfüren, oder auch wol daselbst verbleiben, und das Haus ganz zum Fenster hinaus schmeissen." S. 207.

 

[Ib-12-1781-1782-0500]
"Die Flamme in seinem Leib stralte ihm zun Augen, Nasenlöchern und Maul heraus und machte, daß sein Kopf im Finstern leuchtete, wie der Schädel eines Esels, wenn die leichtfertigen Iungen ein Licht hinein sezen." S. 240.

 

[Ib-12-1781-1782-0501]
"Es ist war, so lange unsre Insel unter der Herschaft der Gnade gestanden, hat man viele Mühe angewand, die Oren noch einmal so gros wachsen zu machen. Man hielt dafür, daß ie grösser sie wären, ie mer zierten sie nicht allein den äusserlichen, sondern ie ein desto merkbarerer Gnadentypus wären sie auch des innerlichen Menschen. Nebst diesem sind die Naturlerer der Meinung, daß, wo einige Teile am obern Leib des Menschen, als Nase, Oren pp. merklich hervorragten, solches alsdenn sich ordentlich an den untern Gliedmassen auch also befinde. Daher drängten sich in den damaligen heil. Zeiten die Manspersonen, ie nachdem sie begabt waren, in allen Zusammenkünften hervor, ihre Oren und zugleich die Revier machen wo sie standen, rechtschaffen sehen zu lassen, weil Hippokrates sagt, daß eine Mansperson, welcher man die Ader hinter den Oren zerschnitten, hiedurch untüchtig würde." S. 251-252.

 

[Ib-12-1781-1782-0502]
"Ich wil, der Erschöpfung meiner Materie ungeachtet, meiner Feder ihren Lauf lassen; welches einige den Geist des Wizes nennen, der nach dem Tode eines Leibs noch gern herum wandert." S. 259.

 

[Ib-12-1781-1782-0503]
"Ich glaube, daß die Bemühung um die Ruhe des Lesers, vom Amte eines sinreichen Skribenten nicht weit entfernt ist; angesehn eine ser polite Nazion unter den Griechen, dem Schlaf und den Musen dieselben Tempel zu bauen und zu widmen pflegten, weil sie glaubten, daß diese beiden Gotheiten die engste Freundschaft unter sich geknüpft hätten." S. 260.

 

[Manuskriptseite 102]

[Ib-12-1781-1782-0504]
"Wir füllen unsre Stökke mit Honig und Wachs, und schenken dadurch den Menschen die zwei vortreflichsten Dinge, Süssigkeit und Licht." S. 287.

 

[Ib-12-1781-1782-0505]
"Ihre wollengefütterte Kappen verhindern, wenn sie vom Schweis angefeuchtet sind, alle Transpirazion; und indem sie die Hize zurükprellen, so machen sie, daß er Geist nirgend anders als zum Munde ausbrechen kan: eben wie eine kluge Branteweinbrennerin aus gleicher Ursach und t mit gleicher Wirkung ihren Brenkolben mit einem Wische bedekt." S. 337.

 

[Ib-12-1781-1782-0506]
"In begeisterten Reden hat die nach der Grammatik eingerichte Ordnung der Wörter nicht den geringsten Nuzen, sondern ihre Kunst hängt von der Wal und Kadenz der Sylben ab: eben wie etwan ein grosser Komponist genötigt ist, die Worte und ihre Ordnung so lange zu verändern, und zu verändern versezen, bis ein ganz dummes Zeug daraus wird, ehe er sie zu Musik machen kan." S. 338-339.

 

[Ib-12-1781-1782-0507]
"Er kämpfte so lange mit dem Fleisch, bis ers unter sich bekam, und endlich mit rümlichen Wunden, alle von vornen, dem Kampfplaz verlies. Nun hatte der Chirurg dieienigen Teile, welche am meisten beschädigt waren, kurirt; allein weil das Übel von seinem Posten vertrieben ward, so zog es sich in den Kopf hinauf: und gleich wie ein kluger General, der im Felde geschlagen, und aus den Tranchees vertrieben worden, sich mit forcirten Märschen in die Hauptvestung retirirt, und die Brükken hinter ihm abwirft, also zog sich das Übel, nach dem es von seinem ersten Posten vertrieben war, gegen die obern Teile, und verschanzte sich daselbst; weil es aber sah, daß der Feind eine Attaque auf die Nase formirte, so warf es diese Brüke ab, und retirirte sich vollends in die Hauptvestung des Gehirns hinauf." S. 343-344.

 

[Ib-12-1781-1782-0508]
"Die neuern Skribenten bilden sich ein, weil man dem Altertum rükwärts nachspüren mus, so müsten sie die Bücher auch von hinten anfangen, wie die Iuden; gleich als ob die Gelersamkeit eine Art von Beschwörung wäre. Dieses sind dieienigen, welche ein Buch verstehen wollen, indem sie nur das Register durchsehn: gleich als wenn einer der auf Reisen gewesen, uns einen Pallast beschreiben wolte, von welchem er weiter nichts, als das heimliche Gemach gesehen hätte; oder wie auch wie gewisse Warsager in dem nördlichen Amerika, welche den Leuten ihr Schiksal vorsagen, indem sie ihnen in die Hosen gukken." S. 347.

 

[Ib-12-1781-1782-0509]
"Bacchus, der Erfinder des Weins, sol der Erfinder der Müze gewesen, wel

 

[Manuskriptseite 103]

che er und alle seine Gefärten beständig getragen haben, um dadurch die Dünste und das Kopfweh, nach starkem Trinken, zu vermeiden. Daher auch einige sagen, daß die grosse Hure, welche die Könige der Erde mit dem Wein ihrer Hurerei trunken macht, für sich selbst unberauscht bleibt, obschon sie den Becher, wenn er an sie kömt, niemals vorbeigehen läst, indem sie sich, wie's scheint, aufrecht erhält, vermittelst ihrer 3fachen Müze." S. 348.

 

[Ib-12-1781-1782-0510]
"Ieder fürte ein halb Duzend Schwestern mit sich herum. Denn das menschliche Leben ist eine beständige Schiffart; und wenn wir wollen, daß unsre Schiffe glüklich durch die Wellen und Stürme dieser Welt hindurch kommen, so müssen wir uns, wie die Seleute, wenn sie eine lange Reise vorhaben, mit einer guten Porzion Fleisch versehen." S. 351.

 

[Ib-12-1781-1782-0511]
XXII.

 

[Ib-12-1781-1782-0512]
Die Räuber. Ein Schauspiel. Frankfurt und Leipzig. 1781.

 

[Ib-12-1781-1782-0513]

"Wenn Scharen vorausgesprengter Kurire unsre Niederfart melden, daß sich die Satane festtäglich herauspuzen, sich den tausendiärigen Rus aus den Wimpern stäuben und Myriaden gehörnter Köpfe aus der rauchenden Mündung ihrer Schwefel=Kamine hervorwachsen, unsern Einzug zu sehen." .

 

[Ib-12-1781-1782-0514]

S. 37

 

[Ib-12-1781-1782-0515]

"Wenn es doch wenigstens nur einen Schleier hätte, das garstige Laster, sich dem Auge der Welt zu entstelen! aber da blikts schreklich durch den gelben bleifarbnen Augenring; – da verrät sichs im todenblassen eingefalnen Gesicht, und dreht die Knochen heslich hervor – da stammelts in der halben verstümmelten Stimme – da predigts fürchterlich laut vom zitternden hinschwankenden Gerippe – da durchwült es der Knochen innerstes Mark, und bricht die manhafte Stärke der Iugend – da, da sprizt es den eitrichten fressenden Schaum aus Stirn und Wangen und Mund, und der ganzen Fläche des Leibes zum scheuslichen Aussaz hervor, und nistet abscheulich in den Gruben der viehischen Schande." .

 

[Ib-12-1781-1782-0516]

S. 46

 

[Ib-12-1781-1782-0517]

"Und wie ich nun werde zu Werke gehen müssen, diese süsse friedliche Eintracht der Sele mit ihrem Leibe zu stören? Welche Gattung von Empfindnissen ich werde wälen müssen? Welche wol den Flor des Lebens am grimmigsten anfeinden? Zorn – dieser heishungrige Wolf frist sich zu schnel fort – Sorge? – dieser Wurm nagt mir zu langsam – Gram? – diese Natter schleicht mir zu träge – Furcht? – die Hofnung läst sie nicht umgreiffen – was? Sind das al die Henker des Menschen? – Ist das Arsenal des Todes so bald erschöpft? (tiefsinnend.) Wie? – Nun? – Was? Nein! – Ha! (auffarend) Schrek! – Was kan der Schrek nicht? – Was kan Vernunft, Religion wider dieses Giganten eiskalte Umarmung? Und doch? – Wenn er auch diesem

 

[Manuskriptseite 104]

Sturm stünde? ? Wenn er? – O so komme du mir zu Hülfe Iammer, und du Reue, höllische Eumenide, grabende Schlange, die ihren Fras widerkäut, und ihren eignen Kot wiederfrist; ewige Zerstörerinnen und Schöpferinnen eures Giftes, und du heulende Selbstverklagung die du dein eigen Haus verwüstest, und deine eigne Mutter verwundest – Und komt auch ihr mir zu Hülfe woltätige Grazien selbst, sanftlächelnde Vergangenheit, und du mit dem überquellenden Fülhorn blühende Zukunft, haltet ihm in euren Spiegeln die Freuden des Himmels vor, wenn euer fliehender Fus seinen geizigen Armen entgleitet – So fal ich Streich auf Streich, Sturm auf Sturm dieses zerbrechliche Leben an, bis den Furientrup zulezt schliest – die Verzweiflung! –" S. 54-55.

 

[Ib-12-1781-1782-0518]
"Plözlich traf ein ungeheurer Donner mein schlummerndes Or, ich taumelte bebend auf, und siehe da war mirs, als säh ich aufflammen den ganzen Horizont in feuriger Lohe, und Berge und Städte und Wälder, wie Wachs im Ofen zerschmolzen, und eine heulende Windsbraut fegte von hinnen Mer, Himmel und Erde – da erschols wie aus ehernen Posaunen: Erde gib deine Toden, gib deine Toden, Mer! und das nakte Gefild began zu kreisen, und aufzuwerfen Schedel und Rippen und Kinbakken und Beine, die sich zusammenzogen in menschliche Leiber, und daher strömten unübersehlich, ein lebendiger Sturm." .

 

[Ib-12-1781-1782-0519]

S. 187

 

[Ib-12-1781-1782-0520]
XXIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0521]
Über die Ehe. ?] zu entziffernde griech. Zeichen (unclear 2): ilws; nachtragen? ????? etc. Zwote Auflage. Berlin p. 1776.

 

[Ib-12-1781-1782-0522]
"Wer eine Kegel schieben wil, mus eine Ban haben; wer ein Haus bauet, einen Grund legen; und wer Kinder zeugen wil, heuraten dürfen."

 

[Ib-12-1781-1782-0523]
"Seht nicht auf die Geseztafel, die oft so tyrannisch hoch hängt, daß das Auge sie nicht erreichen kan. Dieses ist der verlorne Groschen den ihr in eurem Hause suchen müst, und wenn ihr ihn gefunden habt; bittet eure Nachbarn zusammen, macht Hochzeit, last taufen und glaubt ihr werdet glüklich sein." –

 

[Ib-12-1781-1782-0524]
"Wir sind in einer der schimpflichsten Sklavereien, indem wir nicht nur von Personen, sondern von Sachen abhängen. Die Römer erniedrigten Menschen zur Rubrik von Sachen, und wir erheben leblose Dinge zu Gözen, weswegen wir uns grämen und schämen, und deren Sklaven wir sind."

 

[Ib-12-1781-1782-0525]
"Du sezest deine gebrauchte Tabatiere in den Schrank als ob du sie zur Ruhe brächtest. Bedenke, wenn dies am dürren Holze geschieht, wie ser du zu sorgen verbunden bist, daß deine Frau nach deinem Tode keiner Not ausgesezt werde."

 

[Ib-12-1781-1782-0526]
"Las uns in ein privilegirtes Wirtshaus der Warheit in einen Hörsal einsprechen. –"

 

[Manuskriptseite 105]

[Ib-12-1781-1782-0527]
"Beobachtungen sind Arbeiten die von Unzünftigen verfertigt werden können, welchen aber oft nichts weiter abgeht, als eine Charlatanerie, ein ausgehangenes Schild mit der Beischrift: Meister und Bürger. Hat man Brandtwein der an sich gut ist, so kan man ihn leicht durch einen Grapen abziehen."

 

[Ib-12-1781-1782-0528]
"Kein Verschnittener sol in die Gemeine Gottes kommen. Nur gesunde Tiere konten im A. T. geopfert werden. Haut man denen die Hand ab, die bei der Kirche dienen damit sie nicht den Gotteskasten bestelen?"

 

[Ib-12-1781-1782-0529]
"Da man kein unbärtiges oder Noten leres Responsum zu geben gewont ist, so bezogen wir uns auf C. 4. et 5. X de frigidis et maleficat gossen überhaupt Etwas lateinischen Hefen hier und da zu, trugen dem kanonischen Rechte die Schleppe nach und machten Z zum Bruder und X zur Schwester p."

 

[Ib-12-1781-1782-0530]
"Das Gegenwärtige und die Zukunft sind ein ser ungleiches Par, und so bald es zum Streit komt, erhält das Gegenwärtige den Sieg. Eine lebhafte Empfindung unterdrükt eine schwächere. Rechnen Sie, m. H., diesen Saz durch alle fünf Spezies der Sinne durch, sie werden ihn richtig finden. Die fünf Sinne zusammennemen, ist fein und iuristisch geredet, und bedeutet ein Kollegium von fünfen wo Niemand das votum decisivum haben darf."

 

[Ib-12-1781-1782-0531]
"Man verekelt sich einen solchen Freund (von dem man endlich eine schlechte Zeitung erfärt,) wie ein gutes Gericht wo ongefär etwas herein gefallen."

 

[Ib-12-1781-1782-0532]
"Wenn ein Landsher eine unfruchtbare Gemalin hätte, und das Land deshalb verlegen wäre, so würde sich alles von selbst ergeben. Der, welcher die Gewalt hat, kan in diesem Fal privilegiren, allein es müste nicht auf seinen Appetit, sondern auf den Vorteil des Stats dabei ankommen gesehen werden. Man reizt den Appetit durch verschiedne Speisen. Es giebt Völker (Malabaren) die nur einerlei Speise geniessen, und diese sind nicht so gefrässig."

 

[Ib-12-1781-1782-0533]
"Verachtet ihr nicht selbst ienes alte gnädige Weib, dessen Busen ein übertünchtes Grab ist, und das doch von diesen so baufälligen Wälle ausfalle wagt. Die ganze Stad lacht darüber, und auch die, so über eine kurze Zeit es eben so machen werden, finden es unanständig, daß iene Frau hinter dem Rükken des Mannes, einem Gekken die Hände drükt, und one daß ihrem Manne die Augen verbunden sind, mit ihm blinde Kuh spielet. Es ist eine alt und wolbetagte Warheit, daß Venus ihre liebe getreue am längsten im Dienste behalte. Können sie nicht mer in Reih und Glieder; so lernen sie exerziren. Das Invalidenhaus dieser Göttin ist das possirlichste Ding, das man sich vorstellen kan."

 

[Manuskriptseite 106]

[Ib-12-1781-1782-0534]
"Die ägyptischen Weiber musten nicht anders als mit blossen Füssen ausgehen, um sie durch diese Beschwerlichkeit zu Hause zu halten, und die Schnekke ist das durchs Altertum bestätigte und von Apelles angegebne Wappen der Weiber. Wissen sie, damit ich diese Widerlegung mit einem Worte des Unterrichts beschliesse, daß Geselschaften, wo aller Schaden auf Einen Teil gehet im State verboten, und daß die Ehen hierüber nicht privilegirt sind, wenigstens nicht sein solten."

 

[Ib-12-1781-1782-0535]
"Es (der Mangel an Kindern) kan dem Man in solchen Fällen weit seltner etwas zur Last gelegt werden. Der Tau hilft keinem felsigten Akker aus."

 

[Ib-12-1781-1782-0536]
"Heuraten heist sich einen Grund anschaffen, und im Kaufkontrakt sich verbindlich machen, nicht herauszuziehen, wenn gleich der Bliz die eine Hälfte niederrisse, der Sturm das Dach beschädigte, und eine Dachpfanne dir selbst den Kopf halb spaltete. Heiraten heist ein Schif befrachten, one daß iemand die Assuranz darauf zeichnen wil. Heiraten heist eine Erbschaft antreten, one den Nachlas überrechnet zu haben, oder gutes Geld in Scheidemünze verwandeln. Heiraten heist die Steine zerknikken, nachdem die Kirschen schon aufgegessen sind, heiraten heist mondsichtig sein und nicht eher aufwachen, als bis man die Sache beim rechten Namen nent. Heiraten heist aus einem freien Menschen ein glebae adscriptus werden."

 

[Ib-12-1781-1782-0537]
"Alle Menschen haben einen Hang zur Bequemlichkeit, und mithin sich einen eignen Herd anzulegen, und eine Frau ist eigentlich das Feuerzeug, one welches kein Licht angeschlagen werden kan." –

 

[Ib-12-1781-1782-0538]
"(Es ist einem Manne schimpflich, die Befreiung von seinem Weibe zu suchen.) Ein Müller schläft auch in einer Müle in stolzer Ruh!"

 

[Ib-12-1781-1782-0539]
"Die Kinder, die in einem zerrissenen Ehebette erzielet worden, werden nicht viel besser als Bastarte angesehen. Der Vater selbst hält sie davor, denn wenn ein Man einmal seiner Frauen wegen zu zweifeln Ursach gehabt, so fält ihm auch ein, daß sein kleiner Leopold blaue Augen hat, blaue Augen sagt er. Richtig! – – hatte blaue Augen. Darius lies sich durch einen Knaben dreimal zuruffen, so oft er sich zu Tische sezte: Her denke an die Athenienser und Leopold ruft seinem Vater unzäligemal zu: Her gedenke an der Menschen mit den blauen Augen."

 

[Ib-12-1781-1782-0540]
"Die Monarchen , die ob unterscheiden, ob sie gleich Diener des Stats sind, sich dadurch von andern, daß sie wie die Kammerdiener nicht Liverei tragen dürfen."

 

[Ib-12-1781-1782-0541]
"Die Natur hat den Busen selbst für den grösten Reiz erklärt, und als das beste Brod ans Fenster gelegt."

