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Faszikel Ia-04-1779
 

Transkription und digitale Edition von Jean Pauls Exzerptheften

Vorgelegt von: Sabine Straub, Monika Vince und Michael Will, unter Mitarbeit von Christian Ammon, Kai Büch und Barbara Krieger. Universität Würzburg. Arbeitsstelle Jean-Paul-Edition (Leitung: Helmut Pfotenhauer)

Förderung: Fritz Thyssen Stiftung (11/1998-12/2000) und Deutsche Forschungsgemeinschaft (01/2001-12/2005)
Projektleitung: Michael Will
Gesamtleitung: Helmut Pfotenhauer

Transkriptionsgrundlage: Nachlass Jean Paul. Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz. Fasz. Ia, Band 4

Bearbeitungsschritte:
Herbst 2000 MIWI Transkription
Oktober 2000 MIWI Autopsie Berlin
11.03.2003 MIWI Konvertierung von WORD in XML/TEIXLITE
26.04.2005 MV Anpassung der Auszeichnungen an XML
16.06.2005 MV Erste Korrektur
05.04.2008 MV Zweite Autopsie in Berlin
06.04.2010 CMC Zweites Online-Update

 

[Titelblatt]

Verschiedenes

aus den

neuesten Schriften.

Vierter Theil.

Hof, ? ? 1779.

 

[Manuskriptseite 1.]

[Ia-04-1779-0001]
I.

 

[Ia-04-1779-0002]
Thomas Abbt weil. Gräfl. Schaumburg=Lippischen Hof= und Regierungsrath vom Verdienste. Neue und sehr verbesserte Auflage, Berlin und Stettin, bei Friedrich Nikolai 1768.

 

[Ia-04-1779-0003]
1) Vorstellung wie grosse Geister wirken.

 

[Ia-04-1779-0004]
"Wenn die Sprache zu der Vorstellung einer gewissen Sache lauter Metaphern liefert: so ist es schwer darüber deutliche Begriffe zu geben. Wie anders, als mit erborgten Redensarten kan ich den Unterschied, der sich meinem Bedünken nach, bei der Arbeit der grossen Geister findet, anzeigen? Der eine, mus ich sagen, breitet sich mehr aus; der andre strenget sich mehr an. Iener sieht mehr Gegenstände auf einmal neben einander, und sieht diese Gegenstände so, daß er ieden insbesondre, und die Beziehung iedes derselben auf den andern klar und lebhaft erkennet. Denn in dem thätigen Leben sind die Gegenstände von einer so unsichern und schlüpfenden Natur, daß sie der Seele entwischen, indem sie sie fassen und gehörig handhaben wil. Mit Gewisheit niemals, nur mit Wahrscheinlichkeit kan sie dies Geschäft verrichten. Muth und geheime Ahndung gehört dazu, um solche Gegenstände in dem einzigen und besten Augenblikke anzugreifen.

 

[Ia-04-1779-0005]
Die Klarheit, womit man dergleichen mannigfaltige Umstände in ihrer wahren Verbindung sieht, scheint nur wenige Augenblikke zu dauren; aber in diesen Augenblikken ist das schöne Licht auch um desto heller: und man möchte bei der Betrachtung einiger Karaktere fast sagen, daß sie bei gewissen Gelegenheiten von der leuchtenden Materie auf einmal zuviel verzehrten, um davon für Betrachtungen andrer Art no noch etwas übrig zu behalten. Wer hat iemals die ganze Verstrikkung der Zeitumstände, den Einflus von den Karakteren der mit handelnden Personen, netter überdacht, wer iemals die Augenblikke des Ausbruches, wenn nun die Stunde zum Handeln schlagen solte, richtiger vorhergesehen, als Kromwell? Und in welchem Kopfe, so bald minder thätige Begriffe auszudrükken waren, herschte mehr Verwirrung als bei eben dem Kromwell? Könte man nicht sagen,

 

[Manuskriptseite 2]

daß er blos zum Anschauen und nicht zum Abziehen der Begriffe Gaben besas; daß Thaten nicht Worte, Bewegung nicht Betrachtung seinem Geiste zum Denken verholfen, und die Erleuchtung in ihm bewirket? Zur Beschreibung der Arbeit, welche bei der ersten Art des Genies stat findet, möchte ich noch folgendes hinzusezzen. Die Ideen stellen sich durch Hülfe der Einbildungskraft behende dar; das Gedächtnis hält sie so lange feste, indem es sie immer für die nämlichen erkennet, bis die Beurtheilungskraft die Verbindungen dieser Ideen wahrgenommen; und daraus werden nun von der Kraft des Vorhersehens, (der die Erinnerung, vergangene ähnliche Ideen in der Eile herbeigeschaft,) solche Schlüsse gezogen, an denen nicht so wohl ihre Richtigkeit, als die schnelle inre Überzeugung, die sie für das Genie mit sich führen, das sonderbarste ist. Andre mögen sehen, ob dies die Zergliederung des von dem Adlerauge des grossen Konde sei; mir wird es wenigstens dadurch etwas begreiflich, wie Turenne sogar von einem Montekukuli habe voraussagen dürfen und können: Nun ist er da, wo ich ihn haben wolte: es wird es etwas begreiflich, wie Luxemburg in den entscheidenden Augenblikken seine Schlachtordnung habe ändern dürfen, um den Feinden den Sieg aus den Händen zu winden.

 

[Ia-04-1779-0006]
Freilich bleibt das Zusammenwirken aller dieser Kräfte bei einem solchen Geiste, die eigentlichste Art des Vorgangs bei der ganze Arbeit, immer noch geheimnisvol. Aber, wenn der Zergliederer das Auge auf das sorgfältigste zerlegt hat: bleibt nicht immer noch das Haupträthsel des Sehens zurük?

 

[Ia-04-1779-0007]
Anders, als auf die bisher beschriebene Art, geht die Arbeit des grossen Geistes bei der Spekulation von statten. Sie algemein angeben, ist nicht wohl möglich, da die Spekulation nicht nur ganz verschiedne Gattungen unter sich begreift; sondern auch, unter Anführung der Natur selbst, ihre Gattungen, wie es scheint, in gewisse Gränzen einschliest, wodurch es ebenso schwer wird, von einer zur andern überzuspringen. So viel, deucht mich, bleibt unterdessen allen Gattungen gemeinschaftlich, daß man bei keiner die Ideen mit den äussern Gegenständen in ihrer Verbindung fortwallen läst, sondern den Vorwurf absondert, der den ersten Begrif hergegeben, und auf ihn allein seine ganze Achtsamkeit heftet. Hierauf folgen die Gedanken, welche die Seele gleichsam aus ihrem innern Vorrathe herbeischaffet; und diese in das Gedächtnis zurükgeführte Gedanken fasset man einmal hauptsächlich an den Zeichen, wodurch sie dargestellet werden, und bedienet sich der Kunstgriffe, durch mancherlei Verbindungen eine

 

[Manuskriptseite 3.]

Menge neuer Gedanken hervorzubringen. Bei dieser Verrichtung unterscheidet sich das Genie vornehmlich durch glükliche Einfälle, das heist, durch gelegenheitliches Anbringen und Einschieben solcher Gedanken, die nicht in diese Reihe gehören, aber ihr ungemein forthelfen. Zweitens fasset man diese Gedanken vornehmlich an Bildern, und bei ihrer Verbindung und Fortsezzung geht es ohngefähr auf die eben iezt beschriebene Art. Das schwerste ist immer noch übrig zu sagen, ? warum Deskartes, Newton, Lokke, nur Arbeiten von einerlei Art herauszubringen vermocht? Warum vielleicht keiner von ihnen, wenigstens die beiden leztern nicht, zu dichterischen Meisterstükken die Fähigkeit, nicht einmal den Geschmak gehabt haben? Sie schwebten über die ganze See der Wissenschaften hin, und bewegten die Wasser, um sie mit neuen Wahrheiten zu beleben; aber Pygmalions Bildsäule zu beleben, war nicht ihr Werk. ?" Seit. 32. 33. 34. 35. 36.

 

[Ia-04-1779-0008]
"So wie iezt die Naturkündiger dem thierischen Samen den ersten Reiz auf das Herz des zu werdenden Thiers zuschreiben, das vorher wie ein todter Klumpen im kleinen da gelegen: eben so giebt es gewisse äusre Gegenstände, welche mit einem unwiderstehlichen Reiz auf die dunkeln Vorstellungen eines Genies wirken, auf Vorstellungen, die es unbewuster Weise in sich verschlossen gehabt hatte. Alle andre Ideen, die es entweder vorher bekommen, oder noch bekömt, fliessen nur wie ein Nahrungssaft zu, und helfen zum Wachsthum iener Hauptvorstellung, die nun zur neuen Wahrheit, oder zum Meisterstük wird. So verhilft das Herunterfallen einiger Äpfel Neutonen zur Theorie der Schwere, und der Anblik eines raphaelischen Gemähldes dem Korregen zur Malerei. Denn Wahrheiten erfinden, heist nicht, in die Gegenstände selbst etwas neues hineinlegen, sondern das Unsichtbare unserer Vorstellungen darüber sichtbar machen. ?" Seit. 36. 37.

 

[Ia-04-1779-0009]
2) Von der Stärke der Seele.

 

[Ia-04-1779-0010]
"Weder Muth noch Heiterkeit führen zu der Festigkeit und Stetigkeit des Willens, (diese 3 Stükke machen eine starke Seele aus,) vermöge welcher man etwas so lange wil, bis es ausgeführt ist. Eben nicht gewaltsame Hindernisse dürfen diesem Wollen entgegen stehen. Blos der langsame Gang der Zeit, das Aussenbleiben der Früchte, oder doch ihr Verzögern; die Darstellung neuer glänzender Ideen, dies sind schon für die meisten Menschen furchtbare Hindernisse: daraus entsteht die Verdrossenheit immer die nämliche Sache zu denken; immer an dem nämlichen zu arbeiten; daraus das Erschlaffen der nöthigsten Kräfte, Ekel vor dem Alten

 

[Manuskriptseite 4.]

und Munterkeit zu dem Neuen. Las sehn: wie breit mus der Weg sein, den du zum gehen brauchtst? so viel Fus breit, sagst du, gut: wenn ich also das übrige, was du nicht brauchst, von beiden Seiten weg nehme: wird wohl dein Weg dadurch schmäler? und doch fürchtest du dich, nun über den schmalen Steig weg zu schreiten: nämlich dein Blik ist unstet, deine Augen flattern; dich hält nicht einerlei Gegenstand feste: du zitterst, dir wird bange, du stehst stil, wankest, nun fälst du. Ist aber nicht iede Stetigkeit des Willens ein solches Hinsehn auf einerlei Idee? beruht sie nicht auf dem dauerhaften Vorzuge, den man einer bewährt gefundenen Idee vor andern giebt? Man sezt sie oft in Vergleichung mit andern, aber allemal schlägt der Vorzug für iene aus: Und zwar ists die Seele, welche in beide Schaalen die Gewichte legt. Dadurch eben unterscheidet sich diese Festigkeit von der Unerschrokkenheit. Die leztere hält nur das Ebengewichte gegen Ideen, die sich von aussen zu drängen: die erstere erhält es gegen die eigenen Veränderungen der Seele: und was uns von innen droht, ist weit gefährlicher, als was von aussen. ?" Seit. 60. 61.

 

[Ia-04-1779-0011]
3) Von der Stetigkeit des Willens und der Gedult.

 

[Ia-04-1779-0012]
"Ich wiederhole es nun blos, um es tiefer einzuprägen, daß die Steigkeit des Willens eigentlich in der Wirkung der Seele auf sich selbst bestehe, und nicht so wohl äusre Hindernisse zu bestreiten habe, als vielmehr ihren eignen Wankelmuth, eigenes Zagen, ihre Einwendungen zu Hause. Wenn man noch genauer gehen wil: so mag man hinzusezzen, daß die Festigkeit nicht den Anfang zum Kampfe mache, daß sie schon einen Sieg voraussezze, und ihr blos die Ehre vorbehalten sei, das Errungene zu beschüzzen.

 

[Ia-04-1779-0013]
Überhaupt nimt die Thätigkeit, die auswärts geht, bei den übrigen Stükken der Seelenstärke immer mehr und mehr ab. Was ist minder thätig als die Gedult? Aber zur Stärke der Seele gehört sie gewis mit; sie erfordert nicht eigentlich eine Spannung, sondern von einem geistigen Wesen körperlich zu reden, eine Zähigkeit der Fasern, welche nachgeben, ohne zu zerreissen. Dies besondre an ihr hat den Anschein veranlasset, als wäre sie vielmehr das Gegentheil von der Stärke der Seele. Denn man sezt oft die thätige Seele der leidenden oder gedultigen entgegen. So haben wir oben schon Gelegenheit gehabt zu bemerken, daß man die Herzhaftigkeit beim Angriffe für die ganze Stärke der Seele halte: und eines dieser Versehen erzeuget unstreitig das andre. Unstreitig, daß die Gedult ihren Feind nicht angreift: aber sie besteht ihren Man. Sie stöst nicht mit Heftigkeit gegen ihn an: aber in sich selbst gedränget hält sie ihn aus. Ihr

 

[Manuskriptseite 5.]

Verdienst besteht gleichsam in dem Beharren an demselben Ort. Der Muth erhebt sich zu grossen Unternehmungen: die Unerschrokkenheit übersieht alle Larven, alle Schrekbilder, die sich in diesen unbesuchten Gegenden gemeiniglich sehen lassen: die Stetigkeit treibt auf dem Wege an: Die Gedult hält aus an dem Orte, wo man unumgänglich stille stehen mus. Ieder Aufenthalt, wo die Kraft der Thätigkeit gehemt wird, ist ein Leiden, und wenn Schmerzen des Körpers zu empfindlichen Leiden der Seele sich fügen: so erreicht die Tugend, welche gegen beide an ihrem Standorte aushält, den Grad des Heroischen. Fast nur in dem leztern Falle hat die Gedult etwas glänzendes an sich. Sonst ist sie ohne allen Schimmer, besonders wenn sie mit Schmerzen des Körpers kämpfet. Ihre Ausübung aber wird eben dadurch, weil sie ohne Lobsprüche von Seiten der Menschen bleibt, desto erhabener, ob schon auch dieses Verweigern der Lobsprüche so unbillig nicht ist, als es scheinen dürfte. Man weis, oder erräth es nur selten, daß das Stilsizzen eines ausserordentlichen Geistes nicht von seiner Wilkühr, sondern von einem äussern Hindernisse, herrühre. ? Die übrigen Leiden in Privatumständen sind noch unkentlicher. Hier ist, was Flechier sagt, das Girren der zärtlichen Taube, das fast niemals aus der Einsamkeit hervordringt. Stille Thränen, welche hier fliessen, werden nur von Engeln in verborgene Gefässe gesamlet, werden nur von ihnen gezählt. Die Seufzer, welche die beklemte Brust ausdrükket, erlangen erst, wenn sie über unsern Luftkreis hinaus sind, einen Laut, und werden erst in den höhern Gegenden hörbar. Verriethen nicht zuweilen das verlöschte Feuer des Auges, und sein geschwollener Apfel die Geheimnisse: so würde fast ieder nur sich allein für unglüklich halten. Und siehe, dies algemeinere, dies gewöhnliche des Harmes, was man nach und nach im menschlichen Leben entdekket, dies macht eben, daß man nach und nach im menschlichen die Gedult unter widrigen Zufällen so ungemein hoch nicht schäzzet. Man sieht das Ungemach für unvermeidlich, für nothwendig an, und so scheinet die Gedult, welche das Ungemach erleichtert, sich selbst zu belohnen. ?" Seit. 67. 68. 69. 70.

 

[Ia-04-1779-0014]
"Die Stille, womit man unter dem Leiden liegt, zeigt eine feste Gründung an. ? Ich samle meine Leser um mich: wer unter uns ist, in seinen Freunden so glüklich, daß er nicht, mit Wehmuth im Gesichte einen darunter so anzureden Ursache hätte: "Schöne Seele, die du schon lange alles ertragen hast, was nur der feinern Empfindung ekkeln, das zarte Gefühl schmerzen, und das empfindliche Herz durchbohren kan: fürwahr, du gehörst zu der höhern Gattung, gegen welche Hochachtung ein Tribut, und Liebe ein Ruhm ist! Denn verehrungswürdiger giebt es nichts, als die Gelassenheit, welche durch richtiges und bitteres Nachdenken endlich gewirkt wird, und liebenswürdiger nichts, als das weiche und ruhige Antliz, auf dem die halbverwischte Thräne ein Zeichen der sanftern Seele ist." Wirklich

 

[Manuskriptseite 6.]

diese Tugend scheint in einer Seele eher als in der andern hervor zu keimen, und dem Geschlechte natürlich zu sein, das überhaupt eher zum Stilsein, als zur Thätigkeit geschaffen ist. Man sieht es der Gedult der Männer an, daß sie bei diesen die Frucht einer mühsam erlangten Weisheit:

 

[Ia-04-1779-0015]
? ? victrix fortunæ sapientia ?

 

[Ia-04-1779-0016]
bei ienen die Folge einer langen, mürbemachenden Erfahrung sei:

 

[Ia-04-1779-0017]
? ? ferre incommoda vitæ

 

[Ia-04-1779-0018]
Nec iactare iugum vita didicere magistra.

 

[Ia-04-1779-0019]
Aber dem zärtern Geschlechte scheint die Gedult, von der Natur selbst zu seinen Schuzwaffen gegeben zu sein. Man hätte aus dieser einzigen Eigenschaft schon schliessen können, daß nur durch Irthum und Vorurtheil den Weibern schwache Seelen zugeschrieben werden. Wenn es wahr ist, daß fast durchgängig die Gedult ihr Eigenthum sei, (wie sie es, wegen der übrigen Bestimmungen des weiblichen Geschlechts, nothwendig hat sein müssen): so ist es auch n*h ausgemacht, daß ihre Seelen nicht ohne Stärke sind. ?" Seit. 70. 71. 72.

 

[Ia-04-1779-0020]
4) Von Empfindnissen.

 

[Ia-04-1779-0021]
"Die Empfindung beziehet lebhaft, aber verworren, eine Sache auf uns, vermittelst der Sinne; das Empfindnis bezieht sie auf ähnliche Art vermittelst der Einbildung. Im erstern Falle beschäftiget uns die Sache wie gegenwärtig; im andern Falle, wenn sie auch gegenwärtig sein solte, thut es mehr ihr Bild. Habe ich mich noch nicht deutlich genug erklärt? Dann lies' nicht mehr, Leser, sondern sieh! Sieh iene Glükliche, die nach einer langen Abwesenheit endlich zusammen kommen, sich sehen, umarmen! Ieder Sin ist aufgeboten, um die äussern Eindrükke aufzunehmen, und getreulich weiter an die freudenathmende Seele abzuliefern. Die Empfindungen kommen schaarenweise, und ieder sanfte Druk der Hand; iede neugebildete lächelnde oder scherzende Mine; ieder Akzent der vorzüglich gekanten Stimme, giebt solche Empfindungen zu ganzen Haufen auf einmal das Leben. Nun aber versenkt sich die Seele plözlich wie in sich: mit geöfneten Augen sieht sie kaum mehr den Liebling vor sich: kaum fühlet sie seinen umschlungenen Arm: nämlich iezt mahlet die Phantasie, und ihr

 

[Manuskriptseite 7.]

Bild ist entzükkender, als alles was die Sinne von aussen empfangen. Nicht die Gestalt allein, iede andre Schönheit, iede Güte, iedes Sanfte des geliebten Gegenstandes wird in diesem Gemälde ausgedrükket. Und was die Arbeit nur alzuwohl belohnt: dieses ganze schöne Gemälde gehört der fühlenden Seele w eigen, bezieht sich auf ihr Ich, wil zu ihrer Glükseeligkeit wirken. Ieder seiner mannigfaltigen Einflüsse stelt sich verworren, aber höchst lebhaft dar: nun weicht die Empfindung dem Empfindnisse: dieses walt in der Seele auf; überfliest in ihr, und überströmt sie mit seinen Freuden. Nur den Glüklichsten ist es gegönnet, auf diese Empfindnisse neue Empfindungen folgen zu lassen, deren Eindrükke eine Erinnerung für das ganze Leben bleiben. ?" Seit. 116. 117.

 

[Ia-04-1779-0022]
"Wir sehen, daß alle Menschen des Empfindnisses fähig sind, weil ieder wenigstens einige Grade der Fantasie besizt. Freilich scheint bei sehr vielen die Empfindung mit dem Empfindnisse verworren, weil sehr viele die Kraft nicht haben, lange ihre Fantasie lange zu beschäftigen, woferne sie nicht fast alle Minuten neuen Stof von den Sinnen erlangen erhält. Aber daraus, daß bei dem grossen Haufen diese beide Wege der Sinne und der Fantasie so nahe an einander fortlaufen, daraus folgt noch nicht, daß Empfindung und Empfindnis bei ihm gänzlich einerlei sei. Der Unterschied erhellet durch nichts besser, als wenn man die Kraft der Einbildung wachsen läst. Man nehme also den Dichter, den Man, bei dem eine lebendige Fantasie der Mitgift der Natur ist! Sagen wir nicht eben deswegen auch, daß er reich an Empfindnissen sei? Hatten Homer und Milton noch nöthig, die Morgenröthe zu sehen, nöthig die Sonne, wie einen Bräutigam aus seiner Kammer hervortreten zu sehen, um in Empfindnissen der Wonne zu zerfliessen, und der erwachenden Welt Heil zu dem iungen Tage zuzurufen? O gewis nicht: ihre Fantasie vertrat die Stelle der Sinne: und eben so lange diese noch beschäftiget sind: wird der Dichter noch nicht Herr über seine Gedanken. Die Empfindnisse kommen bei ihm, wenn er gleichsam Augen und Ohren verschliesset, um nur noch die Einbildungskraft mahlen zu lassen. Das Zimmer mus verfinstert sein, wenn iene Gemählde nicht sollen gesehen werden. Überhaupt darf iemand nur eine lebhafte Fantasie verrathen, so gleich traut man ihm Empfindnisse zu; man hält ihn zur Freundschaft aufgelegt, wenn auch schon vor der Hand noch die andern dazu nöthigen Beweise fehlen.

 

[Ia-04-1779-0023]
Wir wissen, das iedes Empfindnis etwas angenehmes hat; gänzlich

 

[Manuskriptseite 8.]

davon entblösset ist keines: woher dieses? weil das Empfindnis nur durch die Einbildung läuft. Denn eben dasselbe Bild, das durch diese eingedrükket wird, ist schwächer, als wenn es durch die Sinne wäre eingedrükt worden. Daher entsteht bei uns kein eigentliches Leiden, weil der Grad desselben, indem wir ein Bild der Fantasie bald stärker bald schwächer machen können, einigermassen von uns abhängt. In meiner Einbildungskraft kan ich die Furien ertragen, die auf der Bühne unausstehlich sind; wenn das schrekliche Ende vermittelst einer Erzä Schauspiel von Hippolyts unglüklichem Ende vermittelst einer Erzählung meiner Fantasie überbracht wird: so halte ich die Gegenwart des Bildes aus, von welchem, wenn es mir in die Augen gefallen wäre, ich mich würde weggewandt haben. Ia wenn die Einbildungskraft so stark wird, daß ihre Bilder uns erschüttern: so geht das Empfindnis in die Empfindung über.

 

[Ia-04-1779-0024]
Zeigt einer Mutter ein Gemählde, worauf ein säugendes Kind, das dem ihrigen gleich sieht, von einem Unmenschen an einem Felsen zerschmettert wird: ich frage, was wird ihr Gefühl sein? nicht mehr blos ein Empfindnis des Mitleidens: es wird eine Empfindung des Leidens sein: ihr wird das Herz wehthun, und sie wird weggehen müssen. Wenn die Sinne uns die Bilder zuführen: so kan es nicht einmal recht zum Empfindnis kommen: wir leiden noch zu viel von der Empfindung: um uns ienem recht zu überlassen, mus das sanftere Spiel der Fantasie erst veranstaltet sein.

 

[Ia-04-1779-0025]
Daher die Künste der Nachahmung! Man hat nur den Begrif der Nachahmung nicht recht gefasset. Er sagt nicht, Sachen, welche die Natur hervorbringet, durch Zeichen von unsrer Erfindung nachmachen; sondern die Eindrükke der Sinne durch die Eindrükke der Fantasie nachahmen. Ienen wird das Unangenehme durch eine solche Nachahmung benommen, aus der Ursache, die wir so eben angeführt haben. Auch der Odendichter, der die sogenanten Empfindungen seines Herzens ausdrükket, ist in diesem Verstande ein Nachahmer. Denn in dem Augenblikke, darin er dichtet, ist nichts mehr in seinen Sinnen, sondern alles in seiner Fantasie. Er hat von einer Empfindung angefangen: aber mit Empfindnissen ist er fortgefahren.

 

[Ia-04-1779-0026]
Doch Bilder, durch die Fantasie gemahlt, reichen alleine nicht hin, um ein Empfindnis zu Stande zu bringen. Die reichste Einbildungs

 

[Manuskriptseite 9.]

kraft mag immer die angenehmsten Landschaften mahlen, mag immer Wälder und Teiche und Fluren, und schlängelnde Bäche, und die ganze lebendige Schöpfung, den Menschen ausgenommen, mit einer so schönen Mannigfaltigkeit zusammenordnen, daß endlich ein Arkadien herauskömt: bleibt alle Beziehung weg, so steht dort das todte Gemählde; läst uns ohne Bewegung; ist fast eben so gut als nicht vorhanden. Aber las uns in dieser Landschaft ein Grabmal entdekken, und unten an der Urne die Aufschrift: "auch ich war da!" So gleich fährt in alle Bilder ein lebendiger Athem: sie bewegen sich alle auf dich zu, und das Empfindnis steigt in deiner Seele empor. ?" Seit. 117. 118. 119. 120. 121. 122.

 

[Ia-04-1779-0027]
5) Beantwortung der Frage: "wie die Beziehung eines gewissen Bildes auf unser Ich veranlasset werde?"

 

[Ia-04-1779-0028]
"Die Beziehungen werden dadurch veranlasset, wenn wir almählich die vorgestelten Sachen als uns angehend, aber von uns unterschieden ansehen lernen; an stat, daß uns vorher der sinliche Eindruk, den wir von diesen Sachen erhalten, mit ihnen gleichsam zu Eins machte (identificirte.) ?

 

[Ia-04-1779-0029]
Das ist meine Antwort: ich suche sie zu erläutern:

 

[Ia-04-1779-0030]
Wenn man sich eine lebendig ? werdende Bildsäule denkt, die aber iezt nur erst einen Sin hätte, z. E. den Sin des Geruchs: so kan man dreiste annehmen, daß der Geruch einer Rose, also die einzige Vorstellung, welche die Bildsäule in dem Augenblikke hat, mit ihrem Ich zusammenschmelze, und daß sie in diesem Augenblikke gleichsam zum Geruch werde. Kinder, die noch im Mutterleibe sind, scheinen dieses zu bestätigen. Sie haben in diesem Aufenthalte nur den einzigen Sin des Gefühls: solten sie nicht deswegen so stark von einigen Eindrükken der Mutter leiden, weil sie so zu sagen, mit dem Eindrukke ganz einerlei werden: und solte dies nicht die Ursache der sogenanten Muttermäler sein? ?" Seit. 123.

 

[Ia-04-1779-0031]
6) Die Organisation des Körpers trägt viel zu den Empfindnissen bei.

 

[Ia-04-1779-0032]
"Die Organisation des Körpers trägt also unstreitig sehr viel zum Empfindnisse bei. Zur natürlichen Anlage für dasselbe ist sie, nach der Einbildungskraft, das zweite Stük, und sie wird durch die Grade ihrer Feinheit ein Grund des Unterschiedes in den Empfindnissen verschiedner Menschen. Man denke nur an die erstaunliche Verschiedenheit des Ohres; an die Macht der Musik über einige, und an ihre Ohnmacht bei andern;

 

[Manuskriptseite 10.]

an die gewaltige Wirkung des Druks der Luft auf den einen Körper, und an die Unempfindlichkeit eines andern Körpers dagegen, und um alles zusammen zu fassen, an ganze Familien, worin Kinder den Adel des Empfindnisses zugleich mit dem Leben vermittelst einer feinern Organsiation empfangen, und an andre, wo oft in einer Reihe von sechszehn Zeugungen kaum eine feinere Empfindung, noch weniger ein Empfindnis zur Welt gekommen ist. * "Der Man, sagt Shakespear , der keine Musik in sich selbst hat, noch von der Eintracht lieblicher Thöne gerührt wird, ist zu Verrätherei, Tükken und Gewaltthaten aufgelegt: die Bewegungen seines Gemüths sind plump wie die Nacht, und schwarz wie der Erebus. Trauet keinem solchen Manne!" "Der Man ... Manne!"] am Seitenende eingefügt

 

[Ia-04-1779-0033]
Sobald nun diese Ähnlichkeiten entdekket sind: so werden sie von der Fantasie überliefert, als der Stof zu den Empfindnissen. Es müste daraus aber nothwendig folgen, daß wir immer ausser uns selbst würden geworfen werden, immer uns an die Stelle andrer Dinge sezzen würden: und dies würde auch geschehen, woferne nicht im Fortgange des menschlichen Lebens eine Hauptveränderung sich mit uns zutrüge. Der Gedanke Ich wird almählig immer stärker bei uns; wir lernen uns von andern Dingen immer besser unterscheiden, und zu diesem Ich tausend Dinge rechnen, auf die wir einen Anspruch des Vergnügens machen. ? Wenn einige Vorstellungen vor andern uns vorzüglich angenehm geworden sind: so wiederholen wir sie nicht nur, so oft wir können; sondern wir rechnen sie auch zu unserm Ich, und so wächst dieses nach und nach immer mehr an. Nun bleiben wenig Ähnlichkeiten, oder doch lange so viel, als zuerst, nicht mehr übrig, mit denen wir die Pläzze verwechseln. Man sehe den heranwachsenden Iüngling, dessen Lust nach allen Theilen der Schöpfung greift! wie wenig er sich aus allen übrigen Leuten macht! Stolz, wild, gierig, dies ist alles, was man von ihm sagen kan. Denn nun bekommen die Lieblingsvorstellungen eine mächtige Herschaft über seinen Willen, von dar über seinen Körper, kurz, sie werden zur Leidenschaft. Die Leidenschaft bezieht in dem Augenblikke, da sie ihre Macht ausübt, alles auf sich, aber wie ein Eigenthum, und nicht mehr wie Ähnlichkeit: und was ihr gar nichts nüzt: das wirft sie von sich, und sieht es wie ganz fremde an. Und so hört während der Stärke der Leiden

 

[Manuskriptseite 11.]

schaft alles Empfindnis für andre gänzlich auf. Die Fantasie läst uns nichts als unsern eigenen Zustand, nichts als unser Ich immer oben an denken. Neben diesem Zustande den Zustand eines andern zu denken, und der Ähnlichkeit wegen, für den andern und mit ihm zu leiden; dies kan in solchem Falle nicht Stat finden. Eine einzige Bemerkung scheint zwar diesem zu widersprechen. Sie scheint es aber nur. Wenn ein Man von einer Leidenschaft beherschet wird: so empfindet er immer Mitleid für den andern, der eben derselben Leidenschaft unterworfen ist: nur müssen sie sich im Besizze des Guthes nicht einander im Wege stehen. Aber auch diese Empfindnis des Mitleids, welches aus der Leidenschaft entspringt, hat das besondre an sich, daß unser eigener Zustand dabei am meisten gedacht wird. Denn es komme nur irgend ein Umstand dazu, der den Vorwurf der Leidenschaft näher angeht: sogleich hört ienes Empfindnis auf. ?" Seit. 129. 130. 131. 132.

 

[Ia-04-1779-0034]
7) Ob man die Thiere tödten darf? ?

 

[Ia-04-1779-0035]
"Natur, Gewohnheit, und Nothwendigkeit entscheiden hier alles. Die Natur mus ieden gut organisirten Menschen für die Zükkungen eines sterbenden Thiers empfindlich machen, und es entstehet allemal auch ein Empfindnis, weil das Nervensystem die Ähnlichkeit uns nur alzudeutlich, wenn ich so sagen darf, zuzittert. Dadurch geschieht der Plazwechsel und ie mehr dieses Nervengebäude an einem Thiere sichtbar ist, ie mehr es sich also dem unsrigen zu nähern scheint: desto eher kömt das Empfindnis zu Stande. Der Lehrsaz der kartesianischen Philosophie, wodurch die Thiere zu blossen Maschinen ohne Bewustsein gemacht werden, zerstört diese ganze Natur, wie ich sie hier genant habe, und ist eben deswegen abscheulich; sie tödtet auf einmal in uns, als ob der Wunsch des Kaligula in Erfüllung gieng, iedes Empfindnis für die übrige Schöpfung ausser dem Menschen; iedes Thier ist nun für mich eine Blume; sein Schmeicheln ist die Bewegung des eines Laubes vom Winde; nichts in der Natur antwortet mir: und ich bin verdamt, von dem betrügerischen Echo ewig gemartert zu werden. Kein Mensch, der Empfindnisse noch lieb hat, kan dieser Meinung beitreten, und Engel vom Himmel würden mich nicht bereden, daß ich an dem Hunde, der mich iezt wie ein Freund liebkoset, eben so mit dem Messer schnizzeln und tändeln könte, wie

 

[Manuskriptseite 12.]

an meiner Feder, von der ich ein Stük nach dem andern herabschneide. Ach! die Natur hat mir die Saiten des Schmerzens alzugut in der Seele aufgezogen, als daß ich eine solche Saite, wenn sie an einem andern Geschöpf gerührt wird, nicht solte sogleich an meiner eigenen zittern und tönen hören. Warum solte mich die Natur äffen? Und ist dieses Zeichen betrüglich? o wehe mir dan! wo wil ich Hülfe finden, wenn ich leide! Denn ich selbst kann ia nichts anders als winseln, und mich krümmen, und stöhnen, wenn mein Leben in Qual ist, und meine Seele in Iammer. Diese Weichheit, welche wir von der Natur für das Leiden der Thiere, für ihre lezte Todeszükkungen haben, ist ein ächtes Wahrzeichen empfindungsvoller Herzen. ?" Seit. 150. 151.

 

[Ia-04-1779-0036]
"Alles, was uns zu thun übrig bleibt, ist dieses ? nicht den Thieren das Leben zu lassen, sondern ihnen einen leichten und sanften Tod zu verschaffen, und zu ihrer Glükseeligkeit, "den Tod nicht vorherzusehen," auch noch diese hinzufügen, "ihn nicht lange zu empfinden." Mensch! bedenke, daß du auch ein ? Thier bist!" Seit. 154.

 

[Ia-04-1779-0037]
8) Vom höchsten Verdienste.

 

[Ia-04-1779-0038]
"Vieler, sehr vieler Menschen zeitliche und ewige Wohlfarth befördern; ihr Leben und Wandel durch Vorschriften so einrichten, daß sie immer glüklicher, immer volkommener werden; die Veranstaltung treffen, daß ihnen dergleichen Regeln eben so geläufig als beliebt sein; solche Lagen aussinnen, darin sie sich, aller Widerspänstigkeit ohnerachtet, zu einem gemeinschaftlichen Guten müssen hinführen lassen; dazu denn alle Verwikkelungen, die meiste mögliche Fälle mit Treffen und Ausnahmen überdenken; sich an die Arbeit machen, wenn noch Niemand sie nur als möglich ansieht, Iahre lang arbeiten manchmal ohne Furcht; sich trösten, aufrichten, selbst anspornen müssen, keine Widerwärtigkeit, keine Gefahr achten, keine inre Abneigung oder Laulichkeit überhand nehmen lassen; und dies alles blos darum, weil es zu Nuzzen und Frommen der herzlich geliebten Nebenmenschen gehört; ihrer, die nach einerlei Bilde mit uns geschaffen sind: O! wo ist der Mensch, der dies thut? wenn er nicht mehr ist, wo ist seine Bildsäule? Wo ist sein marmornes Bruststük? sagt mirs, auf daß ich hingehe, den kalten Stein in die Arme

 

[Manuskriptseite 13.]

schliesse, und des Urbilds eingedenk, mit heissen Thränen der Dankbarkeit das Bild benezze. ?" Seit. 192. 193.

 

[Ia-04-1779-0039]
II.

 

[Ia-04-1779-0040]
Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände aus der Physik und Philosophie. Aus dem Französischen übersezt. Zweiter Theil. Zweite Auflage. Leipzig, bei Iohann Friedrich Iunius, 1773.

 

[Ia-04-1779-0041]
1) Ob ein Geist an einem gewissen Orte sei?

 

[Ia-04-1779-0042]
"Die Frage, in welchem Orte ein Geist existire? ist ungereimt, denn sobald man einen Geist an einen gewissen Ort bindet, so leget man ihm eine Ausdehnung bei. Ich kan eben so wenig sagen, an welchem Orte sich eine Stunde befinde, obgleich die Stunde ohne Zweifel ein Etwas ist: es kan also etwas sein, ohne daß es an einen gewissen Ort gebunden sei. Auf gleiche Art kan ich sagen, daß sich meine Seele weder in meinem Kopfe, noch ausser meinem Kopfe, noch irgendwo anders befinde, ohne daß man daraus die Folge ziehen dürfte, als wenn sie ganz und gar kein Dasein hätte. Kan ich doch auch von der gegenwärtigen Stunde sagen, daß sie weder in, noch ausser meinem Kopfe sei; und doch ist sie wirklich. Ein Geist existirt also, ohne an einem gewissen Orte zu existiren: wenn wenn wir aber auf das Vermögen sehn, das ein Geist hat, auf einen gewissen Körper zu wirken, so geschieht diese Wirkung ohne Zweifel in einem gewissen Orte.

 

[Ia-04-1779-0043]
Meine Seele existirt also nicht in in einem gewissen Orte, aber sie wirket in einem gewissen Orte; und da nun Gott das Vermögen hat, auf alle Körper ohne Ausnahme zu wirken, so sagt man in dieser Betrachtung, daß Gott allenthalben sei, ob man sich gleich sein Dasein an keinen Ort kan gebunden denken. ?" Seit. 49.

 

[Ia-04-1779-0044]
"Wenn der Tod erfolgt, so hat meine Seele nicht nöthig anders wohin gebracht zu werden; denn da sie nirgends ist,

 

[Manuskriptseite 14.]

so verhält sie sich gegen ieden Ort auf einerlei Art: und wenn es also Gott gefiele, nach meinem Tode eine neue Verbindung zwischen meiner Seele und einem organisirten Körper im Monde zu errichten; so würde ich von dem Augenblik an im Monde sein, ohne eine Reise dahin nöthig zu haben. Ia, wenn auch Gott iezt gleich meiner Seele die Herschaft über diesen einen organisirten Körper im Monde mit der Herschaft über diesen irdischen Körper ertheilte; so würde ich beides hier und im Monde sein, ohne daß ein Widerspruch dadurch entstünde. Es gilt blos von den Körpern, daß sie nicht an zween Orten zugleich sein können; die Geister aber, die vermöge ihrer Natur in keiner räumlichen Beziehung auf irgend einen Ort stehen, können ohne Hindernis auf mehrere Körper an verschiednen entlegenen Orten zugleich wirken; und in dieser Absicht könte man wohl sagen, daß sie sich allenthalben befänden.

 

[Ia-04-1779-0045]
Dieses giebt uns zugleich eine gute Erläuterung über die Art, wie Gott allenthalben ist; er ist es nämlich dadurch, daß sich seine Gewalt über die ganze Welt und über alle darin befindliche Körper erstrekket. Es scheint mir aus diesem Grunde kein richtiger Ausdruk zu sein, wenn man sagt, daß Gott sich allenthalben befinde, denn das Dasein der Geister hat nichts mit einem Orte zu thun; vielmehr solte man sagen, daß Gott allenthalben gegenwärtig sei, und so spricht auch die Offenbarung von ihm." ? Seit. 52.

 

[Ia-04-1779-0046]
2) Von der Abstraktion.

 

[Ia-04-1779-0047]
"Die Sinne stellen uns nur Gegenstände vor, die in der That ausser uns existiren, und die Empfindungs=Ideen beziehen sich auf alle diese Gegenstände: aber aus diesen Empfindungs=Ideen bildet sich die Seele eine Menge andrer, die zwar von ienen ihren Ursprung haben, aber doch keine wirklich existirende Dinge mehr vorstellen. Wenn ich zum Beispiel den vollen Mond sehe, und meine Aufmerksamkeit einzig und allein auf seine Figur hefte, so bilde ich mir die Idee der Ründe, allein ich kan nicht sagen, daß die Ründe vor sich selbst

 

[Manuskriptseite 15.]

existire. Der Mond ist zwar rund, aber die runde Figur existirt nicht besonders oder ausser dem Monde. Die nämliche Bewandnis hat es auch mit allen übrigen Figuren; denn wenn ich einen dreiekkigten oder vierekkigten Tisch sehe, so kan ich die Idee eines Dreieks oder eines Viereks haben, obgleich eine solche Figur nie vor sich selbst existirt, nie von einem wirklichen Obiekte abgesondert ist. Die Ideen der Zahlen entstehen auf ähnliche Art: Ich sehe 2. oder 3. Personen oder andre Gegenstände, und meine Seele bildet sich daraus die Idee von zwei oder drei, ohne noch an die Personen zu denken, von welchen sie selbige erhalten hat." ? Seit. 78. 79.

 

[Ia-04-1779-0048]
3) Der Begrif von Gattung und Art.

 

[Ia-04-1779-0049]
"Es giebt noch eine andre Art von algemeinen Begriffen, die auch durch Abstraktion gebildet werden und die der Seele die wichtigste Materie zur Äusserung ihrer Kräfte geben; dies sind die Ideen von Gattungen und Arten. Wenn ich einen Birnbaum, einen Kirschbaum, einen Apfelbaum, eine Eiche, eine Tanne u. s. w. sehe, so sind alle diese Ideen verschieden; aber gleichwohl bemerke ich an ihnen mehrere Dinge, die ihnen gemeinschaftlich zukommen, als den Stam, die Zweige, die Wurzeln; ich halte mich allein bei diesen Dingen auf, welche die verschiednen Ideen gemein haben, und nenne das Obiekt, dem diese Eigenschaften zukommen, einen Baum. Also ist die Idee des Baums, die ich mir auf diese Art gemacht habe, ein algemeiner Begrif, und hält die Empfindungs=Ideen vom Birnbaum, vom Apfelbaum, und überhaupt von iedem wirklich existirenden Baume unter sich. Aber der Baum, der meinem algemeinen Begriffe entspräche, ist nirgends; er ist kein Birnbaum, denn alsdenn wären die Äpfelbäume nicht darunter begriffen, und aus demselben Grunde ist er auch kein Kirschbaum, kein Pflaumenbaum, keine Eiche, u. s.w.; mit einem Worte, er existirt nur in meiner Seele; er ist nur eine Idee, aber eine Idee, die in einer unendlichen Menge von Obiekten wirklich ist. Auch wenn ich sage, ein Kirschbaum, so ist das schon ein algemeiner Begrif, der alle Kirschbäume, die nur existiren, in sich fast; es ist kein Begrif, der nur auf einen bestimten Kirschbaum in meinem Garten eingeschränkt wäre; denn alsdenn würde ieder andre Kirschbaum ausgeschlossen bleiben. ?" Seit. 81.

 

[Manuskriptseite 16.]

[Ia-04-1779-0050]
4) Erklärung der Farben.

 

[Ia-04-1779-0051]
"Die kleinsten Theilchen, die das Gewebe der Oberfläche der Körper ausmachen, können als gespante Saiten betrachtet werden, insoferne sie in einem gewissen Grade mit Federkraft und Masse versehen sind; so daß, wenn sie gehörig angeschlagen werden, sie in Schwingungen gerathen, deren sie eine gewisse Anzahl in der Sekunde volbringen; von welcher Anzahl denn auch die Farbe abhängt, die wir diesem Körper zuschreiben. Ein Körper ist roth, wenn die Theilchen auf seiner Oberfläche eine solche Spannung haben, daß wenn sie erschüttert werden, sie gerade so viele Schwingungen in einer Sekunde machen, als nöthig sind, um in uns die Empfindung der rothen Farbe zu erwekken. Ein andrer Grad der Spannung, der geschwindere oder langsamere Schwingungen hervorbrächte, würde auch die Empfindung von einer andern Farbe erwekken, und der Körper würde alsdan gelb oder grün oder blau, u. s. w. sein. ? Es ist iede Farbe an eine gewisse Anzahl Schwingungen gebunden, ob wir gleich diese Anzahl nicht kennen, und daß man darf nur die Spannung oder die Federkraft der kleinsten Theilchen, welche die Oberfläche eines Körpers bedekken, verändern, um auch seine Farbe zu verändern.

 

[Ia-04-1779-0052]
So sehen wir, daß die schönsten Farben der Blumen sich bald verändern und verschwinden; und die Ursache davon findet sich offenbar in dem Mangel des Nahrungssaftes, durch welchen die kleinsten Theilchen ihre Stärke und ihre Spannung verlieren. Eine ähnliche Ursache beobachtet man auch bei allen den übrigen Veränderungen der Farben. ?" Seit. 227. 228.

 

[Ia-04-1779-0053]
5) Von der Elektricität.

 

[Ia-04-1779-0054]
"Wenn der Äther, der in die Poren der Körper eingeschlossen ist, nicht allenthalben einerlei Grad von Elasticität hat, so daß er in einigen mehr oder weniger, als in andern zusammengeprest ist, so wird er streben, sich wieder ins Gleichgewichte zu sezzen; und eben daher entstehen die Erscheinungen der Elektricität, die folglich

 

[Manuskriptseite 17.]

um desto mannichfaltiger sein werden, ie mannichfaltiger der Unterschied unter den Poren der Körper ist, in welchen er sich aufhält, und ie mehr oder ie weniger Freiheit sie in ihrer Kommunikation haben. ?" Seit. 248. 249.

 

[Ia-04-1779-0055]
6) Von der verschiednen Beschaffenheit der Körper in Ansehung der Poren.

 

[Ia-04-1779-0056]
"Zuerst hat die gemeine Luft, die wir athmen, beinahe ganz verschlossene Poren; so daß der darin enthaltene Äther eben so schwer heraus geht, als er hineindringt. Wenn also der in der Luft verbreitete Äther mit demienigen, der sich in andern Körpern befindet, nicht im Gleichgewicht ist, sondern mehr oder weniger zusammengedrükt wird, so erfolgt die Wiederherstellung des Gleichgewichts nur mit sehr vieler Schwierigkeit. Dieses mus man aber allein von der troknen Luft verstehen, denn die Feuchtigkeit ist von einer ganz verschiednen Natur.

 

[Ia-04-1779-0057]
Ferner mus man zu dieser Klasse der Körper mit verschlossenen Poren auch das Glas, das Pech, die harzigten Körper, das Siegellak, den Schwefel und besonders die Seide rechnen. Alle diese Materien haben so verstopfte Poren, daß der Äther nur sehr schwer hinein= und herausdringen kan.

 

[Ia-04-1779-0058]
Die andre Hauptklasse der Körper mit ofnen Poren, enthält zu erst das Wasser und die übrigen Flüssigkeiten, deren Natur von der Natur der Luft gänzlich verschieden ist; daher denn die Luft, wenn sie feucht geworden, sich gegen die Elektricität ganz anders verhält und den Äther alsdann fast ohne alle Schwierigkeit in sich aufnimt und ihn wieder zurük giebt. Zu dieser Klasse von Körpern mus man auch alle Metalle und alle thierische Körper zählen. ?" Seit. 249. 250.

 

[Ia-04-1779-0059]
7) Erklärung der Wirkung des Äthers ausser dem Gleichgewichte, an andern Körpern.

 

[Ia-04-1779-0060]
"Ich bemerke, daß wenn der Äther aus einem Orte, wo

 

[Manuskriptseite 18.]

er zu sehr zusammengedrükt wird, in einen andern übergeht, wo die Zusammendrükkung geringer ist, er in der Luft, die zwischen den beiden Körpern ist, grosse Hindernisse finden wird, da die Poren der Luft beinahe gänzlich verschlossen sind. Gleichwohl wird er durch die Luft, als durch eine flüssige und sehr dünne Materie hindurchdringen, wenn nur seine Kraft nicht alzuklein oder der Zwischenraum zwischen beiden Körpern alzugros ist. Da aber dieser Durchgang des Äthers sehr schwer geschieht und durch die Poren der Luft beinahe verhindert wird, so wird mit ihm eben das erfolgen, was mit der Luft vorgeht, wenn man sie mit Geschwindigkeit durch kleine Öfnungen hindurchtreibt; man hört alsdan ein Gezisch, das ein Zeichen von der verursachten Erschütterung der Luft ist, die diesen Ton hervorgebracht hat. Es ist also sehr natürlich, daß auch der Äther, wenn er gezwungen wird, durch die Poren der Luft zu dringen, eine Art von Erschütterung darin empfangen mus. Ew. H. werden sich aber erinnern, daß wie eine Erschütterung in der Luft einen Ton hervorbringt, so eine ähnliche Erschütterung im Äther die Ursache des Lichts ist; allemal also, wenn der Äther aus einem Körper herausgeht, um in den andern überzugehen, mus sein Durchgang durch die Luft mit einem Lichte begleitet sein, das bald unter der Gestalt eines Funken, bald, wenn die Menge desselben gros genug ist, unter der Gestalt eines Blizzes erscheint." Seit. 251.

 

[Ia-04-1779-0061]
8) Erklärung, wie ein Donnerwetter entsteht?

 

[Ia-04-1779-0062]
"Die Gewitter enstehen gemeiniglich nur nach einer grossen Hizze: die Poren der Luft und der in ihnen herumfliegenden Dünste werden alsdann sehr stark erweitert und mit einer erstaunlichen Menge Äthers angefült, weil der Äther so leicht alle leeren Räume in den andern Materien einnimt. Wenn sich aber die Dünste in den höhern Gegenden unsrer Atmosphäre zu Wolken versamlen, so finden sie daselbst eine grosse Kälte, wie der Hagel beweist, der sich in diesen Ge

 

[Manuskriptseite 19.]

genden erzeugt und offenbar ein Gefrieren verräth. Überdem ist es gewis, daß in der Höhe allemal eine sehr empfindliche Kälte herscht, wenn es auch bei uns noch so heis ist. Diese Kälte ist auch die Ursache, warum die höchsten Berge immer mit Schnee bedekt sind: ia selbst von Peru, dem heissesten Lande auf dem Erdboden, wissen wir, daß die Gipfel der hohen Gebürge, die unter dem Namen Kordelieres bekant sind, nichts als Schnee und Eis enthalten.

 

[Ia-04-1779-0063]
Nichts ist also gewisser und ausgemachter, als die grosse Kälte in der Höhe unsrer Atmosphäre, wo sich die Wolken samlen. Eben so gewis ist es aber, daß sie Kälte die Poren der Körper zusammenzieht und sie in einen engern Raum bringt; da also die Poren der Dünste durch die Hizze ausnehmend erweitert werden, so werden sie sogleich, als sie in der Höhe Wolken bilden, zusammengezogen; der Äther, der sie erfülte, kan nicht heraus, weil die Poren der Luft gänzlich verschlossen sind; er mus also zurükbleiben, und durch die Zusammendrükkung eine grössere Dichtigkeit erhalten, daher denn auch seine Federkraft um so viel stärker werden mus. ?" Seit. 290. 291.

 

[Ia-04-1779-0064]
"Der Donner erfolgt allemal, wenn die Gewalt des in den Wolken enthaltenen Äthers bis zu einem Körper durchdringen kan, in welchem sich der Äther in seinem natürlichen Zustand befindet, und die Poren offen sind. Es ist auch nicht einmal nöthig, daß dieser Körper die Wolke unmittelbar berühre. Das, was ich von den Atmosphären der elektrischen Körper gesagt habe, gilt auch vorzüglich von den elektrischen Wolken; und zuweilen empfinden wir zur Zeit eines Gewitters diese elektrische Atmosphäre durch eine erstikkende Luft, gegen welche gewisse Personen ungemein empfindlich sind. Wenn nachher eine solche Wolke anfängt, sich in Regen aufzulösen, so erhält die dadurch feucht gewordne Luft eine ähnliche Elektricität, und alsdann kan der elektrische Schlag durch sie bis zu sehr entfernten Körpern hindurchdringen. ?" Seit. 292.

 

[Manuskriptseite 20.]

[Ia-04-1779-0065]
III.

 

[Ia-04-1779-0066]
Der Philosoph für die Welt. Herausgegeben von I. I. Engel. Zweiter Theil. Leipzig 1777. Zu finden in der Dykkischen Buchhandlung.