 

[Manuskriptseite 107]

[Ib-12-1781-1782-0542]
"Ie grösser man denkt, ie geneigter ist man an dem zu zweifeln, was mittelmässige Köpfe glauben, und das war zu halten, was der gemeine Man glaubt. Der hohe Adel geht schlecht, der Landman gleichfals. Der niedre Adel und der Bürger kleiden sich prächtig, und streiten um den Vorzug. Die Pracht bleibt, allein der Bürger wält Kanten, wenn er Kaufman, und Broderie, wenn er Gelerter ist. Der Adel, Tressen. Köpfe die nahe an die Grossen stossen sind geheime Spötter: die auf eben dieser Klasse ganz unten sizen, und den mittelmässigen Köpfen so nahe als iene den grossen gränzen, sehen die Religion als ein par Stiefel an, die man nur bei schlechtem Wetter braucht."

 

[Ib-12-1781-1782-0543]
"Was ist eine Witwe mer als eine halbverwischte Schilderei, ein umgewandtes Kleid, ein aufgewärmtes Essen, eine Perükke stat eigen Har, eine Tulpe, die den Schlüssel verloren und sich nicht mer zuschliessen läst."

 

[Ib-12-1781-1782-0544]
"(Zur Kentn Versicherung der Iungferschaft hilft dem Manne der Ruf und eine tugendhafte Mutter.) Ich weis nicht, ob man es des Morgens den Tulpen ansehen kan, die schon aufgeblüht gewesen, und die nur eben heute zum erstenmale aufblühen sollen; und wenn gleich die Königin aus dem Schach gefangen ist; man gewint doch wol sein Spiel."

 

[Ib-12-1781-1782-0545]
"Die meiste Geschenke, welche die Natur ihren Lieblingen zuwendet, sind noch nicht betagte Dokumente und Schuldbriefe, die nur über eine lange Zeit fällig sind. Es sind Pränumerazionsscheine über Sachen, die allererst über nach langer Zeit erscheinen. Hieher gehört z. B. der Mutterwiz, und das Augenmas. Wer Augenmas hat, besizt einen zu allen Geschiklichkeiten fähigen Körper. Ein Mutterwiziger eine solche Sele."

 

[Ib-12-1781-1782-0546]
"Die Armeen, welche in dieser lezten betrübten Zeit, müssen gehalten werden, sind zu gros, als daß der Sold mit mer als einem einzigen Magen das Gleichgewicht halten solte. Ein Augenblik, in welchem der Instinkt alle Zweifel in die Flucht schlägt, knüpft das Eheband, allein dieser vergnügte Augenblik gebiert tausend misvergnügte und es ist nichts gewisser, als daß das Kind selbst, welches schon das Elend dieser Welt im Mutterleibe empfinden mus, die Muttermäler davon mitbringt."

 

[Ib-12-1781-1782-0547]
"Ich schreibe nur für Leute, die nicht blos lesen, was da ist, sondern auch was sich versteht. Zuviel Licht schadet den Augen, und nichts ist gewönlicher, als daß Kupferschmiede taub werden."

 

[Ib-12-1781-1782-0548]
Oft verändert ein kleiner Umstand das Temperament, und so wie die Schwindsucht in die Wassersucht übergehen kan, so wird aus einem Geizhals ein Verschwender."

 

[Ib-12-1781-1782-0549]
"Der nach der Storchen Art den Winter in die benachbarte Stad zöge du wirst ihm der schönste Abdruk der Natur sein. Der Winter wird ihm deine Schwangerschaft, der Früling deinen ersten Ausgang abbilden."

 

[Manuskriptseite 108]

[Ib-12-1781-1782-0550]
"Wer von meiner Frau wenn ich eine hätte Gutes spräche, würde ihr eben soviel Schaden tun als wenn er ihr Böses nachgeredet hätte. Man sagt vom Wasser, es wäre am besten wenn man von ihm weiter nichts weder zum Lobe noch zum Tadel anfüren könte als daß es Wasser sei, fiat Applicatio! Plato dankte den Göttern, daß er zu Sokrates Zeiten zu leben das Glük gehabt. Ich würde sagen, daß ihr dieses in Absicht auf euren Man zu sagen Ursach hättet, wenn p."

 

[Ib-12-1781-1782-0551]
"Ich möchte wetten, daß wir unter tausend Anfängen eines Buchs nicht einen einzigen zu sehen bekommen. Unter allen Menschenaltern ist die Kindheit die gefärlichste, und die meisten Menschen sterben als Kinder, würd' ich sagen, wenn ich nicht wider die Allegorie sündigen, und ein Gatimatias, der Ehebruch begehen wolte, denn in Warheit die Metapher hat die Eigenschaft der Ehe: man mus nicht aus einem Gleichnis in ein andres kommen."

 

[Ib-12-1781-1782-0552]
"Wer einen Feler am Gesicht hat, deren es onedem eine grosse Menge geben sol, pflegt desto bessere Oren zu haben, und wenn in der Bibel apokryphische Bücher stehen, so können ia in meiner Schrift wol apokryphische Gedanken geduldet werden. Auch Flekkugelhändler müssen leben."

 

[Ib-12-1781-1782-0553]
"Die Selen wollen sich unter einander vermälen eh' es an den Leib komt. Die Selen wollen an diesen körperlichen Vergnügungen Teil nemen, und zur Hochzeit gebeten werden. Es geht aber bei diesem Anteil, als wenn vorneme Leute bei ihren Bedienten sich bewirten lassen."

 

[Ib-12-1781-1782-0554]
"Ein Bäumgen das im ersten Winter ausgeht, darf der Gärtner nicht im Früling verpflanzen, um sein Wachstum zu befördern. Überlebt aber meine Schrift den Winter, so könte wol hie und da was neues ausschlagen."

 

[Ib-12-1781-1782-0555]
"Wär ich im Stande alles parweise aus meinem Büchlein hinaus zu füren, so wie der Vater Noa alles in den seinen Kasten hineinbrächte p."

 

[Ib-12-1781-1782-0556]
"Noch ein par Worte an dich kunstrichterlicher Leser der du mit und one Exorzismus zu laufen berechtigt bist p."

 

[Ib-12-1781-1782-0557]
"Den Geiz has ich aus Herzensgrund und darum wässere ich nichts was ich auftische, sondern las es wie's Got giebt. Eine gar zu strenge Diät schadet an Leib und Sele. Wer Wein verschworen hat, esse Trauben. Ein Bilderstürmer trete ins Gartenhäusgen, wo die Wände weis sind."

 

[Manuskriptseite 109]

[Ib-12-1781-1782-0558]
1

 

[Ib-12-1781-1782-0559]
Aus Spiegel's Gedichten. Aus Spiegel's Gedichten.] Diese Stelle in 1b-12 markiert einen deutlichen formalen Umbruch, der sich zuvor durch den kontinuierlich zunehmenden Gebrauch von Schreibkürzeln sowie durch die überschriftlose Aneinanderreihung von Exzerptstücken und die nicht mehr angegebenen Seitenangaben schon angedeutet hatte. Hier wird nun erstmals das starre Schema der römischen Überschrift-Numerierungen aufgegeben und JP trägt gewissermassen, fast in einer Art Appendix zu den eigentlichen Exzerpten, ganz "formlos" ein, was er eben gerade liest.

 

[Ib-12-1781-1782-0560]
Der edle Menschenfreund, sieht auf verlebtes Leben,
Mit Ruh und Heiterkeit zurük;
Doch Menschen, one Herz, die senden, sonder Beben,
Nicht rük= noch vorwärts, ihren Blik!
Er sieht verrauschte Zeit, an kommende sich schlingen,
Und seines Lebens schnellen Bach,
Gelassen one Furcht, dem Ziele näher dringen,
Die guten Taten fliessen nach! –
Alliebender! Du nimst, nicht, Waisen solche Väter
Nicht Armen solche Zuversicht,
Den Abglanz deiner Selbst, den Geber rufst du später,
Für den so manche Träne spricht. –

Wan dunkle, feierliche Nacht
Gewül des lauten Tags zu sanfter Ruh gebracht;
Wan nichts die Stille stört;
Wan nichts, als nur mein Elend wacht:
O dan wirst du von mir gedacht,
Im Herzen tief empört! –
Bewärter Tugend hoher Lon
Umfast Dich, Dulderin, an des Vergelters Tron,
Mit Seraphs Stralen=Glanz!
Voran, vor mancher Million,
Stehst du bei des Alvaters Son,
Gekrönt mit Sieges=Kranz. –

 

[Manuskriptseite 110 [aus 110*.]]

O sende meiner Vaterpflicht,
Auf ihren dunklen Pfad, dein untrügbares Licht,
Vom Mutterherzen, ab!
Sei, wan mir aller Trost gebricht,
Wan Zweifel in der Sele spricht,
Mein Stekken und mein Stab! –
Wenn Würden ich; nach Wunsch, erlange,
Macht Neid und Arglist Feindesbund!
Oft wird, vom goldnen Fesselzwange,
Selbst eines Königs Ferse wund!
Mühselig wird das Erz gewunden
Aus tiefem, halb verfalnem Schacht,
Das Sorger oft um Labestunden
Des süssen Mittelstands gebracht!
Schlürf', aus der Gattin Engelblikken,
Der Sele götlichen Gehalt:
Schon droht dem himlischen Entzükken
Das Schrekgerip, im Hinterhalt!
An die Zeit.
O Zeit, du trägst, auf matten! matten Schwingen,
Den trüben Tag!
Sind Seufzer, die aus wundem Herzen dringen,
Dir Festgelag?
Du ruhst so gern von deinem raschen Fluge,
Bei des Kummers Last,

 

[Manuskriptseite 111]

Und brütest über einem Aschenkruge,
Mit träger Rast!
Die Freude fült kaum ihren Rosenbecher,
Mit Übermas,
So rüttelst du, mit Ungeduld, dem Zecher
Das Stundenglas!
Und eilst davon, wie Pfeile vom Bogen,
So rasch und schnel!
Bringst unverweilt, der Ewigkeiten Wogen
Den Lebensquel!
Viel Monden lang, bereitest du die Keime
Dem Blumen=Mai;
Kaum blühen sie, schnel sind, wie Morgenträume,
Sie schon vorbei!
Wie langsam wird dein hoher Mensch entfaltet,
Von Kind zu Man!
Und wie geschwind, ist kaum das Herz erkaltet,
Verstäubt er dan!
Zerstörung ward dir stetes Grundgesezze,
Tyran und Held!
Und, daß dein Zan sich am Erschafnen wezze,
Das Los der Welt!
Wolan es sei! Wird auch die Aussicht trüber,
Mir, weit und breit.
Früh, oder spät, trägst du mich doch hinüber
Zur Ewigkeit! –" *

2.

 

[Manuskriptseite 112]

[Ib-12-1781-1782-0561]
Wieland.

 

[Ib-12-1781-1782-0562]
Ein Stal, wo der lezte Wunsch eines ieden Menschenfreundes Felicitas publica nicht nur auf Gedächtnismünzen und Erenpforten, sondern in den Gesichtern aller Bürger geschrieben steht.

 

[Ib-12-1781-1782-0563]
3.

 

[Ib-12-1781-1782-0564]
Plato.

 

[Ib-12-1781-1782-0565]
Man mus mit den Kindern nicht nach dem Vermögen ihrer Eltern, sondern nach dem Vermögen ihrer Selen umgehen.

 

[Ib-12-1781-1782-0566]
4.

 

[Ib-12-1781-1782-0567]
Chrysal.

 

[Ib-12-1781-1782-0568]
Ein Kriegsrat spricht immer nach der Einsicht der Befelshaber.

 

[Ib-12-1781-1782-0569]
5.

 

[Ib-12-1781-1782-0570]
Schilderung eines Stuzzers, von eben demselben.

 

[Ib-12-1781-1782-0571]
Er stand beinahe zu Mittag auf. Durch diese vorneme Trägheit sparte er die Kolen, denn er lies nicht eher Feuer im Kamin anmachen, als bis er aufgestanden war. Hierauf gieng er in einem verschossenen besezten Frak und dik versolten Schuhen zum Frühstük aus, las die Zeitungen auf den Kaffehäusern, one etwas zu geniessen, denn dazu war es noch zu zeitig nach dem Frühstük, und spazzierte im Park bis es Zeit war, sich anzukleiden, um zu Mittage zu essen. Nun gieng er nach Hause, fand aber, daß ihm die Schwelgerei des vorigen Abends und das Frühstük den Magen verdorben hatte. Daher schikte er die Magd im Hause nach einer Garküche, und lies sich eine Schale Erbsensuppe holen, um ihn wieder in Ordnung zu bringen; dieses verzögerte so lange, daß es zu spät ward, zu iemand zu Tische zu gehen, ob er gleich verschiedne Einladungen bei Leuten vom ersten Range hatte. – Als seine mässige Malzeit vorbei war, so machte er sich an seine wirkliche Tagsgeschäfte. Er nam

 

[Manuskriptseite 113]

seine besten Kleider hervor, bürstete sie aus, lies sein Hemde am Feuer ausluften, zog Schuh und Strümpfe an, sezte sich am Nachttisch, wo Waschwasser, Schminke, Zanpulver und Lippensalbe in gehöriger Ordnung lagen; kaum war er mit seinem Gesichte fertig, so kam sein Friseur, unter dessen Händen er in einer Stunde zum Stuzzer vom ersten Range ward.

 

[Ib-12-1781-1782-0572]
6.

 

[Ib-12-1781-1782-0573]
Chry

 

[Ib-12-1781-1782-0574]
Littleton.

 

[Ib-12-1781-1782-0575]
Wenn der Wiz seine ganze Schärfe auf die wirklichen Gegenstände des Lächerlichen richtet, so ist er eine so grosse Woltat für das gemeine Leben, als das obrigkeitliche Schwerd für das Publikum ist.

 

[Ib-12-1781-1782-0576]
7.

 

[Ib-12-1781-1782-0577]
Einzelne Begebenheiten sind in der Geschichtswissenschaft, was die kleinen farbichten Steingen in der mosaischen Malerei. Schlözzer.

 

[Ib-12-1781-1782-0578]
8.

 

[Ib-12-1781-1782-0579]

 

[Ib-12-1781-1782-0580]
Der Argwon närt sich in einem untreuen Herzen; eben so werden die Donnerkeile nur in der kältesten Luftgegend geschmiedet.

 

[Ib-12-1781-1782-0581]
Ein böses Weib gleicht einem Kieselstein; ie mer man es schlägt, ie mer giebt es Feuer.

 

[Ib-12-1781-1782-0582]
Der Ehestand gleicht einem Hünerhaus; h* die, welche darinnen sind, wollen heraus, und die, welche draussen sind, wollen hinein.

 

[Ib-12-1781-1782-0583]
9.

 

[Ib-12-1781-1782-0584]
Das Bet der Ere, ist ein mächtig grosses Bet; zentausend Personen können darauf liegen, one sich im geringsten zu berüren, sagt der Sergeant Kite in Farquhars Komödie, der Offiz. auf Werbung.

 

[Ib-12-1781-1782-0585]
10.

 

[Ib-12-1781-1782-0586]
Wieland.

 

[Ib-12-1781-1782-0587]
Sobald ihrer Zween sich über den ausschliessenden Besiz der Warheit

 

[Manuskriptseite 114]

in die Hare geraten, so darf man sicher rechnen, daß sie es ihnen macht, wie Angelika den beiden Rittern im Ariosto: wärend daß die tapfern Männer sich bei den Köpfen haben, geht die Dame davon, und mokirt sich über beide. –

 

[Ib-12-1781-1782-0588]
Dem Menschen ziemt es, ungeachtet des aufgerichteten Angesichts und des Bliks gen Himmel der ihm gegeben ist, von Zeit zu Zeit auf seine Füsse zu sehen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0589]
11.

 

[Ib-12-1781-1782-0590]
Klodius, von der Aufhebung der Klöster.

 

[Ib-12-1781-1782-0591]
Aus Gräbern steigen die Lebendigen hervor,
Umhült vom feierlichen Silberflor,
Steigt an dem Rhein, der Donau und der Elbe,
Aus einem marmornen Gewölbe,
Die Unschuld – die verschlossen lit – empor.

12.

 

[Ib-12-1781-1782-0592]
Dieses Kirchenlicht hat eine heterodoxe Schnuppe. Musäus.

 

[Ib-12-1781-1782-0593]
13.

 

[Ib-12-1781-1782-0594]
Klodius Schilderung eines Feldhern, oder des Phozion's.

 

[Ib-12-1781-1782-0595]
Ordnung und Strenge mit Herablassung und Güte, Wachsamkeit und Vorsicht, one Mistrauen, Genauigkeit im Kleinen, one taktische Ängstlichkeit, Stärke des Geistes mit Tätigkeit des Körpers, Genie in der Erfindung, Beurteilung in der Überschauung des Plans, Klugheit bei der Wal der Zeit, des Orts, der Personen und der Lage, Festigkeit in der Entschliessung und mänliche Kraft in der Ausfürung, augenblikliche Entschlossenheit und Gegenwart des Geistes bei Gefaren, in die uns Eifersucht, Verschlagenheit, Verräterei, oder der Sturm des Zufals hinreist, Beharlichkeit bei dem System des Ganzen one hartnäkkigen Stolz – Mut, den falschen Rum einer tolkünen Unternemung dem Interesse der Republik aufzuopfern, Uneigennüzzigkeit one stolze Gleichgültigkeit gegen öffentliche Bedürfnisse, Milde one Weichlichkeit, unbiegsamer Mut, gegründet auf edles Selbstvertrauen, gegen den Überwinder, Grosmut gegen den Überwundnen, Kentnis der Nazion und

 

[Manuskriptseite 115]

des Feindes, und ienes grosse Talent, das Flechier an Turenne bewundert, Millionen Ideen freigeborner Menschen, Millionen Nüanzen ihrer Gesinnungen, Leidenschaften und Absichten auf einen Gesichtspunkt zu richten, zu einer algemeinen Absicht in einem Augenblick vereinigen; verbunden mit dem ganzen Umfange der teoretischen Kriegskentnisse; dies ist p. –

 

[Ib-12-1781-1782-0596]
14.

 

[Ib-12-1781-1782-0597]
Ausruf des Guido Reni's bei'm Anblik des rubenschen Kolorits.

 

[Ib-12-1781-1782-0598]
Mischia sangue costui neu suoi colori?

 

[Ib-12-1781-1782-0599]
Mischt dieser Künstler wares Blut unter seine Farben.

 

[Ib-12-1781-1782-0600]
15.

 

[Ib-12-1781-1782-0601]
Er (Homer) ward Homer nach seinem Tode. Klodius.

 

[Ib-12-1781-1782-0602]
16.

 

[Ib-12-1781-1782-0603]
Der Geist des Menschen ist ein Tempel Gottes, und sein Herz der Altar desselben. Sixtus.

 

[Ib-12-1781-1782-0604]
17.

 

[Ib-12-1781-1782-0605]
So wie der Kamtschadale seinem Kutka blos das opert, was er selbst nicht geniessen kan; eben so bringt oft der Mensch Got einen Leib und eine Sele zum Opfer dar, welche die Wollust entnervt und das Laster zum Laster untauglich gemacht hat. Klodius.