 

[Ia-04-1779-0067]
1) Die Freundschaft zweier Weisen.

 

[Ia-04-1779-0068]
"O sie sind süs die Verwandschaften des Bluts, die schon selbst die Natur stiftet; aber wie viel süsser noch sind die Verwandschaften der Seele! Wie viel theurer und inniger, als selbst die Bande der Bruderliebe, sind die Bande der Wahrheit! Mit wie seligen Vorgefühlen des erweiterten Wirkungskreises, der erhöheten Seelenkraft, der freien Mittheilung aller Schäzze der Erkentnis, eilt man dem Freund entgegen, der an der Hand der Weisheit hereintrit! ?" Seit. 8. 9.

 

[Ia-04-1779-0069]
2) Dort drüben in der Ewigkeit! ?

 

[Ia-04-1779-0070]
"Dort, wo der entfesselte Geist in rastloser Thätigkeit unermüdet fortwirket; dort ist die Ruhe nur Tausch der Arbeit: eigenes Forschen in den Tiefen der Gotheit wechselt nur mit dem Unterricht, den die verstorbenen den späten Ankömlingen der Erde geben. ?" Seit. 9.

 

[Ia-04-1779-0071]
3) Die Menge der erschafnen Welten.

 

[Ia-04-1779-0072]
"Nicht die Gränzen unsrer Sinne sind auch die Gränzen des Weltals, obgleich aus unendlichen fernen ein Heer von Sonnen zu uns herüberschimmert; noch viele tausende leuchten, unserm Blik unbemerkbar, im endlosen Äther: und iede Sonne, wie iede sie umkreisende Sphäre, ist mit empfindenden Wesen, mit denkenden Seelen bevölkert; wo nur Bahnen möglich waren, da rollen Weltkörper, und wo nur Wesen sich glüklich fühlen konten, da wallen Wesen! Nicht eine Spanne blieb in der ganzen Un

 

[Manuskriptseite 21.]

ermeslichkeit des Unendlichen, wo der sparsame Schöpfer nicht Leben hinschuf, oder dienstbaren Stof für das Leben: und durch diese ganze zahllose Mannichfaltigkeit von Wesen hindurch herscht, bis zum kleinsten Atom herab, unverbrüchliche Ordnung; ewige Gesezze stimmen alles von Himmel zu Himmel, und von Sonne zu Sonne, und von Erde zu Erde in entzükkender Harmonie: unergründlich ist für den unsterblichen Weisen in die Ewigkeit aller Ewigkeiten der Stof zur Betrachtung, und unerschöpflich der Quel der seiner Seeligkeiten. ? ?" Seit. 11. 12.

 

[Ia-04-1779-0073]
4) Vom Wachsen einer alten Idee zur neuen. ?

 

[Ia-04-1779-0074]
"Die Ideen entzünden einander, wie die elektrischen Funken. Wenn die Seele einmal in Arbeit und in Bewegung ist; wenn sie einmal den Faden des Denkens in der Hand hat; so geht sie geschwinde von der Nachbildung fremder Begriffe zur Hervorbringung eigener über. Eh man sich versieht, komt aus dem eignen Schaz unsrer Empfindungen ein Gedanke hervor, der für sich selbst zu schwach war empor zu kommen, iezt aber, weil er dem Gedanken des Verfassers nahe liegt, von diesem aufgewekt und gehoben wird. ?" Seit. 22. 23.

 

[Ia-04-1779-0075]
5) Es ist falsch, wenn man glaubt, daß die Poetik die unmittelbare Beförderung der Tugend zum Zwek habe.

 

[Ia-04-1779-0076]
"In der geistigen Welt herscht eben das geheime Verständis unter den Kräften, das in der physischen herscht: alle umgebenden ähnlichen Kräfte erwachen, so bald die eine im Spiel ist; alle gerathen in Unruhe; in Thätigkeit: und wie nichts in der Natur plözlich aufhört, ohne Folgen zurükzulassen, so ist auch keine solcher Übungen fruchtlos für diese Kräfte. Ieder neue Gebrauch dient, in der geistigen, wie in der physischen Welt, zur Erhöhung der Kraft; iede neue Äusserung macht zu künftigen Äusserungen der Thätigkeit geschikter. Nicht genug also, wenn wir bei der lebendigen Schilderung eines Dichters unsre Phantasie erhoben fühlen, daß wir nun um dieses Eine Gemälde reicher geworden; nicht genug, wenn wir der Geschwindigkeit des Wizzes folgen, daß wir nun dieses Eine von ihm bemerkte Verhältnis von Ideen kennen; nicht genug, wenn wir

 

[Manuskriptseite 22.]

von seinen Empfindungen zur innigsten Theilnehmung hingerissen worden, daß wir nun mit diesem Einen Gefühle sympathisirt haben: unsre ganze Phantasie ist nun lebhafter, unser ganzer Wiz ist nun schneller, unser ganzes Herz ist nun weicher geworden. Nicht nur dies Einemal haben die ähnlichen Kräfte unsrer Seele mitgewirkt: auch zu künftigen Wirken haben sie mehr Fähigkeit, mehr Trieb, mehr Spannung erlangt.

 

[Ia-04-1779-0077]
Eben darin würde ich den wahren, den höchsten Endzwek der Dichtkunst suchen. Unsre Glükseeligkeit, wie wir alle einig sind, liegt in der Volkommenheit unserer Natur; unsre Natur besteht aus allen uns anerschaffenen Kräften: und wer also, die eine oder die andre erhöht, es sei welche es wolle; der hat zu unsrer Volkommenheit, zu unsrer Glükseeligkeit beigetragen. ? Schliessen Sie hieraus weiter auf die wahre Vorschrift für die Anwendung der dichterischen Talente! Es ist nicht nothwendig, daß der Dichter allemal auf unmittelbare Beförderung der Tugend, auf unmittelbare Erwekkung edler und rechtschaffener Gesinnungen arbeite: das sitliche Gefühl ist nicht das einzige Vermögen der Seele, das er vervolkommen kan und vervolkommen sol; es gehört nur mit in die Reihe mehrerer Kräfte, die alle geübt und erhöht sein wollen, und die Übung der einen Kraft schliest nicht nothwendig die Übung der aller andern in sich. ? Aber, so wie am Körper der eine Sin der edlere, höhere ist, der dem Geiste reichere und mannichfaltigere Ideen zuführt; so wie am Körper der eine Sin zum Nachtheil der andern geübt werden kan; so wie am Körper die Sinne auf die unrechten Gegenstände können gerichtet, zu falschen Wirkungen, die sie nicht haben solten, können verwöhnt werden: eben so ist in der Seele die eine Kraft die edlere, höhere, schäzbarere; eben so läst sich in der Seele die eine Kraft zum Nachtheil der andern stärken; eben so können die Kräfte der Seele an den unrechten Gegenständen geübt, zu falschen Wirkungen, die sie nicht haben solten, verstimt werden. ? ?" Seit. 66. 67. 68. 69. 70.

 

[Ia-04-1779-0078]
Die Moral richtet ihren Blik nicht blos auf einige, sondern auf alle Kräfte unsrer Natur; sie betrachtet iede in dem Verhältnis, wo

 

[Manuskriptseite 23.]

rin sie zur Volkommenheit unsers ganzen Wesens steht, und sucht sie alle in dieienige Harmonie zu stimmen, von der unsre Glükseeligkeit abhängt. Hingegen die Theorie der Dichtkunst hat einen weit engern Umfang; denn da die Dichtkunst selbst nur auf die untern oder ästhetischen Kräfte der Seele wirkt, so kan auch iene Theorie nur auf diese Kräfte Rüksicht nehmen. Der Gegenstand derselben ist die sinliche Volkommenheit oder Schönheit: also blos diese, insoferne sie durch die Sprache, die das Medium der Dichtkunst ist, erreicht werden kan, ist der eigentliche Gegenstand der Poetik. Wil diese Wissenschaft auf mehr, als auf Schönheit, wil sie auf Volkommenheit dringen, die nicht fürs Anschauen komt, nicht fürs Empfinden gehört, oder wenn Sie mir dieses Kunstwort erlauben wollen, die nicht Phänomen ist; so vergist sie ihrer eigentlichen Bestimmung, und verirt sich aus ihren Gränzen. ?" Seit. 72. 73.

 

[Ia-04-1779-0079]
6) Von den unmittelbaren Ursachen des Ursprungs der verschiedenen menschlichen Racen (oder der Abartung der Menschen vom Hauptstam) ?

 

[Ia-04-1779-0080]
"Die in der Natur eines organischen Körpers (Gewächses oder Thieres) liegenden Gründe einer bestimten Auswikkelung heissen, wenn diese Auswikkelung besondre Theile betrift, Keime; betrift sie aber nur die Grösse oder das Verhältnis der Theile untereinander, so nenne ich sie natürliche Anlagen. In den Vögeln von derselben Art, die doch in verschiednen Klimaten leben sollen, liegen Keime zur Auswikkelung einer neuen Schicht Federn, wenn sie im kalten Klima leben, die aber zurükgehalten werden, wenn sie sich im gemässigten aufhalten sollen. Weil in einem kalten Lande das Weizenkorn mehr gegen feuchte Kälte geschüzt werden mus, so liegt in ihm eine vorherbestimte Fähigkeit oder natürliche Anlage, nach und nach eine dikkere Haut hervorzubringen. Diese Fürsorge der Natur, ihre Geschöpfe durch verstekte innere Vorkehrungen auf allerlei künftige Umstände auszurüsten, damit es sich erhalte, und der Verschiedenheit des Klima und des Bodens angemessen sei, ist bewundernswürdig, und bringt bei der Wanderung und Verpflanzung der Thiere

 

[Manuskriptseite 24.]

und Gewächse, dem Schein nach, neue Arten hervor, welche nichts anders, als Abartungen und Racen von derselben Gattung sind, deren Keime und natürliche Anlagen sich nur gelegentlich in langen Zeitläuften auf verschiedne Weise entwikkelt haben. Der Zufal oder algemeine mechanische Gesezze, können solche Zusammenpassungen nicht hervorbringen. Daher müssen wir dergleichen gelegentliche Auswikkelungen als vorgebildet ansehen. Allein, selbst da, wo sich nichts Zwekmässiges zeiget, ist das blosse Vermögen, seinen besondern angenommenen Karakter fortzupflanzen, schon Beweises genug: daß dazu ein besondrer Keim oder natürliche Anlage in dem organischen Geschöpf anzutreffen gewesen. Denn äussere Dinge können wohl Gelegenheits= aber nicht hervorbringende Ursachen von demienigen sein, was nothwendig anerbet und nachartet. So wenig, als der Zufal oder physisch=mechanische Ursachen einen organischen Körper hervorbringen können, so wenig werden sie zu seiner Zeugungskraft etwas hinzusezzen, d. i. etwas bewirken, was sich selbst , auch ohne diese Ursache fortpflanzt, wenn es eine besondere Gestalt oder Verhältnis der Theile ist. *) Krankheiten sind bisweilen erblich. Aber diese bedürfen keiner Organisation, sondern nur eines Ferments schädlicher Säfte die sich durch Anstekkung fortpflanzen. Sie arten nicht nothwendig an. *) Krankheiten ... an.] am Seitenende eingefügt Luft, Sonne und Nahrung können einen thierischen Körper in seinem Wachsthume modificiren, aber diese Veränderung nicht zugleich mit der zeugenden Kraft versehen, die vermögend wäre, sich selbst, auch ohne diese Ursache, wiederhervorzubringen; sondern, was sich fortpflanzen sol, mus in der Zeugungskraft schon vorher gelegen haben, als vorher bestimt zu einer gelegentlichen Auswikkelung, den Umständen gemäs, darin das Geschöpf gerathen kan, und in welchen es sich beständig erhalten sol. Denn in die Zeugungskraft mus nichts dem Thiere fremdes hinein kommen können, was vermögend wäre, das Geschöpf nach und nach von seiner ursprünglichen und wesentlichen Bestimmung zu entfernen, und wahre Ausartungen hervorzubringen, die sich perpetuirten. ? Der Mensch war für alle Klimaten und für iede Beschaffenheit des Bodens bestimt;

 

[Manuskriptseite 25.]

folglich musten in ihm mancherlei Keime und natürliche Anlagen bereit liegen, um gele*...*l gelegentlich entweder ausgewikkelt oder zurükgehalten zu werden, damit er seinem Plazze in der Welt angemessen würde, und in dem Fortgange der Zeugungen demselben gleichsam angebohren und dafür gemacht zu sein schiene. Wir wollen, nach diesen Begriffen, die ganze Menschengattung auf der weiten Erde durchgehen, und daselbst zwekmässige Ursachen seiner Abartungen anführen, wo die natürlichen nicht wohl einzusehen sind, hingegen natürliche, wo wir die Zwekke nicht gewahr werden. ?

 

[Ia-04-1779-0081]
Der Mensch, in die Eiszone versezt, muste nach und nach in eine kleinere Statur ausarten; weil bei dieser, wenn die Kraft des Herzens dieselbe bleibt, der Blutumlauf in kürzerer Zeit geschiehet, der Pulsschlag also schneller und die Blutwärme grösser wird. In der That fand auch Kranz die Grönländer nicht allein weit unter der Statur der Europäer, sondern auch von merklich grösserer natürlichen Hizze ihres Körpers. Selbst das Misverhältnis, zwischen der ganzen Leibeshöhe und den kurzen Beinen an den nördlichsten Völkern ist ihrem Klima sehr angemessen, da diese Theile des Körpers wegen ihrer Entlegenheit vom Herzen in der Kälte mehr Gefahr leiden. ?" Seit. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145.

 

[Ia-04-1779-0082]
"Wenn aber ein nordliches Volk lange Zeitläufte hindurch genöthiget ist, den Einflus von der Kälte der Eiszone auszustehen, so müssen sich mit ihm noch grössere Veränderungen zugetragen haben. Alle Auswikkelung, wodurch der Körper seine Säfte nur verschwendet, mus in diesen austroknendem Himmelsstriche nach und nach gehemt werden. Daher werden die Keime des Haarwuchses mit der Zeit unterdrükt, so daß nur dieienigen übrig bleiben, welche zur nothwendigen Bedekkung des Haupts erforderlich sind. Vermöge einer natürlichen Anlage werden auch die hervorragenden Theile des Gesichts, welches am wenigsten einer Bedekkung fähig ist, da sie durch die Kälte unaufhörlich leiden, vermittelst einer Fürsorge der Natur, almählig flacher werden, um sich besser zu erhalten. Die wulstige Erhöhung unter den Augen, die halbgeschlossenen und blinzenden Augen scheinen zur Verwahrung derselben, theils gegen das Schneelicht (wogegen die Esquimaux auch Schnee

 

[Manuskriptseite 26.]

brillen brauchen) wie veranstaltet zu sein, ob sie gleich auch als natürliche Wirkungen des Klima angesehen werden können, die selbst in mildern Himmelsstrichen, nur in weit geringerm Masse, zu bemerken sind. So entspringt nach und nach das bartlose Kin, die röthliche braune Farbe mit dem schwarzen Haare, mit einem Worte, die Kalmukische Gesichtsbildung, welche, in einer langen Reihe von Zeugungen in demselben Klima, sich bis zu einer dauerhaften Race einwurzelt, die sich erhält, wenn ein solches Volk gleich nachher in mildern Himmelsstrichen neue Sizze gewint. ?" Seit. 145. 146. 147.

 

[Ia-04-1779-0083]
"Die grösseste feuchte Hizze des warmen Klima mus hingegen an einem Volke, das darin alt genug geworden, um seinem Boden völlig anzuarten, Wirkungen zeigen, die den vorigen gar sehr entgegengesezt sind. Es wird gerade das Widerspiel der Kalmukkischen Bildung erzeugt werden. Der Wuchs der schwammigten Theile des Körpers muste in einem heissen und feuchten Klima zunehmen; daher eine dikke Stülpnase und Wurstlippen. Die Haut muste geöhlt sein, nicht blos um die zu starke Ausdünstung zu mässigen, sondern die schädliche Einsaugung der fäulichten Feuchtigkeiten der Luft zu verhüten. Der Überflus der Eisentheilchen, die sonst in iedem Menschenblute angetroffen werden, und hier durch die Ausdünstung des phosphorischen Sauren (wornach alle Neger stinken) in der nezförmigen Substanz gefället worden, verursacht die durch das Oberhäutchen durchscheinende Schwärze, und der starke Eisengehalt im Blute scheint auch nöthig zu sein, um der Erschlaffung aller Theile vorzubeugen. Das Öl der Haut, welches den zum Haareswuchs erforderlichen Nahrungsschleim schwächt, verstattete kaum die Erzeugung einer den Kopf bedekkenden Wolle. Übrigens ist feuchte Wärme dem starken Wuchs der Thiere überhaupt beförderlich, und kurz es entspringt der Neger, der seinem Klima wohl angemessen, nämlich stark, fleischig, gelenk, aber unter der reichlichen Versorgung seines Mutterlandes faul, weichlich und tändelnd ist. ? Seit. 150. 151. 152..

 

[Manuskriptseite 27.]

[Ia-04-1779-0084]
IV.

 

[Ia-04-1779-0085]
Algemeine deutsche Bibliothek. Des dreizehnten Bandes erstes Stük. Berlin und Stettin, verlegts Friedrich Nikolai, 1770.

 

[Ia-04-1779-0086]
1) Von Nerven.

 

[Ia-04-1779-0087]
"Die Nerven haben doch einige Spannung und zusammenziehende Kraft, die H. U. aber nicht für eine Folge ihrer Elasticität, sondern einer Sinlichkeit hält, die sich nach mechanischen Bewegungsgründen auf keine Weise richtet. Dies braucht er zur Erklärung der Temperamente. ?" Seit. 5.

 

[Ia-04-1779-0088]
2) Vom Menschen und der Diät.

 

[Ia-04-1779-0089]
"Wirklich ist der Mensch, wie in seinen Kräften und deren Anwendung, also auch in seinen Nahrungsmitteln und deren Verdauung ein animal universale. Iede Art von Thieren hat noch ihre Sitten: der Mensch hat keine, weil er sie alle hat. Iede Art der von Thieren hat ihre bestimte Kräfte, durch die sie sich hervor thut: der Mensch ist das schwächste der Geschöpfe und kan in allen Arten von Kräften zu einer unglaublichen Stärke gelangen. Iedes Thier hat doch einen festen Instinkt zu bestimten Nahrungsmitteln: aber Einem wird übel, wenn man bedenkt, was alles der wilde Mensch aus Noth und der überzahme weiche aus Lüsternheit verzehret. Diätetik im Algemeinen ist ein Unding. Die ewigen Fragen, ob dies gesund oder ungesund sei? sind im Algemeinen die Überflüssigsten, die man denken kan. Man kan alles essen, alles verdauen, sich zu allem gewöhnen. Erst da, wo der Mensch durch Natur oder Verschulden in einen Stand der Schwäche geräth, ist Diät etwas: aber da ist sie auch viel und weit mehr, als man denkt. Da steht sie zwischen Nahrungsmitteln und Arzeneien, die mehr und weniger alle Gifte sind, mit ihren Vorschriften mitten inne. Und da wird sie am wenigsten geachtet. Der Mensch ist immer bei Extremen. Kan er nicht mehr alles verschlingen, so schränkt er sich nicht auf das dienliche Etwas ein; so ist er sogleich bei der Büchse des Apothekers. ?" Seit. 7. 8.

 

[Ia-04-1779-0090]
3) Der Unterschied zwischen Gefühl (im eigentlichen Verstande) und Empfindung.

 

[Ia-04-1779-0091]
"Wie die Muskularfaser reizbar ist: so hat der Nerve Gefühl.

 

[Manuskriptseite 28.]

Ein Eindruk auf den Nerven pflanzt sich bis zum Hirne fort und verursacht da auch einen Eindruk und wiederum vom Hirne aus wird der Nerve durch uns unbekante Einflüsse bewegt. Hierüber ist nun weiter keine Frage und den ganzen Inbegrif aller dieser Bewegungen, die auf Eindrükke im Nerven und im Hirne folgen, kan man die Sinlichkeit, das Gefühl im weitern Verstande nennen. Hirn, Rükkenmark, Nerven scheinen eine so algemeine Sympathie, wie Wurzel, Stam und Zweige Zusammenhang zu haben. Aber es giebt Erscheinungen, die so algemein gleichartige und sympathische Bewegungen nicht zulassen. Es sind nicht nur Thiere, die es ohne Spuren von Hirn sind. Auch Insekten, Vögeln und kaltblütigen Thieren kan man den Kopf abschneiden und sie leben noch, bewegen sich noch, suchen Nahrung, begatten sich. Der Frosch mit abgeschnitnem Kopfe, wenn man sein Rükkenmark reizt, zieht noch die Beine zusammen, und thut seinen Sprung eben so als ob durch einen Gedanken von seinem Hirn aus diese Bewegung veranstaltet wäre. Menschliche Leibesfrüchte leben oft ohne Kopf und Hirne; beim Wasserkopf ist das Hirn in Wasser verwandelt, man hat das Hirn der von Thieren gewaltsam zerrüttet und zerstört und das Thier lebt noch, seine Nerven lassen noch Eindrükke zu, sie machen noch Bewegungen. Wie erklären wir das? Noch mehr. Man unterbinde einen Nerven und reizze ihn unterm Bande: so bewegt er, nach wie vor, den Muskel, zu dem er geht. Er spürt also den Eindruk und sezt sich in Bewegung; Aber empfindet das Thier etwas davon? Nein. Aber kan das Thier nun den Muskel wilkürlich bewegen? Auch das nicht. Es ist der Weg zum Hirne und vom Hirne verspert und der Nerve thut doch seine Pflicht, ohne daß das Thier darum weis. Man löse aber das Band: so ist der Weg zum Hirne und der Rükweg zum Muskel wieder frei; das Thier wird den Eindruk auf den Nerven empfinden und kan durch den Nerven den Muskel wieder wilkührlich bewegen.

 

[Ia-04-1779-0092]
Hier ist also etwas im Nerven, das mit der Empfindung im Hirne harmoniren, aber auch ohne Zusammenhang mit dem Hirne da sein kan, das also im Nerven auch unabhängig vom Hirne wohnet. Wenn man hier also nicht verwirren wil: so mus man

 

[Manuskriptseite 29.]

unterscheiden. Und da sagt H. U. dem Nerven, als Nerven, unabhängig vom Hirne, komt eine Art Regsamkeit zu, welche Eindrükke empfängt und Eindrükke austheilt und die nent er Gefühl im eigentlichen Verstande. Aber dies Gefühl ist noch nicht Empfindung, wenn gleich iede Empfindung Gefühl im weitesten Verstande ist. Es wird Empfindung, wenn es zum Hirne, der Werkstat der Seele fortgepflanzt wird, wenn es eine Vorstellung der Seele erregt. Fühlen können wir in iedem Punkte des Körpers: empfinden nur im Gehirne. Beides ist animalisch: aber fühlen kan ein iedes Thier: empfinden nur die edlere Arten und wirklich wird hiedurch eine Staffel in der Leiter der Natur ergänzt, die vom Anhängen zu Bewegungen, von mechanischen Bewegungen zum Reize (von dem noch im Pflanzenreiche in reizbaren Pflanzen etwas analogisches ist), vom Reize zum Gefühle und von da zu Empfindung bis zu Seele und Geist hinauf steigt. ?" Seit. 16. 17. 18.

 

[Ia-04-1779-0093]
4) Wie Adam war, da er aus den Händen seines Schöpfers kam? ?

 

[Ia-04-1779-0094]
"Der Mensch kam in Unschuld aus den Händen seines Schöpfers. Sein Verstand dachte noch nicht den Begrif der Sünde, so daß auch sein Herz eine aktuelle Neigung dazu nicht empfinden konte. Die Unschuld, die mit der Unschuld eines Kindes zu vergleichen ist, war keine Heiligkeit und Gerechtigkeit; nach dem Schriftgebrauch des N. T. welches darunter einen Gemüthszustand verstehet. ? Diese Unschuld kan das moralische Ebenbild Gottes genennet werden, so wie die vernünftige Seele das physikalische heissen mag. ? Allein es ist nicht genug, den Menschen als ein Gott ähnliches Geschöpf zu betrachten: man mus, wenn seine Geschichte kein merk unerklärbares Räzzel sein sol, auch seine schwache Seite kennen lernen ? Seine Einsichten waren sehr eingeschränkt, sein Herz durch seine Unschuld sehr zart und weich, daß äusserliche Eindrükke sehr stark auf dasselbe wirken konten. ? Er hatte eine Art von Freiheit zwischen Gutem und Bösem, welche machte, daß bei ieder Wahl wegen des Gleichgewichts, das diese Freiheit involvirte, eine gewisse Anstrengung des Geistes erfordert wurde, um dem Guten das Übergewichte zu verschaffen. ?" Seit. 37. 38.

 

[Manuskriptseite 30.]

[Ia-04-1779-0095]
5) Von Ämtern Christi.

 

[Ia-04-1779-0096]
"Der V. B. (Bahrdt) erkennet nur ein Amt Christi, und verwirft mit Recht die gewöhnliche Eintheilung in das hohepriesterliche, Prophet. und Königliche Amt. Er führt des D. Ernesti leztes Programma an, daß die Pflicht des Dogmatikers nicht sei, die Bilder der Bibel auszumahlen, sondern zu erklären, schön geurtheilt! Wenn wir die Bilder ausmahlen wolten, wie viel Ämter würde der Erlöser bekommen, die alle ein gleiches Recht einer besondern Abhandlung fordern würden? Da würden wir nicht drei Ämter sondern viel mehr haben, das Hirtenamt, das Lammesamt, das Engelsamt, das Weinstoksamt u. s. f. ?" Seit. 39.

 

[Ia-04-1779-0097]
"Aber Paullus hat doch so viel von dem Hohenpriester=Amt Christi? An wen schrieb Paullus? An die Ebräer, an Leute, deren ganze Religions=Erkentnis Priester und Opfer waren. Der weise Apostel, der allen alles wurde, richtete in seinem Vortrage sich nach seinen Zuhörern. Er mahlete in Bildern, an die sie sich gewöhnt hatten. Aber unsre Bürger, Bauern, Schulkinder! Können wir die wie Ebräer traktiren? Es ist wirklich zu bewundern, daß zu unsern Zeiten, da man solchen Eifer in Unterrichtung der Iugend zeigt, man noch immer die dunkeln Vorstellungs=Arten auch in den Lehrbüchern für die Iugend beibehält. ?" Seit. 40.

 

[Ia-04-1779-0098]
6) Vom mosaischen Sittengesezze im Verhältnis auf unsre Zeiten.

 

[Ia-04-1779-0099]
"Der Zwek des Sittengesezzes Mosis war allerdings die moralische Besserung: ob aber der Umfang und die Form desselben für alle Zeiten und Völker sein solte, oder nur nach dem Zustande des Israëlitischen Volks abgemessen war; ob die Gründe der Verbindlichkeit dazu aus der besondern Haushaltung Gottes unter den Iuden, oder aus der höhern Bestimmung des Menschen hergenommen sind: das ist eine andere Frage. Viele Gründe finden nicht mehr stat; das materielle des Decalogus bleibt zwar ewig wahr. Denn es ist durch die Natur bewährt und ins Christenthum aufgenommen: aber sein eingeschränkter Umfang und seine Bewegungsgründe, und seine ganze gesezliche Form passen sich nicht auf die Christen; welche mehrere und grössere Pflichten

 

[Manuskriptseite 31.]

auf sich haben, wirklich im Evangelio dazu angewiesen werden, und erhabnere und kräftigere Bewegungsgründe dazu erhalten. Von dem Maasse der Einsicht einiger weniger im A. T. kan man nicht auf den Zwek und Tenor des ganzen Gesezzes den Schlus machen; so wenig man aus dem Erkentnismaasse volkomnerer Christen den Zwek des Evangeliums im algemeinen bestimmen kan. Solte ?" Seit. 183. 184.

 

[Ia-04-1779-0100]
7) Wie feste Entschliessungen zum Guten in den Menschen enstehen.

 

[Ia-04-1779-0101]
"Iede anschauende Erkentnis des Guten oder Bösen läst in der Seele einen gewissen Eindruk von sich zurük, gewisse Züge des dargestelten Gegenstandes, nebst dem Gefallen oder Misfallen, das sie bewirken können und dem dunkeln Bewustsein der dadurch erwekten Entschliessung: kurz, es wird aus den zurükgebliebenen Resten derselben eine Empfindung. Iedes neue Anschauen eben desselben guten oder bösen Gegenstandes vermehrt die Maasse dieser Empfindung, und ie mehr die Seele dazu samlet, desto überwiegender wird die Empfindung und bewirkt entweder Neigung oder Abneigung zum Gegenstande, d. i. eine daurende und gegen einzelne Vorstellungen immer stärkere Entschliessung, den Gegenstand zu wollen oder nicht zu wollen. Daher wil der Mensch oft, ohne daß er sich der Bewegungsgründe seines Wollens deutlich bewust sein kan; die oft widerholte Entschliessung zu einer und eben derselben Sache macht sie ihm vorzüglich gegenwärtig, d. i. er wird daran gewöhnt; er thut das Gute und Böse, ohne daß er von den Gründen, warum er es thut, deutliche Rechenschaft geben könte. Es verhält sich damit eben so, als mit dem Urtheil des Menschen. Aus öfterer Betrachtung ieder Sache bleibt ein gewisses Bild in der Seele zurük, worauf sie alle ihre neuerlangte Kenntnisse bezieht: aus oft bemerkten Übereinstimmungen oder Verschiedenheiten mit demselben erhält sie eine gewisse Richtung, gleich, ohne Bewustsein der Gründe, das was ihr dargestelt wird, für wahr oder falsch zu halten. Dies macht zusammengenommen den innern Sin, den natürlichen Menschenverstand aus, so wie ienes im Willen die herschende Neigung, der Hang heissen könte. So schwer es nun fält, den innern Sin zu bestreiten, und die Menschen zu vermögen, das für falsch zu erkennen, was sie nach der ganzen Maasse ihrer Vorstellungen für wahr halten, oder umgekehrt, wie man es am Aberglauben, Vorurtheilen

 

[Manuskriptseite 32.]

u. s. w. ganz deutlich wahrnimt, eben so schwer ist es auch, den Willen zu be= beugen, wenn er durch die Maasse seiner Empfindungen anders bestimt ist. Daraus liesse es sich erklären, warum die deutlichste und rührendste Vorstellung der Bewegungsgründe oft ohne Wirkung bleibt, oder Entschliessungen hervorbringt, die sich schnel wieder verlieren; warum man auch ohne diese deutliche Erkentnis standhaft etwas wollen, warum Gutes oder Böses zur Gewohnheit werden; warum einzelne anschauende Vorstellungen des Guten zwar einzelne gute Thaten, aber keinen tugendhaften Sin erzeugen können. *) Es wird sich dadurch Niemand verleiten lassen, zu glauben, als ob man das moralische Gefühl, welches ich oben im 2ten Bande so scharf bewiesen worden habe, leugnen wolte. Das moralische Gefühl mus allezeit vorausgesezt werden, wann ich durch das öftere Fühlen, diese Sache ist gut, dahin gestimt werde, daß es zur Empfindung ia zur Leidenschaft und Gewohnheit steigt. Beim Bösen, das zur Gewohnheit wird, ist gerade das Gegentheil, indem das moralische Gefühl zu oft unterdrükt und geschwächt wird. ? Anmerk. d. Herausg. *) Es wird ... Anmerk. d. Herausg.] Am Seitendende eingefügt

 

[Ia-04-1779-0102]
Solten diese Muthmassungen Grund haben, so würden sich verschiedne praktische Folgen daraus herleiten lassen, wovon ich, um nicht weitläuftig zu werden, nur einige anführen wil. So wenig die innere Überzeugung durch eine einzelne, noch so richtige Demonstration bewirkt wird; so wenig wird auch die innere Besserung durch eine einzelne, noch so richtige und deutliche Vorstellung der Bewegungsgründe bewirkt. Die Besserung des Gemüths geschieht nur nach und nach, eben so wie die Aufklärung des Verstandes. Ein oft wiederholtes Anschauen der Bewegungsgründe, eine öftere Entgegenstellung der guten und bösen Folgen seiner Handlungen, eine wiederholte Beziehung der Sache auf sich selbst, eine öftere Anregung Anregung der Furcht, Hofnung, Freude u. s. w. vor und nach der Ausübung einer That, vermehrt die Summe der Empfindung endlich so sehr, daß sie bei iedesmaliger Wiederkehr gleicher oder ähnlicher Handlungen die Seele überwiegend bestimt und eine algemeine Richtung verursacht, dies zu wollen und ienes zu verabscheuen. Haben schon entgegenstehende Neigungen die Oberhand; so kan die Entschliessung zum Guten nicht eher fest und daurend werden, bis die Summe der Empfindungen, wodurch sie bewirkt werden sol,

 

[Manuskriptseite 33.]

so gros ist, daß sie die entgegenstehende verdunkelt und schwächt: bis auf diesen Zustand Zeitpunkt schwebt der Mensch zwischen dem Guten und Bösen hin und her, ie nachdem grade der eine oder der andere Theil der Empfindungen klarer oder dunkler ist. Man kan tugendhaft sein, ohne sich seiner Bewegungsgründe deutlich bewust zu sein: ia, wenn man erst tugendhaft geworden ist, handelt man ohne dies Bewustsein, man wird gewöhnt gut zu sein. Die Gewöhnung zum Guten durch öfteres Reizen des Wohlgefallens der Seele daran, durch einzelne treffende Züge der guten Handlung, durch erleichterte Übung derselben, durch Erfahrung ihrer angenehmen Folgen u. s. w. ist wirksamer aufs Herz, als die deutliche Vorstellung der Bewegungsgründe: Kinder und das gemeine Volk können nur auf iene, nicht auf diese Art zur Tugend erzogen werden. Bei solchen gut gewöhnten können hernach deutliche Vorstellungen von kräftiger Wirkung sein; bei Verwöhnten helfen sie wenig oder nichts. Die Besserung des Gemüths geht nach dem Maasse der Empfindungen Verwöhnung, und nach der Summe und Maasse der Empfindungen, welche entgegenstehende Neigungen verursachen, schneller oder langsamer von statten; sie mus in qualitate und quantitate bei iedem Subiekt anders sein; und augenblikliche Besserung ist der Natur der Seele nicht gemäs. ?" Seit. 227. 228. 229. 230.

 

[Ia-04-1779-0103]
V.

 

[Ia-04-1779-0104]
Algemeine deutsche Bibliothek. Des dreizehnten Bandes zweites Stük. Berlin und Stettin, verlegts Friedrich Nikolai, 1770.

 

[Ia-04-1779-0105]
1) Wie die symbolischen Bücher entstanden sind?

 

[Ia-04-1779-0106]
"Das von den ältesten Zeiten bei der Taufe üblich gewesene Glaubens= oder Lehrbekentnis der Christen hat zeitig den Namen des Symbolums erhalten; nach und nach ist diese Benennung auch andern feierlichen Lehrbekentnissen zu Theil geworden. Vor der Reformation wuste man nichts von symbolischen Schriften, worauf die Lehrer der Kirche wären verpflichtet worden, ob man gleich drei sogenante Symbola hatte, welche auswendig gelernt und blos von Zeit zu Zeit vorgelesen wurden. Zur Zeit der Reformation fanden sich die Protestanten genöthigt, öft öffentliche Lehrbekentnisse auszufertigen, um die ihnen aufgebürdeten groben Irthümer von sich abhalten abzulehnen und ihre

 

[Manuskriptseite 34.]

Unterscheidungslehren von den Katholikken glaubwürdig bekant zu machen. (Diesen weltkündigen Ursprung und Endzwek symbolischer Bücher, wie sie genant wurden, hat man bei Beurtheilung ihres wahren Werths nur gar zu oft aus der Acht gelassen). Sie waren ursprünglich blosse Bekentnisschriften; nach und nach aber erhielten sie ein Ansehen, das die Glieder der Kirche zu ihrem Inhalte verpflichtete. Und so wurden aus den ausgestelten Glaubensbekentnissen wirkliche Lehrvorschriften. ?" Seit. 311. 312.

 

[Ia-04-1779-0107]
2) Alle Begriffe vom Bösen und Guten sind relativ: denn oft erkent dasienige, was der andre (physisch) Übel oder Gut nent, dieser fürs Gegentheil ? z. E. ? ?

 

[Ia-04-1779-0108]
"Wie lang verkennen wir des Lebens wahren Werth
Und würd'gen Iahr und Tage
Nach selbstgewähltem Pfund und trügerischer Wage
Durch Leidenschaft bethört?
Der Sohn des Unglüks flucht der Monde trägen Lauf,
Aus menschenloser Höhle,
Und sprengt in heisser Wut der ungestümen Seele
Das Thor des Todes auf.
Indes klagt Ligurin an Phrynens weicher Brust;
Sein flüchtig Leben eile
Mit rascherem Gefieder, als des Lichtes Pfeile
Und tödtet seine Lust.
In diesen Syrten leuchte Weisheit meiner Bahn! ?"

Seit. 337.

 

[Ia-04-1779-0109]
3) Widerlegung eines Beweises, den f man für die Erbsünde braucht.

 

[Ia-04-1779-0110]
"Ist nicht die Lehre von der Ebsünde nöthig, um daraus das Dasein der Sünde in der Welt zu erklären? woher komt es, daß so viel Böses in der Welt ist, wenn unsre Natur nicht sündlich und verderbt ist? Antwort. Man gestehet ia zu, daß Adams Natur keinesweges sündlich und verderbt gewesen, und doch sündigte er, die gemeine

 

[Manuskriptseite 35.]

Lehre von der Erbsünde ist also eben so wenig nöthig, die Sünde die in der Welt geschehen ist, oder noch geschieht, zu erklären, als sie zur Erklärung der Sünde Adams nöthig ist. ?" Seit. 356.

 

[Ia-04-1779-0111]
4) Von der Schöpfung aus Nichts.

 

[Ia-04-1779-0112]
"Bei der Schöpfung wirkte Gott allerdings nicht in das Nichts als in eine materiam substratam und so auch nicht als in ein Obiekt. Man lasse es immer sein, daß was in der Welt dermalen herfürgebracht wird, aus etwas vorhergehenden herfürgebracht werde, so wie es sich auf etwas vorhergehendes gründet; so kömt man, wenn man rükwärts schliest auf ein erstes Herfürbringen, wie man auf erste Gründe kömt. Das fernere Fragen hört in beiden Fällen gleich auf, und die Reihe bleibt immer endlich. Das erste Herfürbringen unterscheidet sich von iedem daraus Folgenden, wie die ersten Gründe von den Abgeleiteten. Es verdient einen eignen Namen, und hat etwas transcendentes, so über das um in der Natur vorkommende Herfürbringen, welches blos in in der Veränderungen besteht, hinausgeht. ?" Seit. 456.

 

[Ia-04-1779-0113]
5) Man kan von Gott eine gewisse Veränderung der Ideen behaupten.

 

[Ia-04-1779-0114]
"Die Welt kan als eine fortdauernde Wirkung der götlichen Volkommenheiten zusammengenommen angesehen werden. Die Summe dieser Wirkungen sehen wir als ein Maximum und zugleich als beständig, hingegen die Äusserung der götlichen Kraft auf einzelne Theile sowohl dem Grade als der Art nach dergestalt als veränderlich an, daß dem einen abgeht, was dem andern zugesezt wird. Die Erhaltung der Substanzen ist dabei algemein, aber auf diese allein scheint sich die Mitwirkung des götlichen Wesens nicht einzuschränken. Die Welt ist kein Perpetuum mobile an und für sich, und den mechanischen Gründen zufolge kan sie es auch nicht sein. Demnach müssen die Veränderungen, dafern sie nicht beständig abnehmen und endich aufhören sollen, in einer ausser der Welt befindlichen, das wil sagen, in der götlichen Kraft eine immer neue Quelle haben. ?" Seit. 535. 536.

 

[Manuskriptseite 36.]

[Ia-04-1779-0115]
6) Alle Menschenseelen gelangen endlich zu einer ewigen und ihrem Geiste angemessensten Seeligkeit!!!

 

[Ia-04-1779-0116]
"Solte es einem Christen, und sogar einem Theologen, nicht erlaubt, ia anständig sein, zu hoffen, daß einst alle werden seelig werden. ? Wir können einmal nicht finden, daß eine der götlichen Eigenschaften diesem tröstlichen Gedanken widerspreche. ? Die götliche Gerechtigkeit, diese von der volkommensten Weisheit beleuchtete unumschränkte Güte schliesset einmal keine ewigen Strafen nothwendig in sich. ? Wenn die durch die Sünde gestörte Ordnung der Dinge wird hergestellet sein, wenn die Strafe den Verbrecher wird gereiniget und gebessert, und zu einem die Schöpfung nicht mehr verunstaltenden Theile derselben gemacht haben, warum solten wir nicht denken, daß alsdenn auch das Leiden aufhören werde. ? Sich einen Gott denken, welcher der Ordnung zuwider Guts erweisen würde ? wäre Schwachheit, nicht Gotteslästerung, nicht Schmähung der Religion. Allein einen Gott denken, welcher ohne Ursache Übels thun, der ohne Noth das Leiden verewigen würde, was solte dieses sein? Und ist es denn möglich, daß ein sterblicher und schwacher Mensch diese Nothwendigkeit erweise, man solte denken, es wäre nie möglich gewesen, daß er solche gemuthmasset hätte. ?" Seit. 609. 610.

 

[Ia-04-1779-0117]
VI.

 

[Ia-04-1779-0118]
Algemeine deutsche Bibliothek. Des vierzehnten Bandes erstes Stük. Berlin und Stettin, verlegts Friedrich Nikolai, 1771.

 

[Ia-04-1779-0119]
1) Vom Nuzzen der Raubthiere.

 

[Ia-04-1779-0120]
"Die gröste mögliche Hervorbringung und Erhaltung des Lebens ist der grosse Endzwek der Vorsehung, worauf sich alle ihre Einrichtungen und Gesezze beziehen. Der V. trägt die Gesezze vor, nach welchen sie diesen ihren grossen Endzwek ausführet, nämlich das Gesez der Fortpflanzung und Vervielfältigung des Lebens, das in den Worten: seid fruchtbar und mehret euch, ausgesprochen wird. Aber dieses Gesez erfordert ein anderes einschränkendes Gesez, weil sich sonst die Thiere vermöge ihrer Fruchtbarkeit, auf eine ieder besondern Art und

 

[Manuskriptseite 37.]

andern Gattungen schädliche Weise vermehren würden, und eine verderbliche Überschwemmung von Leben entstehen müste. Um dies zu verhüten, hat die Vorsehung verschiedne Einrichtungen gemacht, wodurch das nöthige und heilsame Gleichgewicht in dem thierischen System erhalten wird. Darum hat dieselbe unter andern auch gewolt, daß ein Thier von dem andern sich ernähren und leben solte: allein diese Einrichtung hatte nicht nur den Zwek, daß die schädliche Vermehrung einiger Thierarten dadurch eingeschränkt *...* würde, sondern es solte auch zugleich die Verwüstung, die in dem thierischen Leben vorgeht, zu der Wiederhervorbringung und zum Wohlstande desselben beitragen. Denn sie führet verschiedne Gattungen in die thierische Welt ein, die sonst nicht da sein könten; und diese hinzugekommene neue Gattungen sind den andern auf keine Weise schädlich, sondern im Gegentheile nüzlich und in gewisser Absicht nothwendig. Der Mensch selbst gehört unter diese Gattung. Er lebt vornemlich vom Fleisch, und wenn ihm dieser Unterhalt des Lebens versagt wäre, so würden drei Viertheile des menschlichen Geschlechts ohne Nahrung sein. Es giebt wenig Länder, welche mit Erdfrüchten ihre Einwohner ernähren könnten, und wenn ihr Boden fruchtbar genug zu dieser Absicht wäre, so wil er in den meisten Gegenden erst durch die Bearbeitung dazu gezwungen sein. Aber der Akkerbau sezt Künste und Wissenschaften, eine festgesezte Regierung, innere Ruhe, und äussere Sicherheit zum voraus, und die Einführung desselben hängt von der Zusammenkunft einer grossen Menge ab von Umständen ab, die nicht in der Gewalt ieder Nation sind. ?

 

[Ia-04-1779-0121]
Der Mensch, dem das Gesez der Vermehrung gegeben ist, muste auch dem Gesezze der Einschränkung unterworfen sein. Denn auch das menschliche Geschlecht würde sich, wenn keine einschränkende Gewalt da wäre, zu seinem eignen und des übrigen Thierreiches Verderben vervielfältigen. ? Zwar hat die Vorsehung den mit Verstand begabten Menschen vor der Wuth der wilden Geschöpfe in Sicherheit gesezt; allein sie hat sie dafür in verschiedne Haufen getheilet, die beständig auf einander stossen, und durch ihr gegenseitiges Reiben immer einige von ihren Theilen verliehren; sie hat sie auch verschiednen andern einschränkenden Ursachen unterworfen, von denen immer die eine oder die andre auf sie wirkt und die ästigen Zweige abschneidet, die dem thierischen eben so wohl als dem Pflanzenleben schädlich sind. ?" Seit. 231. 232.

 

[Manuskriptseite 38.]

[Ia-04-1779-0122]
2) Der Geist des Hrn. von Leibniz.

 

[Ia-04-1779-0123]
"Es ist ein eben so alter als wahrer Saz in der Weltweisheit, daß der Mensch alle seine Erkentnisse aus der Erfahrung schöpft, und daß er schlechterdings keinen Gedanken denkt, wozu ihm nicht entweder sein inrer Sin oder seine äussere Sinne den Stof gegeben hätten. Was finden wir aber in der Erfahrung der äussern Sinne, das uns von dem Wesen der Körper belehren könte? Die Erfahrung Erscheinungen sind alzuzusammengesezt und ihre Bestandtheile zu innig vermischt, um sich auflösen zu lassen: wir schäzzen uns noch für zu glüklich, wenn wir nur ihre nächsten Bestandtheile, die allemal wieder Erscheinungen sind, anzugeben wissen. Der Faden also, der von diesen Erscheinungen bis in das innere Wesen der körperlichen Dinge fortführt, ist für uns so gut, als zerrissen, und wir können auf diesem unmittelbaren Wege nie zum Zwekke gelangen, oder wir müsten uns, wie die Scholastiker, mit Worten ohne Gedanken begnügen. Wer hierzu zu viel Philosoph ist, der mus entweder die ganze Untersuchung durch das Geständnis seiner Unwissenheit aufheben, oder mit Leibnizzen in seine eigne Seele zurükgehn, als in seine eigne Seele zurükg in die einzige Substanz, deren Inners er kent. Die Erscheinungen, die er hier findet, lassen sich auflösen: und zwar ist das lezte, worin sie sich alle auflösen lassen, die Vorstellungskraft; eine Kraft, von der uns die Erfahrung unendlich mannichfaltige Modifikationen in uns selbst, in den übrigen Menschen und in allen den verschiednen Gattungen der Thiere zeiget. Indem wir diese Kraft in unsern Gedanken erhöhen und erweitern, bilden wir uns Begriffe von höhern Wesen als wir selbst sind: indem wir sie noch mehr erhöhen, gelangen wir zu der Vorstellung noch höherer Wesen, bis wir sie uns in einer unendlichen Volkommenheit denken, und zum Begriffe der Gotheit hinaufsteigen. Wie wäre es nun, wenn wir auch gegenseitig durch immer grössere Einschränkungen diese Kraft stuffenweise fort giengen und durch sie bis zum Begriffe der unedelsten körperlichen Wesen herabstiegen? ? So ohngefähr war der Gang, den Leibnizzens Geist zur Erfindung einer Hypothese nahm, (daß nämlich alle Monaden gewisse Vorstellungen hätten,) von der wir immer wünschen müssen, daß sie zum Range

 

[Manuskriptseite 39.]

der erwiesenen Wahrheiten könte erhoben werden. Seine meisten Gegner sahen an dieser Hypothese nichts, als das Sonderbare und Befremdende, als das sie für den sinlichen Menschen haben mus: Leibniz selbst dachte sie in ihrer Verbindung mit den erhabensten Wahrheiten, in ihren grossen Folgen, in ihrer unermeslichen Ausbreitung: Er glaubte den Verstand des Menschen dem götlichen Verstande durch diesen Schrit um eine Stufe genähert zu haben, weil der Mensch nun, wie Gott, alle Kräfte der ganzen Natur unter einem einzigen grossen Gedanken befassen konte. In der That ist dieser Saz einer von denen, die seinem Lehrgebäude eine so ungemeine Erhabenheit vor allen übrigen Lehrgebäuden der Weltweisheit geben: und man wird daher auch bemerkt haben, daß seine Gegner immer bescheidner waren, ie mehr ihre eigne Seele fähig war, einen grossen Gedanken zu denken, und daß sie immer heftiger wurden, ie kleinere und eingeschränktere Seelen sie hatten. ?" Seit. 273. 274. 275.

 

[Ia-04-1779-0124]
VII.

 

[Ia-04-1779-0125]
Algemeine deutsche Bibliothek. Des vierzehnten Bandes zweites Stük. Berlin und Stettin, verlegts Friedrich Nikolai, 1771.

 

[Ia-04-1779-0126]
1) Eine gewisse Art, eine Geschichte des menschlichen Verstandes und Herzens zu erhalten.

 

[Ia-04-1779-0127]
"Für einen denkenden Liebhaber der Sprachen wäre es vielleicht keine unangenehme und fruchtlose Beschäftigung, wenn er die wichtigsten Bücher in allen Wissenschaften und Künsten so durchläse, daß er darauf Acht gäbe, was es für Gegenstände, Gedanken und Begriffe wären, womit die Menschen sich vorzüglich beschäftigen und in welcher Ordnung und in welchem Verhältnis alles, was Stof zum Denken und Schreiben giebt, seltener vorkomt. Könte dies auf eine Reihe von Iahrhunderten volführt werden, mit einer Rüksicht auf die fast modemässigen Veränderungen im Denken und im herschenden Geschmak: so würde man vielleicht die einzige richtige Geschichte des menschlichen Verstandes und Herzens von einem Volk erhalten. ? ?" Seit. 318.

 

[Manuskriptseite 40.]

[Ia-04-1779-0128]
2) Eine Bemerkung von den Schriften der Apostel.

 

[Ia-04-1779-0129]
"Die heiligen Schriften der Christen sind gröstentheils aus den Bedürfnissen der ersten Gemeinen entstanden; daher auch viele Lehren und Umstände darin vorkommen müssen, welche nur für die ersten Lehrer und Gemeinen gehören. ? Nicht alle, sondern nur einige dieser Schriften sind anfangs in den christlichen Gemeinen gebraucht worden, und waren doch zulänglich zu ihrem Unterricht. ?" Seit. 398. 399.

 

[Ia-04-1779-0130]
3) Wie das orthodoxe System entstanden ist?

 

[Ia-04-1779-0131]
"Es ist wahr, daß sich die ersten Bekenner des lutherschen Lehrsystems nicht auf einmal von allen im Pabstthum eingesognen Vorurtheilen losmachten und nicht losmachen konten, wahr, daß sie noch übertriebne Hochachtung für die Kirchenväter, die Konziliensprüche der ersten sogenanten rechtgläubigen Kirche und Iahrhunderte beibehielten, obgleich in diesen allen sehr viel Abergläubiges, Unvernünftiges, und Unschriftmässiges, und der erste Same der in den finstern Iahrhunderten ausgebrüteten Verderbnisse schon anzutreffen war. ? Ihre nächsten Nachfolger erbten diese Vorurtheile von ihnen, und dazu hatten sie noch das Vorurtheil des Ansehens ihrer Glaubensväter und deren Unfehlbarkeit. Diesem zufolge hielten sie die ihnen in den symbolischen Schriften überlieferte Samlung von Lehrsäzzen, für unverlezlich, wandten alle ihre natürliche und erworbne Geschiklichkeit an, diese Säzze in Ordnung zu bringen, sie zu entwikkeln, zu verbinden und zu beweisen. Sie studirten die Schrift aber mit dem einem Auge auf die symbolischen Bücher, und so fanden sie immer Beweise für deren Säzze, wo die Systematiker andrer Partheien Beweise für das Gegentheil zu entdekken glaubten. Alle Schriftstellen, die denselben zu widersprechen schienen, waren ihnen dunkle, und alle die das System begünstigten, deutliche Stellen, und iene wurden aus und nach diesen erklärt. Ward ihnen ein scheinbarer Einwurf gemacht, so hielten

 

[Manuskriptseite 41.]

sie in der redlichen Überzeugung, daß er bei allem Scheine dennoch unstathaft sein müsse, ihre Aufmerksamkeit von dem zu starken Lichte ab, und suchten nur wie sie sich auf die eine oder andere Weise retten möchten. Um sich dies desto mehr zu erleichtern, trieben sie das principiis obsta, so weit als möglich, und bestritten auch ganz unschädliche Säzze, blos darum, weil sie von ihren Gegnern, oft durch sehr unrichtige Folgerungen gegen sie gebraucht wurden. Hiebei konten diese Männer redlich nach ihrem Gewissen verfahren, sie konten vorzügliche Gelehrsamkeit und Geistes Gaben besizzen, indessen musten diese Vorurtheile, in so fern eine freie Untersuchung dadurch gehindert ward, ihren Fortgang in der Erkentnis nothwendig hemmen. ?" Seit. 409. 410.

 

[Ia-04-1779-0132]
4) Vom Abendmal.

 

[Ia-04-1779-0133]
"Wir halten die Vorstellungen von der geheimnisvollen Vereinigung der Seele mit Gott durch den Leib und das Blut Christi, so wie den ganzen Begrif einer sakramentirlichen Vereinigung so gewis für eine Menschenlehre, als kein Wort davon in der Bibel steht, und die Sache sich weder denken, noch empfinden läst. Denn alle wahre Vereinigung der Seele mit Gott bei diesem heil. Gedächtnismal des Erlösers kan, so viel wir einsehen und nach unsern Empfindungen bei dessen iedesmaligen Genus urtheilen, nur durch Erkentnis, Gefühl der Wahrheit, Glauben, erneuerte gute Gesinnungen, fromme Entschliessungen u. s. w. erfolgen. ?" Seit. 471.

 

[Ia-04-1779-0134]
5) Einige Erziehungsregeln.

 

[Ia-04-1779-0135]
"Man mus die Umstände, unter welchen Kinder die ersten sinlichen Eindrükke wovon bekommen, genau veranstalten, weil die ersten Eindrükke auch die ersten Bilder der Seele formiren, die hernach nie ganz ausgelöscht werden. Iede symbolische Vorstellung, welche zugleich anschauend ist, macht auf die Seele einen desto tiefern und dauerhaftern Eindruk. Schlechte Kupferstiche schaden der Iugend mehr als man insgemein glaubt. ? Durch gar zu voreilige Anstrengung derienigen Seelenkräfte, die sich erst bei reiferem Alter besser entwikkeln, wird die Arbeit der Natur in dem Bau

 

[Manuskriptseite 42.]

des Körpers leicht gestört. Wenn man Kindern durch den Anblik der schönen Natur, oder auch der Meisterstükke der Kunst, die ersten Empfindungen eindrükt, so entwikkelt sich nach und nach das der menschlichen Seele eigenthümliche angenehme Gefühl des Ebenmasses, der Ordnung, der Schönheit, und damit zugleich das dunkle moralische Gefühl des Anständigen, Grossen, Wohlthätigen, Edlen: aber diese dunkle Empfindungen werden hernach durch die Wissenschaften deutlich, richtig und dauerhaft gemacht. Man mus die Neugierde der Kinder möglichst nüzzen: man mus durch keinen Betrug ihr Zutrauen verlieren. Man lasse ihnen anfangs immerhin gewisse ihnen unschädliche meinungen. Man gönne ihnen ihre Sorglosigkeit und Zufriedenheit. Man nüzze ihre natürliche Geselligkeit, Zärtlichkeit, Versöhnlichkeit, Freigebigkeit, und suche diese Neigungen durch Erhöhung der Motive zu veredeln. Man gewöhne sie, über ihre Handlungen vor und nach der That zu räs raisonniren. ?" Seit. 498. 499.

 

[Ia-04-1779-0136]
VIII.

 

[Ia-04-1779-0137]
Algemeine deutsche Bibliothek. Des funfzehnten Bandes erstes Stük. Berlin und Stettin, verlegts Friedrich Nikolai, 1771.

 

[Ia-04-1779-0138]
1) Einige Fragen gegen den Eid auf die symbolischen Bücher.

 

[Ia-04-1779-0139]
"Haben nicht die höchsten Obrigkeiten eben das Recht und die Freiheit diesen Eid abzuschaffen, so wie sie das Recht hatten, ihn einzuführen? Hören sie deswegen auf Protestanten zu sein? Handeln sie alsdenn wider den Westphälischen oder Religionsfrieden; oder sind darin nur politische Verträge gemacht, welche nur weltliche Besizzungen betreffen, und mit der Kirchenzucht und Kirchenordnung in ihren Landen gar nicht in Verhältnis stehen? Sind Verträge zwischen Obrigkeiten und Unterthanen vorhanden, daß der Eid der Lehrer auf diese oder iene symbolischen Bücher stat finden müsse? Und wenn sie da sind, können sie durch gemeinschaftliche Einwilligung nicht aufgehoben werden; wo sie aber nicht sind, ist iezt ein Fürst gebunden, diesen Eid zu fordern, weil

 

[Manuskriptseite 43.]

ihn seine Vorfahren gefordert haben? ? Ferner; bestehen die Gemeinen iezt auf diesem Eide, oder wissen und verstehen viele nicht einmal was er bedeuten sol? Und wenn sie darauf bestehn, und man ihn doch aufheben wolte, könten sie nicht über die Gründe, warum sie ihn für nothwendig hielten, befragt werden? Entsteht da Unruhe und Schaden für die gute Sitten, wo kein Lehrer vereidet wird; oder ist da eins von beiden zu besorgen, wo der Eid ohne Widerrede der Gemeine aufgehoben würde? Würde dem lutherischen Staaten etwas von ihren politischen Rechten entgehn, wenn die Lehrer in ihrem Lande frei nach der Schrift die Wahrheit prüfen und lehren könten? Darf die Obrigkeit ohne Gewissenszwang von dem Glauben und Glaubensvortrage eines Lehrers Rechenschaft fordern, so lange nicht ein ansehnlicher Theil seiner Gemeine darüber Klage führt, und seine Klage aus der Schrift und den angenommenen Bekentnisbüchern beweisen kan; und leihet sie nicht der Verfolgung ihren Arm, wenn dieser oder iener Lehrer oder Kollege oder wie er nur heissen mag, ohne Vorwissen und Einwilligung der Gemeine Klagen wider ihn erhebt? ? Solte es endlich wahr sein, daß ein grosser Theil lutherischer Prediger iezt nicht mehr alles in den symbolischen Büchern freudig beschwören könne; solte es eintreffen, was man zu vermuthen anfängt, daß in den wenigen Iahren wohl der vierte Theil von ihnen diesen Eid wider seine Absicht leisten müsse; was würde für den Staat, die Kirche und die Wissenschaften besser sein: daß man den Eid beibehielte, und sie in die Nothwendigkeit sezte, aus Mangel anderer Mittel des ehrlichen Durchkommens sich wider ihr Gewissen demselben zu unterwerfen, oder widrigenfals (zur Freude der heiligen Eiferer!) betteln zu gehn; oder daß man den Eid und unvermeidlichen Zwang des Gewissens aufhöbe? Würden endlich dieienigen, welche den Inhalt der Bekentnisbücher aus Überzeugung glauben, durch Aufhebung des Eides in ihrem Glauben gestört, oder ihrem Gewissen ein Zwang angelegt? Könte die Obrigkeit nicht auch ohne Hülfe dieses Eides die Ruhe und äussere Verfassung der Kirche erhalten? ?" Seit. 37. 38. 39.

 

[Manuskriptseite 44.]

[Ia-04-1779-0140]
IX.

 

[Ia-04-1779-0141]
Algemeine deutsche Bibliothek. Des funfzehnten Bandes zweites Stük. Berlin und Stettin, verlegts Friedrich Nikolai, 1771.

 

[Ia-04-1779-0142]
1)

 

[Ia-04-1779-0143]
Von einer Schönen ? die ihre Reize selbst noch nicht kante.
" ? Wie die Pfirsich nichts von ihrer Güte weis,
Wenn sie auf der Natur Geheis
Sich färbt, mit Woll' umzieht, und endlich süsgefüllet
Der Lüsternheit entgegenschwillet;
So war bisher auch Fräulein Karolinen
Ihr eigner Werth noch unbewust.
Sie tändelte noch nicht mit ihrer Schwanenbrust,
Und dachte nicht daran, durch schlaugewählte Mienen
Den Ruhm der Schönheit zu verdienen.
Mit sich noch unbekant, und kaum von sich gesehn,
War sie in stiller Anmuth schön.
Doch iezt, da sie mit ihren feinen Zügen
Der Alten Häslichkeit verglich;
Iezt, da ihr Geist mit heimlichen Vergnügen
Des Körpers Linien beschlich;
Da ihr geschärfter Blik mit lüsternem Bedachte
Die neuen Gegenden durchlief:
Fuhr manche Ahndung auf, und manche Sorg' erwachte,
Die stil bisher in ihrem Schoosse schlief. ?"

Seit. 353.

 

[Ia-04-1779-0144]
2) Das wohlthätige Christenthum!

 

[Ia-04-1779-0145]
"Iesus trit im 30sten Iahre auf, nicht um Revolutionen im Staate oder in der Körperwelt, sondern eine Revolution im Reiche der Sitten zu machen, die gröste, die wohlthätigste Veränderung, die bewerkstelliget werden kan. Das vornehmste Geschöpf auf dem Erdboden, der Mensch, ist ausser aus der Art geschlagen und bedarf einer Verbesserung. Iesu Lehre sol sie bewirken, denn der Mensch

 

[Manuskriptseite 45.]

mus gut sein, wenn sein Zustand glüklich werden sol. Es war im Anfange des Christenthums nothwendig, daß Zeichen und Wunder geschahen. Aber es war eben so nothwendig, daß sie wieder aufhörten, wenn es dem Christenthum nicht blos um Proselyten, sondern um gute Menschen zu thun war. Die Absicht der Lehre Iesu ist keine andere, als den Menschen zu bessern, damit er schon in diesem, und noch mehr in dem künftigen Leben glüklich werde. Eine Welt vol lauter wahren Christen würde eine Welt sein, die dem Himmel nahe käme. Einige Leiden behielte sie, aber auch die müsten zur Besserung des Menschen bleiben. Die christliche Theorie, welche uns die Kunst zu leiden lehrt, macht uns das Christenthum und dessen Stifter verehrungswerth. ?" Seit. 397.

 

[Ia-04-1779-0146]
3) Wie Luther verbesserte.

 

[Ia-04-1779-0147]
"Der grosse Luther fand die christliche Lehre ganz verunstaltet. Er fieng an, das Wesentliche zu verbessern. Kleinigkeiten und Nebensachen lies er unangerührt. Er wolte seinen Nachfolgern auch etwas überlassen. Ihm war es gleichgültig, wie man die Gebote zählete, wenn sie nur gehalten würden. So verfuhr er auch sonst. Er übersezte Unser Vater, weil er wuste, daß dies deutsch war; aber er lies immer Vater unser betten, weil die Deutschen viele 100. Iahr so gebetet hatten. Er lies die Oblaten. Er lies die Beschwörung des (vermeinten) Satans bei der Taufe unschuldiger Kinder. Man solte dergleichen Dinge eigentlich nicht Lutherisch nennen. Luther hat sie nicht eingeführt, sondern nur gelassen, weil er wichtigere Dinge zu ändern hatte. ?" Seit. 425.

 

[Ia-04-1779-0148]
4) Von der christlichen Tugend.

 

[Ia-04-1779-0149]
"Die Schrift sezt die natürliche Tugend voraus, und berichtiget sie, und verstärkt die Bewegungsgründe dazu durch die götliche Autorität, durch die hellere und grössere Offenbarung der Liebe und Eigenschaften Gottes, durch seine Verheissungen, durch seine dargebothene Vergebung und Gnade u. s. w. Wird die natürliche Tugend nicht

 

[Manuskriptseite 46.]

vorausgesezt; so scheint die Schrift keine volständige Anweisung der Moral zu enthalten. ? Gott befiehlt die Tugend: um seines Befehls willen ist sie nicht gut, sondern um ihrer innern Güte willen: er behielt sie, weil sie gut ist, weil sie uns gut macht. Wer sie ausübt um ihrer Güte willen, ohne seinen Befehl zu wissen oder daran zu denken, kan deswegen vor ihm nicht verwerflich sein: desto besser, wenn er des Befehls nicht bedarf. Aber er bedarf oft Anweisung und Befehl. Die Anweisung Gottes sol ihn sicherer führen, das wirklich Gute zu kennen und zu wählen: seine Liebe, sein Befehl, seine Verheissungen pp. sollen ihn stärker dazu dringen, fester darin machen, mehr darin läutern; und wo er selbst die innere Güte nicht erkennen, die vortreflichen Folgen nicht sehen kan, da sol ihm Gottes Befehl und Anweisung genug sein; da sol er allein um Gottes willen thun, d. h. in der festen Überzeugung, daß das gut und heilsam sei, was Gott sagt, ob er es gleich noch nicht einsehen kan: und in diesem Fal befinden sich freilich die Menschen sehr oft; und viele können nicht anders, als um des Befehls willen handeln, bis sie erst aus der Erfahrung die Frucht und Güte wahrnehmen. ? Sind diese Gedanken wahr; so würde die Form der christlichen Moral noch einer Änderung bedürfen. ? ?" Seit. 430.

 

[Ia-04-1779-0150]
5) Gründe, warum Gott nicht übernatürlich thut, was natürlich geschehen kan.

 

[Ia-04-1779-0151]
"So oft etwas in der Welt auch übernatürlich und eben sowol natürlich geschehen kan, so oft würde Gott ohne einen zureichenden Grund handeln, wenn er solches übernatürlich in der Welt darstelte. So oft die Uhr durch sich selbst die Zeit richtig anzeiget, so ist kein hinreichender Grund vorhanden, den Zeiger dahin zu rükken. Denn eben der Grund, aus welchem die Uhr ist, und also eingerichtet und zusammengesezt ist, daß sie durch eignes Triebwerk die Stunden weiset, ist auch ein Grund, solches von derselben, und ohne äussere Beihülfe, so oft sie es durch eignes Triebwerk recht macht, weisen zu lassen. Solte der Zeiger von

 

[Manuskriptseite 47.]

aussen dahin gerükt werden, so bedurfte es gar nicht der Uhr. ? Es würde ein solches Verfahren Gottes ganz wilkührlich und regellos sein, wenn er auch ohne durch einen Mangel in der Natur dazu genöthiget zu werden, übernatürlich in derselben handeln wolte. Und das ist unmöglich, daß Gott in der Welt blind, ohne hinreichenden Grund, nach blosser wilkürlicher Macht, auch nur einmal etwas wirken solte. Nur wenn Gott nicht mehr und nicht öfter in der Welt unmittelbar handelt, also so oft etwas, das zur Volkommenheit der Welt dienet, natürlich gar nicht, oder nicht eben so gut erhalten werden kan, hat er eine festgesezte Regel für alle seine Handlungen in der Welt. ?" Seit. 464. 465.

 

[Ia-04-1779-0152]
X.

 

[Ia-04-1779-0153]
Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände aus der Physik und Philosophie. Aus dem Französischen übersezt. Dritter Theil. Zweite Auflage. St. Petersburg, Riga und Leipzig, bei Iohann Friedrich Hartknoch, 1776.

 

[Ia-04-1779-0154]
1) Die Wirkung des Feuers oder des in Bewegung gesezten Äthers.

 

[Ia-04-1779-0155]
"Wenn die natürlichen Sonnenstralen auf einen Körper fallen, so sezzen sie die kleinern Theile seiner Oberfläche in Erschütterung und erregen eine Vibration, die hinwieder im Stande ist, neue Stralen zu erregen, welche uns eben diesen Körper sichtbar machen. Und ein Körper ist nur in so fern hel oder erleuchtet, in so fern seine eigne Theile in eine so schnelle Vibration gesezt sind, daß sie sich im Stande befinden, neue Stralen in dem Äther hervorzubringen.

 

[Ia-04-1779-0156]
Nunmehr ist es klar, daß, wenn die natürlichen Stralen der Sonne Kraft genug haben, die kleineren Theile der Körper zu erschüttern, die in dem Fokus versamleten Stralen die Theile der ihnen begegnenden, Körper in eine so gewaltsame Bewegung sezzen müssen, daß das Band, welches dieselben verknüpfet, sogleich zerrissen, und der Körper selbst gänzlich zerstöhrt wird, welches die Wirkung des

 

[Manuskriptseite 48.]

Feuers ist. Denn ist der Körper brenbar wie Holz, so treibt die Auflösung seiner kleinern Theile, die mit der heftigsten Bewegung verknüpft ist, einen guten Theil davon in Gestalt des Rauches in die Luft, und die gröbern Theile bleiben unter der Gestalt der Asche zurük. Die schmelzbaren Körper, wie z. E. die Metalle, werden durch die Auflösung ihrer Theile flüssig; und hieraus kan man abnehmen, wie das Feuer auf die Körper wirkt; es greift die Verbindung ihrer kleinsten Theile an und sezt darauf die Theile selbst in heftigste Bewegung. ?" Seit. 181. 182.

 

[Ia-04-1779-0157]
2) Woher es komme, daß der Himmel uns blau scheint?

 

[Ia-04-1779-0158]
"Ich bemerke zuerst, daß die Lufttheilchen, die von der Sonne erleuchtet werden, sehr klein und weit von einander entfernt, sind über das auch sehr dünne und fast gänzlich durchsichtig sind. Daher komt es, daß ein iedes, einzeln genommen, unmerklich ist, und wenn nicht eine grosse Anzahl dieser Theilchen ihre Stralen auf einmal und fast in derselben Richtung in unsre Augen werfen, so können wir sie nicht empfinden. Es müssen sich also die Stralen von mehrern vereinigen, um in uns eine Empfindung zu erwekken. ? Die blaue Farbe, die wir am Himmel sehen, wenn es klar ist, ist also nichts anders als das Resultat von allen diesen in dem Dunstkreise zerstreuten Theilchen, und vornehmlich von denen, die von uns sehr weit entfernt sind. Man kan also zwar sagen, daß alle diese Theilchen, ihrer Natur nach, blau sind, aber von einem so äusserst dünnem Blau, welches nicht eher sichtbar wird, als wenn sie in grosser Anzahl sind, und ihre Stralen nach einerlei Richtung vereinigen.

 

[Ia-04-1779-0159]
Die Kunst kan eine gleiche Wirkung hervorbringen. Man lasse nur ein klein wenig Indigo in einer grossen Menge Wassers zergehen; wenn man alsdenn dieses Wasser tropfenweis herunterfallen läst, so sieht man nicht die geringste Farbe daran, und wenn man etwas davon in einen kleinen Becher schüttet, so wird man nur eine sehr schwache bläulichte Farbe sehen. Wenn man aber ein grosses Gefäs damit anfüllet und es von weitem ansieht, so wird man darin ein sehr dunkles Blau gewahr. Eben diese Erfahrung kan man mit andern Farben anstellen. So scheint ein klein wenig Burgunderwein

 

[Manuskriptseite 49.]

kaum etwas röthlich zu sein, und wenn man eine grosse damit angefülte Flasche betrachtet, so wird die rothe Farbe ganz dunkel scheinen. ?

 

[Ia-04-1779-0160]
Da es auch erweislich scheinet, daß die lezten Bestandtheilchen des Wassers grünlich sind, so kan man behaupten, daß aus eben der Ursache, aus welcher das Meer oder ein Teich uns grün scheinet, auch der Himmel uns blau vorkömt. Denn es ist viel wahrscheinlicher, daß alle Theilchen der Luft eine leichte blaue aber so schwache Farbe haben, daß sie nicht anders sichtbar wird, als wenn man eine beträchtliche Menge davon oder den ganzen Umfang des Dunstkreises ansiehet; wahrscheinlicher, als wenn man diese Farbe den Dünsten, die in der Luft herumfliegen, zuschreiben wil. ? In der That, ie reiner und freier von Dünsten die Luft ist, desto mehr Glanz hat das Himmelblau; welches hinreichend beweist, daß man die Ursache davon in den Bestandtheilen der Luft suchen mus. Fremde Theile, die sich mit Luft vermischen, wie die Dünste sind, werden im Gegentheil diesem schönen Blau schädlich, und verändern den Glanz ausserordentlich. Wenn solche Dünste die Luft zu sehr beschweren, so verursachen sie hier unten Nebel, und benehmen uns gänzlich den Anblik der blauen Farbe; wenn sie höher aufsteigen, wie dieses gemeiniglich geschiehet, so entstehen daraus Wolken, die oft den ganzen Himmel bedekken, und uns eine ganz andre Farbe verursachen, als das Blaue der reinen Luft. Es ist dieses also eine neue Eigenschaft der Luft, ausser der Feinheit, Flüssigkeit und Elasticität, nämlich daß die äussersten Theilchen der Luft, ihrer Natur nach bläulicht sind. ?" Seit. 341. 342. 343. 344.

 

[Ia-04-1779-0161]
XI.

 

[Ia-04-1779-0162]
Theorie der schönen Künste und Wissenschaften. Ein Auszug aus den Werken verschiedener Schriftsteller von Friedrich Iust Riedel. Iena bei Christian Henrich Kuno. 1767.

 

[Ia-04-1779-0163]
1) Das Gefühl der Schönheit ist von dem Verlangen nach derselben verschieden.

 

[Ia-04-1779-0164]
"Die Bewegungen des Ergözzens und des Verlangens sind doch wirklich nicht eins und werden nur deswegen für eins gehalten, weil sie schnel

 

[Manuskriptseite 50.]

hinter einander *...*f*lgen erfolgen. Wenn eine Schönheit mich vergnügt, so ist es mir natürlich, daß ich wünsche, dieses Vergnügen noch weiter zu geniessen, und wenn ich glaube, daß dieses ohne den Besiz des Obiekts nicht möglich sei, so entstehet alsdann aus dem blossen Wohlgefallen auch ein interessirtes Verlangen. Nur unter zwo Bedingungen kan das Wohlgefallen allein stat finden; einmal, wenn wir die Erlangung des Obiekts für unmöglich halten und dann, wenn wir uns immer an dem Obiekte vergnügen und es empfinden können, ohne es zu besizzen. Es wird wohl keinem einfallen, einen Pallast, eine angenehme Aussicht, den gestirnten Himmel für minder schön zu halten, weil er diese Dinge nicht als eigen besizt. Unterdessen mus man gestehen, daß die Bewegung heftiger und das Vergnügen grösser wird, wenn beide Triebe zugleich würken. Eine blosse Schilderung ergözt weniger, als eine Handlung, an welcher zugleich das Herz Antheil nimt; wir werden wärmer und denken lebhafter, wenn wir nicht nur anschauen, sondern auch besizzen wollen. ?" Seit. 16.

 

[Ia-04-1779-0165]
2) Von Einheit und Mannichfaltigkeit.

 

[Ia-04-1779-0166]
"Mannichfaltigkeit in der Sache ohne Einheit in der Vorstellung wird zu deutlich, oder ermüdet; Einheit ohne Mannichfaltigkeit schläfert ein. Iene zerstreuet die Aufmerksamkeit und diese tödtet sie. Das Mannichfaltige unterhält; die Einheit befriedigt. Und dies ist gerade dieienige Mischung welche die Bewegung mässiget, daß sie weder zu schwach bleibet, noch zu heftig wird. Ist ferner die Einheit durchgängig, so kan im ganzen keine Unvolkommenheit sinlich werden, weil wir die Überstimmung aller Theile mit allen ihren sinlichen Endzwekken erkennen. Alle obige Regeln der Schönheit werden daher durch die Ideen von der Einheit und Mannichfaltigkeit erschöpfet.

 

[Ia-04-1779-0167]
Die Schönheit ist also sinliche Einheit in sinlicher Mannichfaltigkeit. H. Moses hat die Ursache schön entwikkelt, weswegen uns das Mannichfaltige dann erst gefält, wenn wir es uns so vorstellen, daß seine Theile in einander fliessen. Es ist dies ein Vergnügen, wodurch wir für unsre Endlichkeit und für die Einschränkung unserer Kräfte einigermassen schadlos gehalten werden." Seit. 22. 23.

 

[Manuskriptseite 51.]

[Ia-04-1779-0168]
3) Von Grossen und Erhabenen.

 

[Ia-04-1779-0169]
"Die Natur hat in unser Herz einen unüberwindlichen Hang gegen dasienige geleget, was für uns erhaben und fast götlich ist. ? Das Erhabene füllet unsere Seele mit grossen Vorstellungen und diese geben ihr gleichsam einen Schwung, wodurch sie sich über ihre gewöhnliche Sphäre erhebt und in eine höhere Region versezt wird. Daher komt es, daß wir gegen alles das partheiisch werden, woran wir etwas Erhabnes finden, welches einen der besten Kunstgriffe des epischen und tragischen Dichters abgiebt, wodurch er uns gegen seine Helden interessiret. ?

 

[Ia-04-1779-0170]
Das Kleine an sich ist weder angenehm, noch unangenehm. Es kan beides durch den Kontrast werden, in welchen es mit andern Dingen gesezt ist. Im Kontrast mit dem grössern wird es bald widrig, bald verächtlich, bald lächerlich. In Kontrast mit dem Kleinern bekomt es selbst eine Tinktur von Grösse, die es vorher nicht hatte und bringt dadurch die proportionirte Bewegung hervor. ?

 

[Ia-04-1779-0171]
Wenn das Gros zu gros ist, um in seinem ganzen Umfange sinlich übersehen zu werden, so verliehrt es dadurch in Absicht auf uns seine Grösse. Weil wir in diesem Falle genöthigt sind, unsre Aufmerksamkeit blos nach und nach auf die Theile zu richten, so fält es uns schwer die partiale Ideen in eine ganze zu fassen, die das Obiekt erschöpfte und das Ganze thut also keine Wirkung mehr. Bei allegorischen Personen können dergleichen Vorstellungen noch am ersten gedultet werden. Man übersieht die Zwietracht beim Homer, a) ?????? ???????? ????, ??? ??? ????? ??????. Il. ?. v. 443 a) ????? ... 443] Am Ende der Seite eingefügt und die Fama beim Virgil b) Ingrediturque solo et caput inter nubila condit. Aen. IIII. v. 177. b) Ingrediturque ... 177.] am Seitenende eingefügt weil man weis, daß durch die Grösse der Ausdehnung, die der Dichter seiner Person giebt, nur die Grösse ihrer Wirkungen figürlich bedeutet wird. Miltons Teufel aber wil ich sinlich denken und ich kan nicht. Ich stelle mich vor das Ungeheuer hin und werde, anstat es ganz zu sehen, immer nur ein Stük von ihm gewahr, das ist unerträglich und mishandelt meine Begierde, immer das Ganze zu denken, auf eine unausstehliche Art. ?

 

[Manuskriptseite 52.]

[Ia-04-1779-0172]
Eine ähnliche schlechte Wirkung thun übertrieben grosse moralische Gesinnungen. Wir wollen auch diese sinlich denken; unser Geist wil sich mit dem Helden in einerlei Verfassung sezzen und sich zu eben der Höhe emporschwingen, wo er ienen erblikte. Wenn ihm dies unmöglich fält, wenn die Tugend des Helden uns alzurein, der Heroismus zu gros, und seine Thaten zu uneigennüzzig scheinen; dann geben wir niemals uns die Schuld, daß wir sie nicht erreichen können, sondern allemal dem Helden. Wir fühlen innerlich die Unmöglichkeit eines solchen Karakters und dieser so gros er ist, verliehrt auf uns alle Wirkung. ? ?" Seit. 37. 38. 39.

 

[Ia-04-1779-0173]
4) Vom Erhabnen und niedrigen.

 

[Ia-04-1779-0174]
"Erhaben nennen wir dasienige, was über uns; niedrig, was unter uns ist. Der Hügel ist für uns erhaben, wenn wir in der Tiefe stehen und wird niedrig, sobald wir ihn von der Spizze eines höhern Berges erblikken. Eben so kan eine Gesinnung, oder Handlung für einen Menschen von der untersten Gattung erhaben sein, die für einen Helden nur niedrig sein würde und umgekehrt. Wir wollen daraus schliessen, daß das Erhabene und Niedrige nur verhältnismässige Ideen sind, die nach dem Standorte desienigen, der sie denkt, verschieden sind und oft, aus verschiednen Gesichtspunkten betrachtet, gar in einander fliessen. Für einen Menschen von der niedrigsten Klasse kan Schönaichs Herman erhaben sein; er ist es nicht für einen andern, der Geschmak hat, den Homer und Klopstok zu kosten. Homer ist erhaben, aber nur erhaben für uns; einem Geist von einer höhern Ordnung kan er nicht anders, als niedrig vorkommen und für Gott selbst ist nichts erhaben, als, menschlich zu reden, Er selbst. ?" Seit. 56. 57.

 

[Ia-04-1779-0175]
5) Von Einförmigkeit und Mannichfaltigkeit.

 

[Ia-04-1779-0176]
"Unsere Sinnen haften nicht lange an einem Gegenstande, dessen Theile entweder mit dem Ganzen, oder unter sich gleichartig, oder alzueinfach sind, um eine anhaltende sinliche Belustigung zu würken. Hingegen wird durch den Fortgang von einem

 

[Manuskriptseite 53.]

Obiekte zu einem andern, welches eine mit der vorigen abstechende Idee hervorbringt, das Gefühl einer angenehmen Abwechselung erzeuget, was von der Schönheit nicht kan getrennet werden. Wir wollen immer etwas neues empfinden; einerlei, vielmal und an vielen Subiekten empfunden, ist immer einerlei und tödtet unsre Aufmerksamkeit, anstat sie zu unterhalten. Ein langes Gedicht in einem Tone mit Versen ohne Abwechselung, eine Satire mit einerlei Gemälden, ein Drama mit Karakteren ohne Kontrast, eine Gallerie von Bildern, wo man nur eines sehen darf, um sie alle gesehen zu haben, ein Garten, dessen Beete lauter Quadrate sind, ein Tanz mit einerlei Touren, eine Musik, die wie das Thier ist,

 

[Ia-04-1779-0177]
das gieng und wiederkam;

 

[Ia-04-1779-0178]
alle dergleichen Produkte sind unendlich ermüdend und unangenehm. ?

 

[Ia-04-1779-0179]
Eben so unangenehm ist ein Fortgang, der sich von dem Einförmigen am allerweitesten entfernt und alzu mannichfaltig ist. Ein Obiekt, welches mit durchgängig heterogenen Dingen zugleich gedacht wird, oder dessen Theile höchwidrig und auf eine widrige Art mit einander gemischt sind, wird entweder verdrüslich, oder lächerlich. ? Wiederum, ein Ganzes, dessen regelmässige Anordnung alzu sinlich ist, da die Regel sogleich am Tage liegt, nach welcher die Theile verbunden sind, bringet ein Bild hervor, in welchem die Idee der Einförmigkeit deutlicher ist, als die Idee des Mannichfaltigen und wird eben dadurch unangenehm. ?

 

[Ia-04-1779-0180]
Wir lernen aus diesen Erfahrungen, daß in einem schönen Obiekte die Einförmigkeit immer dunkler sein mus, als die Idee der mannichfaltigen Theile, daß zur Schönheit eine unordentliche Ordnung gehört, Mannichfaltigkeit in einer gewissen Mischung von Regelmässigkeit und Unregelmässigkeit verbunden. ? Zu einem Produkt der Kunst gehören also drei Stükke: Abwechslung und Mannichfaltigkeit, Verbindung des Mannichfaltigen nach einer gemeinschaftlichen Regel und endlich Verbergung dieser Regel unter einem Kolorit, wodurch das Mannich

 

[Manuskriptseite 54.]

faltige sinlicher und hervorstechender wird, als die Regel selbst. Fehlt einem Produkte die Mannichfaltigkeit, so wird es nüchtern, oder trokken, wie man es nennen wil. Ist die Mannichfaltigkeit zu gros und ohne Einförmigkeit, so denkt man alzuweitläuftig, ausschweifend, kostbar, gezieret und unordentlich. Wird die Ordnung nicht fein genug verstekket, so bekomt das Werk ein steifes Ansehen, welches in Schriften der Schulton und in den Künsten überhaupt Pedanterei ist. ?" Seit. 65. 66. 67. 68.

 

[Ia-04-1779-0181]
6) Eine nüzliche Regel für den Künstler.

 

[Ia-04-1779-0182]
"Die schönen Künste und Wissenschaften haben die Absicht zu gefallen. Der Virtuose mus alle Mittel anwenden, die ihn zu diesem Ziele leiten. Wenn wir nun die Bemühung, zu gefallen, gar zu deutlich merken und also mehr die Übereinstimmung der Mittel zum Endzwekke, als ihre natürliche Verbindung unter einander wahrnehmen; so sagen wir, es sei zu sehr gekünstelt. Hat aber der Künstler seine Mittel, ausser ihrer Übereinstimmung zur Absicht, auch unter sich dergestalt verbunden, daß sie ungezwungen auseinander fliessen und sich gleichsam einander nothwendig machen; so sagen wir mit Recht; er hat die Kunst zu verbergen gewust, es ist alles Natur in seinen Arbeiten.

 

[Ia-04-1779-0183]
Der Artist mus seinen Gegenständen keine unnatürliche Farben leihen und den Gedanken selbst eine Wendung geben, in welcher man ihnen den Schweis nicht ansiehet, den sie gekostet haben. Vielleicht entdekt sich hier noch ein Unterschied unter dem Natürlichen, wiefern es dem Gezwungenen und wiefern es dem Unnatürlichen entgegengesezt ist. Das Unnatürliche betrift mehr die Ausbildung der Gegenstände, das Gezwungene die Ordnung und den Ausdruk der Gedanken. Eine Person, die im grösten Affekte nach wizzigen Antithesen und Gleichnissen gaukelt, ist unnatürlich; der Dichter, wenn er eben das thut, wird gezwungen. Bei dem ersten fält der Verdrus welchen

 

[Manuskriptseite 55.]

dergleichen Werke erregen, mehr auf die Gegenstände, bei d** diesen aber am meisten auf den Dichter selbst zurük. Ein Schöpfer der keinen guten Geschmak hat, wird unnatürllich, der knechtische Nachahmer des Schöpfers wird gezwungen. ?" Seit. 78. 79.

 

[Ia-04-1779-0184]
7) Von der Simplizität.

 

[Ia-04-1779-0185]
"Sobald ein Gedanke, der seine Schönheit und Erhabenheit aus dem Obiekte selbst empfängt, zu sehr ausgebildet und geschmükket wird; so sieht man vor allen Zierrathen das nicht, was man sehen solte. Ein erhabener Gegenstand bedarf unsrer Verschönerung nicht; aber das kostet Kunst, ihn gerade auf derienigen Seite sehen zu lassen, wo er am meisten erhaben ist: ist das geschehen, so hat der Artist alles gethan, was wir von ihm verlangen konten. ? Überhäufte Verzierungen, sagt Home, verwirren nur das Auge und verhindern den Eindruk, den der Gegenstand als ein volständiges Ganze machen solte. Ein Künstler, dem es an Genie zu Hervorbringung der grossen Schönheiten fehlet, wird durch einen natürlichen Hang getrieben, diesen Mangel durch eine Menge kleiner Verschönerungen zu ersezzen ersezzen. Daher kommen die in Gärten die Triumphbögen, die chinesischen Häuser, die Tempel, Obelisken, Wasserfälle, Springbrunnen, alles in übermässiger Menge; und in Gebäuden die Pfeiler, Vasen, Statuen und eine Verschwendung von Skulpturen. ? Überflüssiger Zierrath thut noch eine andere übele Würkung; er verkleinert den Gegenstand. ?" Seit. 80. 81.

 

[Ia-04-1779-0186]
8) Vom Lächerlichen.

 

[Ia-04-1779-0187]
"Die Bewegung, die ein lächerlicher Gegenstand erregt, ist von so besonderer Beschaffenheit, daß sie kaum Plaz findet, so lange die Seele irgend mit einer andern Leidenschaft, oder Bewegung beschäftiget ist. Eine ruhige Seele ist dann, wenn sie von wichtigern Geschäften befreit ist, fähig, das Lächerliche zu schmekken; sie wird durch dasselbe unterhalten, aufgemuntert und zu neuen Thätigkeiten tüchtig gemacht." Seit. 97.

 

[Manuskriptseite 56.]

[Ia-04-1779-0188]
"Die Seele wird müde, wenn sie sich lange genug mit beträchtlichen Gegenständen unterhalten hat, sie wil also ausruhen, ohne unthätig zu werden. Unser Trieb immer beschäftigt zu sein verursacht in unsrer Seele eine Fugam vacui und leidet, so lange wir wachen, keine völlige Abwesenheit angenehmer, unangenehmer, oder zweideutiger Empfindungen. Die lächerlichen Obiekte sind von der Natur dazu bestimt, das Leere auszufüllen und uns zu unterhalten, wenn wir nichts wichtiges zu denken haben; eben deswegen mus auch ein lächerlicher Gegenstand nothwendig, als klein und unbeträchtlich vorgestelt werden, doch ohne pöbelhaft zu sein. ?

 

[Ia-04-1779-0189]
Ein lächerlicher Gegenstand darf also keine starke und ernsthafte Leidenschaft erregen; seine Wirkung schleicht sich nur in eine ruhige Seele, die sie offen findet und erschüttert solche durch eine angenehme Küzzelung. Sobald uns ein Gegenstand interessirt, uns mit Has, oder Liebe erfüllet: so hört er auf, lächerlich zu sein. ?

 

[Ia-04-1779-0190]
Ein lächerliches Obiekt mus ferner etwas Unschikliches, eine Ausnahme von der Regel fassen und von der gemeinen Einrichtung seiner Gattung merklich abweichen. Und daher folgt, daß das Lächerliche einigermassen ungewöhnlich sein und für uns das Ansehn der Neuheit haben mus. Einen wizzigen Einfal belachen wir einmal und noch einmal; so bald er anfängt, alt zu werden, lachen wir nicht mehr. Selbst das Regelmässige kan lächerlich werden, wiefern es ungewöhnlich ist und eben dadurch ungereimt scheint. Denn alles das nennen wir ungereimt, was von der ordentlichen Beschaffenheit seiner Art abweicht, ohne durch seine Abweichung für uns wichtig und interessant zu werden. Daher kömt es, daß wir an uns selbst, wo sich ohnehin die Eigenliebe mit ins Spiel mischt, an unsern Freunden und überhaupt an denen, die wir täglich sehen, das Lächerliche oft nicht finden, was andere an ihnen gewahr werden. Daher komt es ferner, daß wir mehr durch das Lächerliche in Handlungen gereizt und länger unterhalten werden, als durch dasienige, was wir an Körpern wahrnehmen. Körper bestehen vor sich und sind, so oft wir sie

 

[Manuskriptseite 57.]

sehen, einmal wie zum andernmal. Eine Handlung aber ist transitorisch und hat, so oft sie wiederholt wird, wenigstens den Schein der Neuheit. Sie kan durch unendliche Verhältnisse abgeändert werden und iede Abänderung giebt neuen Stof zum Lachen. Überhaupt ist die Bewegung des Lachens etwas transitorisches und kan nicht alzulange anhalten. ? ?" Seit. 101. 102. 103.

 

[Ia-04-1779-0191]
9) Ähnlichkeit und Kontrast.

 

[Ia-04-1779-0192]
"Ähnlichkeit zwischen Gegenständen von einerlei Gattung, und Verschiedenheit zwischen Gegenständen von verschiednen Gattungen fallen zu sehr in die Augen und sind zu bekant, als daß sie unsre Neubegierde einigermassen befriedigen könten. Die Ähnlichkeit, wenn sie zu volständig ist, thut keine Wirkung mehr, so verschieden auch die Gattungen der verglichenen Gegenstände sein mögen. ?" Seit. 133.

 

[Ia-04-1779-0193]
"Eine alzugrosse Verschiedenheit, Verschiedenheit zwischen Gegenständen von ganz entfernten Gattungen ist alzumerklich und giebt unserer Neubegierde nicht Nahrung genug. Eben so wenig werden wir durch Verschiedenheiten unterhalten, die alzuklein und spizfindig sind, um ohne Zwang noch sinlich gedacht zu werden. Die rechte Temperatur ist Ähnlichkeit mit Kontrast verbunden, wenn wir Verschiedenheit zwischen Dingen entdekken, welche viel Ähnliches haben und Ähnlichkeit unter Dingen, die sehr verschieden sind. ?" Seit. 138.

 

[Ia-04-1779-0194]
"Bewegungen sind am stärksten, wenn sie nach und nach in einem Fortgange kontrastirt werden. Aber dann mus der Fortgang weder zu schnel, noch auch zu langsam sein. Ist er zu langsam, so wird die Wirkung des Kontrastes durch die Entfernung der Bewegungen von einander geschwächt; und ist er zu schnel, so hat keine von den Bewegungen Raum genug, bis zu ihrem ganzen Umfange anzuschwellen, sondern wird durch die nachfolgende Bewegung gleichsam in ihrer Geburt erstikt. ?" Seit. 139.

 

[Manuskriptseite 58.]

[Ia-04-1779-0195]
"Ist die Ähnlichkeit zu klein und nicht passend genug; so fühlen wir kein Vergnügen, oder sie wird lächerlich und artet in das Burleske und Komische aus. Ist sie zu volständig, so verschwindet ihre Wirkung. ? Die rechte Temperatur ist Ähnlichkeit und Unähnlichkeit in einem Punkte empfunden, und so empfunden, daß iene lebhafter sei und mehr, als diese, hervorsteche." Seit. 142.

 

[Ia-04-1779-0196]
"Die Ähnlichkeit ist ein starkes Prinzipium der Assoziation, welche die Ideen, darinnen sie angetroffen wird, beständig verbindet, unsere Gedanken von einer zur andern leitet und dadurch einen starken Hang zur Vergleichung in dem Menschen hervorbringet. Da die Vergleichung, indem sie geschieht, eine sanfte Anstrengung der Seele voraussezt, so ist sie auch eben deswegen angenehm. ? ?" Seit. 143.

 

[Ia-04-1779-0197]
10) Von der Täuschung.

 

[Ia-04-1779-0198]
"Die Täuschung entsteht in uns, wenn durch die Lebhaftigkeit der künstlichen Bilder unsre ganze Phantasie auf ein Obiekt gespant wird und dadurch die Einbildung ein Übergewicht über die Empfindung bekomt. Wir werden dann durch das, was wir uns einbilden, stärker gerührt, als durch das, was wir uns einbilden, stärker gerührt, als durch das, was wir empfinden; wir vergessen also das leztere und hängen blos dem erstern nach: nur noch einen Schrit, so wissen wir das eine nicht mehr von dem andern zu unterscheiden und entfernen uns von dem, was um und neben uns ist, und von uns selbst, und heben uns gegen das Obiekt, was unsre Phantasie gefült hat. ?" Seit. 152.

 

[Ia-04-1779-0199]
"Die Täuschung hat drei Grade. Der niedrigste ist, wenn wir nebst dem Obiekte, was uns täuscht, zugleich noch uns selbst und auch denen Obiekten gegenwärtig bleiben, die um uns herum sind, der mitlere, wenn wir, ausser dem täuschenden Obiekte, nur uns selbst noch, nicht aber den Dingen, die um uns herum sind, gegenwärtig bleiben; der höchste, wenn wir selbst uns selbst nicht mehr, sondern allein dem täuschenden Obiekte gegenwärtig sind. ?" Seit. 153.

 

[Manuskriptseite 59.]

[Ia-04-1779-0200]
11) Was Überraschung ist.

 

[Ia-04-1779-0201]
"Was unvermuthet ist, hemt plözlich und unterbricht die Reihe unsrer Vorstellungen und fängt einen neuen Fortgang der Ideen an; es entstehet daher in unsrer Seele eine schnelle Abwechslung und ein iählinger Sprung von einer Vorstellung auf eine andere; die mit iener nicht verwandt ist: diese Empfindung von der plözlichen Entstehung einer Idee, die durch keine vorigen herbeigeführt worden, ist das, was wir Überraschung nennen. ? ?" Seit. 157.

 

[Ia-04-1779-0202]
12) Staunen!

 

[Ia-04-1779-0203]
"Das Staunen entsteht aus dem Wunderbaren, wenn dieses so gros ist, daß sich unsere Aussicht in dasselbe ins Unendliche verliehrt, daß unsre Blikke schwinden und die Ideen uns auf eine Zeit verlassen, wodurch unsre Phantasie, die vorher ganz gefült war, aufeinmal leer, plözlich wiederum vol und plözlich wiederum leer wird. So staunen wir über den iählingen Anblik einer unermeslichen Tiefe, oder bei dem Gedanken einer gränzenlosen Ewigkeit. ?" Seit. 159.

 

[Ia-04-1779-0204]
13) Vom Neuen.

 

[Ia-04-1779-0205]
"Eine Sache ist neu für uns, die uns, wenn wir sie empfinden, von sich selbst eine lebhaftere Idee giebt, als wir vorher gehabt haben. ? Den untersten Grad der Neuheit findet man bei Gegenständen, die uns seit langer Zeit gleichgültig sind, wenn wir durch einen ohngefähren Zufal veranlast werden, sie mit andern Augen zu betrachten. ?

 

[Ia-04-1779-0206]
Der folgende Grad des Neuen wird an solchen Gegenständen angetroffen, die wir so lange nicht empfunden haben, daß ihre Idee in unsrer Phantasie entweder ausgelöscht, oder verdunkelt ist. Diese erhalten, wenn wir sie wieder sehen, für uns beinahe das

 

[Manuskriptseite 55.]

völlige Ansehen der Neuheit. ?

 

[Ia-04-1779-0207]
Ein Gegenstand von einer bekanten Gattung, der etwas Sonderbares und Ungewöhnliches an sich hat, wird dadurch neu, aber nur in einem geringern Grade; es sei denn, daß er durch das Sonderbare beinahe in eine andre Gattung übergeht, als in welchem Falle seine Neuheit sehr gros ist. ? Ein Gegenstand, den man vorher nur aus Schilderungen gekant hat, ist neu, wenn man ihn selbst sieht. Oft wird das Gefühl einer solchen Neuheit durch eine verdrüsliche Bewegung unterdrükt, die entsteht, wenn man uns den Gegenstand wunderbarer, oder vortreflicher abgeschildert hat, als wir ihn in der That befinden. ? Eine starke Ähnlichkeit zwischen einzelnen Gegenständen von einerlei Gattung vernichtet die Wirkung des Neuen fast gänzlich; wo nicht die Entfernung des Orts, oder andre Umstände hinzukommen. Aber wo die Ähnlichkeit schwach ist, da fühlen wir einige Verwunderung; und die Bewegung steigt im gleichen Verhältnisse mit der Schwachheit der Ähnlichkeit. ?

 

[Ia-04-1779-0208]
Noch grösser ist die Neuheit einer Sache, von der wir vorher gar nichts gewust haben, nicht einmal den Namen, einer ganz neuen Gattung, die gar keine Ähnlichkeit mit bekanten Dingen hat, z. E. die Entdekkung der Polypen. ?

 

[Ia-04-1779-0209]
Bei Dingen, die wir bisher für völlig unmöglich gehalten haben, vereinigt sich, wenn wir sie wirklich erblikken, das Gefühl der Neuheit mit der Überraschung und beide zusammengenommen wirken die stärkste Bewegung, die irgend ein neues Obiekt erregen kan; wenn man, z. E. ein Schif zur Reise in den Mond, die Quadratur des Zirkels und das Perpetuum Mobile erfände. ? ?" Seit. 167. 168. 169. 170.

 

[Ia-04-1779-0210]
14) Von der Übereinstimmung.

 

[Ia-04-1779-0211]
"Die Empfindung von einem Mangel der Übereinstimmung ist, in den meisten Fällen, weit unangenehmer, als das Gefühl der

 

[Manuskriptseite 61.]

Übereinstimmung angenehm ist, oder wirkt wenigstens stärker, weil dieses oft ohne Bewustsein stat findet, mit welchem iene allemal verknüpft ist. Die Übereinstimmung empfinden wir insgemein nur in einer dunkeln Idee, die zu dem Ganzen nicht ausdrüklich hinzugedacht wird. Eine Unschiklichkeit hingegen, eine Disharmonie, ein Mangel der Proportion wird halb empfunden und halb gedacht; die Idee des Ganzen wird dadurch völlig zerrüttet, und der Verdrus, welcher daher entsteht, ist desto grösser, ie schöner die Theile an sich sind, welche zusammengenommen einen Miston verursachen. Wenn der unschikliche Gegenstand sehr unwichtig und uninteressant ist, so wird die unangenehme Bewegung aus dem Mangel der Übereinstimmung durch das Gefühl des Lächerlichen vermindert, oder unterdrükt: ist der Gegenstand wichtiger und die Unschiklichkeit moralisch, so entsteht ein Hohngelächter; ist das Obiekt zugleich interessant, so sch verschwindet das Lächerliche; Verachtung und andere unangenehme Empfindungen bleiben zurük. ? Seit. 243.

 

[Ia-04-1779-0212]
15) Von den Leidenschaften überhaupt.

 

[Ia-04-1779-0213]
"Die ersten Bewegungen unsrer wollenden Kraft, von welchen man keinen weitern Grund angeben kan und in welche sich alle andre Begierden und Leidenschaften auflösen lassen, sind die Grund=Triebe; fortdaurende unbestimte Bemühungen zur Thätigkeit, die auf keine besondern Gegenstände gerichtet sind, weil ihr Obiekt ein algemeiner Zwek ist. Wir lieben alles, was mit diesen Grundtrieben übereinstimt, und hassen, was ihnen widerspricht. Das Gefühl von der Übereinstimmung eines Gegenstandes mit irgend einem Grundtriebe entsteht sehr schnel, und noch schneller die daraus folgende Bewegung; wir können aber doch eine Reihe von Thätigkeiten unterscheiden, wenn wir genau genau auf uns selbst merken wollen. Sobald ich ein Obiekt empfinde, so entsteht plözlich, und beinahe mit der Empfindung

 

[Manuskriptseite 62.]

zugleich, eine Bemühung zur Aufmerksamkeit, ein Trieb die Idee fortdaurend zu machen, um das Obiekt genauer kennen zu lernen. Aus einer uns gewöhnlichen Unachtsamkeit unterlassen wir es oft, diesem Winke zu folgen, den uns die Natur giebt; und dann kan keine folgende Bewegung entstehen. Folgen wir aber der Begierde zur Aufmerksamkeit, so wird die Idee bald lebhafter und fähiger, die Triebfeder der Seele in Bewegung zu sezzen. Wir sind geneigt, das Obiekt in der Beziehung zu betrachten, die es gegen uns und unsern Zustand haben kan und wenn wir finden, daß es sich als Art, Gattung, oder Individuum zu einem algemeinen Zwekke verhält, für welchen wir einen Grundtrieb haben, so wird dieser sogleich in Bewegung gesezt. Unsere Kraft wird sich gegen das Obiekt neigen und es wird sich eine Bemühung zu denienigen Handlungen äussern, die wir unternehmen müssen, wenn wir in eine solche Verhältnis gegen das Obiekt kommen sollen, als der Grundtrieb verlangt. Diese Äusserung eines Grundtriebes gegen ein ihm gemässes Obiekt heist eine Begierde. Ist der Gegenstand so beschaffen, daß seine Vereinigung mit uns den Zwek eines Grundtriebs entfernen würde, oder so, daß er diesen gradezu unthätig macht; so entsteht eine widrige Bemühung des Grundtriebes, welche sich der Vereinigung mit dem Obiekte widersezzet. Unsere Kraft neiget sich abwärts und wirkt eine Begierde zur Entfernung, die man Has, oder Verabscheuung nent.

 

[Ia-04-1779-0214]
Zuweilen wird ein solcher Trieb wirksam, ohne daß ein Gedanke vorhergegangen ist, wenn es nämlich seine Natur erfordert, wirksam zu sein, um uns an gewisse Handlungen zu erinnern, die wir nach unsrer Bestimmung unternehmen müssen. So wirkt zum Beispiel ein vager Trieb nach Glükseeligkeit; so Hunger, Durst, das Gefühl der Liebe auch ohne ein geliebtes Individuum. Zuweilen wird der Trieb rege durch die blosse Empfindung des Obiekts, ohne den ausdrüklichen Gedanken, daß dieser Gegenstand zur Befriedigung des Triebes gereichen könte. ? Zuweilen aber denken wir ein Obiekt und auch dies mit hinzu, daß es einen solchen Einflus auf uns äussern könte, als unsere Naturtriebe verlangen;

 

[Manuskriptseite 63.]

und das heist, eine Sache als gut denken. Aus diesem Gedanken mus nothwendig eine Begierde enstehen; allein dieser Fal ist seltsamer, als die beiden andern. ?