 

[Ib-12-1781-1782-0606]
18.

 

[Ib-12-1781-1782-0607]
Der Wiedertäufer von Butler.

 

[Ib-12-1781-1782-0608]
Ein Wiedertäufer ist ein Wasserheiliger, der, gleich einem Krokodil, hel im Wasser, aber auf dem Lande dunkel sieht. Er lebt nicht nur wie eine Gans in zween Elementen, sondern auch in zween Welten zugleich, in dieser und einer der nächsten. Er ist das Gegenspiel von einem Menschenfischer; denn anstat sie aus dem Wasser herauszuziehen, taucht er sie hinein. Er erhält die Selen in Unmündigkeit, und wil ihnen nicht eher verstatten, das Himmelreich zu erben, bis sie zu dem Alter kommen, in welchem sie mit ihrem eignen Glauben können belehnet werden. Er trozt Magistrat und Priesterschaft, als den Hörnern des Antichrists; er möchte sie gern beide nur gar zu gern in seine Klauen haben. Seine Kinder der Gnaden

 

[Manuskriptseite 116]
] hier keine Paginierung

sind alle Heiden, und er ziehet sie, wie iunge Bäume in einer Pflanzschule; läst sie aufwachsen, und dan verpflanzt er sie in den neuen Boden seiner Kirche. Er läst sie wie iunge Füllen in einem Rosgarten, wild laufen, bis sie alt genug sind, um aufgegriffen und gesattelt zu werden, und dan zämt und dressirt er sie nach seinem eignen Kirchenwandel. Er ist ein Selenwäscher und, wie man mit Hexen tut, prüft er Selen im Wasser. Er taucht sie ganz unter, ausser ihre Hände nicht, bei welchen er sie hält. Diese bleiben immer heidnisch; und das ist Ursache, warum sie sich kein Gewissen über ihre Werke machen, wenn sie Gewalt in ihre Hände bekommen; sondern die wildesten Unmenschlichkeiten in der Welt anrichten. Ein Eintauchen macht ihn hartnäkkiger und steifer in seinen Meinungen, gleich einem Stük glühenden Eisens, welches hart wird, wenn man es im kalten Wasser abkült. Er hält bei seiner Taufe nichts von dem Gebrauch des Wassers, so wie es vom Himmel in Tropfen herunterfält; sondern so wie es aus den Eingeweiden der Erde läuft, oder faulend in einem morastigen Sumpfe steht. Er wält, um die Hizze seines Eifers zu zeigen, die kälteste Iareszeit zum Untertauchen; und dies macht ihn eben steifsinniger. Gesez und Regierung sind grosse Kränkungen für ihn, und er glaubt, Menschen könten ser gut one sie leben, wenn sie sich nur von ihm wolten regieren lassen; und dan wolte er kein ander Ansehn haben als seine Offenbarungen. Er ist ein irrender Heiliger; denn er nent seine Religion Wandel, welchen er als ortodoxer und untrüglicher dem Sizzen des Pabstes er entgegenstelt. Seine Kirche ist eine Art von runder Tafel one Ober= und Unterstelle; denn sie beobachten keine Ordnung und gestatten keine Rangstuffen. Sie ist, gleich der Schlange Amphisbäna, die auf iedem Ende einen Kopf hatte. Denn so ist ihr geistlicher Neid und Ergeiz beschaffen, daß sie keinen Höhern ausstehen; sondern Hoch und Niedrig sind zusammengeknüpft, wie kurze und lange Stäbe in einem Holzbündel. Er trozt der Welt zu seiner eignen Verteidigung, weil sie ihn erst verachtete, und er ist eher ein Abtrünniger von ihr, als

 

[Manuskriptseite 117]
] Paginierung ab hier mit Bleistift von zweiter Hand

ein Bekerter zur andern. Er entsagte ihr, weil sie ihm nicht nach seinem Sinne war, und gab sie auf, weil er sie nicht zu gebrauchen wuste. Sein Ergeiz wächset, gleich dem Unkraut, auf dem niedrigsten Boden am höchsten; und er sezt sich in Gedanken über die Welt weg, indem er das verachtet, was er sich gern anmassen wolte, nur nicht konte. Seine Liebe erstrekt sich nicht weiter, als über sein Kirchspiel, und ist nichts anders, denn Selbstliebe und natürliche Zuneigung zu seiner eignen Meinung bei andern Leuten. Er macht die Gelersamkeit, so wie die Welt herunter, weil sie ihm nicht im Griffe liegt, und fält ungerechtes Urteil darüber, wovon er nichts versteht. Er verläst die Ban seiner Kirche, und läuft über Nebenwege die Kreuz und Quere, wie Diebe, wenn sie eine Räuberei begangen haben. Alle geistliche Erkentnis, womit er so ser pralet, hat er nur aus der zweiten Hand und aus Übersezzungen entlent; und wenn diese irren, mus sein Geist (ob er gleich untrüglich, wie des Pabstes seiner ist) ebenfals irren. Die erstaunliche Höhe der Zuversicht, zu der er gelangt ist, kan unmöglich one eine gleichmässige unüberwindliche Unwissenheit erreicht werden. Seine Kirche steht unter der wäsrichten Regierung des Mondes, wenn er im Aquarius ist. Er stelt sich selber auf die Zinne des Tempels, zu sehn, ob der Teufel es wagt, ihn mit Sprüchen zu vexiren. Er hat Lust mit seiner Religion zu verfügen, wie es ihm beliebt. Er zapfet falsche Leren aus seinem Fasse, sieht Erscheinungen, wenn er feste schläft, und träumt Träume, wenn er ganz wach ist. Sie kleben einer am andern, wie Laibbrod, im Ofen der Verfolgung. Er kanonisiert sich selber zu einem Heiligen bei lebendigem Leibe, so wie Domizian sich selber zum Got machte, und trägt seinen Namen in das Register seiner Kirche ein, kraft eines Dietrichs, den er erfunden hat, und glaubt, dieser werde seine Sache eben so gut verrichten, als St. Peters Schlüssel. Er sucht Sumpf und Pfüzzen aus, die am bequemsten sind, einen Anabaptisten abzulassen; denn er taufet sein Farzeug, sondern läst es l* ablaufen. Er glaubt, weil Gehorsam besser als Opfer ist, so werde schon das geringste davon seine Dienste tun. Er gebraucht die Schrift eben so, wie falsche Zeugen, die niemals ihre Finger daran legen, als nur, wenn sie wider die Warheit Zeugnis geben. –

 

[Manuskriptseite 118]

[Ib-12-1781-1782-0609]
19.

 

[Ib-12-1781-1782-0610]
Der Alchymist trit mit seinen verborgnen Warheiten, wie er sie nent, ins Publikum, gleich einem, der gestolne Sachen unter seinem Rokke trägt, und der immer in Furcht angehalten zu werden, auf iederman zuhält, der das Unglük hat, ihm in den Weg zu kommen. Denn, wenn ihr ihn sauer ansehet, möget ihr auch wissen, er wird euch schon sicherlich mit einem Einspruch gegen euren Verstand zuvorkommen; und, gleich einem Deliquenten an Wizze, ist er allemal mit Exzepzionen gegen seine Richter versehen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0611]
Gelerte Astrologen pflegen, wenn sie die Unmöglichkeit sehen, die Minute von eines Mannes Geburt genau zu erfaren, gar klug der Frage die Nativität zu stellen (gleich demienigen, der des Doktors Rezept stat der Arzenei verschlukte.) und finden die Antwort p.

 

[Ib-12-1781-1782-0612]
Sie knüpfen Argument an Argument, ( gleich wie die Affen in Indien sich einer an des andern Schwanz anzuhängen pflegen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0613]
Sie haben Brillen verertigt, um damit den Iakob Böhme und Ben Israel zu lesen, welche gleich den Gläsern, die das Obiekt umkeren, das unterste Ende ihrer Gedanken aufwärts drehen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0614]
Sie wollen Mysterien aus Sylben und Buchstaben klauben, wie Taschenspieler aus ihren Nasen Geld. Butler. Alchymist.

 

[Ib-12-1781-1782-0615]
20.

 

[Ib-12-1781-1782-0616]
Kolnian nante den Rehearsal als ein ehmals bewundertes Meisterstük, das man iezt nicht mer zu lesen im Stande sei, darauf sagte Iohnson: there was not little salt in; to keep it sweet (Es war nicht gesalzen genug, um sich lange zu halten.)

 

[Ib-12-1781-1782-0617]
21.

 

[Ib-12-1781-1782-0618]
Criticks are, like watchmen in town,
Lame, feeble, half blind, yet they knok poets down.

(Kritiker sind den Nachtwächtern gleich, lam, krüppelich, halb blind, doch schlagen sie den Poeten zu Boden.) Garrik.

 

[Ib-12-1781-1782-0619]
22.

 

[Ib-12-1781-1782-0620]
Die Wälder in Trazien tanzten zur Leier des Orpheus, und die wilden Tiere schmiegten sich zu seinen Füssen, nicht weil Er – ein Halbgot

 

[Manuskriptseite 119]

war, sondern weil die Trazier – Bären waren; nicht weil er übermenschlich sang, sondern weil seine Zuhörer wie blosse Naturmenschen hörten. Wieland.

 

[Ib-12-1781-1782-0621]
23.

 

[Ib-12-1781-1782-0622]
Ein anders ist der Altertumskrämer, ein anders der Altertumskundige. Iener hat die Scherben, dieser den Geist des Altertums geerbt. Iener denkt nur kaum mit seinen Augen, dieser sieht auch mit seinen Gedanken. Ehe iener noch sagt, "so war das!" weis dieser schon, ob es so sein können. – Lessing.

 

[Ib-12-1781-1782-0623]
24.

 

[Ib-12-1781-1782-0624]
Ein Schriftsteller würde sich selbst schaden, wenn er seinen Pegasus mit schönklingenden Schellen, gestikten Schaberakken und goldnen Quasten in der Hofnung behienge, daß man sich von dieser Pracht blenden lassen und ihn für einen guten Reiter halten solte, one zu untersuchen, wie er sizt, und wie er sein Pferd regiert. –

 

[Ib-12-1781-1782-0625]
Dem Rezensenten ist bei einem langen gereimten Gedichte, wan er bis zur Hälfte komt, wie einem Schlittenpferde, das ein schweres Schellengeschir tragen mus: er arbeitet auf der einförmigen Versban, und kan nicht fort, und das einförmige Schellengeklingel quält ihm die Oren. –

 

[Ib-12-1781-1782-0626]
Die Einwoner von Neapel lassen sich mit einer Schlang vergleichen. Der Kopf ist giftig und schädlich; der Schwanz ist untauglich u. widerlich; aber das mitlere Stük ist nüzlich und gut. Die Vorneme und der Adel sind schlechte, schädliche Leute. Der schlechtere Pöbel der Lazzaronis ist äusserst niederträchtig. Der Mittelstand ist der beste, den man finden kan. –

 

[Ib-12-1781-1782-0627]
Der englische Parnas ist ein Ätna, welcher Asche, Rauch Asche, Rauch] umgestellt aus Rauch, Asche und Flammen von sich speit.

 

[Ib-12-1781-1782-0628]
Man frug einmal Mad. Dacier, welcher von beiden Homer oder Virgil schöner sei. Homer, antwortete sie, ist um tausend Iar schöner. –

 

[Ib-12-1781-1782-0629]
Lamotte und Fontenelle sagten: das attische Salz des Homer sei der Bodensaz in dem Kammergeschir des Hern und der Madame Dacier.

 

[Ib-12-1781-1782-0630]
Als Perrault, um sich Anhänger zu verschaffen, seinem Werke, worin er die Neuen über die Alten zu erheben gedachte, den Titel gab: das Iarhundert Ludwig des Grossen; so sagte Hunt, Bischof von Avranche, daß die Verteidiger der Alten und des Iarhunderts des August insbesondre, ihr Werk betiteln müsten: das Iarhundert Iesu Christi.

 

[Manuskriptseite 120]

[Ib-12-1781-1782-0631]
Ein glükliches und bereichertes Gedächtnis spielt dem Verstande bisweilen den Streich, welchen die Goldmacher * leichtgläubigen Geizigen spielen. Diese dachten, daß iene das Gold selbst machten, welches die andern nur an den Tiegel gestrichen hatten. –

 

[Ib-12-1781-1782-0632]
Einem General, der in Deutschland und Italien geschlagen worden war, malte man eine Trommel über die Tür, mit der Überschrift: "Ich werde von beiden Seiten geschlagen."

 

[Ib-12-1781-1782-0633]
Einer verglich die Ruinen einer zerstörten Stad, einem Opfertiere, von dem nur noch die Haut übrig ist. –

 

[Ib-12-1781-1782-0634]
"Wer einen Freund findet, findet einen Schaz." Diesen Spruch kert ein Geiziger um. –

 

[Ib-12-1781-1782-0635]
Seine Flamme im Herzen, ist ein Feuerwerk, worin der Name seiner Geliebten brent. –

 

[Ib-12-1781-1782-0636]
Dem Zizero kostete die Zunge den Hals. ?

 

[Ib-12-1781-1782-0637]
Die Poesie der Italiäner kan eben so wenig one Ve verschnittene Worte, als ihre Musik one verschnittene Sänger bestehen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0638]
Man fischt mit weniger Nuzen in den klaren Wassern der Musen, als im trüben. –

 

[Ib-12-1781-1782-0639]
Er ist tod; die Mutter hat den Körper, der Vater den Geist. –

 

[Ib-12-1781-1782-0640]
Die Trommel * macht, gleich dem Praler, bei innerer Lerheit ein grosses Getön.

 

[Ib-12-1781-1782-0641]
Viele Lektüre schadet. Was hilft es, wenn man in seiner Lektüre täglich vom Tuch Petri, Reines und Unreines speiset? –

 

[Ib-12-1781-1782-0642]
Seinem Schädel ein Loch boren, daß Geist vom Himmel hineinregne, den dunkeln Grund der Sele so lange zu verdunkeln, bis er von sich selbst Licht werde und der Christus in uns hervorspringt; oder die Gnadenhandlungen in Klausuren fassen, ieder ihre Tage Tage und Zeit bestimmen und dem h. Geist einen Kalender vorzeichnen, nach dem er operire; Bänke der Bekerten und Halbbekerten zu machen, und darauf die Size, vom ersten Schlage an bis zum lezten Durchbruch, zu numeriren; sein und etwa seines Bekerers enges, armseliges Beispiel zum algemeinen Muster und Model sämtlicher Bekerungsgaben und Zustände und Gnaden zu machen und den Dunstkreis seiner Schwizstube zum Termometer aller menschlichen und götlichen Gefüle iederman an die Tür zu fixiren – das ist Mystizism. –

 

[Ib-12-1781-1782-0643]
Unser Westminster ist leider das lezte Blat schmuziger Iournale. –

 

[Ib-12-1781-1782-0644]
Ein misgebildeter Körper und eine schöne Sele, sind wie Öl und Essig, die wenn man sie schon in einander schlägt, für den Geschmak doch immer getrent bleiben. Sie gewären kein drittes; der Körper wekt Verdrus, die Sele Wolgefallen. – Lessing.

 

[Ib-12-1781-1782-0645]
Die Wizelei ist eine Larve für irgend eine lere Seite der Sele; so bedekt der verschämte Arme einen Ölflekken seines Kleids mit dem Hute. –

 

[Manuskriptseite 121]

[Ib-12-1781-1782-0646]
Die Ären, die ihre Spizen am meisten erheben, sind wie die Menschen, die ihre Köpfe am höchsten tragen, am lersten. –

 

[Ib-12-1781-1782-0647]
Die Liebe ist wankelmütig; die Venus ist ia ein Ir= und kein Fixstern O.

 

[Ib-12-1781-1782-0648]
Der Man trägt für die Feler seiner Frau die Hörner: denn er ist ihr Haupt. – O.

 

[Ib-12-1781-1782-0649]
Unter einem schlechten Fürsten sinkt das Volk, wie die Füsse wanken, wan das Haupt trunken ist. – O.

 

[Ib-12-1781-1782-0650]
Die Hunde schmeicheln mit dem Schwanze; die Menschen mit der Zunge. O.

 

[Ib-12-1781-1782-0651]
Die Venus am Himmel ist eine Gefärtin der Sonne; warum scheut sie doch auf der Erde das Licht? Owen.

 

[Ib-12-1781-1782-0652]
Der Reim ist das ware Loch, wodurch der Wolf nach seiner reichlichen Malzeit wieder aus dem Schafstal zu entkommen suchte. Er wolte die herlichen Ideen alle, womit sich sein Bauch bereichert hatte, nicht wieder durchlassen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0653]
Die Hare der heutigen Schönen werden in Zöpfe geflochten; wie die Hare der Musen in Schlangen verwandelt worden. –

 

[Ib-12-1781-1782-0654]
An Lina's Grab, von Spiegel.

 

[Ib-12-1781-1782-0655]
Fülst du, daß ich dich umschlossen habe,
Teurer Staub, den dieser Hügel fast?
Regt sich nichts in diesem stillen Grabe?
Stört dich nichts in deiner sanften Rast?
Leg den Trost an meine schwere Wunden,
Sanft wie Hofnung sich an Unglük schmiegt:
Daß die Liebe, die uns hier verbunden,
Über Grab und Tod und Schiksal siegt!
Ach, ich mus die Seligkeit dir gönnen,
Heimgegangne zu der bessern Welt!
Doch der Sieg: getrent noch leben können,
Dieser ists, der schwer den Dulder fält!
Denn seit du die Dämrung dieses Balles,
Tauschtest für die Wonungen des Lichts,
Hat der Himmel für mich Armen Alles –
Alles! Alles! .... und die Erde Nichts!

Ich sehe den verfeinerten Teil der Menschen an Höfen und in Städen mit ihren Moden, Künsten und Wissenschaften und wizigen Erfindungen als das Blumenbet der Natur; das platte Land hingegen als ihr Kornfeld an. So wie das lezte gut steht, wenn sich nicht viel Blumen unter dem

 

[Manuskriptseite 122]

Korne befinden: so mag auch das erste immer schöner ausehen, ie weniger Korn darauf wächst; und da einmal die Natur beides zum algemeinen Besten und Vergnügen angebauet haben wil: so glaub' ich, daß wir keine bessere Einrichtung treffen können, als daß wir die Blumen in den Städten, und das Korn draussen auf dem Lande ziehen. Auch hierin hat uns die Natur ein vortrefliches Beispiel gegeben; sie läst den Weizen nicht mit schönen Blüten glänzen, und fordert von den schönsten Blumen keine Früchte zu unsrer Erhaltung. – Möser.

 

[Ib-12-1781-1782-0656]
Das Geschrei der Pedanten verkündigt glükliche Veränderungen der Zeit; so bedeutet Raben Gekrächze schönes Wetter. – Voltaire.