 

[Ia-04-1779-0215]
Da das Verlangen, welches iede Leidenschaft einschliest, zu einer Handlung führt, so ist diese Handlung entweder selbst der Endzwek, oder sie ist das Mittel zu einem Endzwekke. Wo die Handlung der Endzwek ist, kan Vernunft und Nachdenken keinen Theil daran haben. Die Handlung wird blindlings durch den Trieb der Leidenschaft ohne einige Absicht verrichtet: So schnapt einer im äussersten Hunger nach der Speise, ohne das geringste Nachdenken, ob die Speise gesund, oder *...* ungesund sein mag. Der Geiz zwingt einen Menschen, Reichthümer auf einander zu häufen, ohne die geringste Absicht auf ihren Nuzzen; und verwandelt dadurch abgeschmakter Weise die Mittel in den Endzwek. Die Furcht treibt uns oft zum fliehen, ehe wir noch nachdenken, ob wir auch wirklich in Gefahr sind, und die thierische Liebe reist nicht selten zum Genus hin, ohne daß man einen einzigen Gedanken vom Vergnügen hat. ?

 

[Ia-04-1779-0216]
Manche Begierden wirken so stark, daß sie uns selbst überwältigen, und aus ihrer Thätigkeit, auch zuweilen wider unsern Willen, schon die Handlung erfolget, auf welche sie gerichtet sind. Andere aber reizen nur zu Handlungen, deren wirkliche Unternehmung noch auf den Wink der Wilkürlichkeit und auf unsre Entschliessung ankomt.

 

[Ia-04-1779-0217]
Einige Begierden sind blosse Bewegungen, die kein stetiges Verlangen erzeugen, und bald interessirte, die in einem transitorischen Wunsche bestehen, das Obiekt zu besizzen, wenn es möglich wäre, bald uninteressirte, wo wir durch ein Obiekt bewegt werden, ohne daß es uns einfält, es besizzen zu wollen. Andere sind mit eigentlichem Verlangen und Abscheu verbunden, in wiefern es uns möglich scheint ein Obiekt entweder zu erhalten, oder zu entfernen. Diese sind bald Instinkte, wenn sie gerade auf den Zwek des Grundtriebs gehen;

 

[Manuskriptseite 64.]

bald Leidenschaften, wenn sie auf Mittel gehen, wodurch der Zwek des Grundtriebes kan erhalten werden. Der Wunsch, einen Freund zu sehen, ist eine Bewegung, die noch einigermassen interessirt ist. Das Wohlgefallen, was uns eine schöne Aussicht einflöst, ist eine Bewegung, die ihrer Natur nach kein wirkliches Verlangen einschliest. Die Begierde zum Genus ist Instinkt; Verlangen nach dem Besiz eines geliebten Gegenstandes, um ihn immer zu geniessen, ist Leidenschaft. ?" Seit. 259. 260. 261. 263. 264.

 

[Ia-04-1779-0218]
16) Der Unterschied zwischen angenehm und ergözzend und ihrem Gegentheil.

 

[Ia-04-1779-0219]
"Wenn ich einen wohlangelegten Garten sehe, so habe ich die Vorstellung, daß er schön, oder angenehm ist; und ich betrachte dieses Schöne, oder Angenehme als etwas, das dem Gegenstande zugehört, oder als eine von seinen Eigenschaften. Wenn ich darauf meine Gedanken von dem Garten auf dasienige wende, was in meiner Seele vorgeht, so bin ich mir einer ergözzenden Bewegung bewust, von welcher der Garten die Ursache ist. Die Ergözzung wird hier nicht als eine Eigenschaft des Gartens, sondern als eine Bewegung empfunden, die durch denselben hervorgebracht wird. ? Ein verfaultes Aas ist ekelhaft und erregt eine verdrüsliche Bewegung in dem Zuschauer. Das Unangenehme ist die Eigenschaft des Gegenstandes, das Verdrüsliche die Eigenschaft der Bewegung, die durch ihn erregt wird. Angenehm und unangenehm sind folglich Eigenschaften der Gegenstände, die wir wahrnehmen; Ergözzend und Verdrüslich aber Eigenschaften der Bewegungen, die wir fühlen. ? ?" Seit. 271.

 

[Ia-04-1779-0220]
17) Von der Zufriedenheit.

 

[Ia-04-1779-0221]
"Die Zufriedenheit ist die sanfte Empfindung, welche aus der Abwesenheit des Verlangens entsteht, und die Seele füllet, wenn diese von andern Bewegungen leer ist. Sie entspringt aus drei

 

[Manuskriptseite 65.]

Quellen. Erstlich folgt sie unmittelbar auf das Verlangen, wenn das Ziel desselben erreicht ist, und in diesem Falle kan sie durch dieienige sanfte Bewegung beschrieben werden, welche aus der Stillung einer Leidenschaft entsteht. Iede Leidenschaft hört auf, wenn sie ihren lezten Endzwek erreicht hat, sie verwandelt sich zuerst in eine blosse Bewegung und diese verschwindet zulezt in Gleichgültigkeit. Dieser mitlere Zustand zwischen der Leidenschaft und der Gleichgültigkeit ist eben dieienige Zufriedenheit, von welcher ich rede. ? Zweitens kan auch ein unerwarteter Vorfal Zufriedenheit erregen, den wir würden verlangt haben, wenn wir ihn vorher gesehen hätten. Wir können den vagen Trieb nach Glükseeligkeit als einen solchen ansehen, der beständig fortdauert, als ein immerwährendes Verlangen, welches durch eine iede vortheilhafte Begebenheit auf eine Zeitlang gestillet wird; und eben diese Stillung wirkt Zufriedenheit, wir mögen den Gegenstand vorher verlangt haben, oder nicht. Drittens folgt auch die Zufriedenheit auf ein Unglük, Leiden, auf mühsame Arbeiten, von welchen wir nur erst sind befreiet worden. Diese Gattung der Zufriedenheit ist stärker und angenehmer, als die übrigen. Der Grundsaz des Entgegengesezten hat Theil an dieser Wirkung. Die Bewegung der Zufriedenheit, die aus der Endigung des Schmerzens entspringt, wird durch den Kontrast erhöht, wenn wir an unser vorhergehendes Leiden gedenken. Die Endigung des leiblichen Schmerzes ist für sich selbst kein Vergnügen. Denn eine Verneinung kan weder Schmerz noch Vergnügen wirken. Aber der Mensch ist von Natur so eingerichtet, daß er sich eben so wohl bei Erleichterung der Schmerzen freuet, als bei der Beraubung eines Gutes betrübet. Die Befriedigung des Verlangens komt noch, als eine Nebenursache dazu; und mit ihr vereinigt der Kontrast seine Gewalt, indem er das Gefühl von unserer gegenwärtigen Glükseeligkeit vermehrt. ? ?" Seit. 272. 273. 274.

 

[Manuskriptseite 66.]

[Ia-04-1779-0222]
18) Von Hofnung - und der Erwartung.

 

[Ia-04-1779-0223]
"Die Hofnung ist eine anticipirte Zufriedenheit, dieienige angenehme Bewegung, welche entsteht, wenn man sich den Besiz eines Guten oder die Entfernung eines Übels als sehr möglich und wahrscheinlich gedenket. ? Es giebt eine Art der Hofnung, die auf kein bestimtes Obiekt gerichtet ist, weil sie blos aus dem Gedanken von der möglichen Befriedigung einer vagen Begierde entspringt. ?" Seit. 277.

 

[Ia-04-1779-0224]
"Die Erwartung ist eine Bewegung von zweideutiger Natur, welche aus der Annäherung eines verlangten, oder eines widrigen Erfolgs entsteht. Ihre nächste Wirkung ist die, daß sie die Zeit in unsrer Einbildung verlängert, wenn der erwartete Erfolg angenehm ist, und verkürzet, wenn er unangenehm ist. Das einzige Maas der Zeit ist die Reihe unsrer Gedanken; und wir urtheilen allemal, daß die Zeit nach dem Verhältnisse der Anzahl von Vorstellungen, die während derselben durch die Seele gehen, lang oder kurz ist. Allein durch dieses Maas kan nur dieienige Zeit genau bestimt werden, welche schon vergangen ist. So lange sie noch dauert, mischen sich unsre Leidenschaften mit ins Spiel und machen, daß die Berechnung der Zeit oft ganz anders ausfält. Wenn wir uns nach einer künftigen Begebenheit sehnen, so scheint uns iede Minute bis zu dem Augenblikke des Genusses unerträglich lang. Gehet hingegen die Erwartung auf einen unangenehmen und schon bestimten Erfolg, so vermindert sie den Zwischenraum zwischen dem gegenwärtigen Zeitpunkte und dem Augenblikke des Erfolgs. Im ersten Falle scheint uns die Zeit immer zu lang, und in diesem immer zu kurz. Die Erwartung eines unbestimten und ungewissen Erfolgs bringt eine andre Wirkung hervor, und macht, daß wir die Zeit auf die entgegengesezte Art berechnen. Dies ist der Fal bei Leuten, die schlimme Nachrichten besorgen. Man weis, wie beschwerlich die Ungewisheit dem grösten Theile der Menschen ist. Dieser Fal ist also dem Falle bei leiblichen Schmerzen ähnlich. Das gegenwärtige Leiden macht in beiden Fällen,

 

[Manuskriptseite 67.]

daß uns die Zeit äusserst lang scheint. ? Der leibliche Schmerz ist allemal mit einer gewissen Ungedult und einem ängstlichen Verlangen begleitet, seiner frei zu werden. Die Ungedult macht uns iede Minute zur Stunde. ? ?" Seit. 278. 279.

 

[Ia-04-1779-0225]
19) Von Abscheu und Verabscheuung.

 

[Ia-04-1779-0226]
"Abscheu und Verabscheuung sind nicht völlig einerlei. Ienes geht auf einen Gegenstand, den wir nicht empfinden, und diese auf einen andern, den wir nicht besizzen wollen. Ienes entsteht aus einem Widerspruch mit Triebe des Wohlgefallens, diese aus einem Widerspruch mit Triebe des Interesse. Ein häsliches Obiekt erregt Abscheu; ein schädliches Verabscheuung. Das Häsliche selbst nimt Theil an der Natur des Schädlichen, sobald wir aufhören, blosse Zuschauer zu sein, sobald wir es mit aller seiner Häslichkeit besizzen und in solchen Verhältnissen besizzen sollen, wo wir nur Schönheit verlangen. ?" Seit. 286. 287.

 

[Ia-04-1779-0227]
20) Vom Zorn.

 

[Ia-04-1779-0228]
"Man weis, daß der Zorn aus der Unlust über eine empfangene Beleidigung, und aus der Begierde, sich zu rächen, zusammengesezt ist. Diese Vorstellungen ringen in einem aufgebrachten Gemüthe mit einander und bringen ganz entgegengesezte Bewegungen hervor, nachdem bald diese, bald iene die Oberhand gewint. Bald ergiest sich das Blut in die äussern Theile des Zornigen, die Augen ragen hervor, und werden feurig, das Angesicht roth, er stampft mit den Füssen, schlägt um sich und tobt wie ein Rasender; dieses sind die Kenzeichen der herrschenden Begierde sich zu rächen. Bald kehrt das Blut zum Herzen zurük, das wilde Feuer der Augen verlöscht, und sie sinken tief in ihre Hölen, das Angesicht erblast und die äussern Glieder hängen kraftlos zur Erden; dieses sind die Kenzeichen der herschenden Unlust über die empfangene Beleidigung. ? Ist nun der Zorn nicht ohne die Begierde sich zu rächen; so wird das aufgebrachte Gemüth, daß in der Hizze des Affekts die Rache wie seine

 

[Manuskriptseite 68.]

Glükseeligkeit liebet, sich mit Vergnügen an dieser Vorstellung weiden, und den Gegenerinnerungen der Vernunft schwerlich Gehör geben. Der Zorn also gehört zu den vermischten Empfindungen und daher komt der gewaltsame Reiz, den das ergrimte Gemüth in demselben findet. Der Zorn ist so angenehm nicht, als Scherz und Fröhlichkeit, und dennoch hat ** er für einen, der sich dazu berechtigt zu sein glaubt, einen so unaussprechlichen Reiz, daß mehr als stoische Überwindung dazu gehöret, sich seiner zu entschlagen. Nichts ergözt den Zornigen mehr, als seine Entrüstung, uns es läst sich leicht erweisen, daß der Zorn eine Vermischung von angenehmen und unangenehmen Empfindungen ist. ?" Seit. 299. 300.

 

[Ia-04-1779-0229]
21) Einige Beobachtungen über die Leidenschaften ? für die Artisten Dichter.

 

[Ia-04-1779-0230]
"Die Leidenschaften bleiben niemals eine beträchtliche Zeit nach einander einförmig; sie wanken insgemein hin und her, indem sie wechselsweise anschwellen und wieder sinken und dieses oft in einer sehr schnellen Folge. Dieses Wanken wird in dem Falle einer wirklichen Leidenschaft durch eigne Gesinnungen ausgedrükt; und mus sowohl von dem Dichter, als von dem Schauspieler nachgeahmt werden. ?

 

[Ia-04-1779-0231]
Zweitens müssen die verschiedenen Erscheinungen einer Leidenschaft und ihre verschiedenen Richtungen, von ihrer Entstehung an bis zu ihrem Ende, mit Sorgfalt in den Gesinnungen vorgestelt werden, weil diese leztere sonst oft an den unrechten Ort kommen würden. ?

 

[Ia-04-1779-0232]
Drittens, wenn die Seele von verschiednen Leidenschaften zugleich bewegt wird, so wankt sie hin und her und äussert sich in Gesinnungen, die von eben dieser wankenden Bewegung etwas haben. ?" Seit. 316. 317.

 

[Ia-04-1779-0233]
22) Eine Bemerkung.

 

[Ia-04-1779-0234]
"Man hat bemerkt, daß ein Held im Unglükke uns mehr interessirt, als im Glük. Alle unsre Begieden hören auf, wenn ihr Endzwek erreicht ist, und verwandeln sich allenfals in blosse Bewegungen. Ist der Held glüklich, so freuen wir uns, aber diese Freude ist

 

[Manuskriptseite 69.]

transitorisch, sie verwandelt sich in eine blosse Zufriedenheit und hört endlich gar auf, wenn sie von keinem Verlangen begleitet wird. Das Unglük hingegen läst uns eine Verändrung des Zustandes wünschen; das Mitleiden entflamt unsern Unwillen wider den Urheber, wider den Beleidiger, und die heftigen Bewegungen, welche daher entstehen, sind für uns ergözzender, als eine öde Zufriedenheit. ?" Seit. 336. 337.

 

[Ia-04-1779-0235]
23)

 

[Ia-04-1779-0236]
Der Geizhals!
"Der Geizhals sezt des Lebens bestes Erbe,
Die herzerhebenden Entzükkungen des Menschen,
Die ihm als Freund, als Bruder, Gatte, Vater
Und Patriot gehören, diesen Reichthum
Von unschäzbaren, tausendfachen Freuden
Sezt dieser Thor für Silber um, für Silber,
Das Kinder gern (weit klüger) für die Puppe
Verschwendeten: Begierde nach Vergnügen
Schliest hier den Kauf, dort Brunst nach todtem Golde
"Doch Millionen, welche Summe!" ? Rechne
Die Sünden nach, die diese Summe kostet:
Den Bissen rauben, den die Menschenliebe
Auf Gottes Altar legt, um den Armen,
Und Sterbenden zu pflegen; vaterlosen
Unmündigen ihr unbeschüztes Erbe
Mit Eiden aus den Händen schwören; die
Die rächende Gerechtigkeit zum Zeugen
Der Lüg und des Betrugs mit allem Donner
Aus ihrem Himmel rufen; Augenblikke
Der mütterlichen Angst abwarten; wenn

 

[Manuskriptseite 70.]

Der Säugling sich vor Frost an ihrem Busen schmieget,
Wenn rings um ihren Schoos die blassen Waisen
Sich bebend, halb bedekt, zusammenkrümmen,
Die lezte Rinde Brod benagen, von den Thränen
Der Mutter eingeweicht; den Augenblik,
Wenn sie mit strömenden, vergrämten Augen
Auf die verlasne Unschuld blikt, und seufzet,
Und wünschent, daß sie nie gebohren hätte,
Den Augenblik der Angst abwarten, um
Mit Noth zu wuchern ? rechne diese Sünden,
Ach! rechne diese Sünden, des Gewissens
Gereizte Foltern, die verkauften Freuden
Des Lebens hier, und die verkauften Freuden
Des künftigen! ? des Himmels! rechne! rechne
Die alle! und sprich dan, wie vielmal tausend
Von solchen Millionen machen nichts! ?"

Seit. 352. 353.

 

[Ia-04-1779-0237]
XII.

 

[Ia-04-1779-0238]
Neue Apologie des Sokrates oder Untersuchung der Lehre von der Seeligkeit der Heiden, von Iohann August Eberhard, Prediger in Berlin. Berlin und Stettin, bei Friedrich Nikolai. 1772.

 

[Ia-04-1779-0239]
1) Die Art, wie die Meinung von der Verdammung der Heiden, in den christlichen Lehrbegrif gekommen ist.

 

[Ia-04-1779-0240]
"Es ist lange ein Grundsaz in der römischen Glaubenslehre gewesen, daß ausser der Kirche keine Seeligkeit sei. Dieser Grundsaz ist bei der Glaubensverbesserung unverändert stehen geblieben;

 

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nur daß man dem Worte Kirche eine andere Bedeutung beigelegt hat. Anstat den Glauben an die Aussprüche eines sichtbaren Oberhaupts für die erste Bedingung der Seeligkeit festzusezzen, hat man von den Gliedern derselben die Annehmung aller Glaubensartikel, die sich auf die rechterklärte Schrift gründen, zur Seeligkeit erfordert. Hiebei war nun nichts natürlicher, als daß die ausserchristlichen Völker, wie zuvor, von der Seligkeit ausgeschlossen blieben.

 

[Ia-04-1779-0241]
Iezt wil ich einige Anmerkungen über die Art machen, wie diese Meinung in den christlichen Lehrbegrif gekommen ist, und sich darin erhalten hat.

 

[Ia-04-1779-0242]
Die Unwissenheit dererienigen, welche blos politische Verurtheilungen zu götlichen gemacht, hat wohl die erste Gelegenheit zur Ausschliessung der Heiden von dem Antheil an der Seeligkeit gegeben. Anfangs waren es blos bürgerliche Verordnungen, wodurch man die Irrenden aus der Gemeinschaft der Kirche sties, und sie der Vorrechte unfähig erklärte, welche die Glieder derselben genossen. Dies war in den ersten Zeiten der Sin der Verbannungen aus der Geselschaft der Heiligen. Allein diese Verbannung und diese Geselschaft der Heiligen, die sich zuerst blos auf das gegenwärtige Leben einschränkte, ward mit der Zeit über die Gränzen derselben ausgedehnt. Man hielt alle Ir*...* Irgläubigen gar bald auch für unfähig, nach dem Tode in der Geselschaft der Heiligen glükseelig zu sein; ein Misverständnis, das bei der Barbarei und bei der groben Unwissenheit der Zeiten, worin dieser Lehrbegrif festen Fus faste, sehr natürlich war; um desto natürlicher, da er den Priestern und ihren Verbannungen eine Wichtigkeit gab, die sie sonst nicht hatten, und die ihnen sehr einträglich war.

 

[Ia-04-1779-0243]
Die ersten Reformatoren fanden also die Meinung von der Verdamnis der Heiden unter den Christen festgesezt. Da sie in der Verbesserung der Religionserkentnis nur erst die verderblichsten Irthü

 

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mer angriffen, und auch hiebei sehr stufenweise verfuhren, nach dem Maasse, wie ihre eigne Einsichten wuchsen: so liessen sie eine Lehre unberührt, die sie nicht allein für unschädlich, sondern auch, nach der damaligen mangelhaften Auslegungskunst für schriftmässig hielten. Vielleicht war es auch eine Wirkung ihrer Mässigung und Klugheit, von dem eingeführten Lehrbegrif das minder schädliche stehen zu lassen, um den Has und die Vorwürfe ihrer Feinde gegen sich, so sehr als sie konten, zu vermindern. Ich werde unten ausführlicher zeigen können, daß die Verdammung der Heiden in dem christlichen System erst seit der Zeit des H. Augustins die Oberhand gewonnen habe. Die Liebe zu diesem Reformator Kirchenvater, die fast allen Reformatoren gemein war, trug ebenfals nicht wenig dazu bei, diese Lehre, die sie in seinen Schriften fanden, beizubehalten und fortzupflanzen. ?" Seit. 18. 19. 20. 21.

 

[Ia-04-1779-0244]
2) Widerlegung eines seichten Grundes, durch den man die Verdammung der Heiden zu behaupten sucht.

 

[Ia-04-1779-0245]
"Sobald diese Meinung in den theologischen Schulen eingeführt war, fieng man an, die Eigenschaften Gottes bei einem solchen Rathschlusse der Verwerfung zu retten. Man muste nämlich zeigen, wie das höchste Wesen, seiner Gerechtigkeit unbeschadet, einen so grossen Theil des menschlichen Geschlechts zu ewigem Elend verurtheilen könne, ohne ihm Mittel an die Hand zu geben, diesem Elend zu entgehen. Einer der vornehmsten Gründe, womit man sich schon so lange befriedigt hatte, ist schon von dem H. Thomas von Aquino vorgetragen, und nach ihm oft wiederholt worden. Die Seeligkeit besteht nämlich der Meinung dieses seraphischen Lehrers nach in in dem Anschauen Gottes. Dieses Anschauen Gottes ist der menschlichen Seele nicht natürlich; folglich ist die Seeligkeit ein ausserordentliches Gnadengeschenk; ein Geschenk aber hängt blos von der

 

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Freiheit Freigebigkeit des Gebers ab; man kan sich also nicht beklagen, wenn er das, was er andern giebt, uns zu versagen, für gut findet.

 

[Ia-04-1779-0246]
Eine solche Schlusfolge hat man lange gelten lassen, und mit wenigen oder mehr Veränderungen in Schriften aufgenommen. Man hat nämlich einen Unterschied erdacht, den aber die Natur verkant, und wornach man zwei Stükke der Seeligkeit annimt, erstlich die Befreiung von Elend, und zweitens einen Zustand positiver Freuden, welcher im Anschauen Gottes bestehen sol. Das erste, meint man, könne Gott allenfals einem Geschöpf nicht vorenthalten, das sich ohne sein Verschulden vergangen hat; das lezte hingegen könne er ihm schlechterdings ohne Ungerechtigkeit versagen.

 

[Ia-04-1779-0247]
Dieienigen, die sich mit dieser Eintheilung der Schule beruhigen können, müssen nicht an die Einfachheit der geistigen Substanz der Seele gedacht haben. Wer nun erwegt, daß die Entfernung der Schranken der Realität Raum giebt, sich zu äussern, dem mus nichts natürlicher scheinen, als daß durch die Aufhebung der Unglükseeligkeit die Glükseeligeit sogleich sich hervorthun müsse. Die Unglükseeligkeit eines Geistes besteht in dem Zwange, wodurch seine Kräfte gehindert werden, sich auszudehnen. Bei der Glükseeligkeit einer menschlichen Seele kömt also alles auf die ungehinderte Äusserung ihrer Wirksamkeit an. Ein verständiges Wesen kan seine eigene Volkommenheit nicht ohne Vergnügen anschauen, und alle wahre Volkommenheit eines Geistes läst sich endlich auf dieses ungestörte Wirken zurükbringen.

 

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Daß aber das Anschauen Gottes, ? kein körperliches Anschauen, sondern ein Anschauen, wie es sich für die einfache Gotheit und die einfache Seele schikt, ? daß dieses die höchste Glükseeligkeit eines Geistes ist, das kömt daher, weil das allerhöchste Wesen der unerschöpfliche Gegenstand ist, woran der betrachtende Geist ohne Ende seine Thätigkeit beschäftigen kan. Ich befürchte, daß selbst bei denen, die hierüber am meisten auf ihre Hut sein wollen, sich in den Be

 

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grif vom Anschauen der Gotheit noch immer etwas körperliches mische. Und nach dieser groben Vorstellung desselben könte man solches denn freilich als ein abgesondertes Stük der künftigen Seeligkeit betrachten. Aber auch nur blos nach dieser groben Vorstellung; und wenn die vor der genauern Prüfung einer aufgeklärten Vernunft nicht bestehen kan: so mus auch eine Eintheilung fallen, die auf sie gebauet ist.

 

[Ia-04-1779-0249]
Wenn es hinreichend ist, zu sagen, daß das höchste Wesen dem Menschen eine Seeligkeit, die es ihnen entzieht, nicht schuldig sei: so kan man diesen Grundsaz auch auf die Christen ausdehnen, und ihre künftige Glükseeligkeit wird nicht viel sichrer dabei sein, als die Seeligkeit der Völker, die nicht Christen sind. Ich weis wohl, daß Niemand, der sich dieses Grundsazzes bedient, diese Ausdehnung desselben anerkennen werde; allein es ist gut, die Vertheidiger einer Meinung zu warnen, nicht mit Waffen zu fechten, womit sie sich selbst verwunden. Es ist wahr, wir können auf die Versicherung der Schrift unseres Heils gewis sein; aber wenn eben diese Schrift uns zu gleicher Zeit versichert, daß auch unsere Seeligkeit ein Gnadengeschenk Gottes sei: so folgt wenigstens hieraus so viel, daß, Geschenk Gottes, und, Gewisheit der Erhaltung desselben, daß dieses wohl mit einander bestehen könne.

 

[Ia-04-1779-0250]
Und bei dem allerhöchsten Wesen kan es nicht blos zusammen bestehen, es mus unzertrenlich verbunden sein. Die positiven Versicherungen, worauf der Christ seine Hofnung eines ewigen Wohlseins bauet, erhalten ihre Gewisheit von der Wahrhaftigkeit Gottes; einer götlichen Eigenschaft, die dem Allerhöchsten nicht wesentlicher ist, als seine Güte, welche auch dem Heiden die Gewähr für seine künftige Seeligkeit leistet, wenn er sich ihrer nicht

 

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unwürdig gemacht hat. Der Inbegrif aller unendlichen, und die Quelle aller endlichen Volkommenheit, kan seinem Geschöpf keine Glükseeligkeit vorenthalten, deren es fähig ist, und deren es sich nicht selbst unwürdig macht. "Ist meine Seeligkeit, kan ein Sokrates mit Zuversicht sagen, ist meine Seeligkeit ein Geschenk deiner Hand, du Vater der Geister, wohl mir! Dann bin ich derselben gewis, wenn ich hinieden von den Gaben, die du mir verliehen hast, einen gewissenhaften Gebrauch gemacht habe. Denn die Ertheilung deiner Geschenke hängt nicht von Eigensin, nicht von Partheilichkeit, ab, sie sind alle unser, wenn es Geschenke sind, die sich für uns schikken, und wenn wir sie nicht selbst verschmähen."

 

[Ia-04-1779-0251]
Solte also durch diesen Saz, die Seeligkeit ist ein Geschenk Gottes, die Verdamnis der Heiden können gerechtfertigt werden: so müste man annehmen, daß sie derselben unfähig sind, und das erfordert eine Untersuchung, die ich hier noch nicht anstellen kan. ?" Seit. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

 

[Ia-04-1779-0252]
3) Vom dunkeln Glauben, den einige den Heiden, um sie zu rechtfertigen, geben.

 

[Ia-04-1779-0253]
"Der dunkle Glaube, welcher einer von diesen Nebenwegen ist, sol nichts anders sein, als die vorausgesezte Bereitwilligkeit eines Menschen, den Lehrsäzzen der rechtgläubigen Kirche Beifal zu geben, wenn sie ihm bekant gemacht würden. Man mus nicht zu sehr auf die genaue Erklärung dieses scholastischen Kunstworts dringen, wenn man sich damit befriedigen wil, ohne der Verbindlichkeit zur Annehmung aller Glaubenslehren etwas zu vergeben; denn sonst ist es leicht zu zeigen, daß es uns gerade dahin führe, daß unsre Seeligkeit nicht von Lehrmeinungen abhängen könne. Ist diese Bereitwilligkeit etwas wirk

 

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liches: so kan sie aus nichts anders abgenommen werden, als aus dem übrigen schon bekanten redlichen Gemüthskarakter gegen Wahrheit und Tugend. Ein Vertheidiger der Heiden, der sich dieses Grundes vom dunkeln Glauben bedient, mus behaupten, die Bereitwilligkeit, die Wahrheit anzunehmen, die schon aus ihrem anderweitigem Betragen gegen dieselbe deutlich erhelle, werde ihnen auch in denienigen Lehren zu Statten kommen, die sie nicht gewust, und also auch nicht annehmen können. In diesem Falle kömt alles augenscheinlich auf die gute Einrichtung des Gemüths, auf Redlichkeit und Gewissenhaftigkeit an; und dadurch wird das Verdienst des Glaubens an Lehrvorschriften nothwendig ausgeschlossen. Uns dünkt aber um etwas so einfaches und natürliches zu sagen, habe man nicht nöthig, sich hinter unverständliche Schulwörter zu stekken, die zumal alsdann manchem Misverstande ausgesezt sind, wenn man sie der nakkenden Wahrheit entgegen stelt. ?" Seit. 34. 35.

 

[Ia-04-1779-0254]
4) Von einer algemeinen Religion.

 

[Ia-04-1779-0255]
"Die Gotheit hat es für gut befunden, uns hier in der Welt der Führung unsrer Vernunft zu übergeben, die Entwiklung unsrer Kräfte blos von unserm eignen gewissenhaften Gebrauch abhangen zu lassen, ohne durch eine unmittelbare Darzwischenkunft diese Entwiklung entweder zu beschleunigen oder zu erhöhen. In diesem Plane der Vorsehung, würde keine andere Ausschliessung von dem Wohlgefallen Gottes gegolten haben, als der Mangel an Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit, man würde also keine Klassifikation der Seeligen nach Völkerschaften haben machen können; sondern der Grad von der Ehrlichkeit Erkentnis, den ein ieder einzelner Mensch nach seinen Gaben und nach der Gelegenheit, die er gehabt, sich verschaft hätte, würde gerade derienige gewesen sein, der ihn zu dem Genus der Glükseeligkeit, unter den Augen seines unpartheiischen Schöpfers, würde berechtigt haben. ?" Seit. 48.

 

[Manuskriptseite 77.]

[Ia-04-1779-0256]
5) Von der Prädestination ? und ihrem Urheber.

 

[Ia-04-1779-0257]
"Mit der Prädestination hat sich das ganze dunkle Gefolge von Gnade, unwiderstehlicher Gnade, alle verschiednen Stuffen dieser unumgänglich nothwendigen allein wirksamen, seelig machenden Gnade, von Erbsünde und andern dergleichen unverständlichen Kunstwörtern erhalten. Alles dieses traurige Geschwäz brachte ein Man in das christliche Religionssystem, der sich durch eine fehlerhafte Übersezzung leiten lies a) Indem Augustin den Ausdruk fehlerhaft ??? ? Röm. 5, 12. durch per qu** in quo übersezte. a) Indem ... übersezte.] am Seitenende eingefügt, der die Wichtigkeit der Priesterschaft mit allem Fleis erhöhen wolte, indem er die Gnade zu einer nothwendigen Bedingung der Seeligkeit machte, von welcher die Priester die einzigen thätigen tüchtigen Austheiler waren; und der sich bei allem diesem nicht darum bekümmerte, welchen Vorschub dieses Gnadensystem der Lasterhaftigkeit geben könne.

 

[Ia-04-1779-0258]
Daß sich diese Lehrform bis auf die Zeiten der Reformation fortpflanzte, wol war wol um deswillen kein Wunder, weil die ganze Theologie der mitlern barbarischen Iahrhunderte in einem Inbegrif von Lehrsprüchen des Augustinus bestand, die endlich durch den Thomas von Aquino einem grossen Theile der Mönchsorden überliefert wurden. ?" Seit. 50. 51.

 

[Ia-04-1779-0259]
6) Widerlegung der Prädestination.

 

[Ia-04-1779-0260]
"Das, was einem geistigen Wesen den Rang über ein körperliches Wesen giebt, ist nichts anders, als die Selbthätigkeit und die Vorstellungskraft, die das Geistige vor dem körperlichen voraus hat; das, was auch unter den verschiednen Geistern die höhern Klassen und Ordnungen macht, sind die höhern Grade von Einsicht und Erkentnis, wodurch sich eine Ordnung über die andre erhebt; so daß in allem, was wir kennen, Einsicht, Verstand, Erkentnis,

 

[Manuskriptseite 78.]

Vortreflichkeiten sind. Und in dem volkommensten Wesen allein solte Verstand und Einsicht nicht die höchste Vortreflichkeit sein, die Grösse desselben allein solte aus andern Elementen zusammengesezt sein, und nach andern Regeln geschäzt werden?

 

[Ia-04-1779-0261]
Wie darf man Gott eine blinde wilkührliche Macht, als einen Vorzug beilegen, die wir bei Menschen, unter den verhasten Namen der Tyrannei, verabscheuen. Und doch ist es nicht zu viel gesagt, wenn man die Vertheidiger der unbedingten Rathschlüsse beschuldigt, daß sie Gott als den wilkührlichsten Tyrannen vorstellen. Denn sie gründen die Glükseeligkeit und das Elend der vernünftigen Geschöpfe auf den Willen Gottes, nicht blos auf einen uns unbegreiflichen Willen, auf einen solchen, dessen Bewegungsgründe wir nicht erforschen können; sondern sie behaupten ausdrüklich, daß dieser Wille von keiner Einsicht geleitet, von keinen Ursachen bewegt werde. ?" Seit. 55. 56.

 

[Ia-04-1779-0262]
"Die Prädestinatianer glauben, wenn der Wille Gottes nach gewissen Bedingungen beschliesse: so werde er dadurch wandelbar gemacht. Gott müsse nämlich etwas wollen, wenn die Bedingung erfült werde, und nicht mehr wollen, wenn sie aufhöre, erfült zu werden. Sie legen hier die ganze Schwierigkeit in den Ausdruk Bedingung, dem ich nicht dieselbe Bedeutung geben mus, wenn ich ihn von dem allerhöchsten Wesen gebrauche, die er bei einem eingeschränkten Verstande hat. Bei den Menschen deutet er etwas an, dessen Wirklichkeit noch ungewis ist; bei Gott ist eine Bedingung eine volkommen deutlich erkante Eigenschaft, deren Betrachtung auf den götlichen Rathschlus einfliest. Ein götlicher Rathschlus ist also eine einzige einfache Wirkung, die aber durch die Vorstellungen aller besondern Umstände bestimt wird. Weil Wir sie in verschiedne Theile auflösen müssen, weil Wir diese Theile uns nicht blos unter dem Verhältnis von Gründen und Folgen, sondern auch der Zeitordnung verschieden denken, deswegen ist es nicht in Gott wirklich so.

 

[Manuskriptseite 79.]

[Ia-04-1779-0263]
Die Dortrechtischen Gottesgelehrten sagen ferner, daß bei einem bedingten Rathschlusse die Entschliessung Gottes von seinem Vorhersehen abhängen würde; dieses halten sie dem allerhöchsten Wesen unanständig, und nehmen daher das Gegentheil an. Sie haben nicht bedacht, wie sehr sie die Gotheit durch diese Voraussezzung einschränken, wie sehr sie entweder ihrer Alwissenheit oder ihrer allerhöchsten Freiheit Eintrag thun.

 

[Ia-04-1779-0264]
Denn weit würdiger ist es der volkommensten Natur Gottes, anzunehmen, daß seine Alwissenheit sich auch über das erstrekke, was seine Weisheit nicht zur Wirklichkeit bestimt hat; daß sein unendlicher Verstand sich alle mögliche Welten vorstelle, woraus seine Weisheit die beste wählt; daß also sein Vorhersehen nicht auf seinem Rathschlusse, sondern der Rathschlus auf seinem Vorhersehen beruhe. ?

 

[Ia-04-1779-0265]
Alles, was ausser Gott wirklich ist, ist schon in dem Verstande Gottes nach dem Sazze des zureichenden Grundes geordnet gewesen, er kent alles durch die volkommenste Beschauung seiner selbst, und ist also, wenn er abhängig ist, blos von sich selbst abhängig. Es ist daher keine Einschränkung des allerhöchsten Wesens, daß es zu seinen Rathschlüssen obiektive Gründe hat; vielmehr würde das Gegentheil eine Unvolkommenheit sein. Denn entweder würde nur das wirkliche, nicht aber das mögliche, ein Gegenstand des götlichen Verstandes sein, und das begränzt seine Alwissenheit; oder der Umfang aller Wirklichkeiten und aller Möglichkeiten ist derselbige, und dadurch würde seiner allehöchsten Freiheit Schranken gesezt. ?" Seit. 58. 59. 60.

 

[Ia-04-1779-0266]
"Wir mögen uns den Willen Gottes denken wie wir wollen, wenn er nicht der Wille eines wilkürlichen Tyrannen sein sol, so können die Rathschlüsse über die Rathschlüsse Glükseeligkeit und das Elend vernünftiger Wesen nicht abgeschnitten sein. Sie gehen unveränderlich in gleichen Schritten mit der Tugend und oder der Lasterhaftigkeit derselben fort, weil diese Tugend oder Lasterhaftigkeit und alle ihre kleinsten Grade und Schattirungen ihre Glükeseeligkeit und Elend, nach ihren kleinsten Graden, sind. Die einzelnen Rathschlüsse Gottes gehen

 

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also auf alle einzelnen Elemente, so wol auf die Substanzen, als ihre Veränderungen. Die Summe dieser einzelnen Rathschlüsse ist der algemeine Rathschlus von der Wirklichkeit der besten Welt, weil die beste Welt der Inbegrif aller nach dem Saz des zureichenden Grundes neben und nach einander geordneten Substanzen und ihrer Veränderungen ist. Diesem algemeinen Rathschlusse müssen also alle besondern dienstbar sein; mithin ist schon diese Eigenschaft in iedem besondern Rathschlusse, daß er sich auf den algemeinen bezieht, und daß die Dinge so gewählt werden, als sie diesem leztern zuträglich sind. Gott kan daher nichts unbedingt gewählt haben, und, was hier völlig den Ausschlag gegen alle unbedingte Verwerfung giebt, er kan auch für kein einzelnes Subiekt Rathschlüsse gefast haben, deren Summe nicht auch für dieses einzelne Subiekt an Glükseeligkeit überwiegend ist. ?" Seit. 63. 64.

 

[Ia-04-1779-0267]
"Wenn die Entschliessungen Gottes (wie die Prädestinatianer behaupten,) sich aus gar keinen angeblichen, erkenbaren Vorstellungen erklären lassen, kurz wenn Gott ohne alle Gründe handelt: so können seine Entschliessungen nichts anders, als das Werk des Ohngefährs oder einer blinden Nothwendigkeit sein. Wer da sagt ohne Gründe, sagt von ohngefähr, und wer sagt, ohne Gründe, die als Vorstellungen wirken, sagt blinde Nothwendigkeit. So bald aber die Gotheit einem Ohngefähr oder einer Nothwendigkeit unterworfen ist: so hört sie auf ein Gegenstand aller religiösen Empfindungen zu sein, so ist alle Religion vernichtet. ? Ein Partikularist macht Gott selbst zum Urheber der Sünde und des bösen, als solchen. machen Da das Böse, als Böses, gar nicht von dem höchsten Wesen kan gewählt werden, so mus dieses Wesen, wenn es Urheber davon ist, ohne irgend einen Grund, als seinen Willen zur Hervorbringung desselben zu haben, durch eine blinde Nothwendigkeit dazu getrieben, oder von einem Ohngefähr darauf geführt werden. ?" Seit. 70. 71.

 

[Ia-04-1779-0268]
"Die Schriftstelle Röm. IX. die es beweisen sol, beweist es nicht, sondern es ist die Rede (wie schon Erasmus bemerkt hat,) von lau

 

[Manuskriptseite 81.]

ter irdischen und äusserlichen Vorzügen. Durch gleiche Aufmerksamkeit hat man auch nicht erst seit heute entdekt, daß das Hassen in der Sprache der h. Schrift von Gott nichts mehr bedeute als: mit wenigern Vorzügen begaben. 8 Luk. 14, 26. vergl. mit Mark. 10, 37. 1 Mos. 29, 31. Ioh. 12, 25. ?" Seit. 75.

 

[Ia-04-1779-0269]
7) Einige Gründe wider die Genugthuung.

 

[Ia-04-1779-0270]
"Es ist sehr unanständig, Vorstellungen die blos auf Menschen passen, auf die Gotheit zu übertragen, und sie sich, wie Menschen, als beleidigt zu denken. Ihre Strafgerechtigkeit, die einen weit erhabnern Ursprung hat, auf die elende Befugnis zu bauen, eine Verlezzung seiner Rechte durch Wiedervergeltung zu ahnden, schien dem Grotius mit Recht des allerhöchsten Wesens unwürdig zu sein.

 

[Ia-04-1779-0271]
Wenn man aber einmal diese Vorstellung annehmen wolte: so leuchtet ein, daß so gut als ein Mensch seinen Rechten entsagen, und eine Beleidigung erlassen könne, der Gotheit eben diese Befugnis, ohne Genugthuung, die ihr zugefügt sein sollenden Beleidigungen zu verzeihen, nicht könne abgesprochen werden. Wenn man über die Natur der Sünde nachdenkt: so wird man leicht gewahr, daß sie wegen ihrer Schädlichkeit dem Menschen, blos um sein selbst willen, müsse verboten sein; daß also Gott bei der Bestrafung derselben die Person eines Vaters vorstelle, der seinem Kinde unter harten Bedrohungen den Genus eines giftigen Krautes untersagt, oder die Person eines weisen Regenten, der zum Besten des Staats Strafen zu verordnen nöthig findet. ?

 

[Ia-04-1779-0272]
Bei der hergebrachten Methode, die Nothwendigkeit einer Genugthuung aus der Beleidigung Gottes durch die Sünde herzuleiten, war man, wie es gemeiniglich zu geschehen pflegt, in der Ausdehnung derselben auf solche anstössige Vorstellungen gekommen, die geradezu allem, was uns

 

[Manuskriptseite 82.]

das Christenthum von der Gotheit lehrt, entgegen sind. Man hatte das gütigste Wesen zornig, voller Wuth und Rache, eifersüchtig, unerbitlich vorgestelt, man hatte ihm Grausamkeit beigelegt, Belustigung an Zerfleischung und Blutvergiessen, sein Grim war, nach manchen kühnen unbedachtsamen Ausdrükken nicht anders als durch den Anblik eines sterbenden Geschöpfs zu stillen. ?" Seit. 86. 87. 88.

 

[Ia-04-1779-0273]
8) Von dem unendlichen Leiden Iesu ? dessen Unmöglichkeit ein Grund wider die Genugthuung ist.

 

[Ia-04-1779-0274]
"Hat Gott die Strafe nicht ohne Genugthuung erlassen können: so kan er auch dem Sünder die ewige Strafe nicht erlassen, ohne daß ein andrer sie in ihrem ganzen Umfang übernimt. ? So hat man wirklich geurtheilt, und man hat daraus die Folge gezogen, daß der Erlöser den ewigen Tod habe leiden müssen; nicht zwar nach der Ausdehnung der Zeit, hievon fiel die Ungereimtheit zu sehr in die Augen, sondern so, daß die extensive Unendlichkeit durch die intensive sei ersezt worden.

 

[Ia-04-1779-0275]
Es thaten sich freilich wiederum hierbei eine grosse Menge Schwierigkeiten hervor; als: von der Unmöglichkeit intensiv unendlicher Leiden, in einem endlichen Subiekt; von der Unähnlichkeit der unendlichen Dauer und einer unendlichen Beschaffenheit, für die kein gemeinschaftlicher Maasstab zu erdenken ist. Man hat ihnen aber durch neue Voraussezzungen zu entgehen gesucht, die eben so wenig ihren Grund in der richtig erklärten Schrift haben.

 

[Ia-04-1779-0276]
Um nur eine anzuführen: so hat man den Abgang an der Unendlichkeit der erduldeten Strafen selbst durch die unendliche Würde der leidenden Person ersezt. Weil aber diese Erklärung nur die befriedigen kan, die von keinem Zweifel gegen das Athanasische System etwas wissen, und sich ausserdem doch zwischen diesen beiden Unendlichkeiten kein begreiflicher Zusammenhang findet: so haben sich immer Gottesgelehrte gefunden, die sie nicht angenommen haben.

 

[Ia-04-1779-0277]
Man hat sich vornämlich daran gestossen, daß man in dieser Lehrform das einfache Wesen der Gotheit durch zwei unterschiedne Handlungen

 

[Manuskriptseite 83.]

zertheilen müsse, nämlich: beleidigt und nicht beleidigt zu sein, Genugthuung zu fordern und Genugthuung zu leisten, als Richter zu verdammen und als Mitler zu erlösen; daß der Mitler, als Gott, auch müsse versöhnt werden; daß er mithin sich selbst versöhnen müsse; daß der Vater, als Gott, und der h. Geist, als Gott, auch die Schuld bezahlen müsten.

 

[Ia-04-1779-0278]
Diese Schwierigkeiten, welche einige Gottesgelehrten bei der angeführten Voraussezzung finden, rühren daher, daß sie sich, bei der volkommensten Einheit des götlichen Wesens, keinen Begrif von der Verschiedenheit der Personen in demselben machen können.

 

[Ia-04-1779-0279]
Sie sagen: sobald s man sich die Ideen von geistiger Substanz und von Person deutlich machte: so würde man gewahr, daß sie nach allen ihren Punkten in einander koinzidirten. Sie sezzen hinzu, daß man eine blosse Abstraktion des Verstandes in die Sache übergetragen, und das substantielle in einem Geiste als etwas von dem persönlichen wirklich verschiednes gedacht habe; als wenn in dem geistigen Individuo Substanz etwas anders als geistige Substanz, das ist: Person, sein könte. ? " Seit. 92. 93. 94. 95.

 

[Ia-04-1779-0280]
"Man behauptet, daß die Genugthuung durch die unendliche Grösse der vertretenden Person ihren unendlichen Werth bekomme. Einige nehmen an, daß die Unendlichkeit der Genughthuung eine Folge der Alwissenheit des Mitlers sei. Vermöge seiner Alwissenheit, sagen sie, stelt er sich der ganzen Abgrund des götlichen Zornes und die ganze Ewigkeit der Strafen vor, und hieraus entspringt ein unendliches Leiden, welches an Grösse der ganzen Summe alles ewigen Elends, das alle Sünder zusammen, und ein ieder insbesondere, leiden mus, volkommen gleich ist.

 

[Ia-04-1779-0281]
Es ist aber falsch. Denn, wenn das vertretende Subiekt, durch seine Alwissenheit, sich alle Leiden vorstelt, warum gewährte ihm nicht auch dieselbe Alwissenheit die ganze Unendlichkeit der Trostgründe, die

 

[Manuskriptseite 84.]

ihm zu Gebote stehen? und wenn sie ihm die gewährte: so verschwand wiederum die Unendlichkeit der Leiden, die auf der Alwissenheit beruhen solte.

 

[Ia-04-1779-0282]
Man konte hier die Alwissenheit nicht theilen, sie für den einen Dienst wirksam und für den andern unnüz machen, ohne sie geradezu sich selbst entgegen zu sezzen, oder ihr nur eine solche Unendlichkeit zu geben, die dem System zuträglich war. ?" Seit. 97. 98.

 

[Ia-04-1779-0283]
9) Vom götlichen Dispensationsrechte.

 

[Ia-04-1779-0284]
"Alle von Menschen verfaste Gesezze können nicht anders, als algemein sein, sie müssen so ausgedrukt werden, daß sie auf den grösten Theil der darunter begrifnen Handlungen passen. Es ist nicht möglich die besondern Unterschiede, auch von den kleinsten Elementen, allemal mit in Betrachtung zu ziehen. Ihre Sanktionen können nur gröstentheils angemessen sein; sie können unmöglich auch in den geringsten Theilen mit der Moralität und mit dem grösten Wohl des Staats in allen Gliedern auf das genaueste übereinstimmen.

 

[Ia-04-1779-0285]
Allein dies alles sind Unvolkommenheiten menschlicher Gesezze, und zwar selbst der weisesten unter ihnen; und diese Unvolkommenheiten müssen wir ganz von den Gesezzen des höchsten Wesens trennen. Diese sind nichts anders als der genaueste Wiedersein Wiederschein der Güte einer Handlung bis in ihre kleinste Bestandtheile; sie verkündigen uns den Willen des Regenten durch die vernünftige Einsicht in die Natur der Sache selbst, und ihre Sanktionen sind gerade so, daß sie dem Besten des Übertretenden so wohl, als dem Besten des ganzen Staats, am volkommensten entsprechen.

 

[Ia-04-1779-0286]
Wenn man die Befugnis Gottes, aus innern, uns unbekanten Gründen, von der algemeinen Regel, die wir uns, nach unsrer Kurzsichtigkeit gemacht haben, abzuweichen, sein Dispensationsrecht nennen wil: so ist dieses ein Recht, das der Gotheit freilich nicht kan abgesprochen werden. Wer nun aber mit Zuversicht die Nothwendigkeit einer

 

[Manuskriptseite 85.]

Strafe, ihren Grad, ihre Dauer, ihre Übertragung auf einen andern bestimmen wolte, der müste alle die angeführten Bestandtheile genau ausmessen können, er müste den ganzen innern Zusammenhang der Handlungen mit allen Bestimmungen des übertretenden Subiekts und allen äussern Zusammenhang derselben, nach allen Richtungen durch das ganze Weltal durchschauen, mit einem Worte, er müste alwissend sein. ? " Seit. 101. 102.

 

[Ia-04-1779-0287]
10) Von Strafen.

 

[Ia-04-1779-0288]
"Strafen können nicht von um ihrer selbst willen von keinem vernünftigen Wesen verhängt werden. Sie sind Übel, und erhalten ihre Güte blos von ihrer Schiklichkeit zu Endzwekken, die überwiegend gut sind, und ohne sie nicht könten erreicht werden. Wenn sie nicht so beschaffen sind, so sind sie vergebliche Qualen empfindlicher Geschöpfe, sie sind Grausamkeiten, und verdienen den Namen der Strafe nicht.

 

[Ia-04-1779-0289]
Bis hieher findet sich keine Schwierigkeit über diesen Artikel. Ein ieder gesteht, daß in einem Staate die geringste Kränkung, die ohne vorhergegangenes Verbrechen, und ohne Absicht, das moralische Übel zu hindern, über ein Mitglied des Staats verhängt würde, eine gerichtliche Beleidigung und eine verhaste Tyrannei sein würde. Wir preisen alle mit einem Munde den Regenten, der die Strafsanktionen den Verbrechen am besten anzumessen, und auf den grösten moralischen Nuzzen zu richten weis; wir nennen diesen Regenten gerecht, weise, und denken von seiner Gütigkeit um deswillen nicht schlechter, weil er so genaue Gerechtigkeit übt.

 

[Ia-04-1779-0290]
Diese Eigenschaften, die wir bei menschlichen Strafen, als schäzbare Volkommenheiten erkennen, müssen sich bei den götlichen im allerhöchsten Grade finden. Diese müssen der Schuld am genauesten angemessen sein, und auf das allergröste Gut abzielen, das nur erhalten werden kan.

 

[Manuskriptseite 86.]

Was könte auch im Wege stehen, daß die Strafen, welche das höchste Wesen verhängen mus, diese Eigenschaften nicht hätten; da seine Weisheit und Güte sie so wohl möglich als nothwendig machen.

 

[Ia-04-1779-0291]
Die Volkommenheit der Strafen besteht darin, daß sie nicht um das geringste Element grösser sind, als es nöthig ist, daß sie das gröste Gut hervorbringen, so bald sie ihren Zwek erreicht haben, und stat Übel zu sein, sich in Gewinst verwandeln. Hiezu gehört vor allen Dingen, daß Strafen, die alle mögliche Volkommenheit haben, sich auch auf das Beste des leidenden Subiekts erstrekken, und folglich so bald die Besserung desselben erfolget, nachlassen. Findet man dieses nicht allemal bei menschlichen Strafen, wie es denn in der That zusammengenommen, nie zu erreichen ist: so darf man den Mangel nur gerade zu auf die Rechnung der menschlichen Schwachheiten schreiben.

 

[Ia-04-1779-0292]
Ich nehme an, die Vortreflichkeit der götlichen Strafen bringe es mit sich, daß sie auch die Besserung des Bestraften mit zur Absicht haben. Dieses mögte man allenfals zugeben, es liegt in dem Begrif der volkommensten götlichen Regierung, die dieses nicht übersehen darf, und der dieses zu erhalten nicht schwer wird. Aber ich glaube auch weiter gehen zu dürfen, und behaupten zu dürfen können, daß, wenn diese Besserung erfolgt ist, die götlichen Strafen ihren möglichen Nuzzen erreicht haben. Der moralische Nuzzen, den sie noch ausser dem leidenden Subiekt bei andern haben solten, kan nur hierauf einzig und allein beruhen, daß durch sie das Herz zur Liebe des Guten geführt werde.

 

[Ia-04-1779-0293]
Es ist der Regierung des höchsten Wesens wichtig, daß unter allen Geistern die Gewisheit von der genauesten Übereinstimmung des physischen und moralischen Übels beständig lebhaft und gegenwärtig erhalten werde. Was also dazu hinreichend ist, das An

 

[Manuskriptseite 87.]

schauen dieser Gewisheit unaufhörlich zu vermehren, das befördert auch in andern die Gesinnung, die verständigen Geistern anständig ist, und sie zur Tugend und Glükseeligkeit führt; das erfüllet also alle Absichten, welche sich die Gotheit bei ihren Strafen vorsezzen kan.

 

[Ia-04-1779-0294]
Die ungeschikte Vergleichung menschlicher Strafen mit den götlichen, hat in diese Theorie viel Verwirrung gebracht. Durch sehr wenige der ersteren kan die innere Besserung des Verbrechers erhalten, und bei nicht viel mehreren, kan sie nur abgez** abgezwekt werden. Einige derselben sind so beschaffen, daß sie den Sünder für den Staat, worin er sich befindet, vernichten, und hierdurch erhalten sie etwas unendliches, welches verursachet, daß sie mit dem begangenen Verbrechen nicht mehr können in ein Verhältnis gebracht werden.

 

[Ia-04-1779-0295]
Diese Vertilgung hat ferner die Folge, daß die allerthätigste Reue, und die unverdächtigste Besserung nun nicht mehr der Strafe ein Ziel sezzen kan, wenn sie w eine Wirkung dieser Strafe wäre. Mit diesen Voraussezzungen sind wir zu der Theorie der götlichen Strafen gekommen. Allein in dem Staat Gottes wird nichts vertilgt, es dauert fort, und zwar so, daß alle folgende Veränderungen ieder Substanz in den vorhergehenden gegründet sind. Hier ist nun, nach der Natur der menschlichen Seele, dieser Übergang von Strafe zur Besserung nicht allein möglich, sondern auch der Absicht des Allerhöchsten gemäs.

 

[Ia-04-1779-0296]
Sobald aber diese Absicht des höchsten Regenten erreicht ist, so mus auch die Empfindung der Strafe, den seeligsten Folgen der erhaltnen Besserung Plaz machen. Was durch diese Ökonomie, wobei die wesentliche Einrichtung eines vernünftigen Wesens mit der höchsten Regentenweisheit Gottes in der vortreflichsten Harmonie stehet,

 

[Manuskriptseite 88.]

ganz gewis erhalten wird, ist die lebendige Überzeugung, daß das Wohlgefallen Gottes und die Glükseeligkeit eines Geistes mit seiner moralischen Güte in einem beständigen, genauen und unveränderlichen Verhältnisse stehen.

 

[Ia-04-1779-0297]
Wenn irgend eine Einrichtung zu erdenken wäre, wodurch der Gehorsam gegen die Gotheit, tugendhafte Gesinnungen, Liebe zur Ordnung und moralischer Richtigkeit mehr befördert würde, wodurch der Vortheil der Tugend, die vortreflichen Eigenschaften Gottes, seine Weisheit und Gerechtigkeit mehr ins Licht gesezt würde: so müste sie besser sein, und dieienige, die meinem Herzen rührender geschienen, müste ihr nachstehen; ich zweifle aber, daß sich eine solche gedenken lasse. Auf solche Weise wird also die Strafe den Sünder keinesweges unglüklich machen, sie ist vielmehr die gröste, ia einzige Wohlthat, die ihm erzeugt werden kan. Und dafür wird er es selbst erkennen, so bald er angefangen hat, über seinen wahren Vortheil die Augen aufzuthun, und dasienige zu schäzzen, was ihm wirklich zu seinem Besten gereicht. Das physische der Strafe mag immer bleiben, der besserbelehrte Sünder wird es kein Übel mehr nennen, er wird sich dabei nicht mehr unglüklich dünken, so schmerzhaft es auch immer seiner Sinlichkeit sein mag. Dies ist die Vorstellung, welche wir uns auch von den Strafen machen müssen, die uns schon hier in dieser Welt treffen. Es ist in dem Plane der Vorsehung, daß dieselben Begegnisse, nach der Empfänglichkeit und dem Zustande des Subiekts, und nach dem moralischen Nuzzen, den sie haben, als Glük und Unglük können betrachtet werden.

 

[Ia-04-1779-0298]
Dürftigkeit, Verlust der Freiheit, Krankheit, Absterben derienigen, die uns theuer gewesen, sind physische Übel, wenn man wil, aber sie werden keinen elend machen, der sie zum Wachsthum an innerer Volkommenheit nuzt, durch diesen weisen Gebrauch werden sie uns zu lauter Heil und Glükseeligkeit führen.

 

[Manuskriptseite 89.]

[Ia-04-1779-0299]
Diese Vorstellung der götlichen Strafen mus gewis ein iedes empfindliches Herz noch zu innigerer Liebe und Anbetung des höchsten Wesens führen, das in dem, was dem undenkenden Tadler der götlichen Vorsehung nur Strenge und Härte scheinet, oder was der unerleuchtete Eiferer für blos als eine Befriedigung der götlichen Richtergerechtigkeit, die mit dem Wohl des leidenden Subiekts nichts gemein hat, abschildert, das auch in diesen Fügungen nichts als vaterliche Huld an den Tag legt.

 

[Ia-04-1779-0300]
Giebt es eine grössere Wonne, als sich die Gotheit in dieser liebenswürdigen Gestalt zu denken? Kan etwas in der Welt mehr wahre Zufriedenheit des Herzens hervorbringen, als der Gedanke, von einem solchen Wesen abzuhangen, aus dessen Hand mir gar nichts kommen kan; als was nicht auch mir auf alle weise zuträglich ist? Was hilft es uns, daß wir an die unendlichen Volkommenheiten des höchsten Wesens glauben, wenn wir sie nicht auch in allen Vorfällen in der Welt anzuschauen, und aus diesem Anschauen lauter Trost Ergözzen zu schöpfen gelernt haben; wenn alle unsere Gedanken, alle unsre Erkentnis und Wahrnehmungen der algemeinen Überzeugung von den Vortreflichkeiten dieses Wesens, wo nicht widersprechen, wenigstens nicht darauf führen, sie nicht begünstigen, erhalten, verstärken. ?" Seit. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119.

 

[Ia-04-1779-0301]
11) Wenn ein Unschuldiger die Strafe der Sünden ausstund, so ists ohne Nuzzen.

 

[Ia-04-1779-0302]
"Das, was den Strafen ihren Vorzug giebt gab, war ihre Verbindung mit dem Verbrechen, und die durch sie hervorgebrachte Besserung. Die kan aber schlechterdings nicht erfolgen, wofern nicht diese Verbindung so viel als möglich sinlich gemacht wird. Es ist nicht genug, daß nur irgendwo eine Strafe verhängt werde. Wenn es nicht in dem sündigen Subiekt selbst geschiehet: so ist alle moralische Frucht dieser Strafe verlohren. Diese Bemerkung fliest aus der Natur der menschlichen Seele selbst, in der insonderheit dieses Band der Schuld und der Strafe so

 

[Manuskriptseite 90.]

viel möglich mus anschauend gemacht werden. Man bildet sich gemeiniglich ohne Grund ein, daß diese algemeine überlegte Erkentnis von der Verbindung zwischen Strafe und Verbrechen zur Besserung hinreichend sei. Allein es gehört zur Lenkung des Willens weit mehr, als diese kalte Einsicht des Verstandes, wenn sie auch noch so deutlich und richtig ist.

 

[Ia-04-1779-0303]
Es ist * hier nicht der Ort, dieses weitläuftig ins Licht zu sezzen, genug, daß man nicht läugnen kan, um dauerhafte Gesinnungen hervor zu bringen, müsse man alle Begehrungskräfte dafür interessiren. Denn bei den Bestimmungen des Willens, kommen mehrere Momente in Betrachtung, als die blosse Einsicht in den Zusammenhang der Handlung mit ihren guten und bösen Folgen. Ie mehr die Einsicht gewis, ie mehr sie lebhaft, ie mehr sie mit den innersten Empfindungen verwebt ist, ie schleuniger sie wirkt, ie mehrere dunklere Vorstellungen mit ihr harmoniren, und sich mit ihr verbinden: desto sicherer wird sie unsern Willen bestimmen.

 

[Ia-04-1779-0304]
Man sehe zu, ob man dieses alles anders als durch die eigene Empfindung des Sünders werde erhalten können. Ist es aber ausgemacht, daß dieses nicht besser als durch die Strafe in dem Übertreter kan erhalten werden: so entspringt aus einer ieden Übertragung derselben eine doppelte Ungerechtigkeit." Seit. 121. 122.

 

[Ia-04-1779-0305]
12) Von der Vergebung der Sünden.

 

[Ia-04-1779-0306]
"Dieienigen, welche es für unmöglich halten, daß die Gotheit den Menschen, blos wegen seiner Reue und Rükkehr zur Tugend begnadige, müsten zeigen, daß dieser Entwurf Gott unanständig, und der Liebe zur Rechtschaffenheit nicht zuträglich sei. Dieser Entwurf aber stimt mit dem ersten Grundsazze der götlichen Regierung, einem ieglichen den Antheil seiner Huld, dessen er sich würdig macht, angedeien zu lassen, volkommen überein; indem er voraussezt, daß dieser erste Schrit zu in der Tugend, nämlich die Verda*ung

 

[Manuskriptseite 91.]

Verdammung eines bisherigen unsitlichen Lebens, auch der erste Schrit zu dem götlichen Wohlgefallen sei, und daß dieses götliche Wohlgefallen auf das genaueste in allen seinen Momenten der Richtung unseres Gemüths folge. In dem System der Genugthuung findet dieses nicht Stat. Darin gehet Gott von dem höchsten Misfallen zu dem höchsten Wohlgefallen über; darin macht er unter den verschiedenen Subiekten in der Mittheilung seiner Wohlgewogenheit keinen Unterschied, weil allen die gleiche Unendlichkeit eines fremden Verdienstes zu Gute kommen mus. Urtheilen Sie, mein Freund! ob man in diesen Säzzen viel Aufmunterung zum tugendhaften Bestreben schöpfen könne. ? Seit. 130. 131.

 

[Ia-04-1779-0307]
13) Von der Lehre von der Erbsünde.

 

[Ia-04-1779-0308]
"Was ist es nöthig die Ursachen der Unvolkommenheiten der Seele ausser derselben zu suchen, welche sich hinlänglich aus ihrer innern Natur erklären läst? Sie trägt als ein Geist die Züge eines götlichen Bildes ** in sich, ist fähig die Wahrheit zu erkennen, und das Gute zu wollen, aber als ein eingeschränkter Geist, ist sie dem Irthum und der Gefahr unterworfen, einem Scheingute, wie einem wahren , nachzuiagen, sich durch den Glanz des nahen Vergnügens blenden zu lassen, daß sie den entferntern Abgrund nicht wahrnimt, wohin dieses Irlicht führt.

 

[Ia-04-1779-0309]
Aus diesen Angaben kan man bald die Bestimmung und das Schiksal des menschlichen Geistes herleiten. Sein Wachsthum fängt von der unmerklichsten Äusserung seiner Vorstellungskraft an, und steigt von Stufe zu Stufe ins Unbegränzte, diese Entwikkelung ist also seine Bestimmung. Da aber seine Entwikkelung stufenweise geschiehet, so mus er auf diesem Weg mancherlei Fehltritte begehen, mancherlei Ver

 

[Manuskriptseite 92.]

wirrungen unterworfen sein, er mus oft aus einer Vergehung in die andere fallen, und sich desto mehr vom rechten Weg verirren, ie mehr und ie eifriger er einem falschen Scheine nachgehet; oft die Gefahr und den Schaden seiner Verirrungen fühlen, und dadurch aufmerksam gemacht werden, abkehren und wieder von neuen sich verirren, und so unter Fallen und Aufstehen, unter Irren und Zurükkehren, eine beträchtliche Zeit seines Daseins zubringen, und dadurch seine Entwikkelung hindern; dieses wird sein Schiksal sein.

 

[Ia-04-1779-0310]
Dieses Schiksal des menschlichen Geistes wil man erklären, und ist es nicht schon aus der Einschränkung seines Wesens genugsam erklärt? wozu ist es nöthig dunkle Lehrformen zu ersinnen, die nichts mehr ? aufschliessen und von der wahren Kentnis unsrer selbst abführen?

 

[Ia-04-1779-0311]
Denn wenn man durch den gewöhnlichen Weg der Fortpflanzung das Dasein der Sünde herzuleiten unternimt: so macht man sich anheischig, die Möglichkeit dieser Fortpflanzung auf eine verständliche Weise darzuthun, zu zeigen, wie dieselbe mit der Natur der menschlichen Seele zu vereinigen sei, zu zeigen, wie sie der Gerechtigkeit *...* und der Güte Gottes anstehe. Alle Wege, worauf man dieses unternommen hat, sind durchgehends beiden entgegen.

 

[Ia-04-1779-0312]
Einige scholastische Theologen dünkten sich ohne Zweifel sehr weise, als sie die sinreiche Erklärung gemacht hatten, nach welcher die Sünde durch den Gift der verbotnen Frucht in den Körper, und von da in die Seele gedrungen sei, und so auf alle Menschen fortgepflanzt werde. Die Seele war hiebei, nach ihrer Meinung, einem Geschirre gleich, das den Geschmak und den Geruch des Saftes behält, den es eine Zeitlang in sich gefast hat. Solche hinkende Vergleichungen waren die einzigen Beweise, womit sie ihren Wörterkram an den Mann brachten. Es fiel ihnen nicht ein, die Art der Unordnung, die durch diesen Gift in dem Körper solte verursacht sein, deutlich zu erklären, zu erklären, wie eine

 

[Manuskriptseite 93.]

Unordnung im Körper, Irthümer des Verstandes und Unrichtigkeiten des Willens hervorbringen könne, zu erklären, wie endlich ein weiser und gütiger Gott, einer unschuldigen entfernten Nachwelt die traurigen Wirkungen eines solchen Giftes könne empfinden lassen.

 

[Ia-04-1779-0313]
Aber warum lies sich Gott das Schiksal aller vernünftigen Erdbewohner von dem Genus dieser giftigen Frucht abhängen? warum that er das, das nur ein Tyran thun kan, der einige verdächtige Unterthanen unter dem Scheine des Rechts aus dem Wege räumen wil? warum machte er sie zu Verbrechern, um sie strafen zu können?

 

[Ia-04-1779-0314]
Es mus hier eine andre Zurechnung vorher gehen, ehe man diese Veranstaltung rechtfertigen kan. Und diesen Weg sind andre eingeschlagen, die den Menschen ohne vorhergegangene eigene Vergehung, durch die Zurechnung einer fremden strafbar machen. Augustinus hat diesen Lehrsaz zuerst so geformt und zu einem wesentlichen Theile des herschenden Systems gemacht, und dieses blos auf Glauben einer elenden lateinischen Übersezzung, welche das ??? ? Röm. 5, 12. durch in welchem gegeben hatte.

 

[Ia-04-1779-0315]
Luther hatte die Stelle: "und ist also der Tod zu allen Menschen hindurchgedrungen, dieweil sie alle gesündigt haben", als ein sprachkundiger Ausleger übersezt; und diese Übersezzung hat durch einen kleinen Zusaz von dem D. Semler "dieweil sie alle zu sündigen pflegen" noch mehr Richtigkeit erhalten.

 

[Ia-04-1779-0316]
Auf diesen unrichtig verstandenen Ausdruk bauete Augustinus ein ganzes Lehrgebäude von einem Bundeshaupte, das im Namen seiner Bevolmächtiger handelte, in welchem Bundeshaupte diese Bevolmächtiger Verdienst und Unverdienst erlangen, in einer Versuchung bestehen und ihr unterliegen, recht thun und freveln könten. Dieses alles war theils eine weitere Ausdehnung einer tropischen Redensart, und wäre als solche schon verwerflich gewesen, wenn auch dabei eine noch so richtige Erklärung derselben zum Grunde gelegen hätte, theils war es ein künstliches

 

[Manuskriptseite 94.]

Gebäude, das seinem Hauptlehrsazze zur Stüzze dienen solte. Nun weis es die Nachkommenschaft des ersten Menschen selbst am besten, ob sie ihn zu einem Bundeshaupte bevolmächtigt habe, und ob er in ihrem Namen ihr ewiges Schiksal auf das Spiel habe sezzen sollen. Man wil aber auch nicht, daß dieses durch eine ausdrükliche Einwilligung geschehen sei, die Einwilligung ist blos vermuthlich gewesen. Vermuthlich durch die Vortheile, die dem menschlichen Geschlechte in dem Falle, daß der Bevolmächtigte die Prüfung bestanden hätte, würden zugewachsen sein.

 

[Ia-04-1779-0317]
Diese Vortheile würden etwas gewesen sein, das von dem eigenen Wohlverhalten eines ieden Subiekts insbesondere würde unabhängig, und demselben unerreichbar gewesen sein. So musten sie beschaffen sein, wenn sie dasienige, was man dabei zu wagen hatte, nämlich ein ewiges Elend, nur einigermassen aufwiegen solte.

 

[Ia-04-1779-0318]
Und doch läst sich bei allem dem kein angebliches Verhältnis erdenken, wornach man hiebei Gewin und Verlust auf beiden Seiten schäzzen könte, um darnach vernünftiger Weise iemand zu einer solchen Probe zu bevolmächtigen, oder eine solche Bevolmächtigung nach den Regeln der Billigkeit zu vermuthen.

 

[Ia-04-1779-0319]
Wenn uns hiebei der Gewin nicht so klar in die Augen leuchtet, daß wir uns gern bei dieser Einrichtung beruhigen, uns derselben erfreuen, und wenn sie noch nicht geschehen wäre, sie noch wünschen, und wenn es möglich wäre, noch veranstalten möchten: so dürfen wir dreiste behaupten, diese ganze Bevolmächtigung sei eine Erdichtung des Menschen und nicht eine Veranstaltung der Gotheit. Es liegt am Tage, wie die Prüfung ausgefallen, und welches für uns die Früchte davon gewesen.

 

[Ia-04-1779-0320]
Aber es bedarf diese ganze Spizfindigkeit einer weitläuftigen Überlegung zu unsern Zeiten nicht, da es als ein Grundsaz feststeht, daß alle Glükseelichkeit nicht anders als aus eigenem Wohlverhalten entspringen kan, daß sie mit demselben in gleichen Schritten fortgeht, daß, mit

 

[Manuskriptseite 95.]

einem Worte, alle Glükseeligkeit nichts anders als der Genus unserer eigenen Tugend ist, und also aus einer fremden nicht entspringen kan. Was kan es demnach für uns für einen verständlichen Sin haben, wenn man sagt: ich bin elend, weil ein anderer verbrochen, ich bin glükseelig, weil ein anderer eine Versuchung bestanden hat. ?

 

[Ia-04-1779-0321]
Die Schrift verpflichtet uns nicht, dies System anzunehmen. Was man von der Ungewisheit der Erklärungen bei dem Anfange der mosaischen Geschichte mit Grunde erinnert hat, ihr ganzes poetisches Ansehen, die nicht ungegründete Vermuthung einer biblischen Vorstellung natürlicher Veränderungen in der Geisterwelt, alles das ist nicht neu, noch unbekant. Es mag sich aber auch mit dieser Erzählung verhalten, wie es wil: so ist ausgemacht, daß wir sie nach der Natur der Seele, so wie sie uns durch psychologische Beobachtungen bekant ist, erklären müssen. Haben wir nicht in eben dieser Geschichte Beispiele, wie uns eine erweiterte Kentnis der Grundsprache auf die Entdekkung natürlicher Begebenheiten geführt hat, die wir vorher für etwas übernatürliches gehalten haben, und uns in einem Cherub mit flammendem Schwerte, ein Donnerwetter finden lassen? und ist es nicht zu befürchten, daß es mit andern derselbe Fal sein könne? ?" Seit. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145.

 

[Ia-04-1779-0322]
14) Von den dunkeln Erscheinungen und Gefühlen, die man für die Wirkung einer übernatürlichen Ursach ausgiebt.

 

[Ia-04-1779-0323]
"Plözliche Erscheinungen haben oder Gefühle, haben allezeit den Schein eines Wunders, weil sie aus dunkeln Wolken hervorschiessen, die sich ohne eine Spur zurük zu lassen, welche uns auf die erste Ursach führen könte, augenbliklich wieder zuschliessen. Daher ist man gar zu geneigt, sie einer übernatürlichen Ursach zuzuschreiben, und um dieser Entstehung willen solche Empfindungen für götliche Winke anzusehen.

 

[Manuskriptseite 96.]

[Ia-04-1779-0324]
Allein auch dieses plözliche Hervorbrechen wird einem fleissigen und geübten Beobachter seiner eigenen Gemüthsveränderungen weder selten noch unbegreiflich sein vorkommen; er wird sich hüten, diesen Umstand im geringsten auf seine Urtheile einfliessen zu lassen, und ihn als ein Kenzeichen des Wahren und des Guten anzunehmen. Denn eben dasselbige pflegt uns auch bei blos spekulativischen Wahrheiten zu begegegnen begegnen, daß ohne unsere Anstrengung, ohne ein bewustes Zuthun uns ein Gedanke klar wird, der sein Licht auf eine ganze Reihe von Wahrheiten verbreitet.

 

[Ia-04-1779-0325]
Diese Erscheinung, die sich ein ungeübter oder eingenommener Verstand nicht anders als durch ein Wunder erklären kan, ist nichts als eine Vorstellung, die längst in irgend einem Winkel der menschlichen Seele verborgen lag, und durch eine verwandte Vorstellung nach dem Gesezze der Einbildungskraft, von dannen ist hervorgezogen worden. Wolte man diese plözliche Entstehung zu einem Merkmale der Wahrheit, oder des götlichen Ursprungs eines solchen Gedanken machen: so würde man alles Recht und Unrecht auf einen unsichern Grund bauen und der gefährlichsten Schwärmerei ein freies Feld öfnen. ?" Seit. 153. 154.

 

[Ia-04-1779-0326]
15) Von den Gnadenwirkungen.

 

[Ia-04-1779-0327]
"Alles was wirklich moralisch gut in einem vernünftigen Wesen sein sol: mus mit seiner Freiheit in Verbindung stehen, seine Wahl mus daran einen Antheil haben. Keine Wahl läst sich ohne Vorstellungen des gewählten und verworfnen denken; ia sie ist desto freier, desto anständiger, sie ist mit einem Worte destomehr eine Wahl, iemehr sie von deutlichen und sichern Vorstellungen gelenket worden, und ie weniger etwas fremdes und ungleich artiges sich darein gemischet hat. Wir sind gewohnt nach diesem Maasstabe alles Verdienst und Unverdienst zu messen, und wir pflegen bei der Beurtheilung desselben den grössern oder geringern Antheil, den die Betrachtung des ausgebreitetern, wichtigern Gutes dabei hat, nicht aus den Augen zu lassen. Diese Betrachtungen müssen auf dem Grunde unsrer eigenen Seele erwachsen sein, oder wir müssen sie uns wenigstens durch die deutliche Einsicht in ihre Wichtigkeit

 

[Manuskriptseite 97.]

und Augenscheinlichkeit zu eigen gemacht haben. Das was bei der strengsten Beherschung unsrer selbst, was bei der grosmüthigsten Aufopferung unsrer Sinlichkeit für anderer Wohl, uns am meisten zu einem Gegenstande der Bewunderung und des Beifals macht, läst sich in diese Erweiterung unserer Seele auflösen, da wir uns von höhern ausgebreitetern Einsichten haben lenken lassen. Man urtheilt, daß unsre Seele der Anschauung, der mannichfaltigen beträchtlichern Güter, des, nach allen Richtungen ausgebreitetem Wohls, mus fähig gewesen sein, daß unser wohlthätiger Gesichtskreis von einem mehr als gemeinem Umfange sein müsse, und daß alle Gegenstände unsers Wohlthuns kräftig auf unsre Vorstellungskraft müssen gewirkt haben, daß sie so mächtige Betrachtungen unsers Eigennuzzes oder unsrer Bequemlichkeit, oder gar unsrer eignen Erhaltung haben überwiegen können. Unsere Werthschäzzung bei diesem Betragen, bezieht sich also auf die Vortreflichkeit unsrer ganzen vernünftigen Natur, und die Beförderung dieser Vortreflichkeit ist gerade der Zwek, die Wirkung und das Wesen aller Tugend. Nun denke man sich bei ieder tugendhaften Neigung, bei ieder verdienstvollen Handlung, den Einflus einer übernatürlichen Macht, die die menschliche Maschine durch ihre einwürkenden Triebfedern in Handlung sezt: so hört aller eigener moralischer Werth, alle eigne Vervolkomnung auf, so ist alles eigne Bestreben überflüssig, aller Wachsthum im Guten nichts weniger, als das Werk unsrer eignen Anstrengung.

 

[Ia-04-1779-0328]
Es würde daher kein Wunder sein, wenn dieienigen, welche mit dem Unterricht von diesem Gnadensystem allein vertraut sind, die besten Vortheile ihrer sitlichen Verbesserung versäumten, ohne eigne gewissenhafte Geschäftigkeit, mit den Händen in dem Schoosse, den fremden Einwirkungen der Gnade entgegensähen, und zu der Erziehung andrer gar nicht die Hand anzulegen gedächten, da sie hoffen dürfen, daß eine Kraft von aussen sie aller dieser Mühe überheben werde.

 

[Manuskriptseite 98.]

Es finden sich, wenn wir unsre eigene natürliche Wirksamkeit annehmen, eine Harmonie, die wir nicht übergehen dürfen, die Harmonie, der götlichen Weisheit mit dem Nuzzen der Geschöpfe. Das was gerade der götlichen Weisheit am anständigsten ist, was uns ihre Unerschöpflichkeit in Ausfindung bequemer Mittel, und in der leichtesten unverwikkeltsten Anwendung dieser Mittel am grösten vorstelt, daraus entspringt auch bei dem Geschöpfe das volkommenste Ganze. So wie es in der erschaffenen Substanz die Vortreflichkeit, der sie s* ihrer Art nach fähig ist, sehr tief herabsezzen würde, wenn ihre Thätigkeit alle Augenblikke, durch unmittelbare Einflüsse der götlichen Macht, müste unterbrochen werden: so würde uns auch die Armuth eines schaffenden Verstandes nichts deutlicher verrathen, als diese beständigen übernatürlichen Eingriffe in die geschaffene Maschine, die nicht nach ihren eigenthümlichen Gesezzen fortgehen könte, sondern alle Augenblik einen übernatürlichen Stos Anstos und Richtung erhalten müste.

 

[Ia-04-1779-0329]
Nun wird auch zugleich durch ein solches unmittelbares Einwirken für die eigenthümliche Volkommenheit einer besondern geistigen Substanz bei weiten nicht so viel, als durch den ordentlichen Weg gewonnen. Denn wenn eine Vorstellung auf diese Weise aus dem Grunde derselben hervorgezogen wird, so gehet dieselbe nicht den gewöhnlichen regelmässigen Weg nach dem Gesezze der Stätigkeit; sie ist also nicht die Folge der Äusserung seiner eigenthümlichen Kraft, es wird also keine Entwikkelung dieser Kraft, welche nur die Folge eigner Anstrengung ist, dadurch verursacht. Man mus nämlich bemerken, daß die Volkommenheit, die ein denkendes Wesen durch eine iede seiner Vorstellungen erwirbt, aus den zwei Bestandtheilen bestehet, aus der Vorstellung selbst, ihrem höhern Grade von Klarheit auf der einen Seite, und auf der andern, aus der Äusserung ihrer Kraft in der Hervorbringung dieser Vorstellung, wodurch sie zu neuen Äusserungen derselben geschikt wird. Dieser

 

[Manuskriptseite 99.]

lezte Theil seines Wachsthums fält alsdann weg, wenn die Vorstellungen durch Wunder hervorgebracht werden. Ein neuer Grund, warum der Fal unmittelbarer Einflüsse der götlichen Macht auf die Geisterwelt höchstselten sein mus. Alle Ordnung wird da zerstört, wo das Subiekt nicht selbstthätig ist, das ist, wo seine Veränderungen nicht in einander gegründet sind, sondern alle Augenblikke unterbrochen werden; wo also nicht dasselbige Subiekt an innerer Volkommenheit gewint, sondern wo durch iede Veränderung ein neues hervortrit. ?" Seit. 156. 157. 158. 159. 160. 161.

 

[Ia-04-1779-0330]
"Anstat durch den Zusaz (die übernatürlichen Einflüsse sind keine Wunder, weil sie so oft geschehen) dem gewöhnlichen Lehrbegriffe zu Hülfe zu kommen, unterwirft man ihn noch neuen Schwierigkeiten, die gar nicht zu heben sind. Denn wenn diese Einflüsse so oft wiederkommen, daß sie ihr ausserordentliches Ansehen verliehren: so mus dadurch zweierlei erfolgen.

 

[Ia-04-1779-0331]
Erstlich wird es unbegreiflich werden, warum diese so gewöhnlichen Wirkungen nicht nach den ordentlichen Gesezzen der Natur hervorgebracht werden. Daß sie durch diesen Weg nicht können hervorgebracht werden, das ist ein Vorgeben, wovon man noch nie einen bündigen Beweis hat geben können; zumahl wenn man

 

[Ia-04-1779-0332]
Zweitens die Folge bedenkt, daß dadurch das einzige Merkmal des Übernatürlichen, welches, in diesem Fal, allein das Ausserordentliche sein kan, wegfält, und mithin der Beweis von der Wirklichkeit der übernatürlichen Wirkungen aus der Erfahrung nie wird können geführt werden. Und dieser Beweis wird nach folgender Betrachtung noch weniger möglich scheinen.

 

[Ia-04-1779-0333]
Es ist nämlich bekant, daß dieienigen, die das System der Gnadenwirkungen in den verständlichsten Zusammenhang gebracht haben, dessen es fähig ist, annehmen, Gott entferne sich in seinen übernatür

 

[Manuskriptseite 100]

lichen Wirkungen, so wenig von dem Wege der Natur, als es möglich ist, und seine Weisheit unterlasse also nicht, diese Wirkungen, so gut es sich nur immer thun läst, den vorhergehenden Veränderungen der Seele anzupassen. Geschähe dieses bis auf die kleinsten Elemente derselben, so daß keine Zerreissung des Zusammenhangs Stat fände: alsdenn fiele das Übernatürliche ganz weg. Aber selbst in dem Falle, wo die neue Veränderung nur bis auf den Grad aus der vorhergehenden hergeleitet wird, daß wir uns der Zerreissung des Zusammenhanges nicht bewust werden, schon in diesem Falle verschwindet das einzige Merkmal des Übernatürlichen, nämlich das Ausserordentliche und die Erscheinung wird für uns wenigstens eine ordentliche Begebenheit der Natur. Denn wir haben schon oben gesehen, daß das plözliche Hervorgehen eines Gedankens aus dem Grunde der Seele, wobei unser Bewustsein den Zusammenhang der Vorstellungen verliert, sich natürlich erklären lasse, und daß dieses auch in andern Fällen, die nicht unsern moralischen Zustand betreffen, nichts weniger als eine seltne Erscheinung sei.

 

[Ia-04-1779-0334]
Es läst sich also nach den angeführten Gründen nicht absehen, auf welche Beweise man die übernatürliche Bekehrungsmethode bauen wil, wenn man weder ihre Nothwendigkeit erhärten, noch ihre Wirklichkeit aus der Erfahrung darthun kan. Was noch allein übrig bleibt, würde endlich der Inhalt einer Vorstellung sein, der so beschaffen wäre, daß er durch keine gegebne endliche Kraft könte erreicht werden. Allein dieser Inhalt wird eben so wenig ein Kenzeichen abgeben, wodurch wir entdekken können, ob sie auf eine natürliche Weise entstanden, oder durch die götliche Macht unmittelbar hervorgebracht worden sei. Wenn ein Urtheil, das auf die leztere Art in die Seele gekommen ist, nicht in dem Bezirke der Vernunftwahrheiten liegt, die natürlicher Weise von dieser Seele können erkant werden: so kan es durch sich selbst für Diese Vernunft gar keine Evidenz, aber auch keinen Nuzzen haben; eben aus der Ursach, daß

 

[Manuskriptseite 101.]

es weder mit einer folgenden Reihe von Vernunftwahrheiten in Verbindnung steht, noch an eine Reihe von vorhergehenden sich anschliest.

 

[Ia-04-1779-0335]
Die Vertheidiger übernatürlicher Wirkungen werden daher nie ein Kenzeichen des Übernatürlichen in der Seele angeben können, das sich nicht die Schwärmerei zu Nuzze machen könte. Und man wird bald finden, daß dieses auch nicht anders sein könne, wenn man bedenkt, daß das unmittelbare Bewustsein von nichts Gewisheit giebt, als von dem blossen Dasein einer Vorstellung. Gerade so, wie man sich auf sein Gefühl und auf den gesunden Verstand vergebens beruft, wenn man die Existenz der äussern Gegenstände unsrer Empfindungen erhärten wil. Da der gesunde Verstand nicht über das Urtheil der Sinne hinausgehet: so kan er auch nicht eine Frage entscheiden, die die obiektive Wahrheit der sinlichen Empfindungen selbst betrift; diese mus aus höhern Grundsäzzen hergeleitet werden.

 

[Ia-04-1779-0336]
Es ist leicht hievon die Anwendung auf unsre gegenwärtige Untersuchung zu machen. Das innere Gefühl kan nicht über die Entstehungsart einer Vorstellung Richter sein. Die Vorstellung ist da, dieses kan es sagen, aber weiter nichts. Ob sie natürlich oder übernatürlich sei, das kan das Gefühl nicht beurtheilen. Dazu mus man wissen, ob eine Vorstellung nicht habe können natürlicher Weise entstehen. Um dieses zu beiahen oder zu verneinen, müste man den ganzen Grund der Seele kennen, man müste wissen, ob eine Partialidee nach psychologischen Regeln in der Seele habe klar werden können. Zu dem Ende müste uns die volständige Todalidee der Seele anschauend gegenwärtig sein, man müste sagen können, ob eine gewisse Partialidee nach dem Gesezze der Stätigkeit, und der Verbindung der Seele mit dem ganzen Weltal aus dieser Todalidee habe hervorgehen können oder nicht. Dieses aber zu wissen ist nur der Alwissenheit vorbehalten. ?" Seit. 164. 165. 166. 167. 168.

 

[Ia-04-1779-0337]
16) Von Gewohnheiten, Fertigkeiten und Neigungen der Seele, in wiefern sie zur Besserung des Menschen etwas beitragen. (Um die Nichtigkeit götlicher Einflüsse zu beweisen.)

 

[Ia-04-1779-0338]
"Die Bildung eines guten Karakters ist nichts anders, als das Hervorbringen guter Neigungen und Fertigkeiten. Beide Stükke kommen

 

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darin überein, daß sie blos das Werk fortgesezter Übungen sind. Denn die Neigungen sind selbst nichts anders, als Fertigkeiten unsrer Begehrungskraft, eine gewisse Art von Gegenständen zu lieben und wollen a) So erklärt Hr. Garve die Neigungen sehr richtig. Er unterscheidet sie von den Begierden, wie die Fertigkeit von der Handlung. Von dem Worte Begierde bemerke ich im Vorbeigehen nur noch folgendes: Es wird in einem weitläuftigen und in einem engern Sinne genommen. Im ersten zeigt es eine iede Äusserung des Begehrungsvermögen an, ist gleichbedeutend mit dem lateinischen appetitus, und wird dem Abscheu (aversatio) entgegengesezt. Im andern drükt es das lateinische libido aus, und bedeutet eine iede stärkere Äusserung des untern Begehrungsvermögens, die die eigentliche Sinnenlust zum Gegenstande hat. Auch die Fertigkeit hievon wird zuweilen eine Begierde genant. Das geschieht insonderheit in den Schriften der Gottesgelehrten; wobei dan diese Begierden nach den verschiednen Gegenständen, worauf sie gehen, eingetheilt und benent werden. Man kan sie aber füglich mit unter den algemeinen Namen der Neigungen begreiffen. Wil man sie aber davon unterscheiden, so kan es wohl nicht anders, als auf die angezeigte Weise geschehen. Es scheint, als wenn Hr. Kochius diese leztere Bedeutung des Worts Begierde im Sinne gehabt, als er sie in seiner

 

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Preisschrift über die Neigungen folgendergestalt von den Neigungen unterschieden hat: "Was dieses (nämlich das Obiekt der Neigungen) sei, fält bei den Begierden ganz helle in die Augen. Sie sind lebhafter als die Neigungen und von diesen dadurch unterschieden, daß bei ihnen die Lebhaftigkeit bis zu der Bemühung, die Neigung auszuführen, steiget." Lebhafter sind sie, weil sie die Sinnenlust zum Gegenstande haben, und dadurch darum sind sie der Ausführung näher, als eine andere Neigung, der irgend eine Begierde entgegenstehet. Doch können die lezten Worte auch eine Rüksicht auf unsre erste Bedeutung haben. a) ... Bedeutung haben] am Seitenende angefügt, Fußnote geht auf Seite 103 oben weiter Sie werden also erzeugt, wie alle andere Fertigkeiten, nämlich indem dieselbe Handlung des Willens öfters wiederholt wird, indem man sich den Gegenstand, worauf man die Neigung richten wil, oft in einem gefälligen Lichte vorstellet, bis daß man nach und nach anfängt ihn lieb zu gewinnen und sich daran zu ergözzen. Dieses Ergözzen hängt von der Leichtigkeit ab, womit wir unsre Kraft an einer Vorstellung äussern, und diese Leichtigkeit seine Kraft zu äussern, ist eben das, was die Neigungen mit allen andern Fertigkeiten gemein haben. haben.] danach Fortsetzungshinweis Vide Sign. ##, weil Text von langer Anmerkung unterbrochen

 

[Manuskriptseite 103.]

Wir Wir] davor Fortsetzungszeichen ## brauchen hier nicht tiefer in die Natur der menschlichen Neigungen zu dringen, und ihre Erscheinungen aus der ursprünglichen Kraft der Seele herzuleiten. Es erhellet schon so viel, daß keine Fertigkeit das Werk einer einzelnen Handlung sein könne. Vielleicht kan es aber noch einiges Licht mehr über diese Materie verbreiten, wenn wir die Erscheinungen, die wir bei den Fertigkeiten wahrnehmen, der wesentlichen Kraft der Seele noch einige Schritte näher bringen. Was einmal ist ein Theil irgend einer klaren Todalidee in unsrer Seele gewesen, das wird durch die Aufklärung eines ieden andern Theils dieser Todalidee wiederum klar gemacht. Hierin folgt die Seele dem algemeinen Gesezze der Einbildungskraft, dessen Gewisheit uns alle Beobachtungen bestätigen. Iemehr und ie öfter also eine Vorstellung in der Seele klar wird, mit desto mehrern andern Vorstellungen kömt sie in Verbindung, desto leichter kan sie erwekt werden, desto geringer braucht also die Anstrengung der Seele zu sein, um sie zu erwekken. Diese Leichtigkeit kan durch öftere Wiederholung so gros werden, daß endlich ein sehr geringer Grad der Aufmerksamkeit und des Bewustseins zur Hervorziehung einer Idee gehört, weil die Verbunde Verbindungen, worin sie mit andern Ideen schon klar gewesen ist, so mannichfaltig geworden sind, daß sich in iedem Zustande der

 

[Manuskriptseite 104.]

Seele auf dem Felde der klaren Vorstellungen irgend eine befindet, die eine Beziehung auf sie hat.

 

[Ia-04-1779-0339]
So entstehen Gewohnheiten, Fertigkeiten und Neigungen. Wollen wir diese drei Modifikationen der Grundkraft unsrer Seele noch besonders unterscheiden: so kan es ohngefähr folgender Gestalt geschehen. Wir können das Wort Gewohnheit in einem algemeinen Verstande nehmen, und dann ist es überhaupt eine leichte Wiederhervorbringung einer Vorstellung. Wir haben gesehen, daß Leichtigkeit die Wirkung einer öftern Wiederholung derselbigen Handlung ist. Diese Wiederholung wird entweder mit Absicht oder ohne Absicht vorgenommen. Im ersten Falle entsteht daraus eine Fertigkeit, im andern eine Gewohnheit im engern Verstande

 

[Ia-04-1779-0340]
Bei dem Begehrungsvermögen sind die Fertigkeiten und Gewohnheiten Neigungen. Denn Neigungen können auch in der Seele entstehen, ohne daß man sich der Absicht, sie zu erzeugen, bewust ist, ia daß die meisten auf diese Art, zumal in dem unerwachsenen Menschen entstehen, lehret die Erfahrung. Wil man aber auch hiebei noch gewisse moralische Fertigkeiten von den Neigungen unterscheiden: so kan man unter den erstern dieienigen durch Übung erworbenen Geschiklichkeiten verstehen, die mit unsrer Freiheit in Verbindung stehen, unsere Pflichten uns erleichtern oder erschweren. Zu ienen, die uns gewisse Pflichten erleichtern, kan man zum Beispiel die Fertigkeit rechnen, seine Gedanken leicht von einem Gegenstand zurük zu rufen, die Fertigkeit, sich gewisse Bewegungsgründe zu aller Zeit vorzustellen, kurz, man kan alle intellektuellen Tugenden darunter begreiffen, so fern sie auf Übung beruhen.

 

[Ia-04-1779-0341]
Alle diese Betrachtungen führen also darauf zurük, daß eine Fertigkeit nicht das Werk einer einzelnen Vorstellung sei, daß sie erst aus häufigen Wiederholungen derselben entspringe, und daß also diese natürlicher Weise mit vielen andern in Verbindungen stehen müsse. Nun mag man annehmen, daß bei der moralischen Besserung des Menschen die

 

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Fertigkeiten auf einmal oder nach und nach hervorgebracht werden: so wird man sich in beiden Fällen in unauflösliche Schwierigkeiten verwikkeln. Stelt man sich die übernatürlichen Wirkungen der Gnade so vor, daß die Gnade durch öftere Wiederholung derselbigen Wirkungen die Fertigkeit wirke: so vermehrt man die Wunder über alle Anständigkeit, und macht die Seele zu einem ganz unthätigen Wesen. Sol aber die Fertigkeit durch eine einzige Wirkung auf einmal hervorgebracht werden: so fält es noch mehr in die Augen, daß alsdann der ganze Grund verändert werden müsse, daß die Seele ihre vorigen Modifikationen, mithin das Bewustsein ihrer vorigen Zustände, und also ihre ganze Persönlichkeit verlieren, kurz daß eine ganz neue Seele geschaffen werden müsse.

 

[Ia-04-1779-0342]
Die Natur der Sache erfordert, daß wir uns an die lezte Voraussezzung halten. Eine iede moralische Besserung des Menschen, die eine unmittelbare Wirkung der götlichen Macht ist, mus das Werk eines Augenbliks sein, darin ist keine Zeitordnung verschiedner Veränderungen, darin kan kein Füh Früher und Später unterschieden werden. Es kan dabei kein bemerkbarer stufenweiser Fortgang vom kleinern zum grössern, vom unvolkomnern zum volkomnern Stat finden, keine Verschiedenheit der Wirkungsart vorkommen, kein eignes Bestreben nöthig sein. Da alles durch Wunder ein Wunder geschieht, so geschieht es auf einmal, so geht es einerlei Weg, so hat es keiner menschlichen Hülfe nöthig. Nichts kan mehr der ausdrüklichsten Lehre der Schrift entgegen sein, als diese Folgen, die von dem System der Gnadenwirkungen nicht können getrennet werden. Wenn uns die Schrift den schwachen Anfang der moralischen Besserung, das hin und her wanken, die Unentschlossenheit einer unbefestigten Tugend, den almähligen Wachsthum in derselben so nachdrüklich beschreibt; wenn sie uns zum Fleis in der Heiligung, zur Beständigkeit, zum Kampf gegen Versuchungen so ernstlich ermuntert; wenn sie uns die Mittel dazu empfiehlet, die eine so natürliche Wirksamkeit und Schiklichkeit zu einem solchen Zwek haben, als die Wachsamkeit auf die Bewegungen unsers Herzens, die Erweiterung unsrer Ein

 

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sichten durch Unterricht, das fleissige Andenken an gute Grundsäzze, damit sie unserm Gemüthe tief eingeprägt werden und ihm zu rechter Zeit gegenwärtig sind; wenn sie dieses alles unablässig thut: so berechtigt sie und wohl nicht auf übernatürliche Einflüsse zu warten, um eine fremde Kraft an Stat unsrer eigenen wirken zu lassen. Die Schrift also weiset uns keinen andern Weg, als den Weg der Natur, um einen guten Karakter in den Menschen zu bilden, maast sich hiezu selbst keine andere Kraft an, als den sie als Wahrheit hat, durch Unterweisung und Belehrung, und führt uns nie auf die Vermuthung eines Sprunges in dieser Veränderung, oder einer plözlichen Umschaffung des menschlichen Wesens durch Hervorbringung entgegengesezter Fertigkeiten. ?" Seit. 169. 170. 171. 172. 173. 174. 175. 176.

 

[Ia-04-1779-0343]
17) Fortsezzung von den Gnadenwirkungen.

 

[Ia-04-1779-0344]
"Die almählige Fortschreitung der Veränderung der Seele verträgt diese übernatürlichen Einflüsse nicht. Sie werden also auch der Weisheit Gottes sehr wenig anständig sein, ? und immer weniger anständig sein, ie öfter sie wiederholt werden.

 

[Ia-04-1779-0345]
Dieses müssen wohl dieienigen nicht bedenken, die das Verderben der Lasterhaftigkeit so sehr vergrössern, und die Besserung des menschlichen Herzens so schwer vorstellen, daß sie durch natürliche Mittel nicht kan zu Stande gebracht werden. Sie richten damit nichts mehr aus, als daß sie die Anzahl der Wunder und also der Blössen, die sie in ihrem System geben, vermehren; da die Zeit, die zu einem solchen Übergange von dem Laster zu tugendhaften Gesinnungen erfordert wird, weit länger wird, der Übungen und Zubereitungen weit mehr sein müssen, als bei einer geringern Schwierigkeit dieses Überganges. Denn wofern man nicht die groben Vorstellungen des Flazius von dem moralischen Verderben annimt, und es zu dem Wesen des Menschen selbst macht: so mus doch allemal die Besserung des Menschen, man mag sie sich leichter oder schwerer gedenken, nach den nämlichen Regeln geschehen. Die bösen Fertigkeiten, die sich guten Gesinnungen entgegen

 

[Manuskriptseite 107.]

sezzen, müssen gebrochen werden, und darin folgt der menschliche Geist keinen andern Gesezzen, als die bei der Ausrottung aller andern Fertigkeiten gelten. Es kan dieses nicht anders als nach und nach, durch lange und vielfache Übungen erfolgen; es ist erst die Frucht mancher bitteren Entwöhnungen, vielfältiger Wachsamkeit, Unverdrossenheit, nicht weniger strenger Verleugnungen, die dem Menschen um desto schwerer ankommen, ie mehr das Herz eine unrichtige Biegung angenommen, und iemehr diese unrichtige Biegung durch die Länge der Zeit verwachsen und verhärtet ist. ?" Seit. 178. 179.

 

[Ia-04-1779-0346]
"Man kan in dem Gnadensystem die Tugend gar nicht als ein Werk der Einsicht und Übung betrachten, dem gerade zuwider, was die Schrift darüber für Regeln und Ermahnungen giebt. In dem System geschieht alles plözlich, in den Belehrungen Iesu alles stufenweise; in diesen sind Ermunterungen, Regeln der Vorsichtigkeit und Klugheit, in ienem kan man sich darüber auf die Gnade verlassen; in dem einen sind Aufforderungen zur Untersuchung, zu eigenem Nachdenken, Aufforderungen zur Untersuchung unsern gesunden Verstand, und die Regeln, denen er in andern Angelegenheiten folgt, auf moralische Gegenstände anzuwenden, in dem andern, ist alles das überflüssig oder schädlich. ?

 

[Ia-04-1779-0347]
Es gehört zuförderst Gedult, Gelehrigkeit und Anstrengung seines Verstandes dazu, wenn unsre moralische Urtheilskraft erleuchtet, richtig, sicher und schnel werden sol. Alle die Einsichten, die uns zu diesem Zwekke führen, sich zu erwerben, ist nicht das Werk eines Augenbliks; zumal wenn diese Einsichten so mächtig werden sollen, daß alle Kräfte der Seele unter dem beständigen Einflusse derselben stehen. Denn wenn der Verstand noch so sehr damit bereichert ist: so folgt es doch nicht sogleich, daß alle Neigungen des Willens die Herschaft des Verstandes erkennen, und von seinen Einsichten ihre Richtung annehmen. Diese Unterordnung aller Begehrungskräfte unter das obere Erkentnisvermögen ist erst die Frucht mancher Übungen und einer langen Aufmerksamkeit. Es ist

 

[Manuskriptseite 108.]

dazu nöthig, daß man durch langen Widerstand die Macht der Sinlichkeit schwäche, und die Erkentnis des Rechts verstärke; daß man allen Kräften der Seele dieselbe Richtung gebe, und sie auf das lebhafteste für das Gute interessire, damit sie alle unzertheilt dem nämlichen Ziele zustreben.

 

[Ia-04-1779-0348]
Das, was den Entschliessungen des Willens die meiste Wirksamkeit giebt, Einbildungskraft, Empfindung, Leidenschaften, das mus der deutlichen Einsicht dienstbar gemacht werden, das mus ihr sein Feuer leihen, um den obern Erkentnisvermögen Leben und Bewegung mitzutheilen. Die edlen Empfindungen der Ehrbegierde, der Schaam, und der süsse Genus der Selbstzufriedenheit mus zum Besten des moralischen Guten erwekt, unterhalten, und durch die Aussicht in die angenehmste Befriedigungen befeuret werden. Man mus es überzeugend erkant haben, daß diese Befriedigungen der bessern Ehrliebe, und diese gegründete Schäzzung seiner selbst sich nur auf dem Wege der Tugend finden. Die Verpflichtung zu dem, was recht ist, mus aus der Natur der Sache selbst hergeleitet werden, und zwar mus uns die Wahrheit, die Nothwendigkeit, die Zuträglichkeit dieser Verpflichtung so klar in die Augen leuchten, daß unser Geist von keinem andern Lichte kan irre geführt werden, und daß er schon in dem Genus der Güter lebt, die nicht so nahe sind, als die Vergnügungen, welche sich seiner Sinlichkeit darbieten. Bei dem geringsten Versuche gut zu sein, und dem Gewissen zu folgen, mus man den Geist auf die Zufriedenheit aufmerksam machen, die mit solchen Siegen über sich selbst verknüpft sind, um ihm die Vortheile der Tugend anschauend zu machen, damit die Erinnerung einer solchen Erfahrung bei künftiger Gelegenheit neue gute Wirkung thue. Durch diese eigne Erfahrung, so wie durch die Erfahrung, die wir durch anderer Beispiele erhalten, wird das Gemüth in dem erkanten Guten bestärkt, wenn es gewahr wird, daß die moralischen Wahrheiten keine Träume guter Herzen und kranker Köpfe sind, daß sie uns nichts versprechen, was sie nicht wirklich auch in der That leisten, indem sie wirklich mit den edelsten Affektionen unsers Herzens harmoniren. ?" Seit. 180. 181. 182. 183. 184.

 

[Manuskriptseite 109.]

[Ia-04-1779-0349]
"Dann erst, wenn so unsere moralische Urtheilskraft erleuchtet, unsere Einsichten erhöhet, berichtiget, erweitert worden, unsere ganze Seele für das Gute begeistert, und eine iede Fiber unsers Herzens für die algemeine Gerechtigkeit in Bewegung gesezt ist, daß sie alle anfangen, zum Ehrbaren mit derselben Federkraft zu streben, womit sie bei dem sinlichen Weltlinge nach den Gegenständen der Sinlichkeit streben; nur erst dann, wenn so eine böse Begierde nach der andern geschwächet ist, und eine Neigung nach der andern eine bessere Richtung erhalten hat, nur erst dann fängt der gute Karakter an, zu einer volkommenen Form sich zu bilden. Alle vernünftige und auf Erfahrung gegründete Kentnis des menschlichen Herzens führt uns hiebei auf die Mittel und die Methode, die ich eben beschrieben habe.