 

[Ib-12-1781-1782-0657]
Traian vergleicht den Schaz eines Prinzen dem Milze (rate) dessen Aufschwellen den ganzen Körper schwächt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0658]
Faulheit gleich dem Roste verzert mer als Arbeit, und ein gebrauchter Schlüssel ist immer blank. – Wer von Hofnung lebt, stirbt am Fasten. – Lotterielose sind Eingangszettel ins Hospital. – Der Hunger gukt dem Fleissigen wol ins Fenster, kömt aber nicht in die Haustür. – Ein fleissiger hat Spinner hat ein langes Hemd. – Wir müssen Fleissebeständig sein. Ein Stein der oft hin und her gewälzt wird, begraset nicht. – Samt und Seide können das Feuer in der Küche aus löschen. – Die Armut benimt dem Menschen allen Mut und Geist. Ein lediger Sak kan schwerlich aufrecht stehen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0659]
Heliogabalus macht den Anfang des Essens damit, daß er seinen hungrigen Gästen zuerst ganz einfache Dinge vorsezt, und erhebt sich denn nachgerade, so wie er glaubt, daß ihr Appetit abnimt, immer höher zu den eigentlichen Quintessenzen von Saucen und Spezereien. Ebenso werden wir zuerst die menschliche Natur dem scharfen Appetit unsers Lesers auch die ungekünstelte und einfältige Weise, wie sie auf deutschen Landen gefunden wird, vorsezen: in der Folge aber werden wir sie mit al der hohen französischen und italienischen Würzerei des Lasters und der Affektazion verhascheen und verragouen, die nur immer an Höfen und in Städen zu haben. Fielding.

 

[Ib-12-1781-1782-0660]
Historien von der Art sind einer Zeitung ser änlich, die immer aus einer gleichen Anzal von Wörtern besteht, es mögen nun einige Neuigkeiten darin enthalten sein, oder nicht. Man könte sie auch mit einer Landkutsche vergleichen, die immer einerlei Weg macht, sie mag ler oder vol sein. Fielding.

 

[Ib-12-1781-1782-0661]
Die fünf Tore, wodurch alle menschliche Erkentnis von aussen her in die Sele schlüpft, waren also verriegelt, und sie spielte nun mit ihrem Phantom so zufrieden und ungestört, als ein heranwachsendes Mädgen, das von ungefär eine verabschiedete Puppe gewar wird, des Triebes damit zu spielen sich schämt und ihm doch nicht widerstehen kan; die Türen verriegelt, die Vorhänge herunterläst, die Puppe rasch anpuzt, von ihr Besuch annimt und sie mit einer Torte von Kleie oder Sand gebakken bewirtet. Musäus.

 

[Ib-12-1781-1782-0662]
Der Verstand regiert im Kopfe wie der Doge von Venedig, der die Dekrete unterschreiben mus, die ihm der Senat vorlegt; denn wenn der Wille * mit seinem

 

[Manuskriptseite 123]

Niposwolam hervortrit, der vom Hans Hagel der Leidenschaften aufgewiegelt wird, so mus der Verstand ia sagen one Widerrede. Musäus.

 

[Ib-12-1781-1782-0663]
Der Rum der Alten Schriftsteller wäre schwerlich und so dauerhaft auf die Nachwelt gekommen, hatten sie nicht selbst ein wenig gepralt. Pralen scheint dem Firnis zu gleichen, der das Holz nicht nur gleissend, sondern auch dauerhaft macht. Bako. – Und aus Mangel dieses Überzugs haben sich die heutigen Kritiker in Gestalt von Würmern, in das neuere Holz hineingefressen und es zu Staub genagt. Fiz=Adam. –

 

[Ib-12-1781-1782-0664]
Das schöne Geschlecht' entblöst einen Teil des Körpers nach dem andern und scheint sich mit seinen Kleidern zu mäusen, wie die Vögel mit den Federn. Fiz=Adam.

 

[Ib-12-1781-1782-0665]
Grosse Küchenprofessoren in der Wissenschaft, hieroglyphisch zu essen. Fiz=Adam.

 

[Ib-12-1781-1782-0666]
Die Vornemen verstekken sich hinter die Larve der feinen Erziehung und nur selten läst die Natur ihre Oren hervorblikken. Eb.

 

[Ib-12-1781-1782-0667]
Diese Idee spukte in meinem Kopfe herum wie eine Maus, die in einen ausgehölten Kürbis kriecht. Ebend.

 

[Ib-12-1781-1782-0668]
Kästner an Lichtenberg, als de Luc bei disem zu Gaste war.

 

[Ib-12-1781-1782-0669]
Du ladest zwanzig Man; und den de Luc zu Eren
Seh' ich sie manches Glas und manche Schüssel leren,
Wenn er, als wär der Mund zum Reden nur bestimt,
Die Flasche ruhig läst, und keinen Teller nimt. –
So war ein Opfermal, nach frommer Alten Weise,
Dampf für die Gotheit nur, und für die Priester Speise.

Gehor Gemässigter Entusiasmus macht den Verstand tätig; zu viel schadet ihm. Kleine Hechte reizen den trägen Karpfen, sich Narung zu suchen; zu grosse verschlingen ihn. Mus.

 

[Ib-12-1781-1782-0670]
Neuigkeiten sind das tägliche Manna, welches den Hunger in der Wüsten beim Leben erhält und in kurzer Zeit absteht und verdirbt. Fiz Unbek.

 

[Ib-12-1781-1782-0671]
Ich geissele nur einige Torheiten und ame die Kazenfänger nach, die immer etwas weniges von ihrem Ungeziefer durchwischen lassen, damit ihr Gewerbe nicht auf einmal ein Ende habe.

 

[Ib-12-1781-1782-0672]
Wer auf eine Torft Jagd macht, dem gehts wie einem, der nach einem Wärwolfe iagt: erlegt er ihn unter Einer Gestalt, springt er unter einer andern wieder auf und so ist die Revier nie kal an Wildpret. Fiz=Adam.

 

[Ib-12-1781-1782-0673]
Was das Gesangbuch in der Religion ist, das ist das Korpus Iuris in der Moral.

 

[Ib-12-1781-1782-0674]
Wo Krieg ist, da ist oft Reichtum; und in den Wissenschaften belonet iede Polemik mit Aufklärung. –

 

[Ib-12-1781-1782-0675]
Die Kunstrichter gleichen den Dieben, die Henker werden, um nicht gehangen zu werden.

 

[Ib-12-1781-1782-0676]
Dieses Mädgen ist wie die feinen Weine; ieder kostet, keiner kauft sie.

 

[Ib-12-1781-1782-0677]
Er bükt sich, wie Eimer, um gefült zu werden.

 

[Ib-12-1781-1782-0678]
Die kleinen Worte (Ach, Oh) sind im Reiche der Worte von der grössesten Wichtigkeit, so wie die kleinen Familien in einem Königreiche. Die drei= und vielsilbichten sind zu nichts gut, als einfältige Magnaten vorzustellen. Richardson.

 

[Manuskriptseite 124]

[Ib-12-1781-1782-0679]
XXIIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0680]
Lebensläufe p. zweiter Teil p.

 

[Ib-12-1781-1782-0681]
"Ein Philosoph mus das algemeine in concreto, und das einzelne in abstracto erwägen, und wenn man gleich gern zugiebt, daß bei ieder Wissenschaft die Idee des Ganzen die Avantgarde macht, und daß aus der Einteilung des Ganzen die Teile entstehen, und daß, um die Teile zu wissen, man erst das Ganze von Person zu kennen die Ere haben müsse; so ist doch nicht gut, wenn ein erschreklicher Eingang präludirt und prologirt wird, ehe man zum Tema schreitet, auch wenn die Präludia, wie die des Hermans, noch so aus studirt sind. Wozu die Prolegomena, und das erschrekliche Geschrei: da werden sie sehen! da p. sehen! Gleich das Lied, ist am besten! Wenn ich heishungrig bin und der Wirt, der mich geladen hat, zeigt mir erst seine drei Porzelain Service, und sodan sein Silberzeug, und endlich seine Faiance, bis ich mich überhungert, und keine ordentliche Malzeit tun kan, wie wenig Ursach hab ich den Wunsch einer gesegneten Malzeit anzunemen, und mich ergebenst zu bedanken; ich wolt' anbeissen, und nicht mit der Gabel anspiessen."

 

[Ib-12-1781-1782-0682]
"Die Ausleger sind Kanäle in die kreuz und quer, die dem Lande die feuchte Kraft * nemen, und den Reisenden hindern." –

 

[Ib-12-1781-1782-0683]
"Wenn wir in die Höhe wollen, müssen wir steigen. – Wenn der Mensch alles aus dem lieben Got beweiset, so wil er one Leiter auf den Kirchturm, glükliche Reise! So philosophiren nenn' ich einen leichtsinnigen Eid schwören. Man mus sich nicht anders auf Got berufen, als bis Not am Man ist. Du solst den Namen deines Gottes nicht unnüzlich füren! – Die Instanzen die Got angeordnet hat, müssen nicht übergangen werden."

 

[Ib-12-1781-1782-0684]
"Erst buchstabiren, dan lesen, sagten unsre liebe Alten. – Erst ein Urteil über Pausch und Bogen, dan ein richtiges: Erst der Läufer, dan der Her. –"

 

[Ib-12-1781-1782-0685]
"Vorurteile, welche die höchste Stuffe des menschlichen Lebens und ihre achtzig erreicht haben, und mit dem regierenden Hause in Einverständnis leben, vom Hauptpastor kanonisirt, und vom Professore Philosophiae ordinaris als einen Anfang dem Katechismus der Vernunft beigebunden sein p."

 

[Ib-12-1781-1782-0686]
"Wer kan one die Titel des Verstandes vorauszusezen, wer kan Erfarungen anstellen? Wer kan Fisch' one Nez oder Hamen fangen? –

 

[Ib-12-1781-1782-0687]
Die Metaphysik ist das Zolhaus, die öffentliche Wage der philosophischen Erkentnis."

 

[Ib-12-1781-1782-0688]
"Der Kirchhof ist Gottes Scheure."

 

[Ib-12-1781-1782-0689]
"Das Gesangbuch ist in Absicht der Bibel wie Man und Frau, Bein von der Bibel Bein, Fleisch von der Bibel Fleisch, von dem man sagen kan, man wird es Männin heissen, weil es vom Man genommen ist."

 

[Manuskriptseite 125]

[Ib-12-1781-1782-0690]
"Zorn und Neid sind so unangeneme Sünden; bei andern hat man doch noch etwas. Bei diesen ist man auf Hochzeit und Kindstaufe, bei ienen auf Begräbnissen. Man nent daher iene erstern schwarze Laster."

 

[Ib-12-1781-1782-0691]
"Man sagt, wenn es am besten schmekt sol man aufhören, und warlich so ists mit dem Leben. Beim Leibgericht verdirbt man sich am ersten den Magen. – Die Leibgerichte der Vornemen könte man am füglichsten nennen: Der Tod in Töpfen, und von den ausgewachsenen Bäuchen der Landpfleger heist es: übertünchte Gräber."

 

[Ib-12-1781-1782-0692]
"Wo getrunken wird, werden Gläser zerbrochen, und man kan ordentlich zu viel auf einmal leben, so wie essen und trinken."

 

[Ib-12-1781-1782-0693]
"Der Baum hat eine Glaze oben bekommen, und wird blätterlos. – Die Tannen kommen nicht aus den Kleidern."

 

[Ib-12-1781-1782-0694]
"Ihr tief eingesunknes Auge war ein eingefalnes Grab."

 

[Ib-12-1781-1782-0695]
"Bei heftigem Ungewitter regnets nicht. Starke Empfindungen verhindern das Weinen."

 

[Ib-12-1781-1782-0696]
"Das Herz des Edelmans war eine Mördergrube, und von draussen stand ein schöner adlicher Hof."

 

[Ib-12-1781-1782-0697]
"Wär' es erlaubt, daß ein Engel, wenn er auf Gottes Extrapost färt, und der Erdenluft wegen ein Menschengewand angezogen hat, daß ein Engel one Gottes Trauschein sich verheiraten könte p."

 

[Ib-12-1781-1782-0698]
"Die Sprachen sez' ich fort in so weit es von ihnen und mir heissen konte: der Schmid hat mer als eine Zange. –"

 

[Ib-12-1781-1782-0699]
"Wiz und Verstand war ihm Wiz und Verstand – es mochte hervorsprossen wo es wolte. – Er wuste wol daß alles Obst nicht reif sei, das der Wind herabwirft."

 

[Ib-12-1781-1782-0700]
"So wie man Linien mit der Bleifeder zieht, damit die Kinder grad schreiben so Christus mit dem Vater Unser."

 

[Ib-12-1781-1782-0701]
"Monarchischer Stat ist wie eine Lanze, oben klingt es, unten ist Holz, wie ein Kegelspiel, das die Kugel nicht trift. – Was Se. Maiestät nicht allerhöchst eigenhändig fält, das tun die fallende Kegel, einer wirft den andern mit. – So wie gesteiftes und ungesteiftes Kleid, so Monarchie und freier Stat. Hier stammen wir in gerader Linie von der Mutter Natur ab; dort höchstens von der Seitenlinie. Im monarchischen Stat wächst, was noch in die Höhe schiest, wie eine Bone an der Stange... Ein Königscher ein Untertan, ist ein zames Tier, das aus der Hand frist, und nicht weis, was es zuerst tun sol, ob fressen? oder die Hand küssen? Er sizt beständig auf den Tod, und wartet nur auf den Appetit seines allergnädigsten. Ruft nicht Pensionärs! Im freien State ist wenigstens eben soviel Sklaverei

 

[Manuskriptseite 126]

als Freiheit. Wo Waizen wächst, wächst Unkraut, und ie besser der Boden, ie besser schiest beides hervor. – Die ganze Natur ist für und wider sich, alles kreuzt sich in der Welt, Vögel und Äste: Was sich nekt, das liebt. – Seht da wieder Natur im freien Stat, Homersche, Schakespärsche Natur! Das Lobopfer, das ihr der Monarchie bringt, ihr Professores Poseos was ists? Erbauliche Gedanken neben einer Hekke, die eben geköpft ist, auf die Melodie Nun sich der Tag geendet hat, und keine Son mer scheint."

 

[Ib-12-1781-1782-0702]
"Reden ist einem Verlegnen am heilsamsten. Die Zung' ist in solchen Fällen Ventilator in einem stokkigen Zimmer. – Sie bringt frische Luft hinein."

 

[Ib-12-1781-1782-0703]
"In der Schreibtafel finden man oft die grösten Geheimnisse. Es ist der Männer Schoshündgen."

 

[Ib-12-1781-1782-0704]
"Es gehen verschiedne Sterbende, die noch viel Unrecht auf ihrem Herzen und Gewissen haben, zur Beichte, um am Himmel nicht aufgehalten zu werden: sie lassen sich hier plombiren, um dort bei der Himmelspforte sich keiner Revision auszusezen, und da trägt es sich wol zu, daß dem Geistl., dem Besucher etwas in die Hand gedrükt wird."

 

[Ib-12-1781-1782-0705]
"Ein Wort ist ein verdauter Gedanke."

 

[Ib-12-1781-1782-0706]
"Bei iedem grossen Werk müssen zwei Köpfe arbeiten; wenn auch der eine nur den Kalk löschen oder einen Grundstein legen oder abmessen solte. Moses und Aron sind gemeinhin nötig. Einer erfindet, der andre sagt. Einer schaft den Leib, der andre die Sele. Einer weiset den Weg, der andre geht."

 

[Ib-12-1781-1782-0707]
"Der Unterschied zwischen einem Hofnarren und Stoknarren ist wie zwischen Postbot' und Nachtwächter."

 

[Ib-12-1781-1782-0708]
"Das algemeine Gerede artet schon in fliegende Blätter aus, wie eine Raupe in einen Schmetterling."

 

[Ib-12-1781-1782-0709]
"Bei unserm Tode zerreist der Vorhang der Zukunft, wie beim Tod Christi der Vorhang des Allerheiligsten."

 

[Ib-12-1781-1782-0710]
"Euch, die ihr nicht im Vorgemach bleibt, sondern weiter dringt, Euch, Pfeifer und Geiger! die ihr diese unschuldige Haut und Hargesänggen mit eurem Akkompagnement haben, und gros= und kleinmeistern wolt – wie gern hätt' ich Euch * mit samt euren gestimten Instrumenten aus meinem Philomelenwäldgen, so wie ihr damals heraus mustet, als Iairi Töchterlein zu sich selbst kommen solte! Gerade seid ihr in meiner Schrift, was ehemals die Käufer und Verkäufer im Tempel waren! –"

 

[Ib-12-1781-1782-0711]
"Wenn euch in allen Liedern hie und da ein Par Sylben überlaufen – was mer? Wann du dazu weinst, Sänger! Sängerin! so läufst du auch über. Wer, wenn er singt, Triller schlagen und Kadenzen springen kan, bringt dem lieben Got ein Ständgen."

 

[Manuskriptseite 127]

[Ib-12-1781-1782-0712]
XXV.

 

[Ib-12-1781-1782-0713]
Lebensläufe p. Dritter Teil.

 

[Ib-12-1781-1782-0714]
Der Vater lernt sich erst in seinem Sone kennen. Niemand wil in sich hinein: ausser sich herumzuschweifen hat der Mensch eine so eingefleischte Lust, daß er gern unstät und flüchtig ist. Sein eignes Haus brent dem Menschen übern Kopf, er fürchtet in sich herein zu blikken, wie Kinder in einem Zimmer zu schlafen... Die Teologen nennen das Selbstverleugnung, was wirklich ein grosser Teil von Selbstkentnis ist. Man mus sich absterben, um sich aus den Toden hervorgehen zu sehen, und solch ein Erstandner bist du Selbstkenner!

 

[Ib-12-1781-1782-0715]
"Man ert die Sele im Körper, wie den Mann im Bilde, und wil das, was ein Geist getragen hat, in einer Erenrüstkammer aufhängen, so wie man Harnische in der Kirche aufhängt, obgleich sie nicht alle wider die Türken gebraucht worden. –

 

[Ib-12-1781-1782-0716]
Träger sind die Livrey=Bedienten des Todes. –

 

[Ib-12-1781-1782-0717]
Der König von Preussen, oder sein Blik, gab mir Veniam aetatis. Ist man doch heiter am heitern Tage. –

 

[Ib-12-1781-1782-0718]
Da, wo der König selbst ist, gilt kein Revisor, wie der Natanaelsche, kein Knabe, der mit der Hand das Posthorn so nachamt, daß man glauben solte, die Post käme. –

 

[Ib-12-1781-1782-0719]
Wir (Engländer und Deutsche) bleiben bei der Angel, wenn gleich in einigen Stunden kein Fisch komt. Der Franzose schiest wärend der Zeit einen Vogel. Er trägt Gold auf dem Hute, wir ein feines Hemde. –

 

[Ib-12-1781-1782-0720]
Preussen wird so lang gros bleiben, als es Schach bietet. –

 

[Ib-12-1781-1782-0721]
Die Zunge ist ein klein Stüklein Fleisch, und fast könte man von ihr sagen, sie wäre das Luftschlos der Sele!