 

[Ia-04-1779-0350]
Und diese Vortheile, die in der Erziehung des Menschen zur Tugend so gute Dienste leisten, hat sich die weise Sorgfalt Iesu in seinen moralischen Unterweisungen sehr gut zu nuzzen gewust. In diesen Unterweisungen ist nichts, was uns eine übernatürliche Umkehrung auch nur vermuthen liesse. Der eigenthümliche Karakter eines ieden besondern Volkes, so fern er nichts unmoralisches enthält, solte durch die Lehre Iesu nicht umgeschaffen werden, und ein christlicher Spanier solte von einem christlichen Grönländer noch immer verschieden genug bleiben. Den einzelnen Menschen solte immer noch sein herschendes Temperament von andern unterscheiden; der ungestüme Petrus solte nicht der sanfte weichherzige Iohannes werden. Diese unterscheidende Karaktere konten auch immer noch ihre Äusserungen behalten, auch noch oftermals die Gränzen überschreiten, und in rasche Übereilung ausbrechen oder in zaghaftes Nachgeben niedersinken. Die Befreiung eines ieden von seinen Schwachheiten solte nicht das Werk eines Almachtswortes, sondern der Belehrung, der freundlichen Bestrafung, almähliger Entwöhnungen durch Wachsamkeit und Übung sein. ?

 

[Ia-04-1779-0351]
Iesus Apologen sollen nicht blos den Verstand überführen, sie sollen auch das Herz bis in seine innersten Fibern bewegen. Indem das gerührte Herz an

 

[Manuskriptseite 110.]

seinen sympathetischen Pulsschlägen den beraubten und verwundeten Samariter für ein empfindliches Geschöpf von seinem Geblüt erkennet, sol der Verstand vergessen, daß er ein Feind seiner Religion sei, und in ihm nichts als den Bruder finden, der ihm durch die Bande der menschlichen Natur verwandt ist. Dieses Verfahren Iesu hat kein einziges Merkmal an sich, welches etwas Übernatürliches verriethe. So vorsichtig, so behutsam gehet man nicht zu Werke, so begierig nimt man nicht alle Vortheile mit, die natürlicher Weise einen glüklichen Erfolg sichern können, wenn man durch einen Wink eben so grosse Dinge verrichten darf. ?

 

[Ia-04-1779-0352]
Alles entdekt uns daher in dieser Methode Iesu den stufenweise fortschreitenden Weg der Natur, worin iedes Hülfsmittel gebraucht, iede der Triebfedern genuzt ist, die in der menschlichen Seele bereit liegen, wodurch in ihr Denkungsart, Gesinnungen, Entschlüsse können hervorgebracht werden, und wodurch auch wirklich Entschliessungen in Angelegenheiten, die nicht moralischer Natur sind, entstehen. ?" Seit. 186. 187. 188. 189.

 

[Ia-04-1779-0353]
18) Von der Abgötterei überhaupt.

 

[Ia-04-1779-0354]
"Das was ein ieglicher anbetet, das hält er für Gott, und wenn es nicht die Gottheit wirklich ist, so ist sie es doch in seiner Vorstellung. Diese Vorstellung ist also unrichtig, w es ist darin etwas enthalten, was dem Subiekt, nämlich der Gottheit, nicht zukömt. Und diese kan nichts anders sein, als die Endlichkeit. In die Klasse der endlichen Dinge gehören insonderheit die sinlichen Gegenstände, die eben deswegen, weil sie Vorwürfe der Sinne sind, das Gepräge ihrer Endlichkeit an sich tragen. Also wäre ein Abgott ein iedes endliches Ding, und vornehmlich ein solches, das in die Sinne fält, das aber die Unwissenheit zum Gegenstand seiner Anbetung macht.

 

[Manuskriptseite 111.]

[Ia-04-1779-0355]
Hierbei ist indes noch ein Unterschied zu bemerken, der bisher noch immer in dieser Materie ist übergangen oder wenigstens in keiner Erklärung ausgedrukt worden. Der Sprachgebrauch schränkt nämlich den Begrif nur auf dieienigen sinlichen Gegenstände ein, die Theile der sichtbaren Welt sind. Nun aber ist es nicht blos möglich, es ist nichts gemeiner, als daß sich der ungeübte Verstand auch bei der grösten Geistigkeit der öffentlichen Religion doch die ausserweltliche Gottheit eingeschränkt und unter einem sinlichen Bilde vorstelt. Diese Bemerkung ist für unsre gegenwärtige Betrachtung von nicht geringer Wichtigkeit, und man wird sie in der Folge nicht aus den Augen verlieren dürfen. Man würde die Anzahl der Abgötter und damit der Strafbaren über seine eigne Absicht vermehren, wenn man alle dahin ziehen wolte, die in ihrer Vorstellung sich nicht zu der ganzen geistigen Schrankenlosigkeit Gottes erheben können. So gewis indes dieser Irthum ein Irthum ist, so ist doch noch immer die wahre Vorstellung damit verbunden, daß die Welt von einer ausserweltlichen Ursach abhange und regiert werde, und das ist eine sehr schäzbare Religionswahrheit.

 

[Ia-04-1779-0356]
Allein das Heidenthum fast ausser der Abgötterei auch noch die Vielgötterei in sich. ? Der Weg aber von dem einen Irthum zum andern, von der Abgötterei zur Vielgötterei, ist nichts weniger als weit. Wer die Welt von einem eingeschränkten Wesen abhängig macht, kan leicht verleitet werden, dieser eingeschränkten Götter, die sich gar nicht ausschliessen, mehrere anzunehmen. Der Begrif von dem allerhöchsten Wesen hiernächst läst, wenn er genau und ausführlich ist, nichts körperliches zu; wo er das aber nicht ist, da kan der Verstand nichts unanständiges darin finden, die Gottheiten mit Körpern zu bekleiden und sich dieselben unter materiellen Bilder vorzustellen. Alles das nun ist Irthum, und dafür haben es die scharfsinnigsten Philosophen erkant. Kein Irthum aber ist an sich selbst strafbar, er kan es nur durch andere hinzukommende Verschuldungen werden.

 

[Manuskriptseite 112.]

Die Irthümer, welche die Gotheit betreffen, dürfen hiebei keine Ausnahme leiden, sie sind ebenfals nur in dem Maasse strafbar, als sie vermieden werden können, oder als man sich dabei gegen Gründe und Überzeugung ungewissenhaft betragen und einem andern Interesse als dem Interesse der Wahrheit Raum gegeben hat. Wir müssen das höchste Wesen hier als einen Gegenstand unsers Denkens ansehen, der mit zu der Kette der Wahrheiten gehöret, welche Inbegrif menschlicher Vernunfterkentnis ausmachen. Die Erkentnis Gottes hängt also, wie alle andere Erkentnis, von der Aufklärung unsers Verstandes durch ein gewissenhaftes Nachdenken ab. Sie wird folglich auch richtiger, ausgebreiteter, gewisser, anständiger * und lebhafter werden, ie mehr der Verstand mit den ersten Grundsäzzen des menschlichen Wissens vertr vertraut wird, und ie mehr die Reihe von Vernunftwahrheiten, die er übersehen kan, anwächst. ?" Seit. 197. 198. 199. 200. 201. 202.

 

[Ia-04-1779-0357]
19) Einige Vernunftbeweise von der Einheit Gottes.

 

[Ia-04-1779-0358]
"Der erste Beweis ist. Gott ist der Inbegrif aller Volkommenheit. Alle wahren und unbegränzten Volkommenheiten können neben einander bestehen, sie machen ein einziges System aus. Ein Wesen, das alle diese unbegränzten Volkommenheiten besizt, ist ganz bestimt, hat alles, was zu seiner Individualität gehört. Wolte ich mir also noch ein anderes unendliches Wesen denken: so müste dieses ebenfals alle unbegränzten Volkommenheiten haben, die ihm seine genaueste Individualität geben würden, und diese würde gerade dieselbige sein, als die Individualität des vorigen; ich würde es mithin von solchem durch nichts unterscheiden können. Dieses Unterscheiden gehört aber nothwendig dazu, wenn sie der Verstand sich als Eins und Zwei denken sol. Dazu mus ein iedes seine besondere Individualität haben, und die kan keines von beiden erhalten, ohne etwas von seiner Volkommenheit zu verlieren.

 

[Manuskriptseite 113.]

[Ia-04-1779-0359]
Der zweite Beweis ist. Wir bekommen auch durch den Weg eine Überzeugung, von der Einheit Gottes, wenn wir den götlichen Verstand als den Inbegrif aller Wahrheiten betrachten. So unendlich die Kette aller Wahrheiten ist, so fest sind diese Wahrheiten mit einander verbunden; sie machen die genauste Einheit aus. Haben wir von dieser Einheit die innigste Anschauung, und wir bestreben uns, einen anderen unendlichen Inbegrif uns vorzustellen: so müssen wir erfahren, daß uns das nicht ein Zweites sein kan, was mit dem Ersten ganz dasselbige ist, und wobei wir uns nicht eine einzige Vorstellung denken können, die nicht schon in dem vorigen enthalten wäre. ?" Seit. 203. 204.

 

[Ia-04-1779-0360]
20) Vom Begriffe der Unendlichkeit und Einheit Gottes.

 

[Ia-04-1779-0361]
"Der Begrif der Unendlichkeit läst sich in einem ungebildeten Kopfe nicht so leicht entkörpern, dieser bleibt bei einer sinlichen Unendlichkeit stehen, denkt sich höchstens eine sinlich unbegränzte Ausdehnung, und ist folglich noch immer von der wahren Unermeslichkeit des allerhöchsten Wesens, wodurch er auf die Einheit desselben geführt würde, weit entfernt. So lange aber die Erkentnis Gottes bei dem Menschen nicht die Folge von einer richtigen Vorstellung seiner Unendlichkeit ist: so lange kan sie selbst nicht durch eine unmittelbare Offenbahrung unter ihnen erhalten werden. Das iüdische Volk war, ungeachtet der nachdrüklichsten Belehrungen der Einheit des Iehovah, beständig geneigt, diesem einzigen Gott noch andere beizugesellen, ohne deswegen dem Dienste desselbigen zu entsagen. Der ungebildete Verstand der rohen Menge hatte sich noch nicht zu würdigen Begriffen von der unendlichen Natur des höchsten Wesens empor geschwungen, und darum konten auch die häufigsten Einschärfungen der Einheit desselben bei ihnen nicht haften.

 

[Ia-04-1779-0362]
Das nämliche Schiksal hat diese Einheit in den barbarischen Zeiten des Christenthums gehabt. Die ganze christliche Welt theilte, bei dem deutlichsten Unterricht von dem einfachen und geistigen Wesen Gottes in den Schriften

 

[Manuskriptseite 114.]

des N. T. ihre Verehrung zwischen einer unzähligen Menge von heiligen Gegenständen.

 

[Ia-04-1779-0363]
Selbst die leichtere Übung von dieser Einheit aus dem Zusammenhange des ganzen Weltals erfordert eine gewisse Bildung des Geistes. Dieses Argument für die Einheit des Regierers aus der Einheit des Plans in der ganzen Verknüpfung der Dinge wirkt indes noch am meisten auf einen gemeinen Verstand. Wenigstens wirkt es in dem kindischen Alter der Menschheit durch einen dunklen Eindruk das Anschauen einer einzigen ersten Ursach, bei der Wahrnehmung der gegenseitigen Beziehungen aller * Theile des Weltals auf einander, wovon er noch keinen entdekt, der nicht zu der nämlichen Kette gehörte. Allein man mus wohl bemerken, daß dieses Anschauen nur die Wirkung eines dunklen Eindruks des ganzen unermeslichen Weltraums ist. Der nächste Schrit der Entwikkelung des menschlichen Verstandes besteht in einer Anfangs sehr unvolständigen Erwägung einzelner Theile. Und dadurch wird dann das Band, welches die erste Vorstellung von dem Weltal zusammen hielt, zerrissen, bis ein fortgehendes Nachdenken es wieder unauflöslich zusammen knüpt.

 

[Ia-04-1779-0364]
Diese auf Überlegung gegründete Wahrnehmung des Zusammenhangs in der Natur aber sezt nothwendig eine Aufmerksamkeit auf das Ganze und auf die Verbindung seiner Theile voraus b) Diese Bemerkung des Zusammenhanges ist noch von den erhabnern transcendentalen Einsichten einer genauern Philosophie unterschieden, die bis auf die einfachen Substanzen des ganzen Weltals hindurchdringt und in allen ihren Veränderungen nichts als Ordnung, Zusammenkettung und Harmonie wahrnimt. Allein zu diesen erhabenen Entdekkungen, wobei sich das Gemüth in unaussprechlicher Wonne verliehrt, wird der menschliche Verstand erst durch die reinste Betrachtung der Unendlichkeit Gottes geleitet, so wie diese leztere von den erstern wiederum ihr Licht und Anschauen erhält. In einer so genauen und entzükkenden Harmonie stehen die Wahrheiten mit einander! So verheist uns ein ieder Schrit, den wir tiefer in den Geheimnissen der Weltweisheit thun, neues Vergnügen. ? b) Diese ... Vergnügen. - ] am Seitenende eingefügt, Fußnote auf folgender Seite fortgesetzt

 

[Manuskriptseite 115.]

[Ia-04-1779-0365]
Eine iede Begebenheit hat zwar nicht alle andern Begebenheiten zu Kindern, aber dennoch kan sie nicht ganz ohne Kinder sein. Wenn irgend etwas in der Welt ohne Kinder wäre: so wäre die algemeine Verwandschaft gerissen, es müste eine Linie in der grossen Familie ausgehen, und irgendwo müsten wieder Kinder ohne Vater hervorkommen, oder es würde der Familie an einer schönen Nachkommenschaft fehlen, die zur Volkommenheit des ganzen Hauses gehört hätte; weil das Haus Gottes nicht vol genug sein kan. Ohne Allegorie: der algemeine Zusammenhang in der Welt beruht auf der Weisheit Gottes, der geringste Mangel an Zusammenhange sezt also auch einen Mangel an Weisheit in Gott voraus Eine iede ... Gott voraus] am Seitenende eingefügt, Fortsetzung der Fußnote von S. 114

 

[Ia-04-1779-0366]
Es gehöret augenscheinlich die Betrachtung dazu: alles,

 

[Manuskriptseite 115.]

was ich sehe, ist ein Theil einer einzigen Maschine, in welcher alle Theile und ihre Bewegungen übereinstimmen, sie kan also nur einen einzigen Werkmeister haben; es ist auch kein Grund, deren mehrere anzunehmen; denn es ist vernünftig, bei Einer Ursache stehen zu bleiben, wenn sie hinreichend ist, die Wirkung zu erklären. Man sehe zu, ob sich dieses Nachdenken zu einer Zeit leicht erreichen läst, da die geselschaftlichen Verbindungen noch klein sind, und die Zuneigungen sich in die engen Mauren einer neuerbauten Stadt einschliessen, oder da die Barbarei und Unwissenheit den rohen Geist verhindern, weiter als vor seine Füsse zu sehen. ? Das ist aber erst das Werk fleissiger Übung und unermüdeten Nachdenkens, dazu gehört Fähigkeit und Gelegenheit zum Unterricht. So wie wir diese genuzt haben, und haben nüzzen können, darnach werden unsre unrichtigen Vorstellungen von der Gottheit strafbar sein oder nicht; die Grösse des Gegenstandes unserer Irthümer wird nur in so fern dabei in Betrachtung kommen, so fern Dinge von grosser Wichtigkeit auf unsern Fleis mehr Anspruch * machen, als Dinge von geringerer Erheblichkeit.

 

[Ia-04-1779-0367]
Was ein gründlicher Gottesgelehrter c) Iohn Taylor Sketch of moral philos. C. 5. §. 88. C. 7. §. 35 . c) Iohn Taylor ... P. 35.] am Seitenende eingefügt hierüber bemerkt, ist einleuchtend. "Der Wille Gottes, sagt er, geht auf das Gute. Ich thue also das den Willen Gottes, wenn ich das Gute als Gutes wil, wil (und also auch der

 

[Manuskriptseite 116.]

Wahrheit als Wahrheit Beifal gebe.) Meine Verbindlichkeit hiezu kan nicht grösser sein, als die Möglichkeit, das Gute (und wahre) zu erkennen, die aus meiner Fähigkeit, und aus den Gelegenheiten zum Unterricht, die ich gehabt habe, entspringt. Denn Gott sieht alle Dinge, er sieht auch uns. Er sieht sie aber, wie sie sind, er urtheilt darüber, und aufs richtigste. Folglich weis er auch, ob wir unsrer Vernunft gemäs handeln oder nicht." ? ?" Seit. 205. 206. 207. 208. 209. 210. 211. 212.

 

[Ia-04-1779-0368]
21) Von geselligen Empfindungen, ob sie eigennüzzig sind? ?

 

[Ia-04-1779-0369]
"Eine gesellige Empfindung kan darum nicht eigennüzzig heissen, weil wir durch iede gemeinnüzzige Handlung selbst an innerer Volkommenheit wachsen. So gewis dieser Wachsthum erfolgt: so erfolgt er doch nur mittelbar, auch ist er dem begränzten Verstande des Menschen nicht in iedem Fal evident. Daher darf man auch bei der grösten Verfeinerung der epikurischen Moral die Selbstliebe wohl als den Plan, aber nicht als den Grund der moralischen Wissenschaft ansehen. Denn die Harmonie dieser beiden nebeneinander fortlaufenden Systeme, des Systems unserer eigenen Volkommenheit und der Volkommenheit, die wir ausser uns bewerkstelligen, ist allerdings wirklich, und in einer Welt, die von dem weisesten und gütigsten Gott hervorgebracht ist, ausser allem Zweifel. In dieser Welt wächst die Volkommenheit einer ieden Substanz mit der Volkommenheit aller übrigen, von welchen sie die freie Ursach ist. Die Harmonie aber kan nur von dem allerhöchsten Verstande volkommen vorgestelt werden. Nur dieser kan in ieder Reihe der harmonirenden Veränderungen so volständig sehen, was in der andern erfolgen müsse, als es nöthig ist, um die Volkommenheit ausser uns nach unserm Vortheile abzumessen. Ungeachtet dieser Harmonie aber würde es sehr falsch geschlossen sein, daß nur meine eigene Volkommenheit meinen Willen bestimme, und das materielle in meinen Empfindungen und Affektionen sei.

 

[Ia-04-1779-0370]
Wir müssen daher unsere Empfindungen, Triebe, Neigungen, oder

 

[Manuskriptseite 117.]

um das algemeinste Wort zu gebrauchen, worunter alle Bewegung der Seele begriffen wird, ihr Interesse, in folgende Klassifikation bringen. Eine Vorstellung interessirt uns, wenn wir sie gern hervorziehen. Das thun wir aber wegen einer Volkommenheit, die sie uns in uns selbst, oder die sie uns in andern darstelt. Im ersten Falle kan diese Volkommenheit im Erkentnisvermögen, und im Begehrungsvermögen sich befinden. In beiden Fällen erwekt sie unsere Aufmerksamkeit; und darum haben einige Philosophen das interessante durch etwas definirt, das Aufmerksamkeit erwekket. Das Gut, welches unsere Seele begehrt, gehört entweder für unsern Körper und zu unserm äussern Zustande, und dann heist das Interesse, das dadurch erwekt wird, Eigennuz; oder für unsere Seele, es macht diese volkomner, das ist unser eigenes geistiges Interesse, welches allezeit mit der Tugend verbunden ist. Es kan aber auch eine fremde Volkommenheit sein, und das ist das moralische Interesse, das eigentliche Interesse der Tugend. ?" Seit. 281. 282. 283.

 

[Ia-04-1779-0371]
22) Von der Empfindsamkeit.

 

[Ia-04-1779-0372]
"Wie freudenlos, wie einsam, wie tod, würde die ganze Schöpfung sein, wenn ihre Bewohner nur körperlicher Wollust fähig wären, wenn nicht Sympathie und gesellige Empfindungen sie mit ihren Reizen überstreuten? Wem wird nicht iede Scene der Natur wiederum neu und interessant, wenn er sie an der Hand seines Busenfreunds empfindet? Wem blühet nicht die Rose anmuthsvoller, wen erfüllet nicht der Aufgang der Morgensonne mit einem ekstatischern Gefühle an der Seite derer die seine Seele liebt? Wem ist nicht das mässigste Mahl in der Geselschaft gewählter Freunde geschmakvoller, als alle einsame lukullische Abendessen? Welcher sinliche Genus ist dem Übermaas stiller Freuden zu vergleichen, womit sich eine zärtliche Gattin an dem Anblikke ihres Geliebten, oder das weiche Herz einer Mutter an dem Anschauen ihrer Kinder berauschet? Mit

 

[Manuskriptseite 118.]

welchem Fest der bachantischen Üppigkeit möchte eine wohlthätige Seele die süsse Wehmuth vertauschen, die sie bei dem Anblik des Elendes empfindet, das Wohlgefallen und die Selbzufriedenheit, die Thränen des Dankes, von den Augen des Bedrängten, dem sie Hülfe verschaft hat, abgetroknet zu haben? Selbst die körperliche Lust erhält durch die Empfindsamkeit einen Reiz, den sie ohne dieselbe nicht hat, und welcher sie unendlich über den thierischen Genus erhöhet. Wie sehr mus das epikurische System die Geschlechterliebe erniedrigen, und sie derienigen Anmuth berauben, die aus moralischen Empfindungen entspringt, und ihr edelster Theil ist, derienige Theil, den eine keusche, schamhafte und empfindliche Seele sich allein zu bekennen getrauet. Das hiesse einen sehr würdigen Theil der Schöpfung unendlich tief herab sezzen, wenn man der rührendsten Schönheit keine andere Bestimmung, als blos einen thierischen Trieb zu befriedigen, geben, und seine Augen gegen viel edlere Genüsse, wozu sie dienen sol, verschliessen wolte.

 

[Ia-04-1779-0373]
Indem die belebte Schönheit sich durch Physiognomie und Handlung äussert, wirkt sie ein Wohlgefallen, das aus dem Anschauen eines vortreflichen Seelenzustandes entspringt, welches so gros ist, daß es sehr oft eine weit grössere Schönheit, die dieses Ausdruks beraubt ist, überwiegt. Diese Erscheinung, die nichts weniger als seltsam ist, läst sich nicht anders erklären, als wenn man annimt, daß unsere Empfindsamkeit interessirt wird, indem sie einen Gegenstand anschauet, der körperliche Züge enthält, welche eine vortrefliche Seele ausdrükken, nur dem mroalischen Auge sichtbar sind, und von dem moralischen Sinne genossen werden können. Die körperliche Schönheit dienet in diesem Falle dazu, die innere sinlich zu machen, und giebt also der Liebe eine eigenthümliche Lebhaftigkeit, die sie von der Freundschaft unterscheidet. Diese Liebe wird dann, wenn wir den moralisch würdigen Gegenstand in einem Zustand des Leidens und der Schwachheit anschauen, Zärtlichkeit, wehmüthige, schmelzende Zärtlichkeit, das angenehmste Gefühl empfindlicher

 

[Manuskriptseite 119.]

Seelen. Bei diesen ist es ein hauptsächliches Bestandtheil ihres Vergnügens, auch den geliebten Gegenstand glüklich zu sehen, welches bei dem Epikurer nicht stat finden kan. ?" Seit. 285. 286. 287. 288.

 

[Ia-04-1779-0374]
23) Von der theologischen ? und natürlichen Tugend.

 

[Ia-04-1779-0375]
"Den Einflus eigentlicher Geheimnisse auf die Hervorbringung guter Gesinnungen und auf die Lenkung des Willes kan ich mit Recht so lange leugnen, bis man denselben auf eine verständliche Weise erklärt hat. Diese verständliche Erklärung aber ist selbst der Natur der Geheimnisse zuwider. Wenn also der Vorzug der theologischen Tugend vor der natürlichen sich in die Gränzen ihres beiderseitigen Erkentnisgrundes oder des Verhältnisses der götlichen Wirkungen zu derselben einschliest, wenn die eine besser ist, weil sie unmittelbar von Gott gewirkt wird, und die andere mittelbar, weil sie dieselbigen Bewegungsgründe aus einer positiven Offenbarung schöpft. welche die andere aus der natürlichen nimt: so kan dieses zwar einen äussern Unterschied machen, eigentlich aber in dem innern Karakter des Menschen, und den innern Bestandtheilen einer guten Handlung kan es keinen vortheilhaften Unterschied für die theologische Tugend hervorbringen. ?

 

[Ia-04-1779-0376]
Wenn man der Tugend am besten rathen wil: so mus man die Verbindlichkeit darzu aus der Vernunft und dem natürlichen Gewissen herleiten, und alsdann kan der Heide nur in den Gelegenheiten, seine religiöse und moralische Erkentnis zu berichtigen und zu erweitern, nachstehen. Ob im einzelnen ein ieglicher alzeit so sehr herabzusezzen sei, das läst sich so leicht nicht entscheiden, wenigstens nach den Beispielen ihrer Tugenden nicht vermuthen. ?

 

[Ia-04-1779-0377]
Ich glaube, daß dieser Plan einem nachdenkenden Christen in den gegenwärtigen Zeiten, da die Kritik und Philosophie die Begriffe

 

[Manuskriptseite 120.]

von der Offenbarung so sehr aufgeheitert hat, nicht mehr so anstössig sein dürfe. Man hat dasienige, was darin das eigentliche algemein nuzbare ist, genauer bestimt und dem moralischen näher gebracht; man hat den Umfang der götlichen Eingebung erweitert und ihre Natur mehr in die ordentlichen Wege der götlichen Mittheilung geleitet; man hat über die Samlung der biblischen Bücher Zweifel erregt, die den Nachdenkenden beunruhigen und in schwere kritische und historische Erörterungen verwikkeln müssen; es bleibt also keine andere sichere Parthei mehr übrig, als für die Bearbeitung seiner Vernunft und seines natürlichen Gewissens zu sorgen, ohne iede andere Haushaltung Gottes zur Unterweisung, die mit ienen bestehen kan, zu verschmähen. ?" Seit. * 312. 313. 314. 315.

 

[Ia-04-1779-0378]
24) Von der Tugend.

 

[Ia-04-1779-0379]
"Die Volkommenheit der Seele ist die natürliche Folge aller sowohl intellektueller als moralischer Tugend. Alle Kräfte der Seele, die in der Hervorbringung einer würdigen tugendhaften Entschliessung zusammen laufen, wodurch eine tugendhafte Neigung gezeugt und gepflegt wird, werden durch diese Äusserung und Anwendung erhöhet, und verschaffen der Seele einen kostbaren Zusaz an Volkommenheit. Diese Volkommenheit bestehet gerade darin, daß ein iedes schäzbare Vermögen auf seinen Gegenstand geleitet wird, sich durch die Wirkung des höchsten Guten, die durch seine Natur kan erhalten werden, entwikkelt, und dadurch den höchsten Grad seiner Vortreflichkeit, der mit der höchsten Vortreflichkeit der ganzen Seele bestehen kan, erreicht.

 

[Ia-04-1779-0380]
Kein Vermögen der Seele mus übersehen, mus vernachlässiget werden; sie sind alle einer Entwikkelung fähig, eines

 

[Manuskriptseite 121.]

Anbaues würdig, und ihre Verbesserung trägt zur Volkommenheit des Ganzen etwas bei, so wie in einem wohlregierten Staate kein Glied so gering und so arm sein darf, worauf die Obrigkeit nicht ihre Aufmerksamkeit und Pflege erstrekken müste, weil aus dem Wohlsein aller Bürger das Wohl des ganzen gemeinen Wesens entspringt. Von dem reinsten geistigsten Verstandsvermögen bis auf die dunkelste Sinlichkeit, von dem gemeinnüzzigsten edelsten Wohlwollen, bis auf die eigennüzzigste Sinnenlust, alles ist einer Übung fähig, und durch Erhöhung eines ieden Theils kan das Ganze volkommen werden.

 

[Ia-04-1779-0381]
Diese Seelenvermögen äussern sich an verschiedenen Gegenständen und wir legen ihnen einen Werth nach dem Werthe dieser Gegenstände vor bei. Der reinste Verstand, der sich mit der Betrachtung des höchsten Wesens beschäftigt, und der erleuchteste Wille, der sich in der wesentlichen Urschönheit desselben belustiget, ist in Ansehung seines Gegenstandes von edlerer Natur als die eigennüzzige Sinlichkeit, die von unwilkührlichen Eindrükken in Bewegung gesezt wird. Das gemeinnüzzige Wohlwollen, das sich an Glükseeligkeit ergözt, die es ausser sich ergossen, ist edlerer Natur als die Befriedigungen, die sich in der körperlichen Lust eingränzen.

 

[Ia-04-1779-0382]
Aber ausser dem Gegenstande selbst kömt hier, um diesen Werth zu bestimmen, auch die innere Kraft selbst mit in Rechnung, die aber mit dem Gegenstande in genaustem Verhältnis stehet. Dasienige, was uns natürlicher Weise gefält, was also unsere Sinnenlust interessirt, bewegt unsern Willen am leichtesten. Daher hat man wenig nöthig, die Vergnügungen der Sinnenlust unserm Begehrungsvermögen zu empfehlen, und den eigennüzzigen Begierden noch einen Nachdruk zu geben, die schon ohnedem in den körperlichen Trieben so viel Begünstigung finden. Denn zu dem

 

[Manuskriptseite 122.]

eigentlichen Entschliessen gehört eben dieses sinliche Wohlgefallen, das durch sein Feuer alle anderen Seelenkräfte in sich verschlingt, den Willen überwältigt, und ihn für den geliebten Gegenstand zum Ausschlage bringt. Das ist nun aber bei den Dingen, denen dieser Weg sich des Wohlgefallens der Seele durch die Sinlichkeit zu bemächtigen, nicht offen stehet, auch so leicht nicht zu Stande zu bringen. Was sogleich die geselligen Empfindungen betrift, so können sie zwar leicht so belebt werden, daß sie die Seele zu einem Entschlusse mit sich fortreissen. Aber dieses geschieht doch nur alsdann, wenn ihnen nicht ein stärkeres Interesse der Sinnenlust entgegensteht, oder wenn sie durch Übung und Überlegung so verstärket worden sind, daß sie es überwiegen.

 

[Ia-04-1779-0383]
Von der Sinnenlust haben nun gerade die höhern Gegenstände des reinen Verstandes sich keine Beförderung zu gewärtigen; vielmehr ist es schon ein grosser Gewin für ein tugendhaftes Herz, wenn es so viel Gedult über seine Triebe erhalten kan, daß sie ihr wildes Feuer mässigen, um keine übereilte Entschliessung zu fassen, und die Prüfung der Urtheilskraft abzuwarten. Aber wenn sich auch d** die Triebe diesem Zwange unterwerfen, wenn sie sich eine Untersuchung gefallen lassen, wenn sie einen Kampf mit dem obern Erkentnisvermögen eingehen: so ist doch nicht gleich die Folge davon, daß sich der Ausschlag auf die Seite des leztern neigt. Die Urtheilskraft mag von der Vortreflichkeit ihrer Wahl noch so deutlich überzeugt sein, wenn diese Vortreflichkeit dem Herzen nicht klar wird, und es mit der Heftigkeit einer Empfindung fortreist: so wird keine Entschliessung erfolgen. Es ist wahr, diese höhern Bestrebungen haben ihre eigenthümliche Schönheit, die ein ursprüngliches Recht auf unser inniges Wohlgefallen übt, aber nur so lange übt, als ihr

 

[Manuskriptseite 123.]

reizendes Bild vor dem ruhigen beschauenden Verstande da steht, so lange kein Entschlus zu fassen ist, wobei der Eigennuz der Sinlichkeit ins Spiel kömt. Denn diese hat alle körperlichen Triebfedern zu ihrem Gebote, alle Bewegungen der Säfte und Fibern unterstüzzen sie, und aus dem Zusammenlaufe aller blinden Kräfte des Begehrungsvermögen, die unbemerkt auf dem Grunde der Seele schlafen, aus der Mitwirkung aller ihrer geheimsten Triebfedern, die in dem Körper mit dem ganzen Nervensystem gemeinschaftlich ihre Thätigkeit äussern, entsteht eine Kraft, die sich des ganzen Menschen bemächtigt, und das ganze entzükkende Bild von wilder intellektueller Schönheit mit leichter Mühe auslöscht. ? ?

 

[Ia-04-1779-0384]
Es ist gut, wenn man das Gefühl von Ebenmaas und Harmonie, welches beinahe zu der Lebhaftigkeit sinlicher Triebe verstärkt werden kan, indes daß es zu gleicher Zeit einen Theil der vernünftigen Natur ausmacht, erwekke und erhöhe, daß man sich gewöhne auch intellektualische Gegenstände unter dieses Gefühl zu bringen. Es mus nothwendig dazu kommen, daß das obere Erkentnisvermögen diese Kraft erhalte, wenn die ganze Seele mit allen ihren Fähigkeiten und Anlagen sol angebauet werden. Alles dieses nun ist ? nicht höchste Volkommenheit ? es ist Bestreben darnach.

 

[Ia-04-1779-0385]
Und darin bestehet denn bei einem so eingeschränkten Wesen, wie der Mensch ist, seine ganze Tugend. Selbst das Wort zeigt schon in den mehresten Sprachen ein löbliches Bestreben nach Tüchtigkeit, Muth, Stärke, Überlegenheit und Besiegung vieler Schwierigkeiten an. Die wesentliche moralische Güte des allerhöchsten Wesens, die sich in physische Volkommenheit auflösen läst, erscheint uns nicht unter der Gestalt eines mühsamen Bestrebens, und also nicht unter der eigentlichen Benennung der Tugend.

 

[Manuskriptseite 124.]

[Ia-04-1779-0386]
Überhaupt auf einer ie höhern Stufe der natürlichen Volkommenheit ein Geist in seinen ursprünglichen Anlagen und Fähigkeiten steht, desto grösser wird seine moralische Freiheit sein. Die Vorstellung des Guten wird sicherer, untrüglicher, genauer, reicher, würdiger und also auch wirksamer sein. Aber so wenig die Unmöglichkeit zu irren, und sich zu übereilen von irgend einem endlichen Geiste erreicht werden kan: so wenig kan er auch zur moralischen Untrüglichkeit gelangen. Wie kan man dieses also bei einem Geschöpfe von der Beschaffenheit, wie der Mensch ist, erwarten? Durch die menschliche Fehlbarkeit geht indes weder der Vortreflichkeit des Naturgesezzes, noch der menschlichen Bildung etwas ab, und man kan nicht sagen, daß die Vorschriften des ersten, weil sie nicht allezeit den Willen bewegen, sich nicht von dem obern Erkentnisvermögen rechtfertigen liessen, oder daß die leztere fehlerhaft sei, weil das Beste nicht allezeit auf die Seele sein Recht ausübt. ? ?

 

[Ia-04-1779-0387]
Wenn der Mensch alle diese Stralen, die aus dem Lichtmeer der unerschafnen Vortreflichkeit ausfliessen, in seiner Seele unter einen Brenpunkt könte samlen und seinen Willen damit entzünden: so würde man ihn zu nichts als der Ausführung des Bestens feurig finden.

 

[Ia-04-1779-0388]
Aber man erwäge nur die enge Schranken, bis zu welchen es der menschliche Geist vor unsern Augen in der Volkommenheit bringen kan, man erwäge von welchem schwachen Anfange und durch welche langsame Schritte er in der Entwikkelung fortgeht, und dann urtheile man, ob es mit ihm anders stehen könne, als wir es durch die Erfahrung finden.

 

[Ia-04-1779-0389]
Mehrentheils fängt er nur einen oder den andern Stral von dem ganzen Lichte auf, dem er nachgeht, und der die Dunkelheit, worin er h wandelt, nur mässig erhellet. Wohl ihm, wenn er in der Aufsuchung des Lichtes ehrlich und unermüdet, und in dem Gebrauch des gefundenen

 

[Manuskriptseite 125.]

Strals treu und gewissenhaft gewesen ist. ? ?" Seit. 333. 334. 335. 336. 337. 338. 339. 340. 341. 342. 343.

 

[Ia-04-1779-0390]
"Mich dünkt, es würde dem Interesse der Tugend zuträglicher sein, sie als unserer Bildung angebohren, (wie sie ihr wirklich angebohren ist) und der unbeflekten Einrichtung unsrer Seele angemessen, vorzustellen; zu beweisen, daß man durch eine iede Abweichung von moralischer Ordnung der ursprünglichen Richtung seiner Seele entgegenstrebt, und denienigen Karakteren von Würde, die der Schöpfer dem Gemüth eingeprägt hat, zuwider handele. Wenigstens war dieses ein Grundsaz, den sich viele der Weltweisen Mühe geben, einzuschärfen; so wie es auch vielleicht in der Sittenlehre keinen Hauptsaz giebt, worauf man mit mehrerer Wahrheit und grösserer Wirksamkeit bestehen kan. ?" Seit. 356.

 

[Ia-04-1779-0391]
25) Von der Stelle Matth. 25, 46. die die Ewigkeit der Höllenstrafen zu begünstigen scheint.

 

[Ia-04-1779-0392]
"Die einzige Stelle in der Bibel, bei der man noch nicht alle Schwierigkeiten hat heben können, ist die Matth. 25, 46. Und sie werden in die ewige Pein gehen: die Gerechten aber in das ewige Leben. vergl. Dan. 12, 2, wo ein augenscheinlicher Parallelismus dem Worte ewig eine bestimte Bedeutung zu geben scheint. Denn alle übrigen metaphorischen Ausdrükke andrer Schriftstellen, von einem Feuer, das nicht erlischt, von einem Wurme, der nicht stirbt, haben ihre Auslegung gefunden, die sie mit den Grundsäzzen der Vernunft übereinstimmig gemacht hat. Man hat eingesehen, daß diese Aussprüche die Seele nicht angiengen, daß sie nicht von dem Schiksaale des menschlichen Geschlechts, sondern eines einzelnen Volkes, eines Zeitalters in diesem Volk, und nicht nach dem Tode, sondern in diesem Leben handele." Seit. 364.

 

[Ia-04-1779-0393]
"Ich wil nicht entscheiden, ob Origenes nicht gar Ursach fand, an der Rich

 

[Manuskriptseite 126.]

tigkeit der Leseart in der angezognen Stelle Matth. 25, 46. zu zweifeln; auch bin ich weit entfernt, auf diese Muthmassung ein grosses Gewicht zu sezzen. Unterdessen wäre ich begierig einen unumstöslichen Beweis von der Unmöglichkeit einer solchen zufälligen Verfälschung zu sehen. Wenigstens würde es nicht ohne Beispiel sein, daß unachtsame oder überkluge Abschreiber, etwas verdienstliches zu thun, geglaubt hätten, wenn sie bei zwei so ähnlichlautenden Gegensäzzen, dasienige Wort, das noch zu der volkommenen Symmetrie derselben fehlte, aus dem einen in den andern herüber trügen, und so die ewige Pein und die ewige Freude neben einander stelten.

 

[Ia-04-1779-0394]
Es ist noch ein Grund zurük, der den Beweis von den ewigen Qualen aus der angeführten Stelle um ein Grosses erschweren mus. Angenommen nämlich, ? was kein Kenner der b* biblischen Grundsprachen kan in Abrede sein ? angenommen, daß ewig in diesen Grundsprachen nur eine lange unbestimte Dauer bedeute: so darf ich behaupten, daß der Parallelismus, der, nach der Meinung der Verfechter unendlicher Qualen diese Stelle so unüberwindlich macht, bei weitem nicht so viel beweise, als sie vorgeben. Man kan es ihnen nicht verwehren, daß sie ihren Glauben an eine ewige Glükseeligkeit auf die Offenbarung gründen; aber sie dürfen auch Niemand verdammen, der den seinigen zunächst auf erwiesene Vernunftwahrheiten bauet. Ia sie dürfen ihn nicht verdammen, wenn auch bei ihm diese Wahrheit der Offenbarung daher ihre erste Gewisheit nimt, daß sie seine Vernunft als wahr erkent.

 

[Ia-04-1779-0395]
Nun aber wird man ihn auch nicht tadeln müssen, wenn er gesteht, daß er sich bei dem Ausdruk nur deswegen eine ewige Glükseeligkeit und endlose Dauer denke, weil er schon vorher durch Vernunftsbeweise diese Unendlichkeit erkant habe und daß also die Ewigkeit für die ewige Pein, welcher alle Vernunftwahrheiten entgegen sind, im geringsten

 

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keinen Parallelismus machen könne. Überhaupt mus man die Zeitfolge in der stufenweisen Erhöhung eines solchen abstrakten Begrifs, als der Begrif der Ewigkeit ist, wohl bemerken. Dieser Begrif ist nicht immer so transcendental gewesen, als ihn zulezt die stärkste Anstrengung der erhabensten Philosophie gemacht hat. Anfangs muste dem ungeübten Verstande des Menschen eine iede etwas längere Dauer Ewi Ewig heissen, weil seine Einbildungskraft nicht bis an die eben nicht sehr fernen Gränzen derselben reichte. Einige Geschlechtsfolgen war alles, was ein solcher Verstand übersehen konte. Eine Geschlechtsfolge und noch eine Geschlechtsfolge war also eine natürliche Beschreibung einer unbestimten Dauer, und dieses war dann Ewigkeit. Diese einleuchtende Betrachtung kömt uns bei der Stelle, die wir eben vor uns haben, ungemein zu Statten. Ein Ausleger macht bei derselben die nüzliche Anmerkung, daß die ganze Redenart in die ewige Pein gehen, eine iüdische Redensart sei, die sich auch noch in dem Talmud erhalten hat. Daselbst heist es: "Und sie werden in das Thal Hinnom herabsteigen, um daselbst gestraft zu werden $$$$$ $$$$ $$$$$ $$$$] scannen, durch viele Geschlechtsfolgen". Wie weit entfernen wir uns nun von dem Ziele, wenn wir an die Stelle dieser sinlichen Begriffe unsere genauen transcendentalen Notionen von Ewigkeit sezzen, und auf diese unbehutsame Verwechselung der Begriffe ein System bauen! ?" Seit. 369. 370. 371. 372.

 

[Ia-04-1779-0396]
26) Von Beleidigung und Sünde.

 

[Ia-04-1779-0397]
"So wie es mit allen Begriffen zu gehen pflegt, die man von dem Endlichen auf das Unendliche überträgt, ohne genau den Punkt zu bemerken, den sie mit einander gemein haben, so ist es auch mit dem Begriffe von der Beleidigung ergangen. Ein Vergehen gegen einen Menschen ist ein

 

[Manuskriptseite 128.]

Eingrif in seine Rechte und also ein Raub solcher Güter, die ihm zugehören. Durch iede Beleidigung geht ihm also etwas an eigenthümlicher Volkommenheit ab. Wolf erklärt aus dieser Ursach eine Beleidigung sehr richtig durch eine Handlung, wodurch ein andrer entweder an sich selbst, oder in Ansehung seines äussern Zustandes unvolkomner wird.

 

[Ia-04-1779-0398]
Auf diesen Verlust eines rechtmässig besessenen Gutes gründet sich bei Menschen das Recht sich gegen eine Beleidigung zu vertheidigen und sie zu bestrafen. In menschlichen Staaten pflegt die Strafe mit der Würde der beleidigten Person zu wachsen, und das aus guten Ursachen. Indem man sich nun mit diesen Begriffen zu der Untersuchung der Religionslehren begeben hat: so ist es kein Wunder, daß man für die Beleidigung des Unendlichen unendliche Strafen gedacht hat. Nun darf man sich nur eine iegliche auch die kleinste Vergehung als eine Handlung in dem götlichen Staate, als eine Übertretung götlicher Gesezze, kurz in Beziehung auf Gott denken: so ist sie ewiger Strafe werth. ? Allein sieht Gott Selbst die Vergehungen der Menschen so an, hält er sich Selbst dadurch beleidigt, kan er nach diesem Maasstabe menschliche Fehltritte ahnden? ?" Seit. 375. 376.

 

[Ia-04-1779-0399]
"Wir müssen aufhören die Sünde auch in der Theologie als Beleidigungen Gottes anzusehen und sie darnach zu definiren. Verschiedne Philosophen haben schon den Schaden dieser Vorstellungsart erkant und angedeutet. Wolf sezt die Sündlichkeit einer Handlung blos in ihrer Gesezwidrigkeit, und diese ist nichts anders als die Vernunftwidrigkeit selbst. Er verwa**t ?

 

[Ia-04-1779-0400]
Indes hat sich dieser kirchliche Sin einmal tief in die Gemüther eingeprägt. Überhaupt tragen noch immer die neuern und ältern Sprachen in ihren moralischen Begriffen die Eindrükke, die sie von der herschenden Religion erhalten haben, an sich. Das Wort Sünde, welches in der lateinischen, vornämlich aber in der griechischen Sprache einen Irthum

 

[Manuskriptseite 129.]

bald des Verstandes, bald des Willens anzeigte, hat durch den Einflus des Religionssystems, welches die römische Kirche am weitesten getrieben hat, seine neue besondere Bestimmung erhalten. Darnach hat man es ausschliessungsweise für die religiöse Beziehung, worin man sich eine böse Handlung zu denken pflegte, geheiligt. Eine böse Handlung nämlich, sofern sie etwas fehlerhaftes und für unsere gesamte Natur unzuträgliches enthält, heist eine lasterhafte Handlung, so wie in der entgegenstehenden Rüksicht eine gute Handlung tugendhaft genennet wird. In der Sprache der alten Griechen und Römer finde sich diese Algemeinheit der Bedeutung der Wörter: Tugend und Laster, augenscheinlich. Sofern aber eine böse Handlung als eine Beleidigung Gottes gedacht wird, ist es eine Sünde; sie ist Verbrechen, sofern sie von Gott gestraft zu werden verdient, und endlich Missethat, so fern der Sünder dadurch den Tod verwirkt hat.

 

[Ia-04-1779-0401]
Zu den Zeiten, da die christliche Welt ihre wenigen moralischen Begriffe aus den Händen der Priesterschaft empfieng, war es natürlich, daß sie solche mit dieser religiösen Farbe erhielt; ein Umstand, den man nicht für etwas gleichgültiges ansehen mus. Ausser manchen andern Unbequemlichkeiten, die mit diesen Vorstellungsarten verknüpt sein musten, und die gewis nicht unbetrachtlich sind, war damit auch noch diese schädliche Folge verknüpft. Indem die Diener einer unerleuchteten Religion nur einzig und allein die Sünde von der Seite ihrer Beziehung auf Gott zeigten, indem sie dieselbe blos als eine Beleidigung götlicher Rechte vorstelten, und alle andern Betrachtungen, von ihrer Schädlichkeit für des Menschen eigene Natur, von ihrer Schädlichkeit Vernunftwidrigkeit u. s. w. ganz vorbei giengen: so muste sein Gewissen auch blos um die Aussöhnung Gottes besorgt sein. Wenn er damit in Richtigkeit war, so muste er sich des Himmels sicher glauben, ohne nöthig zu haben, an seine innere moralische Volkommenheit zu denken. Mit so mangelhaften und einseitigen Begriffen muste der Mensch, um sich der götlichen Huld zu versichern, auf alle

 

[Manuskriptseite 130.]

anderen Mittel eher fallen als auf ein so natürliches Mittel, nämlich seine eigene moralische Güte. Daher die ungeheure Menge von Opfern, Reinigungen, von grausamen Selbstpeinigungen, von Wahlfahrten und andern heiligen Gebräuchen; und ? da alle diese Dinge in sich selbst doch gar keine natürliche Schiklichkeit zu einem solchen Zwekke haben ? die Unruhe, womit der Sünder von einer Busübung zur andern eilt, die Begierde, womit er den abgeschmaktesten Offenbarungen heiliger Betrüger entgegengeht, wenn sie ihm neue Arten von Entsündigungen lehren. Es ist daher ein sehr schäzbares Verdienst derienigen Gelehrten, die die Würde des Philosophen und des Dieners der öffentlichen Religion mit einander vereinigen, daß sie zu der Reinigung unserer moralischen Begriffe und ihrer Herleitung aus ihrer wahren Quelle in ihren Schriften so vieles beigetragen haben. ? ?" Seit. 378. 379. 380. 381. 382.

 

[Ia-04-1779-0402]
27) Wir können nicht unendlich gestraft werden: weil wir nicht unendlich sündigen können ? das leztere wird bewiesen.

 

[Ia-04-1779-0403]
"Kein endliches Subiekt kan unendlich sündigen. Unendlich sündigen heist gegen unendlich grosse und zwar in ihrer ganzen Unendlichkeit erkante Bewegungsgründe etwas beschliessen, das unendlich Böse ist.

 

[Ia-04-1779-0404]
Hier ist Widerspruch auf allen Seiten. Ein endliches Subiekt und Vorstellung unendlicher Bewegungsgründe, Entschliessung gegen erkante unendliche Bewegungsgründe, etwas unendlich Böses, und dieses unendlich Böse gewolt, durch eine endliche Kraft erkant und bewerkstelliget: ? welche Widersprüche!!

 

[Ia-04-1779-0405]
Auch die Unendlichkeit des beleidigten Gottes kan keine Sünde unendlich machen, und zwar aus den nämlich angeführten Gründen. Man mus nur nicht vergessen, daß kein Verhältnis einer bösen Handlung

 

[Manuskriptseite 131.]

die Schuld derselben vergrössern kan, wofern dasselbe nicht von dem verschuldenden Subiekt ist vorgestelt worden, oder hätte können vorgestelt werden. Nun versuche man es zu denken, daß der Sünder sich diese Unendlichkeit vorstellen könne; oder, wenn es ihm möglich wäre, ob er alsdann ein Sünder sein könte. Gottes unendlich volkommenes Wesen sich aufs volkommenste vorstellen, und dasselbe beleidigen wollen, ist der offenbarste Widerspruch, der ie aus einem menschlichen Munde gekommen ist. ?" Seit. 386. 387.

 

[Ia-04-1779-0406]
"Wenn man die Meinung annimt, alle Verschuldungen des Menschen sind unendlich; so mus man auch zugeben, daß alle Sünden gleich gros sein müssen. Ich darf es nicht erst sagen, wie sehr dieses allen vernünftigen Grundsäzzen, und allen menschlichen Empfindungen widerspreche. ? Noch eine Ungereimtheit! ? Wenn man die geringste Sünde, welche wider Gott begangen wird, eben deswegen, weil sie wider Gott läuft, für eine unendliche Schuld hält: so könte auch die geringste Strafe aus eben diesem Grunde für unendlich gehalten werden, weil sie von Gott herrühret. ?" Seit. 388. 389.

 

[Ia-04-1779-0407]
28) Der Beweis für die Ewigkeit der Höllenstrafen, "daß, weil Gott vorhergesehen, daß die Verdamten, wenn sie auf dieser Erde geblieben wären, ewig würden gesündigt haben; er also ihr ewigs Elend beschlossen habe" ? wird widerlegt.

 

[Ia-04-1779-0408]
"Dieser Beweis beruht auf lauter elenden Voraussezzungen. Man mus, wenn er gelten sol, annehmen, daß die, welche zu ewigen Qualen verdamt sind, entwder nothwendig bis in Ewigkeit wirklich sündigen müssen, oder man mus annehmen, daß die Zurechnung einer nicht erfolgten That moralisch möglich sei. Wie ungegründet die erste Voraussezzung sei, wird in der Folge dieser Untersuchung erhellen; was aber die leztern anlanget, so kan man sie nicht anders, als mit Verleugnung aller vernünftigen Grundsäzze von der Natur einer gerechten Zurechnung stehen lassen.

 

[Manuskriptseite 132.]

[Ia-04-1779-0409]
Die Zurechnung einer Handlung (imputatio facti in so fern sie von der imputatione iuris verschieden ist) ist selbst nichts anders, als das Urtheil, das eine gewisse That von iemand geschehen sei. Daß man dieser Erklärung der Zurechnung vor allen gerechten menschlichen Richterstühlen folge und folgen müsse, lehren alle Rechtslehrer mit einem Munde. Sie ist die Regel, nach welcher die Gerechtigkeit des Regenten in Austheilung des Lohnes und der Strafe, die Regel, nach welcher der einzelne Mensch in seinen Rechtsansprüchen sich richten mus. Wenn sie auf die Verwaltung der Gerechtigkeit in dem götlichen Staate nicht solte anzuwenden sein: so müste sich in dieser Gerechtigkeit etwas besonders fnden, welches eine solche Anwendung unmöglich machte.