 

[Ib-12-1781-1782-0722]
Last uns beim Tode uns nicht verwarlosen. Wer bemühet sich nicht, sein Kind gesund und unverwarloset aus Mutterleibe zu ziehen?

 

[Ib-12-1781-1782-0723]
Seine Knochen wurden Steine, warlich Leichensteine. –

 

[Ib-12-1781-1782-0724]
Dieser lebt einen Winter= iener einen Sommertag, dieser ein Äquinokzium, iener den längsten Tag. Am Ende hat der, so in den Zeitungen steht, als habe er Moses Lebensschlagbaum aufgemacht, und noch zehn Iar drüber gelebt, und das kleinste Kind, einen Tag gelebt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0725]
Allein, du Korniude, heute wird man deine Sele von dir fodern, und wer wird das Korn malen, das du aufgemessen hast? Er ist in der Lere geblieben sagt man von einem Menschen, der als Hauptman stirbt, und Feldher werden solte. Sind wir nicht alle nur Hauptleute, wenn gleich nicht von Kapernaum? Wie kanst du mit deinem Lebem so schalten? Wie einen gelenten Ring verschenken? Dem State, das heist, dem fürstlichen Schaz und deinem grünen Neze von Beutel die Erstlinge geben, und Spreu für dich behalten? –

 

[Manuskriptseite 128]

[Ib-12-1781-1782-0726]
Freuden, wenn sie nah sind, erschöpfen sie nicht mer, als der Schmerz: Bei der Hektik kan man alt werden; ein dikker volblütiger Körper, wie schnel dahin!

 

[Ib-12-1781-1782-0727]
Wenn dir keine böse Handlung in der Brust sticht, sei unbekümmert, warum wilst du fürchten, was so und anders sein kan? Die Braminen sehen auf die Nase und weissagen. Wenn man lange auf einen Punkt sieht, ists einem, als sähe man nichts.

 

[Ib-12-1781-1782-0728]
Der Leichenstein ist der ware Stein des Weisen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0729]
Das Grab ist eine heilige Werkstäte der Natur! Ein Formzimmer; Tod und Leben wonen hier beisammen wie Man und Weib. Ein Leib sind sie. – Eine Handvol Erde ist eine Handvol Erde. Nim doch diesen Staub in die Hand vor dem du bebst. Es ist Bein von deinem Bein. Aus Erde sind unsre Windeln und unser Leichentuch. Wir werden, was wir waren: die Goldkörner, die lezten Körperteilgen, das eigentliche Satgetraide ist aufgespeichert, und wird zu seiner Zeit schon vom lieben Got wieder ausgestreuet werden, auf einen schönen Akker.

 

[Ib-12-1781-1782-0730]
Was ich meinen Lesern von der Wildnis=Rede gegeben, solte eine Nachfolge des Originals sein, ich wolte nicht den Hauch der Natur von der Pflaume wegwischen, sondern so, wie sie da ist, mit diesem Naturatem, der mir wie ein Heiligenschein vorkomt, wolt ich sie – da ist die rotbakkigte Birne ongeschelt, die Baumwolle auf der Pfirsch, der Sammet auf der Aprikose. Blat und Stengel oben ein. –

 

[Ib-12-1781-1782-0731]
Der Tod ist, für den christlichen David, der Riese Goliat; er geht ihm nicht mit Schwerd, Spies und Stange, mit weltweisem Panzer und blank gepuzter glänzender Rüstung, mit spizigen Sentenzen und Kriegslistigen Fragen, sondern mit kleinen Steinen entgegen, und wenn er ihn glüklich erschleudert hat, nimt er sein Haupt gefangen, und es heist von ihm: wenn Sokrates tausend geschlagen, der Christ habe zehntausend überwunden. –

 

[Ib-12-1781-1782-0732]
Dieses Leben ist ein Kinderstand. Diese Leiber sind Windeln. Aus Kindern werden Leute. Unsre Sele ist in dieser Welt ein Licht unterm Scheffel. Wir steigen die Stuffen, die Iakob im Traume sah, wo die Engel hoch und niedrig standen.

 

[Ib-12-1781-1782-0733]
Wo Zweifel ist, was wie kan da Zutrauen sein? Man wil sich im Schatten legen, eh' noch die Bäume ausgeschlagen sind. Man brent sein Haus aus eitler Baulust ab. –

 

[Manuskriptseite 129]

[Ib-12-1781-1782-0734]
Wenn man fält, besieht man die Stelle, wo man gefallen ist. Der Geist wird sich gewis von seinem lebensreisegefärten nicht sogleich trennen. Er wird sehen wo er gefallen ist.

 

[Ib-12-1781-1782-0735]
Der Tod ist nicht Gottes peinliche Halsgerichtsordnung. Gemeinhin sprechen wir uns selbst das Todesurtel. Die Art des Todes gründet sich auf die Art unsers Lebens, wenn diese Todesart nicht schon eine Erbsünde ist. Der stirbt an Zangenrissen, an Stichen; der stirbt wird verbrant, und stirbt am hizigen Fieber. Der wird gehangen und stirbt am Schlagflus. Wir sizen alle auf den Tod.

 

[Ib-12-1781-1782-0736]
Kunstrichter, die ihr diesen Hochgebornen Man angreifen wolt, last ihn, wenn ich bitten darf – und ist es möglich; erlaubt mir die Frage: ob euch vindicta Lycurgi bekant sei? Ein Studiosus, wie ihr, hatte dem Lykurgus ein Fenster eingeschlagen, oder weil euch vielleicht die Lykurgische Geschichte nicht beiwonen dürfte, es war das Auge selbst, das er ihm ausschlug. Das Kriminalgericht beschlos in diesem besondern Kasualfal, den Iüngling dem Lykurg zur Strafe zu übergeben. Was eröfnete Lykurg für eine Sentenz? Schikt' er ihn in die Festung, oder ins Irhaus? Nein, die Hand, sagt' er, zum Augenräuber! Studiosus gab sie, wie natürlich, Sr. Magnifizenz mit Zittern und mit Beben, und Lykurg? gab ihm die seinige, und so giengen sie Hand in Hand – in Lykurgs Haus, wo er ihn unterrichtete, nicht, wie arme Sünder, ehe sie hingerichtet, den Schlachtkalekutschen Hänen gleich, mit Katechismusleren gefüttert und gemästet werden, sondern in Lebensregeln, und da der iunge Mensch Kandidat worden war, stelte er ihn vor das Kriminalgericht und fragte dienstlichst an: ob sie mit diesem in Rechtskraft übergegangnen Urtel zufrieden wären? Kunstrichter, der Graf bietet dir auch die Hand dar, um dich sterben zu leren. Bedenke das Ende, so wirst du dem Grafen kein Aug' ausschlagen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0737]
Beim Affekt trit die dumme Figur ein: Pars pro toto. Der Teil ist so gros, als das Ganze. Ein Teil der Bedürfnisse überwiegt Summa Summarum aller Bedürfnisse. Eine Neigung überwiegt die Samlung aller Bedürfnisse Neigungen. Es ist ein Monstrum, ein Manskopf und Kindfus, oder umgekert. Neigung ist schon Schwachheit; indessen behält sie noch immer eine Klarheit; allein im Afekt, wo bist du Sonne blieben? Der Tag ist schier dahin. d

 

[Ib-12-1781-1782-0738]
Die Zunge hat viel Unheil angerichtet; allein es geht mir ihr, wie mit dem Brod beim Bekker. Den andern Tag wird frisch gebakken. –

 

[Ib-12-1781-1782-0739]
Iedes Stelgen der Erde ist ein Kirchhof, eine Urne. Der Stof des ersten Menschen, der erste Erdenklos mag sich gegen unsre Erde verhalten haben, wie rohes Obst und gekochtes Gemüse. –

 

[Ib-12-1781-1782-0740]
Ieder hat seinen Groschen. Staub ist Staub, er size im Sammetrok, oder im Kittel. –

 

[Manuskriptseite 130]

[Ib-12-1781-1782-0741]
Die Natur hilft sich durch Donner, Bliz p. Wenn sie sich den Magen verdorben hat, mus es heraus.

 

[Ib-12-1781-1782-0742]
Betrüge den Paullus und den Petrus nicht um ihr Us. Scher ihnen den Bart nicht, der ihnen so treflich steht. Recht Mas, rechte Elle, recht Gewicht. – Sonst mus das lichtere den kleinern Teil ausmachen. Robe, Weste, blauer Rok. Wer kan die stets lustigen Leute ausstehen?

 

[Ib-12-1781-1782-0743]
XXVI.

 

[Ib-12-1781-1782-0744]
Lebensläufe... Erster Teil p.

 

[Ib-12-1781-1782-0745]
Falsche Iünglinge bauen ein Gerüste von Schmeicheleien und wenn ihr Gebäude fertig ist, zerstören sie das Gerüste, und seine Stätte ist nicht mer. –

 

[Ib-12-1781-1782-0746]
Leute, die die Sünde aus ihrem Fleische, wie den Staub aus ihren Kleidern herausklopfen und sich kasteien p.

 

[Ib-12-1781-1782-0747]
Durch die Instrumentalmusik spricht ein Stummer.

 

[Ib-12-1781-1782-0748]
Ein' alte West und neuer Rok, sind wie eine alte Tresse und ein neues Kleid, zusammengebrachte Kinder.

 

[Ib-12-1781-1782-0749]
Kirchhof, das Zolhaus der Ewigkeit.

 

[Ib-12-1781-1782-0750]
Ein gelerter Man ist in Geselschaft, wie der Mond, bald vol, bald halb, bald ein Vierteil; in seinem Hause ist er immer eine Sonne.

 

[Ib-12-1781-1782-0751]
Leide keine Schmeichler, wie der Zypressenbaum keine Würmer leidet.

 

[Ib-12-1781-1782-0752]
Raten macht Schuld, und du stelst Wechsel aus, wenn du Rat giebst.

 

[Ib-12-1781-1782-0753]
Wenn Koffee aufs Kleid gegossen wird, ists kein Koffee mer, sondern Schmuz.

 

[Ib-12-1781-1782-0754]
Es komt viel auf Zeit, Ort p. an. –

 

[Ib-12-1781-1782-0755]
Las deinen Rükken zu keiner Brükke werden, worüber ieder geht. –

 

[Ib-12-1781-1782-0756]
Alte Kirchen haben dunkle Fenster; indessen weis ieder seinen Stand. Ein Prediger, dem die Zäne ausgefallen, mus sich nicht von einer Gemeinde voziren lassen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0757]
Der Kirchturm ist ein Finger, der gen Himmel zeigt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0758]
Was die Sonnenur im Zeigen ist, ist der Han im Schlagen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0759]
Einfältig heist von einer Falte: So sei dein Herz gegen Got und gegen deinen Nächsten. Nicht wie ein Fächer der vielfältig ist, und nicht wie eine Reisekarte, die man in ein Beinkleidertaschenformat legt, und wenn sie ausgekramt ist, dekt sie einen Tisch auf vier Personen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0760]
Eine gute Predigt mus nicht zu breite Tressen haben, das Tuch mus zu sehen sein. –

 

[Ib-12-1781-1782-0761]
Beständige Ruhe ist keine Ruhe. Wenns geregnet hat, ist's in freier Luft am

 

[Manuskriptseite 131]

schönsten. Wenn der Regen gerad herunter fält, ist er am fruchtbarsten. Man könte sagen, die Natur hab' eine gute Geburt. So müssen auch deine Worte fallen. Kreise nicht; sprich aber gerade herunter.

 

[Ib-12-1781-1782-0762]
So wie die Grabstäten der Alten mit den algemeinen Landstrassen verbunden waren, um den Reisenden anzuhalten, so ists zwar Regel für mich den geneigten Leser sich selbst zu überlassen,

 

[Ib-12-1781-1782-0763]
coelo tegitur qui non habet urnam.

 

[Ib-12-1781-1782-0764]
Doch wo ist eine Regel one Aber? Was sich ein par Handelnde Personen auf dem Teater unter vier Augen sagen, gehört onhin mit zur Handlung und mir stand es wol am wenigsten zu in einer waren Geschichte, Leuten das Wort aus dem Munde zu nemen und ihnen ein Stilschweigen aufzulegen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0765]
Die Welt ist höchstens eine Hauptstad. Er läst sich das Merkwürdige zeigen: für einen Gelerten eine öffentliche Bibliotek, er sieht die Titel. Beide bestellen Postpferde. Plus ultra.

 

[Ib-12-1781-1782-0766]
Die Unvermögenheiten des Leibs hielt er für anstekkend in Absicht der Sele. Es ist ein schlechter Wirt, der sein Zimmer mit Seide ausschlägt und von oben einregnen läst. –

 

[Ib-12-1781-1782-0767]
Der Regenbogen ist das Ordensband, das Got der Erde als ein Gnadenzeichen umhieng. –

 

[Ib-12-1781-1782-0768]
Die Griechen sind die Kirchenväter der Natur und ihre Spache der Grundtext des Geschmaks. –

 

[Ib-12-1781-1782-0769]
Kinder solte man nur dem anvertrauen, der selbst Kinder gehabt, wie man keine Hebamme anzunemen pflegt, die nicht weis wie's einer Gesegneten zu Mute ist. – Man mus alles von sich anfangen. Selbst die Schulgelerten fangen den Beweis der Existenz Gottes von sich an. –

 

[Ib-12-1781-1782-0770]
Ein poetischer Kopf darf nur vieles durchbildern, von allem nimt er Zol. In der ganzen Natur schreibt er Schazung aus. Er befindet sich in den Wissenschaften auf Reisen, wo ihn oft was aufhält, worauf der Eingeborne, das Landskind, der Philosoph, nicht komt.

 

[Ib-12-1781-1782-0771]
Es geht mit den Wissenschaften wie mit der Liebe; die verstolne ist die angenemste. Das Handwerk wird einem Ide Ieden so geläufig daß er auf keine Erfindung kommen kan. Per aspera ad astra.

 

[Ib-12-1781-1782-0772]
Der Iüngling fast oft ein Wort, das der Lerer im Entusiasm verlor: aus dem Merschaum wird eine Venus. –

 

[Ib-12-1781-1782-0773]
"Verstand trägt Zeichen bis ans Ende der Welt. Newton hat keine Kinder nötig. Ieden Gelerten hat er über der Taufe gehalten, ist's ein Iude, hat er ihn

 

[Manuskriptseite 132]

beschnitten. Ieder Schüler ist sein Sohn – Ein Gelerter dieser Art hat das Glük, lauter wolgeratne Kinder zu haben, es sind Selenerben, die er mit Geist und Warheit närt – Er darf weder Gastwirt noch Schwerdfeger, noch Fechtmeister, noch Wäscherin für sie bezalen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0774]
Beim Wiz mus alles von ongefär kommen. Alles ex tempore und pro tempore aus dem Ermel. Es blizt, one daß man vorher Wolken sieht. Wenn ich 4 Köche und Iungens on Zal mit weissen Schürzen herum laufen seh, ehe die Flügeltüren zur Tafel geöfnet werden; so sag ich schon vor Tisch: prosit. Mir schmekt es nicht. Auf Hochzeiten es ich am wenigsten.

 

[Ib-12-1781-1782-0775]
Wir wollen englische Dame ziehen und hin und zurük schlagen –

 

[Ib-12-1781-1782-0776]
Die Form giebt die Kunst, das Geschik; die Materialien die Natur; darum diese höher als iene geschäzt. Iedes Kind schäzt den Vater höher als die Mutter, und den, der es regiert, höher, als den, der ernärt. Den Verstand hält man höher als die Sinlichkeit, one die doch der Verstand untätig wäre. –

 

[Ib-12-1781-1782-0777]
Wer das Publikum zum Freunde hat, hat wenige oder keinen Privatfreund.

 

[Ib-12-1781-1782-0778]
Man glaubt, daß die Herzensflügeltüren eines solchen Menschen zu opf oft auf= und zugemacht worden sind, als daß sie noch zusammenhalten könten. –

 

[Ib-12-1781-1782-0779]
Ich wil versuchen, diesen Tag nachzuschreiben, wenn ich gleich nicht ein Verballexikon, einen Wörterkram, über das, was damals geredet ward, besize; so hab' ich doch ein ser richtiges Reallexikon, und hier darf ich nur klopfen, und es wird aufgetan. Hausrat ist bald angeschaft, wenn man liegende Gründe hat. – Ere dem Ere gebürt. Warum sol man nicht Kanel auf die Grüze streuen, und seine helfende Hand mit seinem weissen Handschuhe bekleiden, den Wein mit Zukker und Pomeranzen veröden, und Butter auf 's Brod streichen. – Mir komt iede Hekke wie ein Tanzboden vor, man lert die armen Bäume die Beine gerade sezen, in die Quer treten, Brust heraus, und andre Possen mer. –

 

[Ib-12-1781-1782-0780]
XXVII.

 

[Ib-12-1781-1782-0781]
Lebensläufe p. Dritter Teil. Zweiter Band. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0782]
Die Vernunft gefangen nemen, so oft sie die Fenster einwerfen wil. –

 

[Ib-12-1781-1782-0783]
Die Matematik ist zu allen Dingen nüze: Sie ist das Lineal und lert sich bei allen Wissenschaften gerade halten. –

 

[Ib-12-1781-1782-0784]
p mit roter Dinte unterstrichen werden. In der näml. Rüksicht sind wir so für Handlungen, fürs entstehen sehen vor unsern Augen, fürs götliche Sprechen, wo Donner und Bliz eins ist. –

 

[Ib-12-1781-1782-0785]
Ein Hutmacher macht Kardinäle; allein kein Iuwelier einen König. –

 

[Manuskriptseite 133]

[Ib-12-1781-1782-0786]
Der monarchische Stat fürt uns zum Reich Gottes. Wilde Bäume haben Stacheln. Ungezämte Tiere fallen den Menschen, ihren Hern an! Und lerts nicht die tägliche Erfahrung, daß sich ein freier Stat ser bald in kleine fingerlange Königreiche zergliedert; hier und dort und da fängt sich ein Mensch zu verbreiten an. Da gehts ihm denn freilich wie dem menschlichen Körper, der, wenn er in gewisse Iare komt, an Grösse, in der Breite, mit dem Verlust der Kräfte und Wirksamkeit gewint zunimt – dem König Salomo fiel der Reichtum im Postskript zu. –

 

[Ib-12-1781-1782-0787]
Ein Weib, auch im Amazonenkleide, ist doch nur ein unausgebakner Man. –

 

[Ib-12-1781-1782-0788]
Die Iuden sah meine Mutter wie Winkelman die Antiquitäten an. –

 

[Ib-12-1781-1782-0789]
Ein Berg ist die eigentliche Kanzel Gottes.