 

[Ia-04-1779-0410]
Man mag aber die götliche Strafgerechtigkeit in sich selbst oder in ihren äussern Beziehungen betrachten, so findet sich in beiden Fällen nicht der geringste Umstand, wodurch ein solcher Unterschied nothwendig würde. Die götliche Gerechtigkeit an sich selbst betrachtet folgt allezeit dem Urtheile von der wirklichen moralischen Beschaffenheit, welches auch im kleinsten untrüglich ist. Sie ist nichts als Güte und Weisheit und kan sich also nicht als eine strafende Gerechtigkeit äussern, wenn nicht wirkliche Verbrechen vorhanden sind, deren moralisch böse Folgen gehoben werden müssen. Die Volkommenheit dieser Gerechtigkeit Gottes besteht darin, daß sie die Strafen dem moralischen Zustande des Sünders aufs genaueste anpast. Allein wo ist bei Verschuldungen, die nie wirklich gewesen sind, ein Zustand, dem sie anzumessen wären? Die götlichen Strafen sollen die Gesinnungen des Schuldigen bessern, seine moralischen Urtheile berichtigen, seinen Willen vom Bösen ablenken und ihn über die Irthümer seines Herzens belehren; das alles sezt wirkliche Verschuldung, geschehene Verbrechen, begangene Fehltritte voraus. Ohne diese was sollen die Strafen verbessern, wovon sollen sie zurükbringen, worüber sollen sie belehren? So fern sich aber die götliche Gerechtigkeit durch Strafen dem ganzen Geisterreiche offenbart, folgt sie dem genausten Urtheile von dem moralischen Zustande des Leidenden auch aus der Ursach, weil die Zurechnung einer nicht gewolten That, eines nicht

 

[Manuskriptseite 133.]

daseienden moralischen Zustandes vor der Stadt Gottes unmöglich könte gerechtfertiget werden. Nämlich, da das ganze Reich endlicher Geister nicht gleich Gott, nach seiner mitlern Erkentnis, den blos möglichen Zustand aller Unseeligen mit aller nöthigen Augenscheinlichkeit erkennen kan: so kan ihm auch nicht die Gerechtigkeit irgend einer Strafe, am wenigsten einer unendlichen, die sich allein auf einen solchen Zustand gründen sol, evident gemacht werden.

 

[Ia-04-1779-0411]
Wenn also dieser Grund von ewiger Versündigung wirklich etwas beweisen sol: so kan er es nur, wenn man darunter wirkliche Verschuldung und nicht blos mögliche versteht. ? Die wirkliche ewige Verschuldung beweiset man so. Die Verdamten in der Hölle können nicht aufhören zu sündigen, denn sie können nicht anfangen, Gott gehorsam zu werden, weil sie nicht anfangen können, Gott zu lieben. "Ia, was noch ungereimter ist, sagt Mosheim, die Verdamten würden anfangen, Gott zu in der Hölle zu lieben." Ungereimt! Warum? "Es ist unmöglich, sagt man, daß der leidende Sünder den strafenden Gesezgeber liebe." Allerdings ist das unmöglich, wenn der strafende Gesezgeber ein wilkürlicher Tyran ist, der ohne Weisheit, ohne Güte, ohne Absicht, ohne Verhältnis, mit einem Worte der ewig straft. Hier befinden sich die Feinde des mildern Strafsystems in einem augenscheinlichen Zirkel. Sie beweisen die Ewigkeit der Strafe durch die Ewigkeit der Verschuldung, und die Ewigkeit der Verschuldung, durch die Ewigkeit der Strafe. ?" Seit. 391. 392. 393. 394. ? 397. 398.

 

[Ia-04-1779-0412]
29) "Gott straft deswegen ewig, um seine volkommene Heiligkeit und Gerechtigkeit in ihrer Grösse zu zeigen" ? ? wird widerlegt.

 

[Ia-04-1779-0413]
"In diesem Beweise mus man sich immer die innern Gründe des götlichen Verfahrens von den äussern getrent und unabhängig denken. Die Offenbarung

 

[Manuskriptseite 134.]

seiner Eigenschaften, seine Ehre, seine Grösse macht sich mit dem Wohl seiner Geschöpfe nichts zuschaffen, zieht es nicht in Betrachtung; er ist alsdann am meisten heilig, am meisten gerecht, wenn dieses Wohl am meisten aufgeopfert wird. Auf solche Vorstellungen, die der Natur des gütigsten Wesens so zuwider sind, und in dem Gemüth des Menschen so wol Furcht und Verzagen, aber nicht das freudige Vertrauen unterhalten, das, um der Tugend Muth zu machen, so unentbehrlich ist, führt der geheiligte Misbrauch mancher Wörter. Seinen höchsten Abscheu offenbaren, nennen wir das, die Sünde mit ewiger Pein bestrafen: so bringen wir wiederum in die götlichen Gerichte nichts als vernunftlose Wilkühr, so bekommen alle Verschuldungen wieder eine Unendlichkeit, die sie gleich macht. Sol dieser Ausdruk einen verständlichen Sin haben, so kan es keiner als dieser sein: es ist vermöge des Wesens Gottes schlechterdings unmöglich, daß Gott, die höchste Vernunft, auch eine unendlich kleine Sünde billigen solte. Diese aus seinem Wesen entspringende Unmöglichkeit, die sich auch bis ins unendlich kleine erstrekt, macht allein die Unendlichkeit des götlichen Abscheues aus. Sie wil also nichts anders sagen, als daß Gott nach der höchsten Volkommenheit seines Wesens alle Dinge bis ins unendliche sieht, beurtheilt, und daß sich nach dieser volkommensten Einsicht und Beurtheilung auch sein Wohlgefallen oder Misfallen aufs genaueste richtet.

 

[Ia-04-1779-0414]
Also gehört zu dieser Unendlichkeit vorzüglich das allervolkommenste und genaueste Verhältnis seines Willens gegen die Beschaffenheit der Dinge, gegen ihre verschiedene moralische Güte. Nur dieses kan die volkommenste götliche Heiligkeit sein, wofern sie sich auf die höchste Vernunft gründen sol, wofern sie das Urbild der Heiligkeit für einen ieden geschaffenen Willen sein sol, wofern sie dem schwachen Menschen zur Ermannung, wenn er gefallen ist, zum Troste, wenn ihn die Reue niederbeugt, und

 

[Manuskriptseite 135.]

zur Richtschnur in seinen moralischen Urtheilen dienen sol. Sie ist nichts als Liebe der Ordnung und Volkommenheit in der ganzen Unendlichkeit der gegenseitigen Beziehungen der Ideen, und offenbaret sich in der besten Welt durch dieienige Anordnung aller wirklichen Dinge, welche dieser Übereinstimmung auch in dem kleinsten Elemente gemäs ist.

 

[Ia-04-1779-0415]
So wie die Heiligkeit Gottes, so ist seine Gerechtigkeit; nichts als ihre Verhältnismässigkeit, die bis ins unendliche geht, und von Gott so gewis beobachtet werden mus, als gewis er die höchste Vernunft ist, kan ihre Unendlichkeit ausmachen. Das zeigt der Ursprung des Worts gerecht selbst an, welches sowohl im physischen als moralischen nichts anders ausdrükt, als was genau angemessen ist, so daß eine unendliche Strafe für eine endliche Sünde, anstat die grösste Gerechtigkeit zu sein, die gröste Ungerechtigkeit sein würde; weil sich nichts unverhältnismässigeres denken läst, als eine solche Strafe und eine solche Sünde.

 

[Ia-04-1779-0416]
Wenn man sich die Gerechtigkeit als die Haushaltung der höchsten Güte nach den Regeln der höchsten Weisheit denkt: so mus immer die Absicht, das höchste beste hervorzubringen, der Leitstern sein, nach welchen sie ihren Gang richtet; weil dieses der einzige Ggenstand der vereinigten Weisheit und Güte sein kan. Von diesem höchsten Besten das Wohl des bestraften Geschöpfes zu trennen, würde so wenig der volkommensten Weisheit als der volkommensten Güte anständig sein; eine solche Strafe würde sich mit den Begriffen von beiden gleich wenig vertragen. Denn beide haben eine wesentliche beständige Tendenz zum höchsten Guten, die Strafe aber, die die Weisheit verordnet, ist das einzige Gut, was in dem Falle einer Vergehung für den Sünder schiklich, und dessen er empfänglich ist. Und sie erhält diese Gestalt eines Gutes, indem sie auf seine Zurechtbringung abzielt, und dieselbe in der That bewerkstelligt. So erscheint sie endlich dem Sünder selbst, wenn er die Wirksamkeit

 

[Manuskriptseite 136.]

ihrer heilenden Kraft anfängt zu fühlen, wenn seine moralische Urtheilskraft ihre Stärke und seine ganze Seele wieder ihre Gesundheit erhalten hat. ? ?" Seit. 399. 400. 401. 402.

 

[Ia-04-1779-0417]
30) Von menschlichen und götlichen Strafen.

 

[Ia-04-1779-0418]
"Richtige Begriffe von Strafen sind unter denen, die bisher über die götliche Regierung philosophirt haben, noch gar selten gewesen. Alle ihre Begriffe sind von menschlichen Strafen abgezogen, und passen auch auf gar keine andere. Daher die algemeine Übereinstimmung, allen Strafen auch der götlichen ihre bessernde Kraft abzusprechen, und nichts für eine wahre Strafe zu erkennen, woraus das Wohl des Leidenden entspringt. Man glaubt das bei menschlichen Strafen so gefunden zu haben. Und freilich wird es bei diesen in vielen Fällen Stat finden, so lange man seine Blikke nicht über die Gränzen menschlicher Staaten erhebt. Allein man mus nicht vergessen, daß die kleinern bürgerlichen Geselschaften dem Raume und der Zeit nach Theile der unbegränzten Stadt Gottes sind, und daß ein iedes Glied, das für den kleinen menschlichen Staat vernichtet wird, in der ganzen Stadt Gottes nicht fortzudauern aufhört. Fiele der Bürger, der durch die Todesstrafe aus der menschlichen Geselschaft gestossen wird, nicht in den Schoos der Gotheit, könte ihm nicht da auch diese Strafe zu Gute kommen, und eine Arzenei werden: so liesse sich das Verfahren Gottes bei der Zulassung derselben nicht rechtfertigen, so wären alle Todesarten ungerecht, und es müste dem Verurtheilten alles dagegen erlaubt sein.

 

[Ia-04-1779-0419]
Die menschlichen Todesstrafen sind nichts als Übel, wenn man sie für sich und ohne Verbindung mit der Zukunft betrachtet. Aber so unfruchtbar, so abgesondert ist keine Begebenheit in der Welt, die unter der Aufsicht des volkommensten Geistes stehet. In dieser

 

[Manuskriptseite 137.]

Welt ist der genauste Zusammenhang, die richtigste Unterordnung menschlicher Veranstaltungen unter die götlichen. Der Bürger des menschlicher Staaten ist auch ein Bürger des götlichen Staates, und als einem solchen kömt ihm alles zu Gute, was er in den erstern gethan und gelitten hat; alles dieses hat dies seine Absicht, seinen Nuzzen, seine Entwikkelung in der folgenden Reihe der Begebenheiten, wohin die irdische Macht nicht mehr reicht; hier äussert die menschliche Strafe eine Kraft, die die unvolkommene Weisheit der Menschen bei ihren Todesstrafen weder abzielen noch ihnen mittheilen konte. Die Vorsehung Gottes nimt den Plan da wieder auf, wo ihn der Mensch hat fallen lassen; oder vielmehr der Mensch arbeitet zu dem grossen götlichen Plane, welcher nur ein einziger ist, und alle Kleinern in sich fast. ?" Seit. 404. 405. 406.

 

[Ia-04-1779-0420]
"Das was unsere Glükseeligkeit macht, ist die Beschaffenheit unsrer Seele, mit der die Einrichtung des übrigen Weltals in solcher Übereinstimmung stehet, als es sich von dem Gott, der höchst weise und gütig ist, der seinem Wesen nach Ordnung lieben mus, erwarten läst. Strafe sezt bei Gott nothwendig Schuld voraus, und hat Besserung zur Absicht. Eine iede Begebenheit wird also Strafe sein, nachdem sie mit beiden in Verbindung steht, sich auf die erstere bezieht, und die leztere zur Absicht hat. Die nämliche Begebenheit in der Welt, kan alsdenn eine Strafe werden oder nicht, ie nachdem das Subiekt beschaffen ist, welches sie trift. ?" Seit. 407. 408.

 

[Ia-04-1779-0421]
"Es bleibt nichts übrig, als anzunehmen, daß alle physischen Veränderungen, womit ein Geist in Verbindung stehet, die Natur der Strafen nach der besondern moralischen Beschaffenheit des Geistes bekommen. Dieses gilt von dem, was der Mensch durch die scheinbaren Übel der Körperwelt leidet, es gilt von dem, was er durch die Unwissenheit

 

[Manuskriptseite 138.]

oder die Ungerechtigkeit andrer Menschen leidet. Es sind an sich keine Strafen, oder sind sie es nach der Beschaffenheit der Umstände: so haben sie eine heilende Kraft, und die müssen sie früh oder spät äussern. Zu dieser Hofnung berechtigt uns so wohl die Erfahrung, als auch alle vernünftige Erkentnis vor Gott. Die erstere lehrt uns, daß alles wirklich in der Welt in stetem Wachsthum ist, und beständig zu grösserer Volkommenheit strebt; die andere, daß dieses in einer Schöpfung, die das volkommenste Wesen zum Urheber hat, nicht anders sein könne. In den Werken dieses grossen Schöpfers ist aller Arten Entwikkelung, Fortgang, Erweiterung, Ausbildung der Fähigkeiten, Erhöhung der Kräfte, alle Schritte gehen vorwärts, keiner zurük, wenigstens ist keiner umsonst, keiner, der nicht irgend einmal nüzze. Bei iedem Übergange von einem Zustande zum andern ist neuer Zuwachs an Realität, ohne daß die Realität des vergangenen Zustandes ganz verlohren gehe. Zu der ganzen unendlichen Summe endlicher Realitäten, woraus die Welt besteht, mus iedes einzelne seinen Beitrag thun, und die wachsende Volkommenheit des Ganzen mus aus der wachsenden Volkommenheit der Theile hervorgehen. Daß diese Einrichtung der Welt, die uns sowohl algemeine Gründe, als überlegende Beobachtung einmüthig lehren, endloses Elend in irgend einem ihrer Theile zulasse, davon ist es schwer, sich zu überreden. Wachsthum im Ganzen kömt kündigt auch Wachsthum in Theilen an, und dieser Wachsthum ist so sichtbar, ist den Werken der Gotheit so anständig!

 

[Ia-04-1779-0422]
Der menschliche Keim enthält Anfangs eine blos empfindende Seele, in welcher aber schon die Züge der künftigen Vernunft eingewikkelt liegen. Dieser Keim findet endlich die Mutter, worin er sich entwikkeln sol. Mit ihm enthüllen sich die Fähigkeiten des Geistes, die bisher als blosse Fähigkeiten ohne bemerkbare Äusserungen schliefen. Die Federkraft des wirksamen Geistes fängt an sich nach allen Seiten

 

[Manuskriptseite 139.]

auszudehnen, seine Vorstellungen erhalten Licht, Ausbreitung, Leben, sie wachsen an Anzahl, an Grösse, an Tiefe, Wahrheit und Gewisheit, mit ihnen wächst sein Vergnügen und seine Glükseeligkeit. Diese gewährt ihm schon die Äusserung seiner Thätigkeit an sich selbst, das Gefühl dieser Thätigkeit, die Befriedigung seiner Wisbegierde, und die Beschauung seiner Volkommenheit, die mit inniger Zufriedenheit und Selbstschäzzung verknüpft ist. So steigt er mit iedem Schritte höher, so entdekt er mit ieder Stufe, die er ersteigt, neue Felder der Erkentnis, des Forschens, und folglich neue Quellen des Genusses und des Wohlseins. Nach allen diesen unerschöpflichen Quellen sehnet sich sein ganzes Wesen, nach ihnen strekken sich alle seine Kräfte vorwärts, er glaubt sie erreichen zu können, er glaubt, daß er sie erreichen werde. Von diesem ermunternden Vertrauen, wozu er sich unter der Regierung des gütigsten Regenten berechtigt glaubte, sieht er sich auf einmal ohne Rükkehr in einen bodenlosen Abgrund herabgestürzt, von der Vorsehung vergessen oder verworfen, und, ohne den schwächsten Lichtstral von Hofnung, zu unaufhörlichem Elend und Verzweifeln bestimt. Iede gute Anlage auf ewig unterdrükt, ieder Schrit in seiner Entwikkelung auf ewig umsonst, oder zu seiner Pein gethan, ieder seiner Wünsche, alle seine Sehnsucht nach Wohlsein umsonst, unbefriedigt, und auf ewig. ? ? Solte dies sich von Gott denken lassen??? ? ? ? ? ? ?" Seit. 411. 412. 413. 414.

 

[Ia-04-1779-0423]
31) Fortsezzung von götlichen Strafen.

 

[Ia-04-1779-0424]
"Strafen müssen sich in dem Reiche Gottes endigen, das ist moralisch nothwendig, sie können nicht das lezte in der Reihe der Dinge, sie können kein Zustand sein, der sich nicht in Wohlsein auflöset. Denn es mus etwas erfolgen, warum sie der volkommenste Wille beschliessen kan, und dieses Etwas kan nicht anders als Glükseeligkeit auch des Leidenden sein. Diese Absicht giebt der Strafe ihren Werth. Allein wird die

 

[Manuskriptseite 140.]

Gotheit alle ihre Absichten erreichen, mus sie keine derselben aufgeben? Ich glaube man könne, ohne seine Begriffe von Gott zu verringern, nicht behaupten, daß Gott irgend einen Zwek verfehle. Die Erfahrungen, welche man diesem Sazze entgegenstellen könte, sind alle mangelhaft. Die Absichten, die man dabei vorausgesezt hat, sind in dem götlichen Verstande nicht dieienigen Absichten gewesen, die Gott hat erreichen wollen. Wir pflegen einem ieglichen Theil der Welt sein Schiksal nach den Regeln zu bestimmen, die wir uns aus den gemeinsten Erfahrungen abgezogen haben. Hiebei müssen wir uns aber wohl hüten, zu tief ins besondere herabzusteigen, der Vorsehung ihre kleinsten Schritte vorzuzeichnen, und bei der geringsten Veränderung ihren nächsten Nuzzen und Absicht nach unsern algemeinen Regeln angeben zu wollen. Iedes Ding hat seinen Nuzzen und also auch seine Absicht; aber, welches diese nächste Absicht sein müsse, genau angeben zu wollen, dazu würde gehören, daß man das ganze Weltal aufs genaueste zu überschauen, im Stande sei; denn in der besten Welt ist alles bis ins unendlich kleine untereinander verknüpft, und der Nuzzen und Zwekke sind also unendlich mannichfaltige. ?

 

[Ia-04-1779-0425]
Das wil ich nicht vergessen, indem ich den Strafen allen Zwek abspreche, wofern sie sich nicht in Besserung auflösen, und behaupte, daß Gott diesen Zwek nothwendig erreichen müsse. Wenn nach unsrer Meinung Gott an einem Dinge seine Absicht verfehlt hat, so haben wir uns geirt; es gab der Absichten mehrere, und indem er die eine nicht erreicht hat, so ist es der deutlichste Beweis, daß er nicht diese, sondern andere erreichen wolte. ?

 

[Ia-04-1779-0426]
Sind also die Höllenstrafen ohne Ende: so hat Gott bei denselben keine Absicht, oder er verfehlt die einzige, die er haben kan; wie unrühmlich beides der Gotheit sein würde, darf ich nicht hinzusezzen. ?" Seit. 419. 420. 421.

 

[Manuskriptseite 141.]

[Ia-04-1779-0427]
32) Die Strafen nach dem Tode bessern den Sünder.

 

[Ia-04-1779-0428]
"Vermöge der Natur des Geistes haben Strafen einen natürlichen Einflus auf seine Entschlüsse und Gesinnungen. Sie haben eine eigenthümliche Schiklichkeit, iedem unrichtigen Hange des Gemüths entgegen zu streben, und ihn auf eine andere Seite zu lenken. Und diese Wirksamkeit äussert sich alle Tage vor unsern Augen. Die reifere Weisheit bedient sich der Strafen, um den Willen vom Bösen abzulenken, und nicht allezeit ohne glüklichen Erfolg. Sie thun bei der Erziehung der Iugend sehr gute Dienste, halten das wilde iugendliche Herz im Zaume und bringen es von seinen Ausschweifungen zurük. Warum solten sie diese Kraft nach dem Tode verlohren haben, welche wesentliche Veränderung ist mit dem Geiste des Menschen vorgegangen, daß Strafen zu seiner Besserung gar keine Macht mehr über ihn haben? Hat er seine natürliche Empfindlichkeit gegen Schmerz und Vergnügen verlohren, folgt seine Einbildungskraft nicht mehr denselben Gesezzen, um ihm bei einer bösen Entschliessung das Bild des ehemals dabei empfundenen Schmerzes darzustellen, oder hat sein Verstand alle Fähigkeit, sich die Verbindung von Ursach und Wirkung, von Absicht und Mittel vorzustellen, verlohren, oder wird sein Wille nicht mehr durch die natürlichen Triebfedern desselben in Bewegung gesezt, wird nicht mehr in ihm durch Schmerz, Abscheu, und durch Lust Begierde erwekt? Wie dieses alles durch die Veränderung, die wir Tod nennen, bei dem Menschen er natürlich erfolgen könne, das müste man zeigen, wenn man behaupten wolte, daß die Strafen nach dem Tode zu keiner Besserung führen, und also kein Ende nehmen können. ?" Seit. 423. 424.

 

[Ia-04-1779-0429]
33) Noch etwas von Höllenstrafen! ?

 

[Ia-04-1779-0430]
"Die Furcht, welche diese erschreklichen Aussichten (weil die Hölle ewig sein sol,) wirken, wird noch durch den Umstand erhöhet, daß in dem Unwissenden die geistigen Güter des künftigen Lebens keinen oder einen sehr unbestimten Eindruk machen. Sie werden ihm als Freuden vorgestelt, wozu er keinen Maasstab in seiner Seele hat, die seine Begriffe übersteigen, und mit seinen bekanten Vergnügen nicht gleicher Art sind. Indessen, daß die ewigen Qualen, das Feuer, dessen Wirkung auf seinen Körper er erfahren hat, und welches unauslöschlich sein wird, um seine Seele in Schrekken zu sezzen, sich seines ganzen Gefühls bemächtigen. ? ? ?" Seit. 433. 434.

 

[Manuskriptseite 142.]

[Ia-04-1779-0431]
XIII.

 

[Ia-04-1779-0432]
Algemeine theologische Bibliothek. Zwölfter Band. Mietau, bei Iakob Friedrich Hinz, 1779.

 

[Ia-04-1779-0433]
1) Von den Märterern der Christen.

 

[Ia-04-1779-0434]
"Wir können es iezt nicht mehr s untersuchen, in wiefern viele Christen sich Marter und Tod selbst zugezogen haben, da wir nur einseitige Nachrichten haben. Aber so viel seht man doch, daß von Seiten der Märterer selbst ein Grund vorhanden gewesen sein müsse, warum unter der unzählbaren Menge Christen das Loos des Märterer=Todes gerade sie traf. Man mus sie also nicht alle mit dem Stephanus in eine Klasse sezzen. Denn aus dem Beispiele dessen, der zu Nikomadien in Gegenwart des Kaisers das kaiserliche Edikt abris, und dergleichen es vielleicht noch mehrere gegeben haben könne, imgleichen aus dem häufigen Selbstmorde und andern Handlungen mehr, sieht man, daß der schwärmende Haufe der Christen sich alles erlaubt, wovon er nach seiner unrichtigen Vorstellung glaubt, daß es zur Ehre des Christenthums gereiche. ?" Seit. 18. 19.

 

[Ia-04-1779-0435]
2) Anmerkung von nichtkanonischen Büchern ? und von Paullus Schriften.

 

[Ia-04-1779-0436]
"Ohne der Würde der sogenanten kanonischen Büchern nur den allergeringsten Eintrag zu thun, so scheint es, daß der Wunsch gerecht sei, nicht so gleich alles das als ungötlich zu verwerfen, was im eigentlichen Verstande freilich nicht kanonisch genant werden kan. ? Was aber doch in gewissem Sin seinem innern Werthe nach gleichfals von Gott komt, und zu Gott führt. ?

 

[Ia-04-1779-0437]
Man weis gar keine genaue Umstände von Paullus sämtlichen Briefen; sie wurden auch nur von seinen Schülern anfänglich angenommen, indem sie an die iüdischchristliche Parthei nicht gerichtet waren. Nicht

 

[Manuskriptseite 143.]

einmal Origenes konte ihre Zeitordnung herausbringen; man sezte sie in eine Reihe nach dem Rang des persönlichen Gegenstandes. ? Es ist nicht zu beweisen, daß Paullus eigenhändig diese Briefe geschrieben habe. ? ? ?" Seit. 68. 69.

 

[Ia-04-1779-0438]
3) Vom Glauben.

 

[Ia-04-1779-0439]
"Iesus heist der ?????, Erretter und Heiland aller Menschen blos in Absicht ihres bisherigen unglükseeligen Zustandes. Wer diese Lehre Christi für sich annimt, und zu seinem besten Verhältnis gegen Gott und Menschen gebraucht, der glaubt an Christum. ? Die besondern Vorstellungsarten von dieser Wohlthat und Erlösung Iesu verändern nichts in dieser Sache, wenn Menschen nur die geistliche Veränderung ihrer selbst zu einem neuen innerlichen Zustande, nach der Lehre Christi nicht aus den Augen verlieren. ?" Seit. 70.

 

[Ia-04-1779-0440]
4) Läst sich das Christenthum mit dem stoischen Lehrbegrif zunächst verbinden? ?

 

[Ia-04-1779-0441]
"Und wenn wirklich viele stoische Grundsäzze eingewebt wären, würde denn daraus für Kanonizität, Bibel, Christenthum und Götlichkeit desselben nur das geringste Nachtheilige gefolgert werden können? Stunden nicht iene alte, grosse Philosophen ebenfals unter der allerhöchsten Providenz Gottes? und kan man nicht ohne die Inspiration im geringsten zu beeinträchtigen, mit Hrn. D. Semler sagen: Gott habe sich derselben und ihrer Kentnisse als Mittel bedient, unter den so zubereiteten Menschen die christliche Lehre auszubreiten? ?" Seit. 71. 72.

 

[Ia-04-1779-0442]
5) Theologie und Religion sind unterschieden.

 

[Ia-04-1779-0443]
"Theologie mus nothwendig von Religion, Götlichkeit und Inspiration der götlichen Wahrheiten unterschieden werden. Ein Prinzipium, das in ienen finstern Zeiten des Pabstthums vergessen, und in unsern Tagen so gar nicht immer gleich algemein zur Richtschnur des Verhaltens der Theologen angenommen worden ist! ? Das aber doch durchaus vor Augen schweben mus, wenn man nicht individualische Überzeugung grosser und berühmter Lehrer der Kirche, wenn man nicht

 

[Manuskriptseite 144.]

Konziliendekrete und Einflüsterungen der Kompendienmacher für Stimmen Gottes, götliche Eingebung, und wie es weiter heissen mag, halten wil! ? Grundartikel des Christenthums sind solche, welche gleich vom Anfange da gewesen, und in den Urkunden der christlichen Religion wirklich enthalten sind; deren Beiahung und Anwendung eine bessere innerliche Gemüthsfassung hervorbringt, als in dem Heidenthume und Iudenthume stat fande; welche daher von allen Christen ausdrüklich beiahet und bei der Taufe bekant wurden. ? Der Gebrauch der Vernunft ist in der Theologie von der äussersten Nothwendigkeit. ?" Seit. 73. 74.

 

[Ia-04-1779-0444]
6) Bemerkung von der Theopnevstie der historischen Bücher der. h. S.

 

[Ia-04-1779-0445]
"Bei denenienigen Büchern der h. S., deren Inhalt Historie war, ist es nicht darzuthun, daß die Wahrheit und Gewisheit der Geschichte, die man sonst auch wuste, einen Zusaz wirklich bekam, wenn man ihre Aufzeichnung einer Inspiration beilegt, deren Umfang man ohnehin nicht historisch weis. ?" Seit. 77.

 

[Ia-04-1779-0446]
7) Von der Almacht und Allwissenheit Gottes.

 

[Ia-04-1779-0447]
"Der Gedanke, den H. D. Semler, von der Almacht hat, wenn er sagt: die wirkliche Anwendung der Almacht erstrekt sich also auch nicht so weit, als omniscientia, möchte manchem unverdaulich scheinen. Gehörig verstanden, hat er seine volkommene Richtigkeit. ?" Seit. 79.

 

[Ia-04-1779-0448]
8) Von dem Ebenbild Gottes ? von der Vorsehung.

 

[Ia-04-1779-0449]
"Die christliche Beschreibung von dem Ursprung einzelner Sünden, Iak. 1, 13=15, ist viel brauchbarer, als das alte Gemählde vom Fal Adams. ? Das Dogma vom Ebenbild Gottes kan deswegen kein Grundartikel sein, weil schon der Name an eine uneigentliche Erklärung erinnert." Seit. 82.

 

[Manuskriptseite 145.]

[Ia-04-1779-0450]
"Es ist Es ist bis bei einem Könige] komplette Seite 145 an Hs. gegengelesen ©© ein Hauptfehler, daß man, so wie überhaupt bei den götlichen Eigenschaften und Rathschlüssen, besonders bei seiner Vorsehung, die einzelnen Aktus derselben (so wie sie uns einzeln dünken) gar zu sehr trent. In Gott ist nichts, was auf einander und als einzeln folgen solte. Alles ist auf einmal, gleichwirkend, und zu einem Hauptendzwek hinführend und zusammenstimmend. Hiernächst, nach der gemeinen Lehre, was für Vertheilungen der besondern Geschäfte der Vorsehung! Alle drei Personen sollen wirksam sein. Auch Christus sogar als Mensch. ? Und doch ist es ein Vorzug der Vorsehung, daß man in ihren Werken die schönste unnachahmlichste Einheit bei aller Mannichfaltigkeit bemerkt, so sich aber bei den verschiedenen Geschäften dreier Personen nicht gut denken lässet. ?" Seit. 83. 84.

 

[Ia-04-1779-0451]
9) Von der Vereinigung der beiden Naturen in Christo ? von seinem prophetischen Amte ? von der Erlösung ? Genugthuung ? !!!

 

[Ia-04-1779-0452]
"Wer es sich vorstellet, daß es der Sache nach doch nicht möglich, also auch nicht wirklich, daß Gott eben so, als ein Kind, im Mutterleibe gewachsen, also die Mutter geöfnet pp. der wird auch keine leere Redensarten gebrauchen; und er kan von Niemand genöthigt werden, von Gottes Mutter von Maria zu sagen, und alles nachzureden, was noch im sechszehnten Iahrhundert zur theologischen Sprache gehörte. ?" Seit. 93. 94.

 

[Ia-04-1779-0453]
"Selbst einige Lehrer des sechszehnten und siebenzehnten Iahrhunderts haben eingestanden, daß der Begrif, Prophet, wie er zu mancher Zeit in der Historie der Iuden vorkomt, sich auf keine Weise gradehin auf Christum anwenden lasse. Unter dem Namen Nabi, Prophet, Seher, Schauer des Königes ward nämlich ein äusserliches Amt in dem damaligen Staate ausgedrukt, wonach also der Prophet ein geheimer Rath und vornehmer Staatsbediente war. ? Christus aber hatte kein solches Reich und keinen Staat. Mithin schikt es sich auch nicht, ihn bei einem Könige unter dem

 

[Manuskriptseite 146.]

Namen Prophet zum Staatsbedienten zu machen. ? Daraus folgerte man ferner, daß der Begrif Prophet, zu dem eines Priesters gezogen werden müsse, Christus also nur zwei Ämter habe. Das sei für namensüchtige Theologen eine Lehre, nicht sogleich aus einem einzelnen Namen ein ganzes weitläuftiges Geschäfte zu deduziren. ?" Seit. 95. 96.

 

[Ia-04-1779-0454]
"Es ist eine gutgemeinte Übereilung, wenn iezt manche unsrer Zeitgenossen gleichsam darüber klagen, daß viele Christen vornämlich und zunächst Christo das Amt eines Lehrers beilegten und ihn zu einem Lehrer der christlichen, geistlichen Tugend machten. ? Wir haben freilich vornämlich diesen Lehrer und den Zusammenhang seiner Lehren erst kennen zu lernen; wir wüsten sonst gar nichts von rechter Religion, wenn er nicht den Weg Gottes besser gelehrt hätte. Wenn dieser Lehrer uns dahin bringt, daß wir ihm glauben, wenn er lehret, daß er sein Leben gebe zur Erlösung für das Leben der Welt, daß niemand sol verlohren gehen, ? so haben wir auch das, was mit andern Redensarten zuweilen ein Opfer, Lam Gottes, Priester, Versöhnung u. s. f. genant wird. ? An der Sache liegt das wahre selige Christenthum, nicht an so oder so oftmaliger Abwechslung der Worte: Opfer, Priester, Satisfaktion u. s. f. Verdachtsvolle Aufmerksamkeit auf gute Christen macht uns nicht zu bessern Christen, und Worte tragen zur Ehre Christi nichts bei. ?" Seit. 96. 97.

 

[Ia-04-1779-0455]
"Nach den Beschreibungen der ältesten griechischen und lateinischen Kirchenväter hat Christus die Menschen von der (physischen) Gewalt des Teufels erlöset, und sich entweder nach einiger Reden, dem Teufel wirklich übergeben, oder für die Adams=Sünde Gott ein Lösegeld gebracht. Hieraus entstand bei den Scholastikern der

 

[Manuskriptseite 147.]

Begrif von Satisfaktion, um deren willen Gott den Menschen alle Seeligkeit wiederum zuwenden wolle, weil er an der volkommensten Tugend des besten Menschen Iesus ein so grosses Wohlgefallen finde. Anselmus hat diese Idee am volständigsten zusammengesezt. Hierin war die sogenante eigene Genugthuung noch nicht eingeschlossen. Die Ideen waren anfänglich ziemlich roh, und wurden nach und nach feiner und polirter. Viele der damaligen Christen, denen dieser Begrif zu rauh schien, entfernten sich von demselben, und behaupteten, daß der völlige Grund der Vergebung der Sünden hinlänglich in der Güte und Erbarmung Gottes nach der klaren Versicherung des N. T. liege pp. Seit dem 16ten Iahrhundert kommen die Protestanten darin überein: daß Christus der einzige Grund ihrer gewissen Hofnung und Zuversicht gegen Gott sei. Anfänglich ward der Name satisfactio seltner gebraucht, und die Sachen mit andern gleichgültigen Phrasen beschrieben. Die augsburgische Konfession besagt, daß uns Christus mit dem Vater aussöhne, und das Opfer würde nicht nur für die Erbsünde, sondern auch für alle wirkliche Sünder. Dieses gehörte zum Stand der Erniedrigung, und von nun an wurde die Lehrart de communicatione idiomatum und operationum dazu angewendet, daß dadurch begreiflich gemacht würde, wie Gottes Zorn und seine unendliche Gerechtigkeit auf eine volständige Weise habe befriedigt werden können. Seit den Zeiten der Sozinianer und Arminianer ist es gefährlich, sich in dem Lehrvortrage darüber auszudrükken; ? indessen gewis, daß weder in den ältesten Zeiten dieser dogmatische Begrif schon da gewesen, noch auch, daß das Nachdenken und die Betrachtung eines rechtschaffenen Christen an dies Wort satisfactio, oder an die Denkungsart irgend eines Theologen, ein für allemal gebunden heissen kan. Daß man von einem Bunde oder Vertrag zwischen dem Vater und Sohn, oder zwischen Gott und dem Menschen, Christus handelt, behält allemal eine Dunkelheit, proprie kan es nicht so heissen. Der Begrif ist sehr schändlich,

 

[Manuskriptseite 148.]

wenn manche in Gott dem Vater fast gar nichts finden, was zur wirklichen Erlösung gehört, als die Strenge eines Richters, der Rache fordert, und der sich kaum dazu bringen lässet, daß er durch Christi Fürbitte in die Seeligkeit der Menschen einwillige pp. ?" Seit. 98. 99. 100.

 

[Ia-04-1779-0456]
10) Von den Schriftstellen, die die Gottheit des h. Geistes beweisen sollen.

 

[Ia-04-1779-0457]
"Dieienigen Stellen der h. Schrift, welche den Ausdruk ?????? ????? so gebrauchen, daß zugleich ein Urheber von Wirkungen und Veränderungen in der Körperwelt gemeldet wird, scheinen mir für die Persönlichkeit des h. Geistes nichts zu beweisen. Kan denn nicht der Sprachgebrauch ein offenbarer und augenscheinlicher Beweis werden, daß man die ganze Phrase, wo sie von Geist, Wirkungen desselben u. s. f. vorkomt, uneigentlich verstanden habe. So auch die Stellen, worinnen der h. Geist als Urheber innerlicher Wirkungen auf die Seelenkräfte des Menschen beschrieben wird. Auch hier wird oft die caussa efficiens irgend einer Wirkung einem geistigen Wesen zugeschrieben, das doch nicht den geringsten Antheil daran hat. ?" Seit. 104. 105.

 

[Ia-04-1779-0458]
11) Von Tauf und Abendmal.

 

[Ia-04-1779-0459]
"In der ersten christlichen Kirche schien auch die wahre eigentliche Bedeutung (der Sakramente) gewisser und algemein ausgebreitet zu sein, und eben daraus kan auch die Würde, mit der die ersten Iünger und Schüler Iesu das heilige Abendmal feierten, hergeleitet werden. So bezeichnete der Ausdruk, Sacramentum initiationis, womit man die Taufe benente, richtig und hinlänglich, was man sich dabei für einen Begrif machen müste. Nach und nach vermehrten sich die Nebenbegriffe und Zusäzze dergestalt, daß am Ende eine ganze weitläuftige Theorie da stand, der nur leider! zum öftern die Wahrheit fehlte! ?

 

[Manuskriptseite 149.]

[Ia-04-1779-0460]
Die Kraft der Sakramente liegt keinesweges in dem Sakramente, sondern einzig und allein in den Gesinnungen dessen, der es feiert. Sonst läst sich gar kein Grund entdekken, warum gerade den äussern Zeichen eine innere göttliche, wirkende Kraft beiwohnen solte. Das Wort Gottes wirkt überdem nie anders als auf mittelbaren Wegen, wenn der so es lieset und betrachtet, es mit der nöthigen Aufmerksamkeit auf seinen ganzen Lebenszustand anwendet, und daraus den Nuzzen für sich selbst ziehet, der für seine iedesmalige Lage und Umstände der nöthigste und erwünschteste ist. ? Das lässet sich nun auf die Taufe und das Abendmal anwenden. ?" Seit. 115. 116.

 

[Ia-04-1779-0461]
12) Bemerkung über die Iuden ? die Wirkung der götlichen Providenz ? über die Religion ? !!

 

[Ia-04-1779-0462]
"Der Gedanke, daß wir die Bildung des National=Karakters der Iuden eigentlich in Egypten zu suchen haben, ? ist sehr dienlich und fruchtbar, vieles in den gottesdienstlichen Gebräuchen, wie in den Schiksalen und Volksunternehmungen der Iuden, zu erklären. ? " Seit. 131.

 

[Ia-04-1779-0463]
"Alle Personen in der biblischen Geschichte, wie verschieden auch ihr Karakter sein mag, werden doch in der Hand der Vorsehung das werden, was sie nach ihren weisen Absichten werden solten, wenige Ausnahmen abgerechnet, wo sich dies, ohne der menschlichen Freiheit, oder der Heiligkeit des götlichen Willens zu nahe zu treten, doch nicht behaupten läst. ? Eine Anmerkung, die auch in der weltlichen Geschichte bei allen Männern eintrift, die in der Vorsehung Hand Werkzeuge zur Segnung oder Züchtigung des menschlichen Geschlechts gewesen sind. ?" Seit. 136.

 

[Ia-04-1779-0464]
"Gott will durch alle Religionsvorschriften auch in der christlichen Religion die bürgerliche und häusliche Wolfarth der Menschen befördern. Wer

 

[Manuskriptseite 150.]

es nicht glaubt, macht sich zu eingeschränkte Begriffe von dem grossen und wohlthätigen Zwek, den Gott bei der geoffenbarten Religion hat. Dieienigen Theologen und Prediger erfüllen daher ihre Pficht sehr unvollkommen, stiften nicht alles das Gute, das sie nach der Absicht der götlichen Vorsehung stiften könten und solten ** und geben den Feinden der Religion Anlas zu dem Vorwurfe, daß sie nicht für den Menschen und zur Aufhelfung seiner zeitlichen Ruhe und Wohlfahrt sei, die die christliche Glaubens= und Sittenlehre nicht dazu nuzzen, daß sie den bürgerlichen und häuslichen Wohlstand dadurch zu befördern trachten. ? Die Religion ist nicht nur dort nüzlich, sondern auch hier schon für die gegenwärtige Glükseeligkeit des Menschen gemacht. Gott wil schon Zwekke in diesem Leben durch die Religion erreichen; die Menschen sollen darin so glüklich sein, als sie nur sein können. Die Religion ist und bleibt zu allen wahren Glükseeligkeiten, in allen Ständen, das sicherste Mittel. ?" Seit. 138. 139. 140.

 

[Ia-04-1779-0465]
13) Von den sogenanten ägyptischen Zauberern.

 

[Ia-04-1779-0466]
"Sie sind offenbar nichts anders, als ägyptische Gelehrte. Denn Kentnis verborgener Kräfte der Natur, die nach dem geringern Maas der Kentnisse des Zeitalters oft gering sein mochte. Geschiklichkeit, durch Mittel, die der Ungelehrte nicht kante, sonderbare Wirkungen hervorzubringen, oder wirklich wunderbare Erscheinungen nachzuahmen. Dies macht in ienen Zeiten den Karakter eines Gelehrten aus, und weil die Wissenschaft dieser Dinge selten war, weil man auch gewöhnlich sie in ein gewisses Kleid geheimnisvolles Gewand einhülte: so kam's daher, daß man zuweilen auch wohl glaubte, ein näherer Umgang mit der Gotheit oder den Geistern sezze sie allein in den Stand, zu solchen für übermenschlich gehaltenen Wirkungen." ? Seit. 140. 141.

 

[Manuskriptseite 151.]

[Ia-04-1779-0467]
14) Ob Iephta seine Tochter wirklich aufgeopfert hat? ?

 

[Ia-04-1779-0468]
"Hr. Niemaier läst Iephta seine Tochter wirklich aufopfern, und leitet diese That aus irrendem Gewissen her, das durch Vorurtheil regieret wird, was man einmal Gott gelobt habe, müsse geleistet werden, es stimme übrigens mit andern Pflichten überein oder nicht. ? Ist freilich die ungezwungenste Erklärung der ganzen Geschichte; und bei allen biblischen Personen des Zeitalters mus man bedenken ? die Zeiten waren barbarisch ? Hohe Tugend ? feine Empfindungen des Guten ? bestimte, entscheidende Urtheile in Fällen, wo die Pflichten miteinander nach des Menschen Meinung stritten, durfte man nicht erwarten. ?" Seit. 141. 142.

 

[Ia-04-1779-0469]
15) Von der Bibel.

 

[Ia-04-1779-0470]
"Hr. Tobler bemerkt ungemein richtig: daß die Bibel sich auch dadurch auszeichnet, wie man mit Grund einen steten Fortgang oder Wachsthum der Aufklärung des menschlichen Geistes annimt: so sei sie das einzige Buch in der Welt (so viel wir wissen), das diesen Fortgang nicht nur aus vorhergehenden Zeiten erweist, und für die zukünftigen weissagt, sondern das ihn wirklich darstelt. Es zeigt von einer Epoche zur andern die Menschen selbst, wie sie, die Besten und Schlimsten, dachten und handelten, ohne daran zu denken, wie sie vorwärts oder rükwärts gekommen." Seit. 148. 149.

 

[Ia-04-1779-0471]
16) Von dem Spruch: Du bist mein Sohn, heute pp. Ps. 2, 7.

 

[Ia-04-1779-0472]
"Söhne Gottes sind Könige, Ps. 82, 6. ?????????, ??????????, und die vornehmsten unter ihnen Gottes Erstgebohrne, Ps. 89, 28. Auch der Messias heist eben darum (wenigstens in den meisten Stellen) ???? ????, ein Ausdruk, der oft mit ???????, als gleichbedeutend, verwechselt wird. Zeugen

 

[Manuskriptseite 152.]

könte nach dem Bilde so viel heissen, als zum König machen oder dafür erklären. ? Vom David müste man die Worte so verstehen: "an ienem feierlichen Tag meiner Einsezzung sprach Iehova: Du bist der König, den ich selbst erwählt habe, heute habe ich dich eingesezt." ? Erkläre ich die Stelle vom Messias, so weis ich $$$ $$$] scannen nicht anders als durch wiedergebähren zu übersezzen: "mein Sohn bist du, heut hab ich dich wiedergebohren," d. i. von den Todten auferwekket, (um dich nämlich dadurch feierlich für den Messias zu erklären). Die Auferwekkung von den Todten heist bei den Iuden oft Wiedergeburt, zweite Geburt. S. Michaëlis Erklärung des Briefs an die Hebräer S. 105. In der That werden diese Worte in den meisten Stellen des N. T. auf des Messias Auferstehung gezogen S. Ap. Geschicht. 13, 33, auch viele Kirchenväter erklären sie so, z. B. Theodoret. An die ewige Zeugung kan man hier nicht denken, weil $$$ $$$] scannen nie von Ewigkeit her bedeutet. ?" Seit. 167. 168.

 

[Ia-04-1779-0473]
17) Die Schriftstelle "Siehe ich bin aus sündlichem Saamen gezeugt, und pp." beweist für die Erbsünde nichts.

 

[Ia-04-1779-0474]
"Hr. Kapp übersezt diese Stelle also: Siehe! als Übertreter ward ich gebohren, meine Mutter empfing mich als Sünder. Darauf beziehet sich diese Anmerkung: * d. i. von meiner ersten Iugend an empfand ich einen starken Hang zur Sünde; meine Mutter empfing einen Menschen an mir, der in seiner Iugend schon ein grosser Sünder war. ? Die Lehre von der Erbsünde kan ich in diesen Worten nicht finden. Denn 1) die Redensart in Sünde oder richtiger, mit Sünde gebohren werden, heist sonst immer: von seiner ersten Iugend an sündigen, z. B. am deutlichsten Ioh. 9, 34 ? So auch Hiob 31, 18. Ps. 58, 4. wo von der Geburt an, nichts anders heist, als: von der zartesten Kindheit an. Das zweite

 

[Manuskriptseite 153.]

Glied des Verses aber ist, nach Davids Absicht, dem ersten offenbar parallel. 2) David sagt v. 5, 6 und 8 ausdrüklich: er wolle seine Sünde bekennen und nicht entschuldigen. Und nun die Erbsünde mitten in diesem Zusammenhang! ? sähe dies nicht einer gewöhnlichen Entschuldigung sehr ähnlich? 3) Im N. T. wird diese Stelle nirgends von der Erbsünde erkläret, auch Röm. 5 nicht, wo man es doch am ersten erwarten könte. Die Erklärung ist erst in spätern Zeiten ausgedacht. ?" Seit. 168. 169.

 

[Ia-04-1779-0475]
18) Von dem Ausdruk "Engel" in der h. Schrift.

 

[Ia-04-1779-0476]
"Daß alle Mittel, welche die Vorsehung braucht, entweder zu strafen, oder zu belohnen und zu schüzzen, bei den Hebräern Engel, Boten Gottes, die bald etwas Gutes, bald etwas Böses bringen müssen, heissen, wird in der Anmerkung zu Ps. 34, 8 vom Hr. Knapp sehr wohl erinnert. Damit stimt die Anmerkung zu Ps. 103, 20 überein, wo es also heist: Boten Gottes, und v. 21 Heer Gottes, ist die ganze Natur, alle Geschöpfe, die Gott zu Ausführung seiner Absichten braucht. Die starken Helden, sind die stärksten unter diesen Boten, d. i. dieienigen Dinge, die am wirksamsten bei Ausführung grosser Absichten sind, z. B. Bliz, Wind, u. s. w. So erklär ich die Worte wegen der Parallelstelle Ps. 104, 4 vergl. Ps. 148, 8. Die Stelle Ps. 104, 4 ist des wegen ganz richtig so übersezt: Winde macht er zu seinem Boten, lodernde Blizze zu seinen Dienern, und in der Anmerkung dazu wird mit gutem Grunde behauptet, daß man eu**h auch in der Stelle Hebr. 1, 7 nicht nöthig hätte, diese Worte anders zu übersezzen. ?" Seit. 169. 170.

 

[Ia-04-1779-0477]
19) Einige Verbesserungen der Lesarten der Psalmen, um den Verstand heraus zu bringen.

 

[Ia-04-1779-0478]
"Im Psalm 49, 13 ist also übersezt: Glükliche Menschen ohne Verstand sind den

 

[Manuskriptseite 153.]

]diese Seite scannen wg. hebr. TextThieren gleich, die untergehen, wo mit dem Alex. und Syrer $$$$$ anstat $$$$ zu lesen ist. Ps. 60, 6: Ein Zeichen gabst du deinen Verehrern daß sie dem Bogen entflohen, nach der Leseart $$$$ ein Bogen, entflohen, nach welche die Alex. der Syr. Symmach. und Hieron. vor sich gehabt haben, anstat $$$$ Wahrheit. Zuweilen sind auch nur die Punkte verändert, damit das gebrauchte Wort dem Zusammenhange gemäs könne übersezt werden, als Psalm 23, 4 $$$$$ Dunkelheiten, von $$$$, im Arab. %% %%] Arabische Zeichen - Scannen! - MIWI schattigt, dunkel sein, anstat: $$$$$ Schatten des Todes. Ps. 31, 12 $$$$$ zur Beschwerde, anstat $$$$ um meiner Sünde willen. Ps. 56, 1 und Ps. 58, 2 $$$$ ihr Götter, d. i. ihr Richter! anstat: $$$$. ? ?

 

[Ia-04-1779-0479]
So wird Ps. 10, 15 $$$ mit $$$ verbunden, obwohl zwischen diesen beiden Wörtern ein Atnach steht, man hat also nicht nöthig, $$$$ als einen Nominativus absolutus anzusehen. Ps. 20, 10 wird $$$ zu $$$$ gezogen, und anstat $$$ mit den Alex. und Chald. $$$$ gelesen, welches den Sin dieses Verses sehr erleichtert. Daß Ps. 25 $$$$ im 2ten Vers noch zum ersten Vers gehöre, ist daher klar, weil der 2te Vers sich mit dem Buchstaben Beth anfangen mus. In eben diesem Psalm v. 7. wird $$$$$ mit Recht noch zum ersten Gliede genommen. ?

 

[Ia-04-1779-0480]
So wird Ps. 28, 8 und 60, 9 $$$$ durch Helm; Ps. 29,11 $$ durch Sieg; Ps. 31, 12 $$$$, indem man es als ein Substantivum betrachtet und von $$$ ableitet, durch Beschwerde Beschwerde;

 

[Manuskriptseite 155.]

]diese Seite scannen wg. hebr. Text Ps. 32, 6 $$$, welches auch als ein Substantivum anzusehen ist, durch Barmherzigkeit; Ps. 49, 20 $$$ durch Wohnung, von $$$ wohnen Ps. 48, 12; Ps. 52, 3 $$$ durch Mörder, wie Hr. Michaelis es schon erkläret hat; Ps. 75, 9 $$$ durch roth und Ps. 78, 13 $$ durch Dam übersezt. ?" Seit. 170. 171. 172.

 

[Ia-04-1779-0481]
"Hr. Knapp zeigt, daß das hebräische Wort $$$ Ps. 19, 5 zwar eigentlich eine Schnur, einen Faden, aber auch die Saite auf einem musikalischen Instrument bedeute, wozu man ehemals keine Darmsaiten, sondern gemeine Fäden und Schnüre nahm. Daher werde es hier für den Klang der Saite, womit der $$$ @@@@@ übereinkomt, gebraucht; es sei also nicht nöthig, anstat $$$, $$$ zu lesen. ?" Seit. 176.

 

[Ia-04-1779-0482]
20) "Warum ist Christus gestorben?" ? diese Frage wird beantwortet .

 

[Ia-04-1779-0483]
"Gott hat vorhergesehen, daß die ganze Geschichte und Lehre Iesu ein grösseres Gewicht und Fruchtbarkeit erhalten, daß besonders die Verheissung von der Vergebung der Sünden weit stärker zur Beruhigung und Heiligung der Menschen wirken würde, wenn sie als eine Folge des Todes Christi vorgetragen und etwa eben so an selbigen geknüpft würde, als ehemals die Erlassung gewisser kirchlicher und bürgerlicher Strafen nach dem Gesez Moses an vorgeschriebene Versöhnopfer gebunden war ? Folglich bliebe nach dieser Vorstellung die ganze Stelvertretung Christi etwas uneigentliches, der Vortrag dieser Lehre zeugte von einer gütigen Herablassung Gottes zu der Sinlichkeit der Menschen, die durch Mittel mehr zur Aufmerksamkeit auf Gottes Vaterliebe

 

[Manuskriptseite 156.]

zur innigsten Werthschäzzung eines so verdienten Erlösers und zur willigern Folgsamkeit gegen seine Vorschriften bewogen werden solten. ?