 

[Ib-12-1781-1782-0790]
Vernunft nante sie Unterfutter! Oberzeug mus Dichtkunst sein, wenn es kleiden sol.

 

[Ib-12-1781-1782-0791]
Du warst kein Gras, das unter Steinen wächst, das keinen rürt und wozu niemand sagt: Got grüs dich! Eine grüne Taufwiese warst du, ein holdes Tal, das einen Berg zum Nachbar hat. Ein Lied im höhern Kor, ein Sonabend, auf den der Sontag folgt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0792]
Die Selsorger schlagen mit Moses um die Wette. Iener auf den Fels; sie auf die Kanzel. Hier und dort komt Wasser. –

 

[Ib-12-1781-1782-0793]
Muttermäler der Sinlichkeit und Schönpflästergen sind so unterschieden, als ein unschuldiges frommes Mädgen und eine Nonne. –

 

[Ib-12-1781-1782-0794]
Ein Stat scheint kein Ganzes zu sein, wenn er seine Gesezbücher nach Provinzen zält. Man sieht ihm Nadel und Zwirn an, womit er zusammengenähet worden.

 

[Ib-12-1781-1782-0795]
Da Christus starb, zog die Erde den Tremulanten, sie bebte! Da wurde das Haus des Entschlaffenen, der Himmel, mit Trauertuch ausgelegt. Es war eine Sonnenfinsternis.

 

[Ib-12-1781-1782-0796]
Ieder Irtum hat seine Schule, sein Auditorium.

 

[Ib-12-1781-1782-0797]
Die Demonstrirzeiten haben aufgehört. Iezt observirt man. Man geht auf die Iagd – Pulver und Schrot wird verschossen; selten trift man. So geht alles im Zirkel! lieben Herren, wenn die Glokke zwölf geschlagen, gehts auf Eins, bis es wieder an zwölf komt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0798]
XXVIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0799]
Akademische Gedichte. Von Ioh. Philip Lorenz Withof. Erster Teil. Leipz. p. 1782.

 

[Ib-12-1781-1782-0800]
1)

 

[Ib-12-1781-1782-0801]
Die moralischen Kezer.
"Was ist die schöne Welt, wenn ware Rede gilt?
Ein Lotto nullenlerer, mit Pracht und Not erfült.

 

[Manuskriptseite 134]

Auf Iris seidner Haut wie lächelt sie, die Freude?
Doch nur ein Fieber her: da fault ihr Eingeweide!
Die Buche, der so schön die grüne Dekke steht,
Wie traurig berdet die, vom Winter angeweht!
Des Todes Atem färt in angeneme Lüfte,
Und manche Blume prangt, damit sie ia vergifte.
So wächst, wie hinter Lust sich immer Weh verbarg,
Die schöne Wiege da, wo der verhaste Sarg.
Dieselbe Welle strömt die Flüche, wie den Segen,
Die Perlen und den Tod des Fischers Hand entgegen.
Was ist der edle Mensch, dem was nicht? Ere zolt,
Was ist grosse Her, das Kind von einem Tage?
Ein Bal für Wonne iezt und morgen für die Klage."

S. 4.

 

[Ib-12-1781-1782-0802]
"Ihr Lerer, so gesezt, daß kein Begriffe Par,
Durch euren Ring vermält, euch Feler ie gebar, p.

S. 7.

 

[Ib-12-1781-1782-0803]
Die Wesentreppe
"Was lieber macht ein Tor, als eigne Schande kund?
So nemen ihren Schwanz die Schlangen in den Mund."

S. 23.

 

[Ib-12-1781-1782-0804]
"Die Welt ist seine Schrift, die man nur leicht ermist,
Da iegliches Geschöpf ein grober Buchstab ist."

S. 25.

 

[Ib-12-1781-1782-0805]
"Ihn (Got) schildern Übel selbst durch nie verbleichte Farben:
Den Arzt entdekken noch zurükgebliebne Narben."

S. 27.

 

[Ib-12-1781-1782-0806]
"Nicht mer Geschmak, als Stolz erfand die Marmorpflaster.
Die Sorge düngt, was Angst erbaut, das enge Haus
Und treibt ihr Kummersalz aus allen Wänden aus.
Auch schönes Gift erziehe uns werte Blumenbete.
Den Krieg entwafnet nicht die teure Mordtapete.
Der stäte Glokkenschlag beläutet uns die Zeit,
Die mordete der Gram, begrub der arge Neid."

S. 37-38.

 

[Ib-12-1781-1782-0807]
"Der Purpur heiligt nicht, auch nicht der weisse Kittel." S. 41.

 

[Ib-12-1781-1782-0808]
"Das Leben, dessen Schlus, wie die Harpyie droht,
Ist der in Freude selbst verstekte frühe Tod," p.

S. 43.

 

[Ib-12-1781-1782-0809]
"Der Mensch des Staubes Son und Enkel von dem Nichts." S. 44.

 

[Ib-12-1781-1782-0810]
2)

 

[Ib-12-1781-1782-0811]
Sinliche Ergözung.
"O, wäre doch sein Leib (Vitel's) des Maro's Fama gleich,
An Zungen, wie sein Tisch an Wein und Speise, reich!"

S. 76.

 

[Manuskriptseite 135]

[Ib-12-1781-1782-0812]
"Als uns ein Vogelnest, (ergözt) das Lüste nie bebrüten." S. 78.

 

[Ib-12-1781-1782-0813]
"So brauen Pflanzen selbst sich Geister, ihre Selen."
— — noch zeichnen so, wie Sprüche
Den Weisen Griechenlands, die Pflanze die Gerüche."

S. 80.

 

[Ib-12-1781-1782-0814]
Der Blikke Dialog
Das Herz, der Töne Magazin – der bulende Magnet.
Herkules spielt mit dem Tode – Themistokles war trophäenkrank.
"Wie das Wasser, das bisher im faulen Sumpfe steht,
Dan, wenn es erst entwischt im Kieselbette geht
Und Abendsonne nun auf seine Stirne blizet,
Die Dichterschar ergözt, dem Hirtenvolke nüzet:
So schön und brauchbar wird das alte Kistengeld,
So bald es einem Geer nur in die Hände fält."

S. 109.

 

[Ib-12-1781-1782-0815]
"Und Wuchrer, deren Gut verdiente Flüche nagen." S. 112.

 

[Ib-12-1781-1782-0816]
"Wie häuslich mus der Mund der Küsse sich entschlagen,
Gewonheit würde sonst die Schattenfreude iagen.
So giebt das zähe Harz, der wermutbittre Saft
Der Zeder ihren Stolz und ihre Lebenskraft,
Der Faule mus das Harz, der Saft dem Wurme weren,
Und Liebe würde schlim der Bitterkeit entberen."

S. 120.

 

[Ib-12-1781-1782-0817]
"Dem Sokrates vergalt der Schierling laut zu wissen,
Zikonsche Weiberwut hat Orpheus gar zerrissen.
Die schönste Lere wirft nicht immer Besserung aus
Zunächst der der Kirche steht das ärgste Schwelgerhaus,
Da folgt auf Lere Spas."

S. 124.

 

[Ib-12-1781-1782-0818]
Neros ganzer Wert fiel mit allen Blüten ab. Auf Münzen Ruhe prägen.

 

[Ib-12-1781-1782-0819]
"Wer allenthalben sucht, den waren du, Vesuv,
Wo Lust mit Untergang, mit Glut sich Asche mengen,
Und Lavas schlakkenvol der Pilger Füsse sengen."

S. 131.

 

[Ib-12-1781-1782-0820]
3)

 

[Ib-12-1781-1782-0821]
Die Redlichkeit.
"Betrüger legen sich auch ihre Zauberminen:
Doch machte Farbe ie die Gläser zu Rubinen?"

S. 141.

 

[Ib-12-1781-1782-0822]
"Wer von dem Tode heischt, ihm Titel einzubringen,
Der mus mit Qual und Schmach sich Lorberstämme düngen.
Wo wird ein schönes Obst genüglich abgepflükt,

 

[Manuskriptseite 136]

Wenn schweres Erdreich nicht die Wurzelrinde drükt?
Und sol ein ewig Lob der Enkel Sache bleiben;
Do mus der Neider Druk es in die Höhe treiben."

S. 146.

 

[Ib-12-1781-1782-0823]
"Affekten, Herscher sonst, sind nun getreue Knechte.
Sie leitet die Venunft und zeichnet ihre Rechte
Nach weiser Aussicht ab. So zieht die Scheidekraft,
Die Kelter des Gehirns, aus dürrer Speise Saft
Und feine Geister aus und schaft durch ihre Regung
Dem ganzen Nervenbau die nötige Bewegung:
So wird auch die Vernunft von Klügelei getrent
Und vom Gewissen nun mit Nuzen angewandt."

S. 196-197.

 

[Ib-12-1781-1782-0824]
– Alle Kräuter sind Provinzen der Insekten –

 

[Ib-12-1781-1782-0825]
4)

 

[Ib-12-1781-1782-0826]
Der medizinische Patriot
"Verwirrung zeugt die Lust und Einfalt füttert sie.
Wie schnel mus Orpheus mit Eurydize verlieren?
Er wolte klar sie sehn, und klar ist Freude nie."

S. 243.

 

[Ib-12-1781-1782-0827]
"Er kent den Sipschaftsbaum von allen unsern Mängeln." S. 247

 

[Ib-12-1781-1782-0828]
"Von fünf Katoptren ziehn Gemälde zum Gehirne," p S. 254.

 

[Ib-12-1781-1782-0829]
XXVIIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0830]
Lebensläufe. Erster Teil p.

 

[Ib-12-1781-1782-0831]
"Berg ab, und Berg auf erzälen. – Mein Grosvater sol in meiner Geschichte eher sterben als geboren werden. Wurzeln, Zweige und Blätter haben einerlei Struktur. Begrabe die Zweige in die Erde, und las die Wurzel in die freie Luft gen Himmel sehen: Es wird ein Baum! –

 

[Ib-12-1781-1782-0832]
Der Homer wurde mit ??????????? und ?????????? plombirt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0833]
Ich weis sie (die Rezensenten) verschonen nicht Säuglinge, nicht Ungeborne, wie solte also mein Leopold auf der Schulter one Kopf oder Magensteuer abkommen! wenns einmal Sitte in Deutschland ist, so sei's! Du solst dem O_ der da drischet nicht das Maul verbinden. Item, ein Arbeiter ist seines Lons wert schreibt D. Martin Luther in seiner Haustafel etlicher p. Die Rechnunsgableger lassen oft mit gutem Bedacht Feler stehen, um den Abnemern, zu Noten Zeit und Raum lassen. "Sonst, sagen die klugen Haushalter, fangen diese Notenkünstler es bei der Person an, da sie doch nur bei den Zalen bleiben solten."

 

[Manuskriptseite 137]

[Ib-12-1781-1782-0834]
Ich habe diese Vorrede in ein andres Buch eingebrokt gefunden.

 

[Ib-12-1781-1782-0835]
In der gelerten Welt Methusalems Alter erreichen. – Die Helden und Statsakzionen des Herkules.

 

[Ib-12-1781-1782-0836]
Morgengedanken waren bei ihm wie die Erstgeburt heilig. – In der gelerten Welt handelt man mer mit Kredit als eignem Vermögen.

 

[Ib-12-1781-1782-0837]
Er staubte alle Iare seinen Büchervorrat aus, den er Armee oder seine Macht nante. Dies hies in seiner Sprache sie mustern und Revüe halten.

 

[Ib-12-1781-1782-0838]
Grosse Eigenschaften haben grosse Feler zu Waffenträgern.

 

[Ib-12-1781-1782-0839]
Der Doktor war viele Meilen von meinem Puls entfernt.

 

[Ib-12-1781-1782-0840]
Wenn du die Kunstwörter von der Sache abnimst, diese Rüstung, die einem kleinen Körper das Ansehn eines Riesen giebt, findst du nichts unerwartetes: wenn du die Treffen vom Kleide absonderst, ists dem gemeinsten Man als hätt' er sein eigen Kleid an.

 

[Ib-12-1781-1782-0841]
Wir kommen mit einigen Frachtwagen vol Grammatiken Wörterbüchern um bei der Königin Natur mit Beihülfe dieser Dolmetscher Audienz zu haben! –

 

[Ib-12-1781-1782-0842]
Die Ärzte halten über ihren Kollegen Standrecht. –

 

[Ib-12-1781-1782-0843]
Dieses Gesicht würd' ich iedem Eheman als ein probates Hausmittel empfelen, wenn seine Frau zu oft der Brief sagt und wie eine verdorbne Ur in einem Zuge von eins bis zwölf schlägt. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0844]
Vier Schüsseln oder vier Teile (in einer Predigt) auftragen.

 

[Ib-12-1781-1782-0845]
Die Gabe zu unterrichten (donum docendi) hat ieder Mensch. Wer durch die rechte Tür gekommen ist wird auch wieder durch die rechte Tür sich herausfinden. Wer eine Treppe in die Höhe steigen kan wird sie auch herabsteigen. Berg ab ist immer leichter. Wer eine Sache halb weis kan s nur ein Vierteil beibringen. Wer nur ein Vierteil weis ist ein Mietling – Ie länger ich studire ie kürzer ist die Predigt. Bedenkt den Haufen Holz und Stein und Ziegel und Dachpfannen und Glas und Kalk und tausenderlei, eh' es ein Haus wird. Steht das Haus: alles hat sechzig Fus in der Länge, und dreissig Fus in die Breite Raum.

 

[Ib-12-1781-1782-0846]
Meine Mutter traute dem Panegyrikus meines Vaters auf die Universitäten in uhum Delphini nicht ganz.

 

[Ib-12-1781-1782-0847]
Wenn der Leib meines Buchs Iarhunderte lang zerstreut und in Anleitungen zur Dicht= und Redekunst in ware Gebeinhäuser gesamlet wird p.

 

[Ib-12-1781-1782-0848]
Man läst das Obst verzukkern und Mumien im ägyptischen Sin daraus finden. –

 

[Ib-12-1781-1782-0849]
Von der Liebe mus man reden, nicht schreiben; das lezte heist Schlagwasser aufs Schnupftuch giessen.

 

[Manuskriptseite 138]

[Ib-12-1781-1782-0850]
Dem Erdboden Frondienste auflegen. Seinem Glük Zaum und Gebis in d. Mund legen.

 

[Ib-12-1781-1782-0851]
Ich sah zwar noch nicht; allein ich fülte dir Farben wie Blinde.

 

[Ib-12-1781-1782-0852]
Seine Meinung one Schäumgen aufgiessen.

 

[Ib-12-1781-1782-0853]
Man rechne so genau man wil, ein kleiner Bruch bleibt bei iedem Menschen übrig.

 

[Ib-12-1781-1782-0854]
Der zweite Schlaf ist ein Postskript, das keinem Manne ansteht. Mittagsschlaf ist ein brennend Licht am Tage.

 

[Ib-12-1781-1782-0855]
Über iedes Unglük kan man sich noch ein Stokwerk denken.

 

[Ib-12-1781-1782-0856]
Am Morgen ist der Tag im Neglischee, an der Toilette.

 

[Ib-12-1781-1782-0857]
Verstand ist des Herzens Spürhund.

 

[Ib-12-1781-1782-0858]
Gedächtnis, Schärfe der Sinnen sind beim Wiz und der Urteilskraft Geselschaftskavaliere, Sekretairs, Haushofmeisters p. Verstand hat das votum decisivum Wiz , womit man heilige und unheilige Skribenten auslegt, ist Wiz, den man im Schlafrok sizend, ein Knie übers andre gelegt, haben mus. – Eine Federmüze kan nichts dabei verderben. Wiz, bei dem man so langsam geht, als wenn man einer Leiche folgt und in Warheit man folgt einer Leiche. –

 

[Ib-12-1781-1782-0859]
Man mus bei diesen Wörterphilosophen erst drei Iar schweigen, eh' man ein Wort mitreden kan. Sie sind immer bis an die Zäne verschanzt. Sie sind Priester, die lateinisch zu Werk gehen. Wir armen Laien wissen nur Amen und Gospodipomila. –

 

[Ib-12-1781-1782-0860]
Ich fasse diesen Gedanken, wie den Stok, beim Knopf.

 

[Ib-12-1781-1782-0861]
Wer gen Himmel faren wil, mus erst Höllenfart halten. Wer Got erkennen wil erkenne sich selbst. Nosce te ipsum. Das ist die Lere von Busse und Glauben . Ich ist der Singular im Superlativ.

 

[Ib-12-1781-1782-0862]
Weltkentnis heist Menschenkentnis, wie das Haus nach dem Hern, und nicht nach Weib und Kind.

 

[Ib-12-1781-1782-0863]
Die Weiber zur Linken füren, wo das Herz liegt.

 

[Ib-12-1781-1782-0864]
Beim Schmerz leidet der Leib, bei der Betrübnis die Sele, und wenn die Herschaft trauert, trauert der Bediente mit, nicht aber umgekert.

 

[Ib-12-1781-1782-0865]
Ordnung ist nur Mittel, und an sich one Wert. Es ist das Schweistuch, worin man das vergräbt, was man erhalten hat. Es ist * ein Bücherschrank mit Glastüren. Ein Diogenesfas in der Vorstadt, nicht in der Wüste, verdient den Namen Auditorium. Ein ständiger Hunger nach Neuem ist eine Zeitungskrankheit, Eine Kriegslist gilt nur einmal, eine Medaille bezeichnet einen Tag. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0866]
Der Man ist in einem Stükke ganz gemacht, das Weib zusammengesezt – Es ist mit Dekkel und Schraube.

 

[Manuskriptseite 139]

[Ib-12-1781-1782-0867]
Was gros ist, geschieht bei Tische. Das Paradies gieng bei Tische verloren. Monarchien und Regenten entsanden und giengen bei Tische. Alle Ehe werden im Himmel und bei Tische geschlossen. – Magen und Herz sind Nachbarskinder, so wie sich die Drüsen im Munde und Magen verwand sind.

 

[Ib-12-1781-1782-0868]
von G. Du soltest ein Rat' und Leichenbegleiter und Hochzeitgast von der ganzen Welt sein und als ein Kosmopolit –

 

[Ib-12-1781-1782-0869]
von W. Das Hemde, ob es gleich nur von Linnen ist, bleibt uns näher als das Kleid. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0870]
Wenn eine Farbe der andern beinahe gleich ist, siehts aus als falle sie ihr ins Wort.

 

[Ib-12-1781-1782-0871]
Die griechischen und lateinischen Sprachen sind selige und volendete. Es geht mit den Worten wie mit den Familien: dies komt empor, ienes fält. Heut ist es am königlichen Hofe, in der Epopee, wilkommen, morgen findet man es schon im Schäfergedicht unausstehlich. – Alle Münzen in einer lebendigen Sprache sind der Redukzion unterworfen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0872]
Der Tag dem Philosophen, die Nacht dem Schwärmer; das Gallakleid der Mansperson, das Neglischee der Dame. –

 

[Ib-12-1781-1782-0873]
Das Obst solte durch Frauenzimmerhände gehen. Die Natur ist eine Dame.

 

[Ib-12-1781-1782-0874]
Er trug dieser Meinung die Schleppe nach.

 

[Ib-12-1781-1782-0875]
Hunde sind die Auxiliartruppen vom Menschen, durch deren Allianz er die meisten Tiere zwingt, die nach dem Fal Adams seinen Kommandostab verkennen.

 

[Ib-12-1781-1782-0876]
Diese Unterredung würde Schatten zu Herzenssilhouetten von ihr abgeworfen haben.

 

[Ib-12-1781-1782-0877]
Ein Abschied, der auf einen nassen Boden fält, bringt keine Früchte, Es ist ärger als der steinigte Akker, den der alte Her in Musik gesezt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0878]
XXX.

 

[Ib-12-1781-1782-0879]
Über die Ehe p.

 

[Ib-12-1781-1782-0880]
"Ein Son oder eine Tochter, frägt der Vater die Hebamme, wenn seine Frau zum ersten mal ins Wochenbet gekommen, denn zum zweitenmale sieht ers ihr schon am Gesicht an, und sie läst ihn ausfragen, wenn es ein Mädgen ist, und ruft, wenn er an das Wort Son oder komt; Ein Son. Auch vier Kreuzer wegen der Danksagung zur Kirche sagt der Landprediger, und der Vater bezalt zehn, wenn es ein Iunge ist. Es komt doch zum Besten der Kirche, spricht er. Ist es aber ein Mädgen, so sucht er obgleich es auch zum Besten der Kirche komt aus allen Taschen Scheidemünze zusammen. "Hier, seufzt er, sind vier Kreuzer, Got schenk uns einen sanften Regen, denn in Warheit das Getraide steht schlecht." Ein Frauenzimmer, wenn es vierzehn Iar alt ist, frägt die Amme: "Ist es ein Sänger?" Ia gnädiges Fräulein,

 

[Manuskriptseite 140]

"Ein niedliches Kind!" und schnel ist es in seinen Armen. Es fast es, wo man gemeinhin allen Kindern hinzufassen pflegt, und denn noch etwas weiter. Warum das gnädige Fräulein das Kind liegen läst, wenn die Amme gesagt hat: "Ein Mädgen" komt daher, weil es vierzehn Iare alt ist.

 

[Ib-12-1781-1782-0881]
Wozu dieser Anfang? Guter Freund, frage lieber, wozu diese ganze Schrift: denn in diesem Anfange liegt alles. Ist der gut, so ist d mer gut. Ist er schlecht, so geb' ich für die ganze Schrift keinen Dreier. Ein Autor ist ein geistlicher Vater, und schreibt Söne und Töchter, wie sie der leibliche zeuget: Aber zu bestimmen, von welchem Geschlecht ein Buch sei, ist so schwer, daß sich die kritische Hebammen oft Iare lang darüber streiten. Damit es indessen Sr. Wolerwürden nur wissen, so geb' ich für die Danksagung keinen Kreuzer aus. Für mein Kind darf nicht gedankt werden und hiemit Got befolen."

 

[Ib-12-1781-1782-0882]
"Und was ists denn, was vorneme Leute durch andrer Art Ammen ihren Kindern beibringen lassen? Wenn du es ins Licht sezest; sinds Ammenmärgen und Gaukeleien in mancherlei Sprachen."

 

[Ib-12-1781-1782-0883]
"Die Klöster bemächtigten sich für die Verachtung dieses Laiensakraments der Hage stolzen Güter, und so bald die Monarchen Hohepriester wurden, so fielen sie dem Fisko zu."

 

[Ib-12-1781-1782-0884]
"Ich verlese eigentlich in diesem Werkgen nur Texte, über die ein ieder, der Lust hat, predigen kan."

 

[Ib-12-1781-1782-0885]
"Ein Antezessor mus bei seinem Lergebäude eine grosse Pforte für den ersten Anlauf, für alles was komt, und eine Hintertür für einen guten Freund haben, oder bei der Kultur der feinen und gelerten Vernunft den gemeinen aber tätigen und gesunden Verstand bilden. Ienes geschieht für das betrachtende, dieses für das tätige bürgerliche Leben, ienes für die Schule, dieses fürs Haus."

 

[Ib-12-1781-1782-0886]
"Ein gewisses vorläufiges Urteil ist einem ieden Menschen so natürlich, daß es gut wäre, hierüber weiter nachzudenken. Es ist dieses der Plan, wornach man die künftige Ausfürung des Urteil entwirft; das Interlokut, wornach die Definitivsentenz zugeschnitten wird. Dieser Vorläufer des Urteils ist nicht peinlich und oft ist die erste Verbeugung, die Harfrisur, das Kleid, die Vorrede des Menschen, und sagen sie selbst, ist nicht ein gutes Buch mit einer schlechten Vorerinnerung was seltnes?"

 

[Ib-12-1781-1782-0887]
"Ein ieziger Iurist, der einen römischen Rok mit kanonisch gearbeiteten Knöpfen, eine deutsche Weste, ein par Beinkleider seines Vaterlands trägt, Schuhe und Strümpfe in seiner Stad und den Hut endlich bei der Natur arbeiten läst, p."

 

[Ib-12-1781-1782-0888]
"Sol man fügen oder in die Lere gehen, und nicht eher als bis ein Meisterstük vorhanden ist, die Zunft gewinnen, und wenn das Meisterstük mislingt, mit einem conditione tua non utur abziehen? Sol man erst mieten, eh' man

 

[Manuskriptseite 141]

kauft, und wenn das Haus uns nicht ansteht, seinen Stab weiter sezen oder wenn es gut ist es sich brevi manu tradiren lassen?"

 

[Ib-12-1781-1782-0889]
"Es ist schwer ist, iemanden zu fassen, der uns zu nahe ist. Man mus die Leute nicht mer reden lassen, als man beantworten kan und diese gelerte Notwer ist die Sele von allen gelerten Disputen wobei ich nur anspinnen wil, daß sich vor einer ungeladnen Flinte zwei Leute fürchten. Das vorteilhafte bleibt, wenn sich ein Par andre streiten, denn alsdenn zieht ein dritter, fast so als wenn sich zwei Diebe schlagen, den Vorteil: Indessen giebt es Erenfälle, wo man den Streit nicht abschlagen kan. Genug! hab' ich gesagt, und würde dazu sezen, damit ich meine Pistole auch losschiessen könne, wenn ich nicht deutlich bemerkt hätte, daß den Gelerten die Pistole so wie der ersten Liebe die Zunge versage und uns nur das Handgemenge oder Faustrecht eigen wäre."

 

[Ib-12-1781-1782-0890]
"Gewis wissen könte man Kontant für bar Geld kaufen, glauben, einen Kauf auf Kredit nennen."

 

[Ib-12-1781-1782-0891]
"Es hatten drei teologische Fakultäten schon ein Paraklet für Unsern Freund massiv aufgefürt und wenn gleich eine vierte feindselige doch allemal erwürdige Fakultät etwas daran zerstört hatte; so durften wir iedennoch nur die Tapeten wieder anschlagen, das beschädigte Dach ausbessern und ein par Schorsteine wegen des Zugwinds vermauren lassen. Beiläufig! Die Teologen brauchen beständig Tapeten, die Iuristen weissen ihre gelerten Gebäude aus."

 

[Ib-12-1781-1782-0892]
"Akademisten verdienen den Namen Gelerte mer als andre, weil sie nicht nur gelert sind, sondern auch andre gelert machen, und in Absicht des kleinen Honorarium ihren Schülern, so wie die Erde dem Monde, vierzehnmal mer Licht geben als sie empfangen. – Nur noch einen Gnadenstos wegen der Frauen der Gelerten. Sehen Sie ihn als ein Wort an, das von Herzen ge komt und das auch zu Herzen gehen solte und wenn Ihnen diese Stunde zu lang dünkt; denken Sie was man von einer langen Weile spricht: daß sie Verliebte gemessen hätten."

 

[Ib-12-1781-1782-0893]
"Der Ehestand ist eine Art von geistlichen Orden, wo man das Gelübde der Beständigkeit und Enthaltsamkeit leistet, wozu bei der Frau noch das Gelübde des Gehorsams komt. Wenn ein Sakrament eine Handlung heist, die durch die Offenbarung bestätigt wird, so ist es die Ehe. Die Liebe ist durch die Natur gestiftet, die Ehe aber durch die Vernunft."

 

[Ib-12-1781-1782-0894]
"Die armen ersten Eltern! sie sahen nach gemachtem Konkurs ein, daß sie nakt waren, und daß man ihnen nur wenig Kompetenzstükke gelassen hatte."

 

[Ib-12-1781-1782-0895]
"Shakespear, der Man nach dem Herzen der Natur."

 

[Ib-12-1781-1782-0896]
"Eine so vortrefliche Beschreibung von einer Ehefrau solte man wol eben so wenig vom Könige Salomo erwarten, als daß Lex Papia Popaea von zwei Leuten den Namen fürt, die weder Frau noch Kind gehabt."

 

[Manuskriptseite 142]

[Ib-12-1781-1782-0897]
"Ein einziges Kindbette pflegt oft beim Frauenzimmer gräuliche Verwüstungen anzurichten, und keinen Stein auf dem andern zu lassen."

 

[Ib-12-1781-1782-0898]
"Ein solches Mädgen kan sich aus dem Phalanx der Iünglinge einen Man wälen. Ist es aus gutem Hause und hat Geld obein, so tut es wol, dieses als Schaumünzen anzusehen, die man nur auf Notfälle verwart."

 

[Ib-12-1781-1782-0899]
"Wenn die Ehen, wie eine alte Mode abkommen solten, so würden die Männer nichts, die Weiber hingegen alles verlieren. Vielleicht heist darum die Ehe matrimonium und nicht patrimonium."

 

[Ib-12-1781-1782-0900]
"Iezt glaubt man, die erste Ehe habe wie das anteiustinianische Recht usum dogmaticum."

 

[Ib-12-1781-1782-0901]
"Die Brautnacht und das erste Kapitel in einem Buche sind sich so änlich, wo nicht änlicher als Vater und Autor. Eine kluge Hebamme fängt nicht von derselben neun zu zälen an, und wenn ein Autor vom ersten Kapitel seine Bogen als bar Geld rechnet, so macht er Bankerut, es wäre denn, daß der Verleger die Erikzion leistete, wovon es einige Beispiele geben sol. – Nihil est frigidius quam lex cum prologo. Allein was vom Gesez gilt, das durchaus one Eingang sein mus, gilt nicht allemal von einem Buche. Kalkopf, schrien iene Prophetenknaben, komm' heraus, und man tut gut, wenn man sich etwas auf den Kopf sezt, und wie man zu sagen pflegt, sich dekt. Der Hut ist ein Zeichen der Freiheit.

 

[Ib-12-1781-1782-0902]
Der Anfang ist schwer, die Mitte angenem, das Ende lustig, sagen die Schullerer zu ihren Untergebnen, wenn sie ihnen die fünf Deklinazionen und vier Konjugazionen beizubringen anheben, und ein ieder selbst die Geistlichen wenn nicht eher so beim Schlus eines alten Kircheniares, versichern, das Ende gut, alles gut. Diese Umstände, besonders der der lezte, solten mich verlegen machen, allein ich bin es so wenig, daß ich Herz genug besizen würde, vor meinen Lesern die verworfne vier Eingänge von welchen ich oben geredet, in den vorigen Stand zu sezen, wenn ich sie nicht ausserdem, daß ich sie ausgestrichen, zugleich zerrissen und durchs Fenster nach meinem Garten geworfen hätte, wo sie in alle vier Gegenden der Welt hinflogen, doch, so wie es mir aus Vaterliebe vorkam, so, daß ein Stük Eingang beim andern Stük blieb, und ieder Eingang eine Gegend der Welt sich zueignete. Sie sind wenigstens eben so gut in der Welt als es die gegenwärtige Schrift ist. Eine Idee aus diesem Gespan von Eingängen wil ich meinen Lesern mitteilen, weil ich sie zum Beschlus nötig habe, und vielleicht nicht one Nuzen brauchen werde. Seitdem der englische Diogenes eine empfindsame Reise angestelt, so läst halb Deutschland anspannen, und ein gutes Teil ist schon unterwegens. Onfelbar ist diese algemeine Geistsucht Schuld daran, daß ich mir den Schriftsteller und Leser wie ein Par Reisende vorgestelt, die auf einem Posthause zu

 

[Manuskriptseite 143]

sammen treffen. Wohin denken sie? "nach –" allerliebst! wir reisen zusammen. Diese Worte reisen zusammen, haben eine so sympathetische Kraft daß Magnet und Eisen nicht so geschwind zusammen sind, als diese beide Herzen. Der Reisekofre wird zu und das Herz aufgeschlossen. Man erzält sich seinen Lebenslauf, bis auf den Vorfal, da man sich auf dem Posthause zusammen gefunden, und obgleich dieser Vorfal beiden bekant ist, so wil ihn doch ieder erzälen. Sie fallen zehn und mermal ins Wort bis sie sich endlich wiewol nur durch Minen vergleichen, wer ihnen etwas erzälen sol, was sie alle beide wissen. Sobald sie nach – kommen, sagen sie: Ihr Diener, und ieder geht seiner Wege. Dieses waren ongefär meine Gedanken, die ich in dem Eingang sub No. drei der wo ich nicht irre nach Osten gieng, und von allen mein Liebling war, besser vorgetragen hatte. Ich merkte in selbigem an, daß beim Autor und Leser dieser Unterschied wäre, daß nur der Autor erzäle, und daß es schwerer sei aufrichtig zu hören als so zu erzälen.

 

[Ib-12-1781-1782-0903]
Wo Got und mein Pferd wil, antwortete ein Feldprediger, der das Ros eines Generals rit das er nicht regiren konte, auf die Frage: wohin? Von dieser Frage bin ich zwar, weil ich mit genauer Not den Schlus erreichet sicher, allein nicht im geringsten vor der Frage: woher? desto schlimmer! Ich wil mich tausend mal eher wohin, als woher fragen lassen. Mein Trost ist daß einige meiner Leser: Ihr Diener sagen, und ihre Wege gehen werden und diesen bin ich für ihr gutes Herz mit gleich gutem Herzen verbunden. Wider einen bösen Weg und ein stätiges Pferd kan niemand. Guter Freund oder Freundin, wer du auch seist, der oder die du mir nicht nach iagest, wo ich einkere, noch mich für einen Menschen hältst, der flüchtigen Fus gesezt hat, weil ich inkognito gereiset, guter Freund oder Freundin, der Himmel schenke dir einen bessern Reisegefärten und bessere Pferde und einen bessern Weg, doch! besser ist nicht genug, sondern von allem das beste. Damit dich aber kein Schein blende, so hüte dich vor syllogetischem Sande denn er fält auf die Brust, und du bekomst Staub in die Augen, auch wil ich dir raten, dich einem Reisegefärten andrer Art, der durch lauter blumenreiche Wiesen und blühende niedliche Gesträuche färt, und seine Schimmel Schwane nent, nicht völlig zu überlassen. Er spricht freilich von Götterhäusern, allein es ist eine iämmerliche Schenke, wo er dich hinbringt auch wirst du keine Götter und Göttinnen finden, denn wie kämen die dahin? Das Frauenzimmer, das Kaffee herumträgt, ist nicht verfürt, sondern hat verfürt, und nicht etwa einen Lade Prinzen, sondern einen Ladendiener und ihr Vater mit dem sogenanten Silberhar der dem Anchises änlich sehen sol,

 

[Manuskriptseite 144]

hat die Stadkasse bestolen und filtrirt in Exilio Kassen. Der Weg ist schön, allein was hilfts, wenn du meinem Rat folgst, und der Geselschaft in der Schenke auszuweichen suchst und nirgend einkerst, was hilfts beständig zu faren, one an Ort und Stelle zu kommen? Es würde mich unendlich kränken, wenn du erliche Sele, ein einziges Wort finden soltest, das dich in dieser Schrift verdriessen könte. Mit Freuden würd' ich seinetwegen ein Kapitel dem Feuer übergeben, um die Weltgegenden nicht zu belästigen, denn es wäre mir unendlich lieber mit sieben Kapiteln, nach der Zal der Farben im Sonenstral, zu erscheinen, als mit acht wenn in einem ein Wort, das dich ärgert, vorhanden sein solte. Was dich beruhigen kan ist dieses, daß ich ser entfernt bin, iemanden meine Meinungen aufzudringen. So lange man nicht aufhören kan zu fragen, warum? so ist's einem ieden erlaubt zu sagen, darum. Sokrates redete sokratisch, und ich habe ehemäsig geschrieben. Scherz und ist Ernst ist verwebt und wenn ich am Hochzeitsfeste, als am ersten Heiligentage des Ehestandes das harte Worte: Was Got zusammenfügt sol kein Mensch scheiden, der priesterliche Segen, das Lied: Nun danket alle Got, und denn ein englischer, polnischer und französischer Tanz mit einander vertragen, so hab' ich geglaubt, es würde auch in meiner Schrift one Lerm abgehen, wenn die Schärung Ernst und der Eintrag Scherz wäre. p – Es ist war, ich halte in meiner Schrift die Hand nicht vor, wenn ich gäne, und sage nicht Got helfe! wenn mein Nachbar nieset, ich neme mir viele Dinge nicht übel, welche andre Leute nicht anders als mit Urlaub zu melden, und wenn sie studirt haben mit salva venia zu sagen pflegen: Allein ich bin der Meinung, daß alles was natürlich ist, nicht schändlich sein könne, ich lasse alles so wachsen wie die liebe Natur es wil, und halte meine Bäume nicht unter der Schere. Reglen sind Interpretazionen in Fällen wo die Natur als humus imperans dunkel ist. Wolte der Himmel es fände eine legalis interpretatio stat und wir könten autenticae oder usuales von dieser Alleinherscherin erhalten. Iezt aber da unsre Interpretazionen blos doctrinales sind, warlich so solten wir nicht so strenge sein. Wenn man gleich ein Fenster aufmacht, man bleibt doch in der Studirstube. –

 

[Ib-12-1781-1782-0904]
Nach dieser Quelle wird das meiste schmekken, wenn man es in ein reines Gefäs auffängt.

 

[Ib-12-1781-1782-0905]
Ich beere den Hagestolzen mit künstlichen Kindern, wie man einer Henne fremde Eier unterlegt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0906]
Ich habe nur da es einen alten Adam giebt auch eine alte Eva behauptet.

 

[Manuskriptseite 145]

[Ib-12-1781-1782-0907]
XXXI.

 

[Ib-12-1781-1782-0908]
Tagebuch eines neuen Ehemannes. Leipzig bei Siegfried Lebrecht Krusius 1779.

 

[Ib-12-1781-1782-0909]
"Wer kan soviel Geduld haben, das Logbuch eines Seefarers von Anfang bis zu Ende zu lesen. Selbst die Schiffer, die nach ihm den nämlichen Weg zu machen haben, merken sich nur die Stellen daraus, wo er in Gefar kam, oder eine Gefar vermieden oder sonst aufgehalten wurde, und lassen das übrige stehen." pp. S. XI. XII.

 

[Ib-12-1781-1782-0910]
"Ein Tagbuch über sich selbst füren heist oft mit sich selbst Verstekkens spielen. Sein lernt man nicht daraus kennen. Die Kabinetsverhandlungen unsrer Höfe aus der Erlanger Zeitung: Aber ein Tagbuch über seine Frau füren ist etwas anders. Der müst' ein Gek sein, der sich dabei betrügen wolte. Denn Weiber und Mädgen, wenigstens die unsern, können sich nicht verstellen. Wenn sie ia zu weilen etwas verstekken wollen, so machen sie es so ungeschikt, daß man nachher oder wenigstens unter der kleinen Bewegung die sie sich dabei machen immer mer sieht als vorher. Indem sie den Nakken bedekken wollen, entblössen sie gemeiniglich den Hals, und wan sie einen Feler am Schuh zu helfen haben, könt ihr fast richtig ihren Busen wenn Ihr nur wolt." S. 4–5.

 

[Ib-12-1781-1782-0911]
XXXII.

 

[Ib-12-1781-1782-0912]
Tristram Schandy. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0913]
"Vor Tristram Schandy zu reden, wäre fast kün und kek gewesen; nach ihm wäre für das Ansehen eines ernsthaften Mannes (man solte nicht glauben wie finster ein Dolmetsch urbarer Spässergens fast immer aussieht, wenn er nach dem schalkhaften Worte oder der ironisch feierlichen Wendung hascht –), wie ich gefärlich: aber wo solte ichs anbringen? In die zweideutige Spalte nach welcher Oncle Toby sieht sahe, als er weder ans Vergangene noch ans Zukünftige, nach dem Aristoteles, dachte: so hab ich's versäumt" – da ste ich also, wie Herr Kapitain Toby Schandy vor der Tür der Witwe Wadman da Irim schon den Klopfer gefast hatte! – Ich mus mir helfen. Es sei dieses also ein Zettel, wie sie der berümte Okulist, Herr Doktor H+++ auszugeben pflegt, noch eh' er in die grosse Stad kömt. Man mag es bei beiden lassen, wenn wohin man wil vorn oder hinten. An einem solchen Zettel ist immer etwas ernsthaftes Wares, und wehe dem Schreiber, und wehe dem Leser, dessentwegen man sagen mus, hier ist die Mitteltinte zum Übergang der Farben. – Wil aber iemand meine Übersezung für eine Holländerin ansehen und mir dabei, weil ers für nötig hält, herkulische Hülfe leisten

 

[Manuskriptseite 146]

dem versprech' ich zwar nicht, wie Augias, das zehnte Stük von al meinem Viehe (denn ich habe nicht soviel Kühe, als Pilarianische Esel) aber das biedermännische Wort geb' ich ihm, ich steh' ihm wieder im Notfal, ganz nachbarlich mit Hand= und Spandienst zur Hülfe bereit."

 

[Ib-12-1781-1782-0914]
"Meine können auf entscheidende Winke wol gewaschen und gekämt werden, p.

 

[Ib-12-1781-1782-0915]
"Das ausserordentlich enge Schnürleibgen, welche unsre Büchersprache seit einiger Zeit, zur Nachamung unsrer voramenden Nachbarin, beständig Nacht und Tag trägt. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0916]
"Eine ware Iungferndedikazion, die noch von keinem Manne weis p."

 

[Ib-12-1781-1782-0917]
"Amicus Plato, das heist, Dinah war meine Tante; – sed magis amica veritas – aber ist meine Schwester."

 

[Ib-12-1781-1782-0918]
"Dem Umstande, daß meines Vaters Tobakspfeife zerbrach, hat die Welt eines der nettesten Exempel von der zierlichen Figur in der Redekunst zu danken, welche die Retoriker Aposiopósis nennen. Hilf Himmel! wie genau komt es nicht auf das Poco più und das Poco meno der italienischen Artisten, – auf das unmerkliche mehr oder weniger an, die ware Schönheitslinie, sowol in einer Periode, als in einer Statue zu treffen. Wie kan doch der geringste Zug des Griffels, des Pinsels, der Feder, des Violinbogens et caetera – p." S. 126. 1. Tl.

 

[Ib-12-1781-1782-0919]
"Ein Stekkenpferd sich auf der Streu halten"

 

[Ib-12-1781-1782-0920]
"Didius behauptet, daß Vergleichen und Beweisen zweierlei ist, – auch behaupt' ich nicht, daß das Abwischen einer Brille ein Sillogismus ist p.

 

[Ib-12-1781-1782-0921]
"Erzäl' ich dieses schon hier, so mäh' ich das Korn grün, und tu meiner Geschichte Schaden."

 

[Ib-12-1781-1782-0922]
XXXIII.

 

[Ib-12-1781-1782-0923]
Lebensläufe. Zweiter Teil. p.

 

[Ib-12-1781-1782-0924]
"So wie König und Königin im de** Schach gehen, so gemeinhin in der Welt."

 

[Ib-12-1781-1782-0925]
"Hunde sind unsre geborne Lakeien und Kammerdiener. – Eine Flinte ist der Hunde Fane."

 

[Ib-12-1781-1782-0926]
"Sein Ausdruk ist nicht Scheidemünze, nicht Gang= und Gäbemünze, oder courant, sondern aus der Sparbüchse genommenes Geld und sieht nicht wie auf den Kauf gemacht, sondern wie bestelte Arbeit aus."

 

[Ib-12-1781-1782-0927]
"Man mus den Menschen im Selenkamisölgen, in der Federmüze, wenn er ein Gelerter, und mit einem feinen Tuch künstlich russisch um den Kopf

 

[Manuskriptseite 147]

gebunden, wenn er ein Edelman ist, darstellen – in naturalibus. – Meine Karaktere sind nicht frisirt und gepudert."

 

[Ib-12-1781-1782-0928]
"Er sieht den Hund für ein Kompendium aller nüzlichen Tiere, für ein lebendiges Tier ???' ?? ??????". – Iuristische Hobelspäne. –

 

[Ib-12-1781-1782-0929]
"Preussen hat einen gebornen König, dem man nicht X vor U machen kan, der königliche Gaben hat; allein rot, blau und grün machen schwarz, kolschwarz. –"

 

[Ib-12-1781-1782-0930]
Die Residenz ist für ieden Edelman das Treibhaus im kalten Klima. So wie's Arzneien giebt, die nur durch das heilige himlische Feuer der Sonne getroknet, gekocht, gebleicht und getroknet werden können; so ist auch die Residenz die Insolazion in Absicht des Edelmans.

 

[Ib-12-1781-1782-0931]
Der breite Weg des Rechtens, der zur Verdamnis fürt, und viele sind, die darauf wandeln.

 

[Ib-12-1781-1782-0932]
Homer ist für uns Adam der Natur, ob es gleich auch in diesem Stükke Präadamiten giebt.

 

[Ib-12-1781-1782-0933]
Die Philosophie und die deutsche Sprache, – wolte Got, das könt' ein Par werden für und für! – Wolte Got, unsre Philosophen möchten solche Gewissenskoliken haben als Tiberius über ienes Wort im Edikt und über das Wort Monopolium, das er mit einem salva venia verbrämt. –

 

[Ib-12-1781-1782-0934]
Im Fal der Zweifler blos spast, ist er nur ein Scheinzweifler, und ein Man, der alles der Nachfrage wegen hat.

 

[Ib-12-1781-1782-0935]
Er lies fremden Materien das Gastrecht in seinem Protokolle angedeihen. –

 

[Ib-12-1781-1782-0936]
Diese Stellen akkompagnirten meinen Empfindungen.

 

[Ib-12-1781-1782-0937]
Bleib wie dein Vater beim weissen, erlichen Schaf, und das gnädige Volk las tragen Marder, Wölfe, Bären, den Herzog Löwen, so trägt alles sein eigen Har.

 

[Ib-12-1781-1782-0938]
Auf ihrem Gesichte lag der Himmel! weis! rot! blau!

 

[Ib-12-1781-1782-0939]
Die ausgewachsnen Bäume sind für Vögel und Gewürmer grosse Städte, so wie das Gras schlechte Dörfer und Gesträuch Kirchdörfer sind. – Manche Eiche könte man wol ein Schlos nennen.

 

[Manuskriptseite 148]

[Ib-12-1781-1782-0940]
Vergleichungen.

 

[Ib-12-1781-1782-0941]
Tugend adelt die Talente, sie klimmen, gleich dem fruchtbaren Weinstok, an dieser Stüze hinauf, und one diese kriechen sie, wie eben dieser, mit Trauben und Blättern auf der Erde und faulen. Waller.

 

[Ib-12-1781-1782-0942]
Le luxe, pour nourrir des foules de valets et de misérables qu'il a faits , accable et ruine le laboureur et le citoyen: Semblable à ces vents brulants du midi qui couvrant l'herbe et la verdure d'insectes dévorans, ôtent la subsistance aux animaux utiles, et portent la disette et la mort dans les lieux où ils le font sentir. Rousseau.

 

[Ib-12-1781-1782-0943]
Der Ausspruch der Italiener vom Demante: ie dichter, ie glänzender, gilt auch von der Schreibart. Chesterfield.

 

[Ib-12-1781-1782-0944]
Das grosse Buch der Welt sei dein vornemstes Studium: Nocturna versate manu, versate diurna, lies die Manspersonen bei Tage, und die Frauenspers. bei Nachts. Eb.

 

[Ib-12-1781-1782-0945]
Vorneme Leute sind entweder zu ser oder zu wenig ruhig und sizen oder tanzen. Sie gleichen Federbällen die entweder stille liegen, oder in der Luft springen. Unzer.

 

[Ib-12-1781-1782-0946]
Ein Hypochondrist hat tausend unänliche Empfindungen; sein Kopf gleicht einer Landkutsche, worin bald ein Graf, bald ein Lakai, ein Iud, eine Hure färt. Eb..

 

[Ib-12-1781-1782-0947]
Die Gelerten sind den Ären änlich, in Rüksicht des Senkens ihres Haupts; wenn sie ler sind, erheben sie sich; vol, sinken sie. Montaigne. ||||

 

[Ib-12-1781-1782-0948]
Semblables (les grands) à ces magiciens qu'on nous peint évoquent les paisibles habitans des tombeaux, ils sont fier d'arracher l'homme de génie à sa retraite et de le transporter dans des murs étonnés de le voir. Mercier.

 

[Ib-12-1781-1782-0949]
Der Gelerte schmeichelt sich in seiner nächtlichen Ermattung mit der Erzeugung von Geburten, die der andre Tag für schlecht erklärt, und stat der Rahel, die er zu Nachts zu geniessen glaubt, findet er am Morgen eine häsliche Eva.

 

[Ib-12-1781-1782-0950]
Cette femme n'a point voulu d'amant, qui ne connût de lo que la sienne; elle veut régner sur homme qu'elle n'ait point. C'est ainsi qu'ayant avili les compagnons d'Ulysse, Circé les dédaigne, et se donne à celui seul qu'elle n'a pu changer. –

 

[Manuskriptseite 149]

[Ib-12-1781-1782-0951]
La partie la plus précieuse de moi–même est déjà morte: les hommes n'y peuvent plus rien, et je ne regarde plus tous ces tas de Magistrats si barbares que comme autant de vers qui s'amusent à ronger mon cadavre. Rousseau.

 

[Ib-12-1781-1782-0952]
Ich rede kein englisch mit den Engländern, sondern französisch, um nicht dadurch die abzuhalten, deren Umgang mir Langweile macht. So bedienen sich die Affen der List, wie die Negers glauben, welche nicht zu reden, um nicht arbeiten zu müssen. Rousseau.

 

[Ib-12-1781-1782-0953]
Unterschied.
Er.
Denn Deutschland sieht der Dichter Werke an
Als Spielwerk oder Zeitvertreib.
Ich.
Bin lieber denn ein schlechter Bauer
Im Schauspiel, für den Man,
Als Buntjak, im Tarok, für's Weib.

Gökingk.

 

[Ib-12-1781-1782-0954]
Man giebt seiner Philosophie den Vorzug, weil sie am einfachsten ist und am wenigsten Denken kostet; so finden die Kaufleute den meisten Abgang, die ihre Ware am wolfeilsten geben. Fontenelle.

 

[Ib-12-1781-1782-0955]
Die Entfernung giebt dem Monde Glanz, und die Nähe nimt ihn der Erde; so verlieren alle Stände ihre Ungleichheit, aus gleichen Gesichtspunkten betrachtet. –

 

[Ib-12-1781-1782-0956]
La triple couronne du Pape ressemble à cette couronne de laurier, que mettoit César pour empecher qu'on ne vit qu'il étoit chauve. Montesquieu.

 

[Ib-12-1781-1782-0957]
Die Matematiker und Philosophen sind wie ein Verliebter; gesteht man etwas zu, so mus man nach und nach alles zugestehen. Fontenelle.

 

[Ib-12-1781-1782-0958]
Wir erlauben es den Kometen nicht, bis ins Herz unsers Wirbels zu kommen; wir empfangen sie, wie der Sultan die Gesandten empfängt. Sie dürfen nicht in Konstantinopel wonen, sondern müssen in der Vorstad bleiben. Und wie diese nur Gesandte annemen und nicht schikken; so senden wir gleichfals keinen von unsern Planeten in die benachbarten Welten. Cont.

 

[Ib-12-1781-1782-0959]
Ein grober Verstand unterscheidet deutliche, ein feiner feine Begriffe; eine grobe Ur Stunden; eine bessere auch Minuten. eb.

 

[Ib-12-1781-1782-0960]
Man geniest die Freuden am besten, wenn man sie nur halb geniest; unsre Zunge mus nicht in ihr Innerstes dringen. Sie gleichen dem kotigten Erdboden, über den man geschwind hinwegeilen mus, one auf einer Stelle stehen zu bleiben. eb.

 

[Manuskriptseite 150]

[Ib-12-1781-1782-0961]
Die Vokalenwürger legen ihre verwegne Hand an Wörter und verstümlen sie so unbarmherzig, daß die Gegend um Herkulan und Pompeii, als ihnen nachgegraben wurde, so ein Anblik gewesen sein mag, wie iezt ein deutsches Buch: – ein Feld, wo hier eine Statüe one Kopf, dort ein Arm und hier ein Bein von einer Antike liegt! Wegel.

 

[Ib-12-1781-1782-0962]
Wir arme Vokalen werden wol noch gar verbant werden, wie bei den Hebräern, den stolzen Konsonanten zum Fusschemel zu dienen. eb.

 

[Ib-12-1781-1782-0963]
Iezt ist ein litterarisches Werkgen ein Insekt, das in Einem Tage entsteht, sein Grab spint und stirbt. eb.

 

[Ib-12-1781-1782-0964]
La philosophie ressemble à des poudres si corrosives, qu'après avoir consumé les chairs mal saines d'une plaie, elles rongeroient la chair vive, carrieroient les os et perceroient jusqu'aux moëlles. Elle refute d'abord les erreurs, mais si on ne l'arrête point – là, elle attaque les verités. Bayle.

 

[Ib-12-1781-1782-0965]
Die Philosophie ist einem gewissen Spiele der Kinder änlich, darinnen eins mit verbundnen Augen den andern nachläuft. Ergreift es eins derselben, so mus es dasselbe beim Namen nennen: trift es denselben nicht, so mus es das gehaschte wieder loslassen und von neuem wieder zu laufen anfangen. Mit der Warheit geht es eben so. Es liegt nicht daran, daß wir Philosophen dieselbe nicht zuweilen erhaschen solten: ob uns gleich die Augen ser wol verbunden sind. Woran liegt's denn? Wir können es nicht behaupten, daß dieienige es wirklich sei, die wir ergriffen haben und den Augenblik entwischt sie uns wieder. Fontenelle.

 

[Ib-12-1781-1782-0966]
Un enfant ne sauroit se nourrir de son pain, si la gouvernante ne l'a coupé. Voilà l'image de ce qui se passe aux nouvelles pieces. La Bonne est sur le théatre, et les enfans sont dans le Parterre. Rousseau.

 

[Ib-12-1781-1782-0967]
Es verhält sich mit dem Wein, wie mit dem Handel. Auflagen und Einschränkunen bringen ihn in Abname; nichts ist vorteilhafter für ihn als ein Freihafen. – Shaftesbury.

 

[Ib-12-1781-1782-0968]
Drukfeler sind Muttermäler. –

 

[Ib-12-1781-1782-0969]
Ce sont de ces petites choses qui coûtent plus à les rendre parfaitement que les traits les plus brillants; comme il est plus difficile de faire les pas de menuet que de couper un entrechat. Algarotti. –

 

[Ib-12-1781-1782-0970]
Deine Rosen auf den Wangen sind verwelkt; du wirst gelb – aber eb. diese Farbe ist wie beim Getraide das Zeichen der Ernte. –

 

[Ib-12-1781-1782-0971]
La correction des ouvrages est le purgatoire des auteurs, dit un bel-esprit; et nous ajouterons qu'il fait passer par ce purgatoire quand on adspire à la gloire éternelle. Algarotti. –

 

[Manuskriptseite 151]

[Ib-12-1781-1782-0972]
Freundlichkeit verbarg seine Bosheit, wie die Sonne die Hagelwolken vergoldet.

 

[Ib-12-1781-1782-0973]
So wie nach äusserst angestrengter Kraft sich auf 2 Beinen zu erhalten, der tanzende Bär, so bald das anreizende Brod od. der Stok verschwunden, auf seine natürl. 4 Füsse niederseinkt, und nur mit sachtem Brummen seinen Unmut ausdrükt: so fielen aus seine Lebensgeister, so bald di Dame fort war, in ihren natürlich Zustand herunter, und sein Zorn endigte sich mit einem Gemurmel. –

 

[Ib-12-1781-1782-0974]
Wenn die Pyrrhonier sagen, ich weis nicht, oder ich zweifle: so sagen sie, dieser Saz schmisse sich ebenfals mit den übrigen um; eben so wie Rhabarber, welcher die bösen Säfte forttreibt, zugleich selbst mit weg geht. –

 

[Ib-12-1781-1782-0975]
Es ist erbärmlich daß wir uns mit unsern eignen Possen und Erfindungen betrügen: so wie die Kinder sich vor dem Gesichte ihres Spielgesellen fürchten, welches selbst sie beschmiert und schwarz gemacht. Montaigne.