 

[Ia-04-1779-0484]
Man kan diese ganze Vorstellung durch eine Vergleichung noch deutlicher machen, welche zwar nicht unbekant ist; die aber doch hier eine Wiederholung verdient. Man nehme einen Regenten, der rebellische Unterthanen hat, die sich sehr gegen ihn vergangen haben. Er ist indessen samt seinem eigenen Sohne und Erben höchst geneigt, ihnen eine völlige Verzeihung bei erfolgender Besserung zu schenken. Um iedoch seinem Sohn mehr Vertrauen und Achtung auf die Zukunft zu verschaffen, so läst er ihnen den Gnadenpardon unter der Vorstellung antragen, als habe er ihnen denselben besonders auf Interzession eben dieses seines Sohnes bewilligt. Wendet man diese Parabel auf die Geschichte Iesu, so sieht man bald, was Gott für Absichten bei Verknüpfung des Todes Iesu mit der algemeinen Verkündigung der Vergebung der Sünden und Aufforderung zur Busse gehabt habe, und wie er vornämlich dadurch dem ganzen Evangelium mehr Eingang verschaffen und mithin die Erreichung seines Zweks glüklicher befördern wollen. *...* ?

 

[Ia-04-1779-0485]
Denn allerdings mus man es vermuthen, daß Gott nicht darum allein den Tod Iesu werde zugelassen haben, damit nur die Aufmerksamkeit und das Vertrauen gegen das Evangelium dadurch befördert würde. Es musten da mehrere heilsame Zwekke zusammentreffen; und die Folgen dieser Zulassung musten im Ganzen so heilsam, ausgebreitet und herlich sein, daß eine so große merkwürdige Aufopferung dadurch gerechtfertigt werden konte ?" Seit. 231. 232. 233. 234. 235.

 

[Ia-04-1779-0486]
21) Von den Naturgeheimnissen ? die zur Bekräftigung der Glaubensgeheimnisse dienen sollen.

 

[Ia-04-1779-0487]
"Wir verbitten uns den gewöhnlichen Fehlschlus, durch den man manche

 

[Manuskriptseite 157.]

unbegreifliche Lehren der Dogmatik in Sicherheit stellen wil, und der eigentlich von den Naturgeheimnissen hergenommen ist. Man schliest: giebts in der Natur so viele geheimnisvolle Dinge, die wir mit Augen sehn und mit Händen greifen können, ob wir gleich aller angewandten Mühe ohnerachtet nicht im Stande sind, sie zu erklären und zu fassen: wie viel mehr können sich in der Religion, die von Gott geoffenbart ist, solche Lehren, die uns unbegreiflich scheinen, befinden! Wenn man hier blos von den Kreaturen auf den Schöpfer zurükschlösse; so wäre nichts dagegen zu sagen. Verlangt man aber, daß ein Christ gewisse angebliche Religionsgeheimnisse, von welchen die Vernunft nichts weis und die sie bei allem Nachdenken weder finden noch erklären kan, eben so geschwind und völlig glauben sol, als die unerklärbare Erscheinungen in der Natur: so ist das eine offenbare Gewaltthätigkeit gegen den menschlichen Verstand. Man sezt hier Dinge, die von unsern Sinnen empfunden werden können, mit den mysteriösen, abstrusen und allen Grundsäzzen, Entdekkungen und Erfahrungen der Menschen entgegenstehenden Lehren in eine Klasse; da es doch offenbar zweierlei ist, das zu glauben, was man nicht sehn, empfinden, untersuchen, erklären kan; blos darum, weils eine geoffenbarte Religionslehre sein sol? Wenn sich hier die Vernunft sträubt; wenn sie Schwierigkeiten macht; wenn sie erst lange frägt: ob Gott so etwas offenbaret habe und wozu sie durchaus unerklärbare Geheimnisse gebrauchen solle? Wenn sie ferner Licht sucht, wo lauter Dunkelheit ist; und dann, nach langen vergeblichen Bestreben, diese Dunkelheit zu vertreiben, lieber dem Sonnenglanz verständlicher Wahrheiten zueilt, um da Wärme und Leben zu finden: ist ihr das zu verdenken; oder hat sie ihre Schranken eigenmächtig übertreten? ?" Seit. 310. 311. 312.

 

[Ia-04-1779-0488]
22) Erläuterung der Stelle Koloss. 2, 13.

 

[Ia-04-1779-0489]
"Der Apostel vergleicht die Taufe mit dem Begräbnis Christi und sagt: und so seid ihr mit Christo gleichsam begraben, **d indem ihr den Leib

 

[Manuskriptseite 158.]

der Sünden abgeleget habt durch eine christliche Beschneidung. Hernach führet er noch andere Wohlthaten an, deren die Christen in der Taufe theilhaftig werden und bedienet sich solcher Redensarten, die sich auf das Begräbnis Christi beziehen. Ihr seid nicht nur, fährt er fort, mit Christo begraben, sondern ihr seid auch mit ihm, da er auferstand, auferstanden; ? denn (so mus man hier das ??? übersezzen) da ihr tod waret (d. i. den Tod und Strafen verdienet hattet) wegen (??) eurer Sünden und wegen eurer fleischlichen Gesinnung, die wie eine Vorhaut, ehe dieselbe durch die christliche Beschneidung v. 11 weggeschaft wurde, euch unheilig und abscheulich machte; da ihr nun solche waret, hat Gott, da er euren Heiland wieder lebendig machte, auch euch das Leben und die Befreiung von der Strafe geschenket, und euch, die ihr den Tod verdienet hattet, alle eure Übertretungen vergeben. Paullus erklärt selbst das ????????? durch ????????? ?? ???????????, die Sünden vergeben; daher mus man durch ?????? ?? ???? ??????????? * solche verstehen, die wegen ihrer Sünden den Tod verdienet haben, und die deswegen Eph. 2, 3 ????? ????? genennet werden. Tod bedeutet aber in der Schrift überhaupt alle Strafen der Sünden. ?" Seit. 327. 328.

 

[Ia-04-1779-0490]
XIV.

 

[Ia-04-1779-0491]
Algemeine deutsche Bibliothek. Des sechzehnten Bandes erstes Stük. Berlin und Stettin, verlegts Friedrich Nikolai, 1772.

 

[Ia-04-1779-0492]
1) Von den Meeräpfeln mit Stacheln.

 

[Ia-04-1779-0493]
"Man weis, daß diese beweglichen Stacheln den Thieren zur Vertheidigung und zum gehen dienen. Hat sich ein Thier in eine Höhlung eines Felsen verkrochen, und man wil es herausziehen, so strekt es die Stacheln allenthalben aus, und sezt sie gegen die Wände der Höhlungen, daß man es auf keine Art heraus zu bringen vermag. Durch Hülfe eben

 

[Manuskriptseite 159.]

dieser Stacheln gehn sie, zumal am harten Strande, ziemlich geschwind, aber niemal rollen sie sich fort, vielmehr wissen sie sich nicht mit den Stacheln wieder aufzurichten, wenn sie ein Zufal umgestürzt hat. Auswendig auf der harten Schaale sizzet noch eine zarte Haut, und diese scheinet durch unzählige Fasern, die durch eben so viele Löcherchen der harten Schaale gehn, mit dem innern Körper befestigt zu sein, um den Zusammenhang der aus so vielen hundert einzelnen Stükken bestehenden Schaale zu befördern. ? ?" Seit. 9.

 

[Ia-04-1779-0494]
2) Vom Worte Genie und seiner Definition.

 

[Ia-04-1779-0495]
"Es geht mit dem Wort Genie so, wie mit allen dergleichen feinen komplexen Begriffen; sie werden als Phänomene hie und da mit Intuition erkant, aber nirgends eigentlich deutlich abgesondert. Vielmehr erscheinen sie hie und da mit dieser und iener Nebenbestimmung, sind bald mit der, bald mit einer andern dunkeln, aber fremden Mitempfindung verwebt, und müssen also nachher dem Philosophen, der einen deutlichen, bestimten, Hauptbegrif sucht, so viel zu schaffen * machen, wie Proteus den Ulys, da er ihn fesseln wolte. Mit rein abstrahirten, oder völlig sinlichen Ideen, sieht man, ist der Fal nicht, und denen ist also auch eher auf den Grund zu kommen. Helvetius z. E. hat einige Beispiele vom Unterschiede bei dem Wort Geist gezeigt: Geist haben, Geist sein u. s. w. bei dem Wort Genie sind der Vorkommenheiten und Zufälle gewis noch mehr. Er ist Genie, er ist ein Genie, er hat Genie, ia endlich gar die Beiwörter, gros, tief, algemein Genie u. s. w. geben so viel Farbenbrechungen, daß uns für alle noch immer die baumgartensche oder Sulzersche Erklärung die beste, das ist die vielfassendste dünkt. ?" Seit. 25. 26.

 

[Ia-04-1779-0496]
3) Von Sprachröhren.

 

[Ia-04-1779-0497]
"Daß sich der Schal wie das Licht fortpflanze, kan man aus der Reflexion des Schalles beweisen. Eine Trompete giebt nicht alle Töne; wenn man in sie in einem Tone, den sie nicht giebt, schreit, so verstärkt sie ihn zwar durch

 

[Manuskriptseite 160.]

die Reflexion, aber bei weitem nicht so sehr, als den ihr eignen Ton. Also kömt die ihr eigne Wirkung darauf an: daß in der Luft Erschütterungen erregt werden, die gleich lange mit denen dauern, deren die Theilchen der Trompete fähig sind. Bei ihr, ist es gleichgültig, daß sich auch ein Theil des Schalles nach allen Seiten verbreitet, aber vom Sprachrohre verlangt man, ihn gerade fort zu senden, und mus daher selbst iene Erschütterungen vermeiden, die die Rede undeutlich machen würden, also, das Sprachrohr entweder aus einer wenig elastischen Materie machen, oder in dasselbe in einem Tone reden, den es selbst nicht giebt, die bequemste Figur zum Sprachrohr zu suchen, mus das lezte sein. Hr. Lambert fängt synthetisch, mit Sprachröhren, von gegebner Gestalt, cylindrischen und konischen an. Den Grund von seinem Verfahren kurz zu übersehen, so stelle man sich das Sprachrohr wie einen hohlen Spiegel vor, auf den aus einem Punkte ein Lichtstral fält. Dieser Punkt ist die Stelle, wo der Schal erregt wird, des Lichtstrals Reflexionen, sind die Reflexionen des Schals. So zeigt sich, daß der Cylinder nichts taugt, im Kegel die Reflexionen bald aufhören, und ein zulezt reflektirter Schalstral, nur gerade zu, immer in dem Raume fortgeht, den der Kegel, ohne Ende erweitert umschriebe. Durch diese Untersuchung erreicht Hr. Lambert den Grund einer Untersuchung, die man seit Morelands Zeiten für einen Abgrund gehalten hat. Wenn H. L. also die sonst vom Licht in Absicht auf seine Ausbreitung und Reflexion bekante Säzze auf den Schal anwendet, so leitet er daraus Lehrsäzze von konischen Sprachröhren her. Die Länge eines solchen Sprachrohrs, die Seite eines abgekürzten Kegels, dem die Spizze beim Mundstükke fehlte, müste z. E. 4 F. 4 Zol sein: wenn ein Mensch, dessen ordentliche Stimme 400 Fus weit reicht, solte 5000 Fus weit gehört werden. ? Auf gleich liessen sich auch spiegelglatte Maschinen *...* von dieser Gestalt brauchen, das Licht sehr weit fortzuwerfen. ?" Seit. 33. 34.

 

[Manuskriptseite 161.]

[Ia-04-1779-0498]
4) Der Unterschied zwischen dem Gehirn eines Menschen und eines Thiers.

 

[Ia-04-1779-0499]
"Das, was den Menschen wesentlich von allen Arten andrer Thiere unterscheidet, ist das Vermögen seiner Seele zu algemeinen Begriffen, zu höhern Erkentnissen, das ist, das Vermögen, sich, ohne den unmittelbaren und nähern Beistand und Einflus der äusserlichen Sinne, Begriffe zu formiren, wozu kein Thier das Vermögen hat, weil dessen Begriffe insgesamt entweder durch die äusserlichen Sinne unmittelbar oder doch auf nähere Weise erregt und bestimt werden. Da aber die Seele keinen weder von den Sinnen abhangenden, noch algemein abstrakten Begrif formiren kan, ohne daß nicht zugleich im Gehirne gewisse Bewegungen enstehn müsten, die ihn begleiten; so mus das menschliche Gehirn zu den Bewegungen, die die höhern, nicht sinlichen Vorstellungen begleiten; so mus das menschliche Gehirn zu eine Kraft besizzen, die den Gehirnen aller andern Thiere mangelt; und diese vorzügliche Kraft des menschlichen Gehirns mus aller Wahrscheinlichkeit nach in der verschiedenen Bildung seiner innern Theile liegen, die aber wohl freilich einem Zergliederer nicht sichtbar sein kan. Daß dieser Unterschied nicht vorhanden sei, hat Hr. Moskatti nicht bewiesen und kan es auch nicht erweisen, weil die eigentliche Struktur der inwendigsten Theile des Gehirns, und das, was sie zu den verschiedenen Bewegungen, die verschiedene Vorstellungen stets begleiten, fähig macht, die Augen des Zergliederers flieht. Wir andern Leute haben diesen Vorzug unsers Gehirns auch nie aus seiner sichtbaren Bauart zu erweisen gesucht, sondern wir schliessen ihn aus den Erscheinungen, und aus dem ewigen Naturgesezze thierischer Körper, daß mit ieder Art Vorstellungen besondre Bewegungen im Gehirne vergeselschaftet sind. Weil das Gehirn eines Seewurms derienigen Bewegungen nicht fähig ist, die zu der Leidenschaft des Vergnügens, der Traurigkeit, des Neides, zu den Einbildungen des Gedächtnisses, u. s. w. erfordert werden würden, so mangeln ihm diese Begriffe, die wir hingegen einem Hunde zugestehn, dessen Gehirn

 

[Manuskriptseite 162.]

solcher Bewegungen fähig ist, daß die Vorstellungskraft seiner Seele dieselben hervorbringen kan. Wir urtheilen daraus, daß die eigentlich zur Harmonie der Vorstellungskraft mit der bewegenden eingerichtete Struktur des Gehirns beim lezten einen höhern Grad der Volkommenheit, als beim Wurme habe, und eben so geben wir dem Gehirne des Menschen diesen Vorzug vor dem Gehirne des Hundes und seinesgleichen, daß es Bewegungen zu solchen Vorstellungen hervorbringen kan, welche die Vorstellungskraft, im vorzüglichsten Grade von den Sinnen unabhänglich, zu wirken vermag, und die wir abstrakte nennen. ?" Seit. 152. 153.

 

[Ia-04-1779-0500]
5) Wir Menschen sind nicht gebohren, um auf allen Vieren zu kriechen.

 

[Ia-04-1779-0501]
"Das wunderliche Gestel eines Menschens, der auf allen Vieren kriegt, weil seine Hinterbeine zu diesem Gange zu lang sind, macht dem Verfasser (Moskatti, der behauptet, wir solten eigentlich auf vier Beinen kriechen,) wenig Schwierigkeit, weil der Hase auch längere Hinterbeine als Vorderbeine hat. Davon erwähnt er nichts, daß bei den Hinterfüssen der Thiere, das Gelenk, welches bei uns das Knie bildet, sich gerade umgekehrt gegen unsre Knie beugt; daß dies Gelenk sich bei dem Hasen so biegt, daß sein Fus unter den Bauch komt, da es hingegen beim Menschen den Fus nach dem Rükken hin aufhebt; daß der untere Fus des Hasen beim Gehen mit seiner ganzen Fläche die Erde berührt, dahingegen der Mensch auf vier Beinen auf den Zehen steht, und den Hintertheil des Unterfusses in der Schwebe trägt; daß die Gelenke der Vorderfüsse des Hasen, die bei uns den Ellenbogen formiren, in seinem Gange sich so beugen, daß sie seinen Gang erleichtern, der Mensch auf vier Beinen aber diese Gelenke gar nicht gebrauchen kan, sondern sie steif halten mus, u. s. w. Uns däucht, daß diese und dergleichen Unterschiede die natürliche Bestimmung des Menschen zum aufrechten Gang hinlänglich entscheiden. ?" Seit. 155.

 

[Manuskriptseite 163.]

[Ia-04-1779-0502]
6) Von den beiden Eigenschaften der Körper, die einander zu widersprechen scheinen, der Trägheit, und der Bemühung den Zustand zu ändern.

 

[Ia-04-1779-0503]
"Hr. Beguelin bemerkt richtig, daß nach dem leibnizischen System die Trägheit dem ganzen Körper, die Bemühung, den Zustand zu ändern aber, den einfachen Elementen derselben gehöre, und hebt dadurch die Ungereimtheiten, die man in diesem Systeme wil gefunden haben. ?" Seit. 205.

 

[Ia-04-1779-0504]
7) Von der Athanasianischen Hypothese der Dreieinigkeit.

 

[Ia-04-1779-0505]
"Der gröste Lerm in der Kirche entstand, wie bekant, über den Streit des Alexanders und Athanasius auf einer, und des Arius auf der andern Seite. Es wurden Kirchenversamlungen gehalten, und so wie die Kaiser entweder Athanasianisch oder Arianisch waren, so ward bald diese, bald iene Parthei für orthodox erklärt, und die Gegenseitige verkezzert. Endlich traten die grossen Herrn alle zu Athanasianischen Parthei, und so ward ihre Meinung die herschende in der christl. Kirche. In den dunklen Zeiten des 10ten Iahrhunderts kam das fälschlich sogenante Athanasianische Glaubensbekentnis zum Vorschein. Aus Unwissenheit nahm man es als richtig an. Wer die, darin festgesezte Hyopthese nicht annehmen wolte, der wurde zum ewigen Feuer verdamt. Nach dieser Hyopthese sind die drei Personen völlig gleich, aber sie haben alle Ein auch in der Zahl nur einziges Wesen. Der Vater ist wesentlicher Gott, der Sohn ist wesentlicher Gott, der H. Geist auch, und doch ist nur Ein Gott. ? ?" Seit. 218. 219.

 

[Ia-04-1779-0506]
8) Das meiste moralischbös scheinende ist blos nur physisch bös.

 

[Ia-04-1779-0507]
"Der Vorsaz böses zu thun, und es mit Bewustsein zu thun, macht eigentlich das moralische aus, wenn dieses nach aller Schärfe beurtheilt werden solle. Wie selten ist aber nach aller Schärfe ein solcher Vorsaz der einige wirkende Grund bei Handlungen, die von bösen Folgen sind. Wie leicht mengen sich Unwissenheit, Unachtsamkeit, Versehen, Übereilung, äussere Anreizungen und daher rührende unversehene Leidenschaften pp. mit ein, die den Verstand und den Willen nicht so frei sein lassen, als zur Moralität der Handlungen erfordert wird. ?" Seit. 276.

 

[Manuskriptseite 164.]

[Ia-04-1779-0508]
XV.

 

[Ia-04-1779-0509]
Algemeine deutsche Bibliothek. Des sechzehnten Bandes zweites Stük. Berlin und Stettin, verlegts Friedrich Nikolai, 1772.

 

[Ia-04-1779-0510]
1) Von der Physiologie überhaupt.

 

[Ia-04-1779-0511]
"Die Kräfte, so den thierischen Körper bewegen, sind nicht von einer Art und wirken also auch nicht nach einerlei Gesezzen. Ausser den algemeinen Eigenschaften aller Körper, bewegen sich die Säfte nach hydraulischen und trennen sich nach physischen Gesezzen. Nach den Gesezzen des Hebels bewegen sich die Muskeln: allein dann, wann der Wille sie durch den Reiz des Nerven in Bewegung sezt, sind die blos mechanischen Gesezze zur Erklärung schon nicht mehr hinreichend. Die Physiologie zwar mus diese verschiednen Kräfte, die in den Funktionen des Körpers gemeinschaftlich wirken, in ihren zusammengesezten Wirkungen darstellen und erklären. Sie mus ein Abdruk der Natur sein und die Natur ist in ihren Triebfedern und Wirkungen zusammengesezt. Aber wil man, was iede dieser Kräfte zur gesamten Wirkung beiträgt, sich deutlich vorstellen: so mus man was in der Natur zusammengesezt sich darlegt, abscheiden: so mus man die Gesezze, nach denen nicht thierische Körper wirken, von den thierischen trennen. ?" Seit. 502. 503.

 

[Ia-04-1779-0512]
2) Von den thierischen Kräften.

 

[Ia-04-1779-0513]
"Der Siz aller thierischer Kräfte ist in Hirn und Nerven. Diese sind die thierischen Maschinen, im Gegensazze der mechanischen, z. E. Muskeln, Drüsen, Eingeweiden, deren sonst blos mechanische Verrichtungen, dadurch, daß die thierischen Kräfte auf sie mit einfliessen, zugleich thierisch werden. Die thierischen Kräfte sind nichts, als Eindrükke in und von den thierischen Maschinen, wodurch das Mark vom Hirn und von den Nerven eine gewisse unerklärbare Veränderung lei

 

[Manuskriptseite 165.]

det, welche thierische d. i. solche Wirkungen verursacht, die sich nach andern, als den bekanten Bewegungsgesezzen blos mechanischer Maschinen erzeugen und entwikkeln.

 

[Ia-04-1779-0514]
Die sinlichen Eindrükke aller Art können sich von dem Punkte an, worin sie erregt werden, in den thierischen Maschinen fortpflanzen. Es geschieht dies durch Etwas, so man Lebensgeister nent, ohne daß man zu bestimmen braucht, worin dies bestehe, ob es flüssig, ätherisch, elektrisch oder was es sei. Es ist in der Philosophie immer ein Punkt, wo man zu forschen aufhören mus. Genug wenn man weis, es ist so etwas, und durch dasselbe, nach den und den Gesezzen ereignet sich etwas. ?" Seit. 504

 

[Ia-04-1779-0515]
3) Von den sinlichen Eindrükken.

 

[Ia-04-1779-0516]
"Bei den sinlichen Eindrükken lassen sich eigentlich vier Fälle denken.

 

[Ia-04-1779-0517]
Der äussere sinliche Eindruk, der aufsteigende, geht wirklich bis zum Hirn auf und erregt in desselben Marke eine thierische Bewegung. Diese nent H. Unzer die materielle Idee, die nach den Gesezzen der Gemeinschaft des Leibes und der Seele eine Vorstellung hervorbringt, die dann äussere Empfindung heist:

 

[Ia-04-1779-0518]
Oder dieser äussere Eindruk gelangt auf seiner Bahn nicht zum Hirne, wird nicht empfunden, wenigstens bringt er, unabhängig davon, ob er empfunden wird oder nicht, dennoch thierische Bewegungen im Körper hervor und diese sind Nervenwirkungen des äussern sinlichen Eindruks.

 

[Ia-04-1779-0519]
Eben so. Der inre sinliche Eindruk, der absteigende, wird im Ursprunge des Nerven, im Hirne, durch eine Vorstellung der Seele veranlast und also eine materielle Idee dem Hirne durch eine Vorstellung eingedrukt, die abwärts thierische Wirkungen im Körper äussert, und dies nent H. U. S eine Seelenwirkung:

 

[Manuskriptseite 166.]

[Ia-04-1779-0520]
Oder zwar nicht eine Vorstellung der Seele, aber doch ein andrer Reiz des Nerven in seinem Ursprunge oder in einem andern Punkte bringt thierische Bewegungen, auf seinem Wege abwärts vom Hirne zu den Spizzen hervor, wenigstens sind die Bewegungen von der Vorstellungskraft unabhängig und das sind Nervenwirkungen des innern sinlichen Eindruks.

 

[Ia-04-1779-0521]
Die erste und dritte thierische Wirkung, die, so äussere Eindrükke durch materielle Ideen zu Empfindungen erhebt und die, so von Vorstellungen zu materiellen Ideen und so bis zu äussern * und innern Wirkungen herabsteigt, diese sind in einem beständigen natürlichen Zusammenhange mit der Vorstellungskraft der Seele und diese nent Hr. U. thierische Seelenkräfte.

 

[Ia-04-1779-0522]
Der zweite und vierte Fal aber, die Nervenwirkungen beider sinliche * sinlichen Eindrükke sind von der Vorstellungskraft der Seele völlig unabhängig und daher entstehen die thierischen Nervenkräfte. ? ?" Seit. 505. 506.

 

[Ia-04-1779-0523]
4) Übersezzung der Stelle Hiob 24, 18.

 

[Ia-04-1779-0524]
"Die Hauptversehen bei Erklärung dieser Stelle sind wohl bishero diese gewesen, daß man das Wort via ($$$$) mit dem folgenden verbunden hat, und nun freilich unendliche Schwierigkeiten darin gefunden, was via vinearum sei solte? Hiernächst, daß man nicht versucht hat, ob nicht $$$$$ (vinea) in einer andern Form und Bedeutung zu nehmen sei, und endlich sich nicht erinnert, daß das erste $$$ auch substantive genommen werden kan, und im Arabischen iede kleine Erhöhung und daher Hügel, Warzen im Gesichte, Blasen auf dem Wasser bedeuten ? hätte man sich dessen erinnert und dazu genommen, daß $$$ auch so viel als vestigium alicuius rei sei,

 

[Manuskriptseite 167.]

$$$$ hier das Gerundium vorn mit dem Caph und hinten mit dem affixo $$$ ohne Punkte $$ sein könnte, und also Wort für Wort die Übersezzung der zweiten Hälfte nullum ($$$) apparet ($$$$) vestigium ($$$$) dum inflas eos ($$$$$) so müste man ia längst einer solchen Vergleichung, die so schön ausgeführet ist, gut geworden sein." ? Seit. 529.

 

[Ia-04-1779-0525]
5) Vom Worte ??????????.

 

[Ia-04-1779-0526]
"Und wie kan der V. behaupten, daß das griechische Wort ?????????? eine gerichtliche Bedeutung habe? Mit welcher gültigen Autorität wil er das beweisen? Von Gott gebraucht bedeutet es, wie das hebräische $$$$ dessen Gerechtigkeit, Heiligkeit, auch Gütigkeit, und sämtliche moralische Eigenschaften; von Menschen gebraucht zeigt es so viel als Rechtschaffenheit des Glaubens und Lebens, Billigkeit, einen heiligen Wandel, ingleichen Gütigkeit und Barmherzigkeit an. ?" Seit. 552. 553.

 

[Ia-04-1779-0527]
6) Von der Stelle 2 Timoth. 1, 10.

 

[Ia-04-1779-0528]
"Paullus schreibt, Christus habe den Tod zerstört, zu nichte gemacht, (????????????? ???????). Dies kan, da der Tod doch noch ieden trift, nichts anders bdeuten, als: er hat ihm das schrekliche, genommen das furchtbare in den Vorstellungen der Menschen benommen. Und wodurch? Durch die in seinem Evangelium ins Licht gesezte grosse Lehre von der Unsterblichkeit der Seele und dem zukünftigen Leben. Er redet" ? Seit. 566.

 

[Ia-04-1779-0529]
7) Von der Bibel überhaupt.

 

[Ia-04-1779-0530]
"Die götlichen Schriften wurden, wie der Augenschein sowohl in Absicht der für iedes Buch gewählten Materie, als auch der durch alle Bücher gebrauchten Schreibart, lehret, von ihren Verfassern ohne unmittelbare Rüksicht auf unsre Zeiten, gänzlich

 

[Manuskriptseite 168.]

nach den Bedürfnissen derer Zeiten, zu welchen sie verfertiget wurden, eingerichtet. ? Wir dürfen daher nicht erwarten, daß die Wahrheiten nach ihrer algemeinen Wichtigkeit für alle Menschen ausführlicher, oder nach ihrer geringern Erheblichkeit beiläufiger in der Schrift angetroffen werden, und wir übereilen uns, wenn wir aus der ausführlichen Abhandlung einer Wahrheit in derselben und der kürzern Erwähnung einer andern schliessen wollen, daß iene ungleich wichtiger, als diese sein müsse. ? Auch mus es daher in der Schrift Umstände geben, welche ganz allein für die damaligen Zeiten, da sie geschrieben wurden, gehörten, und deren wir an sich zu unsrer Belehrung nicht bedurft hätten, wenn sie nicht gerade in den Büchern gestanden hätten, welche Gott für uns aufbehalten wollen ? die ganze Art zu schreiben und der gesamte Vortrag der biblischen Bücher muste nicht nach unsrer Art zu denken und zu schreiben eingerichtet werden, sondern nach der Denkungs= und Schreibart der damaligen Zeiten, da sie verfasset wurden. Solte also auch diese wirklich in Vergleichung mit unsrer Denkungs= und Schreibart sehr schlecht gewesen sein, oder mit dem Geschmak unsrer Zeiten gar nicht übereinstimmen, so musten doch die für die damaligen Zeiten zunächst bestimte Schriften nach diesen und nicht nach unsern Zeiten eingerichtet sein. ?" Seit. 582.

 

[Ia-04-1779-0531]
XVI.

 

[Ia-04-1779-0532]
Versuch einer biblischen Dämonologie, oder Untersuchung der Lehre der h. Schrift vom Teufel und seiner Macht. Mit einer Vorrede und einem Anhange von D. Iohann Salomo Semler. Dazu ist der Sohn Gottes erschienen, daß er die Werke des Teufels zerstöre. 1 Ioh. 3, 8. Halle im Magdeburgischen, verlegt von Karl Hermann Hemmerde. 1776.

 

[Ia-04-1779-0533]
1) Alle endliche Geister müssen einen Körper haben.

 

[Ia-04-1779-0534]
"Ohne Körper kan kein Geist: weder empfinden noch denken. Endliche

 

[Manuskriptseite 169.]

Geister würden als Substanzen, ohne Körper auf nichts in der Welt, ausser sich, mit Freiheit wirken, und nichts würde wieder auf sie, als auf sie Substanzen, frei wirken können, weil sie keine Körper und keine Sinne hätten, durch deren Organisation, Lage und Stellung, ihre Vorstellungen veranlasset, geleitet, gerichtet, geäussert und bezeichnet und sie selbst, in ihren Wirkungen, empfunden werden können. Denn ohne Körper würde weiter nichts als Berührung, Stos und Gegenstos auf andere Substanzen, ihre ganze äussere Thätigkeit ausmachen, die daher, in Absicht auf sie, vom blossen Zufal abhängen müste. Man nehme alle Vorstellungen und Begriffe weg, die mit Empfindungen in Verbindung stehen, so wird bei endlichen Geistern, alle vernünftige Erkentnis verschwinden und undenkbar werden. Der Erz=Engel mus so gut wie der Mensch einen Körper haben, wenn er empfinden und Vorstellungen äusern sol. Dies ist nicht blos wahrscheinlich; es ist gewis. ? ? - Seit. 56.

 

[Ia-04-1779-0535]
Die Körper anderer Geister können vom menschlichen Körper unendlich verschieden sein. Sie können viel feiner, zu Bewegungen und Handlungen viel geschikter und von der Schwere, die unsre Körper bindet, ganz frei sein. Körper sind aber immer Körper, und sie mögen so fein sein als sie nur sein können, so müssen sie doch Theile ausser Theilen haben und materiel sein." ? Seit. 5. 6.

 

[Ia-04-1779-0536]
2) Von dem Fal Adams ? wie ihn Moses erzählt.

 

[Ia-04-1779-0537]
"Die Bildersprache ist ohne Zweifel die älteste, und drükket das auf eine sinliche und fasliche Art aus, was solchen Menschen, die noch an keine algemein geistige Vorstellungen unsichtbarer Dinge, die blos für den Verstand gehören, gewöhnet sind, durch eigentliche Redensarten und Worte, die innere und verborgene Beschäftigungen und Vorstellungen der Seele bezeichnen, nicht kan recht deutlich und begreiflich gemacht werden. In der Erzählung Mosis kommen viele figürliche Ausdrükke vor, die unmöglich ganz eigentlich verstanden werden können. Die

 

[Manuskriptseite 170.]

Erzählung der Unterredung, des Weibes und der Schlange, bleibt immer sehr lehrreich und dem Zwekke, wozu sie Moses anführet, gemäs, wenn auch die Schlange selbst so wenig, als ein böser Geist, durch sie, redete. Moses wolte die Entstehungsart des Falles auf eine lebhafte Art vorstellen und zeigen, wie lebhafte Empfindungen die Aufmerksamkeit des Sinnes banden, sinliche Lüste veranlasten, die schnel wuchsen, die Einbildungskraft erhizten, dadurch das ruhige Nachdenken des Verstandes hinderten, Vernunft und Freiheit immer mehr schwächten, endlich ganz besiegten und die Sünde gebaren. Iakobus beschreibt dieses Kap. 1. mit eigentlichern Worten. Allein eine solche Beschreibung schikte sich für die gar nicht, für die Moses zunächst schriebe. Die konten sinliche Lust und Freiheit noch nicht unterscheiden, und keinen algemeinen Unterricht, von der Herschaft des Sinnes über die Vernunft und der Gefahr derselben, fassen. Moses kleidete daher den Lauf der Seele, von unschuldiger Empfindung bis zum Falle, in eine Unterredung der Schlange mit der Eva ein, und in derselben hat er den Weg zur Sünde sehr deutlich und genau bezeichnet. Die Vorstellungen, die die Schlange bei der Eva veranlassete, werden als Reden der Schlange vorgetragen. Die Schlange veranlassete die Vorstellungen, die die Worte bezeichnen, die ihr in den Mund gelegt werden, ohne alle Sprache, so natürlich und leicht als sie nur immer durch wirkliche Worte erreget werden konten. Die Vorstellungen, die die Worte der Schlange bezeichneten, wurden auch alsdenn, wenn die Schlange wirklich sprach, vermittelst der Sprache, ihre eigene Vorstellungen, denen sie, ohne hinlängliche Prüfung, folgete. Wann nun dieselben Vorstellungen, ohne alle Sprache der Schlange, eben so leicht veranlasset und erregt werden konten und wirklich erwekket wurden, was macht es denn wohl nothwendig, das Wunder anzunehmen, daß ein ein Thier, das gar keine Organen zum Sprechen hat, wirklich geredet habe? ?" Seit. 18. 19.

 

[Manuskriptseite 171.]

[Ia-04-1779-0538]
"Adam berief sich auf keinen bösen Geist. Beide fühlten ihre eigne Schuld, schämten sich und verstekten sich vor ihrem wohlthätigen Schöpfer, dessen Gebot sie aus den Augen gesezt hatten. Gott gedachte in dem Fluche, den er über die Schlange aussprach, keines bösen Geistes, und dessen doch eigentlich gedacht werden müssen, wenn er die Verführung durch die Schlange bewirkt hätte. Der Fluch selbst beziehet sich auch ganz auf die Schlange. Allein die Schlange als Schlange, war keiner eigentlichen Bestrafung fähig und konte die Rede Gottes nicht verstehen? Das brauchte sie auch nicht, und die Strafe, die ihr zuerkant wurde, war keine eigentliche Strafe. Der Fluch wurde nicht um der Schlange, sondern um der Menschen willen über sie gesprochen. So wie der Fluch, den Christus über den Feigenbaum sprach, nicht um des Feigenbaums, sondern um der Iünger willen geschahe." ? Seit. 29.

 

[Ia-04-1779-0539]
3) Einige Ursachen, warum im Hiob den Teufel nicht kan gemeinet werden.

 

[Ia-04-1779-0540]
"Sezt man voraus, daß Satan ein verstosner Geist sei, so ist es nicht wol möglich, das, was vom Satan gesagt wird, eigentlich zu verstehen. Satan als ein verworfener Geist, konte sich nicht unter die guten Geister mischen, und vor Gott hintreten. Der Alwissende brauchte ihn nicht zu fragen, wo komst du her? hast du nicht acht gehabt auf meinen Knecht Hiob? Bei diesen Fragen werden schon gewisse Vorstellungen voraus gesezt, die unter denen bekant sein musten, für die das Buch Hiob aufgesezt wurde. Es läst sich nicht wol denken, daß ein böser Geist es wagen dürfte, Gott so frech zu widersprechen, und nicht undeutlich eines Irthums zu beschuldigen. Wie konte Satan von der Erde in Himmel und aus dem Himmel wieder auf die Erde kommen? Die wiederholten Fragen Gottes Kap. 2. und Alles was vom Satan gemeldet wird, beweiset hinlänglich, daß in lauter bildlichen und poetischen Vorstellungen die Leiden Hiobs,

 

[Manuskriptseite 172.]

als schwere und ganz unverschuldete Leiden, geschildert werden. ? ?" Seit. 34. 35.

 

[Ia-04-1779-0541]
"Im Buch Hiob kömt keine Erklärung über den Satan vor. Wer seine Erklärung hinein trägt, mus nur nicht behaupten, daß er sie aus dem Buche selbst genommen habe." ? Seit. 36.

 

[Ia-04-1779-0542]
4) Wo ist zuerst der Glaube an einen Teufel entstanden?

 

[Ia-04-1779-0543]
"Die heidnischen Völker haben in den ältesten Zeiten böse Geister gefürchtet. Der Irthum von einem guten und bösen Gott, hat sich sehr zeitig in den morgenländischen Gegenden ausgebreitet. Unter den morgenländischen Völkern gaben sich vorzüglich die Chaldäer mit einer chimärischen Geisterlehre ab. Sie erdichteten verschiedene Arten guter und böser Geister, denen sie, so, wie den Gestirnen, die sie ihnen zur Wohnung anwiesen, einen grossen Einflus auf die Materie überhaupt und insbesondere auf die Erde und auf die Menschen zuschrieben. ?" Seit. 39.

 

[Ia-04-1779-0544]
"Von den materiellen bösen Dämonen zählten die Chaldäer sechs verschiedene Arten. 1) Die Feuer=Geister, die in der obern Gegend der Luft ihren Siz haben. 2) Die Luft=Geister, die in der niedern Luft umherschwärmen. 3) Die Feld=Geister, die sich auf der Erde aufhalten. 4) Die Meer=Geister, die im Wasser zu wohnen pflegen. 5) Die unterirdischen Geister, die in den Tiefen der Erde verborgen liegen. 6) Die Lichtscheuen und Schrek=Geister, die in der Nacht toben.

 

[Ia-04-1779-0545]
Die drei ersten Arten dieser Dämonen haben, nach ihrer Meinung, lebhafte Phantasien, obgleich nach verschiedenen Stufen, daher verführen sie die menschlichen Seelen durch ihre Verschlagenheit, und reizen sie zu allerlei gotlosen Leidenschaften und Handlungen. ?

 

[Ia-04-1779-0546]
Die übrigen Arten der beschriebenen Dämonen, solten dümmer und unter diesen solten sonderlich die Lichtscheuen, nicht allein so roh und stum

 

[Manuskriptseite 173.]

wie die unvernünftigen Thiere, sondern auch vor andern Dämonen, schädlich sein, indem sie nicht durch verführerische Vorstellungen, wie die erste Art, schaden, sondern wie die wilden Bestien mit Gewalt auf den Menschen einstürmen. Die Wassergeister erregen Sturm und ersäufen die Schiffenden. Die unterirdischen und lichtscheuen Geister dringen in das Eingeweide der Menschen ein. Sie verursachen Rasereien und allerlei Krankheiten, tödten auch bisweilen die Menschen durchs Feuer oder Wasser, und stürzen sie in die Tiefen hinab. Wenn einer von den unterirdischen Geistern mit Gewalt in den menschlichen Körper eindringt, so schüttelt und quälet er den besessenen Menschen, redet durch ihn und braucht ihn seine Seele, als sein eigenthümliches Werkzeug. Wenn sich aber einer von den lichtscheuen Geistern heimlich in den menschlichen Körper schleichet, so verursacht er eine Erschlaffung der Glieder, hindert die Sprache und macht den Besessenen einem Todten ähnlich. Die Chaldäer glaubten daß diese Wirkung von der kalten und unvernünftigen, thierischen Natur dieser Geister abhienge, daher nanten sie selbige die Stumme und Taubeart, die nur allein durch Gottes Macht vertrieben werden könne. ? Diese Meinung hatten die Chaldäer von den Dämonen. Wir wollen nun iezt ruhig weiter gehen, und sehen, wie die Iuden diesen Begrif von Geistern annahmen.

 

[Ia-04-1779-0547]
Es bedarf hier keines Beweises, daß die iüdische Nation, ein ganzes Menschenalter hindurch, unter dem Drukke der Chaldäer geseufzet und zerstreuet in ihren Ländern, ohne Gesez und Unterricht aus götlichen Schriften unter ihnen gelebt haben. Esra muste das Gesez wieder aufsuchen und dem iüdischen Volke, bei seiner Zurükkunft, wieder bekant machen und vorlesen lassen. Das Volk weinete, da es das Gesez wieder hörte, von dem es so lange nichts vernommen hatte. Nehem. 8.

 

[Manuskriptseite 174.]

Die Häupter der Familien, die Priester und Leviten, kamen darauf zu Esra, um sich von dem Gesez zu unterrichten zu lassen. Man kan daraus sehr leicht auf die Unwissenheit der übrigen Iuden schliessen. Viele hatten heidnische Weiber genommen und ihre Kinder konten nicht iüdisch reden, indem sie sich an die Sprachen der Völker gewöhnet hatten, unter welchen sie nothwendig wohneten. Nehem. 13, 24. ? Bei der ganzen Reformation, die Esra vornahm, wurde mehr auf die äussere Verfassung des Gottesdienstes, als auf sitliche Verbesserung, durch Erleuchtung des Verstandes, gesehen. Die Unwissenheit der Iuden wurde daher nicht gehoben, sie muste vielmehr zunehmen. Sie sind von ie her ein rohes und abergläubisches Volk gewesen. Bei allen wundervollen Erweisungen der götlichen Regierung hatten sie immer einen Hang zur Abgötterei. Die nachdrüklichsten und ernstlichsten Warnungen konten sie nicht von derselben zurükhalten. Sie beflekten sich sogar mit der aller abscheulichsten Art des Gözzendienstes und opferten ihre Kinder dem Moloch. Kan man daher wol zweifeln, daß das Volk, das von ie her die Finsternis mehr als das Licht geliebet hat, unter der Herschaft und unter dem Drukke eines fremden Volks, dessen Sitten und Sprache es annahm, und mit dem es sich vermischte, auch die Irthümer und herschenden Meinungen desselben angenommen habe? ? Es ist mehr als wahrscheinlich, daß Kinder, die von ihren Vätern von einer Schlange reden hörten, die Sünde, Tod und Verderben in die Welt gebracht, von Erscheinungen guter Geister und ihren Dienstleistungen, von den Zaubereien der Egypter pp. das alles, was das Volk, unter welchem sie wohnten, von guten und bösen Geistern lehrete, glaubte und fürchtete, sehr gern werden angenommen haben. Alle Erzählungen wundersamer, fürchterlicher und unbegreiflicher Dinge, empfehlen sich der Unwissenheit. Dazu kam noch, daß die Chaldäer in der Sternkunst nicht unerfahren waren. Dadurch konten sie sich bei den unwissenden und in dem allen unerfahrnen

 

[Manuskriptseite 175.]

Iuden, sehr leicht in Achtung sezzen und das Vorurtheil veranlassen, daß sie auch in der Geisterlehre vorzügliche Einsichten hätten. ? Und was hinderte sie denn wohl, und was konte sie in ihren damaligen Umständen hindern, den Meinungen der Chaldäer Beifal zu geben? Oder haben sie etwa selbige aus unbekanten Gründen verworfen? Man vergleiche einmal den iüdischen Lehrbegrif von bösen Geistern und ihren Wirkungen, mit den Vorstellungen der Chaldäer und sage, ob die genauste Ähnlichkeit kan verkant und geleugnet werden? Hatten nicht die Iuden auch ihre stumme und taube Dämonen, die Rasereien und Krankheiten verursachten, ins Feuer und ins Wasser rissen, ins Eingeweide der Menschen fuhren, durch sie redeten, sie schüttelten, rissen und quälten und zu tödten suchten? Irten aber die Chaldäer, wie konten denn ihre Meinungen bei den Iuden wahr sein? Hatten die Iuden recht, warum solten denn die Chaldäer irren? Hatten denn die Iuden, vor ihrer Zurükkunft aus Chaldäa, dieselben Vorstellungen von der Macht böser Geister, die sie nach derselben und zur Zeit Christi hatten? Davon findet sich nicht die allermindeste Nachricht. Woher hätten sie also ihre Vorstellungen von Dämonen und ihren Wirkungen? Wen die Ähnlichkeit und Übereinstimmung der iüdischen mit der Chaldäischen nicht überzeugen kan, der lasse sich doch von Iuden selbst belehren. Buxtorff hat in seinem Lexico Talmudico, aus dem Ierusalemschen Talmud, Stellen angeführt, in welchen die Rabinen selbst versichern, daß ihre Vorfahren, die Namen der Geister aus Babel mit zurükgebracht hätten. ? ? ?" Seit. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48.

 

[Ia-04-1779-0548]
5) Beweis, daß das Wort Satan ????????, im N. T. oft nicht in der Bedeutung des iüdischen Teufels gebraucht werde.

 

[Ia-04-1779-0549]
"Matth. 16, 23. Mark. 8, 33. wird Petrus von Christo Satan genant, weil er Christo in seinem Beruf hinderlich zu werden suchte, und nicht meinte, was götlich, sondern was menschlich ist. Christus sagt nicht einmal

 

[Manuskriptseite 176.]

was teuflisch ist. Daraus ist klar genug, was man unter dem Wort Satan überhaupt zu denken habe. Das was das Gute hindert oder zu hindern sucht, was den Absichten Gottes zuwider ist, das ist teufelisch, und Satan ist eine iede Hinderung des Guten.

 

[Ia-04-1779-0550]
Iudas war unter den Iüngern Christi untreu. Der Herr wuste es, darum sagte er nach Ioh. 6,70. einer unter euch ist ein Teufel. Elymas ward nach Apost. Gesch. 13, 10. von Paullus folgendergestalt angeredet: O! du Kind des Teufels voller List und Schalkheit, und Feind der pp. Paullus sprach diese Worte aus der Fülle des Geistes v. 9. und so haben wir hier eine ganz untrügliche götliche Erklärung von dem, was in der Schrift Satan und Kind des Satans heist. Nämlich der Mensch, der so denkt und handelt, daß dadurch Erkentnis der Wahrheit, Tugend und Glükseeligkeit gehindert wird, der ist ein Satan. Als Iudas den feindseeligen Entschlus gefasset hatte, Iesum zu verrathen, wird solches Ioh. 13, 2. mit den Worten ausgedrukt: der Teufel habe solches dem Iudas ins Herz gegeben. So auch Ioh. 13, 27. -

 

[Ia-04-1779-0551]
Eben so verhält sichs mit Apost. Gesch. 5, 3. Der böse Vorsaz wurde dem Ananias ganz allein zugeschrieben und er wurde auf der Stelle dafür bestraft. Wenn Paullus Eph. 4, 27. warnet, sich durch feindseelige, lügenhafte und verleumderische Vorstellungen zum Zorn gegen den Nächsten aufbringen zu lassen, so heist es im Griechischen gebet nicht Raum dem Teufel, Luther hat es sehr gut durch Lästerer übersezt, weil er wol sahe, daß Paullus hier an keinen bösen Geist konte gedacht haben. Die Ermahnung Eph. 6, 11. den listigen Anläufen des Teufels zu widerstehen, kan eben so wenig auf einen bösen Geist gezogen werden, welches die Parallelstelle Eph. 4, 14 beweist. *

 

[Ia-04-1779-0552]
Noch mehrere Schriftstellen beweisen dieses: z. E. 1 Tim. 3, 11. 2 Timoth. 3, 2. 3. Tit. 2, 3. Röm. 16, 20. 2 Korinth. 7, 5. 1 Korinth. 5, 5.

 

[Manuskriptseite 177.]

1 Thess. 2, 18. pp. ?" Seit. 69. 70. 71. 72. 73.

 

[Ia-04-1779-0553]
6) Was Teufel eigentlich in der Bibel heist ? wird zugleich die Stelle Matth. 25, 41 erklärt.

 

[Ia-04-1779-0554]
"Teufel bedeutet in der Schrift ieden Widersacher, Feind, Störer und Lästerer des Guten, sonderlich der guten Sache Christi. Teufel ist das personifizirte Abstraktum von Bosheit und Widerspenstigkeit. Engel des Teufels sind daher, alle Werkzeuge der Bosheit und des Unglaubens, dadurch das Evangelium in seinem Laufe und in seinen wohlthätigen Wirkungen gehindert wird. Christus redet hier Matth. 25, 41 von verworfenen und strafbaren Menschen, die zu der verschuldeten Strafe verstossen wurden. Ihre Strafe vergleicht er mit einem Feuer und sie selbst nennet er Teufel und Engel des Teufels. Gehet hin, sagt er, in den unseeligen Zustand, der iedem boshaften Feinde der Wahrheit zu und seinen Werkzeugen beschieden ist. ?" Seit. 76. 77.

 

[Ia-04-1779-0555]
"Die Beweise für das Dasein böser Geister, die die Iuden Teufel nanten, aus der h. Schrift, sind daher so leicht nicht, als man sich zu überreden pflegt. Man mus bei den Stellen der h. Schrift, womit man das Dasein und die Macht des iüdischen Teufels beweisen wil, das nur nicht voraussezzen, was erst bewiesen werden sol. Man mus sorgfältig untersuchen, ob sie neuen und eigenen Unterricht der Apostel enthalten, oder nur Anwendungen iüdischer Begriffe und Vergleichungen mit denselben." Seit. 79. Seit. 79.

 

[Ia-04-1779-0556]
7) Schwierigkeiten bei der Versuchung Iesu, wenn man sie wörtlich versteht.

 

[Ia-04-1779-0557]
"Matthäus sagt: er wurde vom Geiste in die Wüste geführet. Das kan entweder so verstanden werden: Iesus wurde durch einen götlichen Antrieb erwekket, einen einsamen Ort zu suchen, oder, er wurde in einer übernatürlich bewirkten Vorstellung, in einem Gesichte, in die Wüste versezzet. Markus sagt:

 

[Manuskriptseite 178.]

der Geist habe ihn in die Wüste hingeworfen; und das scheinet schon näher zu bestimmen, daß er in einer besondern Begeisterung und in einem Gesicht in die Wüste versezt sei. Lukas führet darauf noch näher, wenn er sagt: Iesus sei (im Geiste) in die Wüste geführet worden. Daß im Geist so viel als in einer Entzükkung oder in einem Gesicht heisse, und daß das, was in einem Gesicht gesehen, gedacht und bemerkt worden, als wirkliche Begebenheit erzählet wird, kan nicht geleugnet werden. Iohannes sagt Offenbar. 17, 3. daß ihn einer von den 7. Engeln im Geist in die Wüste gebracht habe; und Kap. 21, er führte mich im Geist auf einen grossen und hohen Berg. Ezechiel drükt sich über ein Gesicht auf eben die Art aus Kap. 11, 24. Und auch Ezech. 37, 1. Des Herrn Hand kam über mich, und führte mich im Geist, im Geist des Herrn pp. Aus dem 4ten Kap. Ezechiel ist klar, daß viele Vorstellungen eines Gesichts als wirkliche Handlungen und Begebenheiten erzählt werden. ? Daß der Teufel Iesum versucht habe, läst sich aus der Erzählung der Evangelisten nicht schliessen. Christus sprach zum Versucher: Hebe dich weg von mir Satan Matth. 4, 10. gerade so sprach er auch zu Petro Matth. 16, 23. So könte auch hier Satan ein Mensch sein, wie Petrus Satan war. Noch mehr Schwierigkeiten. Der Versucher führte Stellen aus der h. Schrift an, Christus sezte ihm Stellen aus der Bibel entgegen. Der Versucher gieng mit Christo in den Tempel und auf einen hohen Berg. Die Versuchung geschahe gleichwol in der Wüste. Der Versucher sprach mit Christo. Er war sichtbar, seine Sprache war die Sprache eines Menschen. Nothwendig muste er auch die menschliche Sprache verstehen, und in der Bibel belesen sein. Von wem bekam er denn die Bibel? Wozu las er sie? ? Ohne Zweifel muste der Versucher in menschlicher Gestalt erscheinen, da er als ein Mensch handelte und reden solte. Ist es denn aber so etwas leichtes, einen menschlichen Körper zu schaffen oder anzunehmen? Was ist Corpus parastaticum? Ein angenommener Körper, das ist leicht gesagt; allein die Möglichkeit, wie ein Geist einen andern Körper annehmen könne, ist weit schwerer zu denken. Christus kante doch den Versucher? Nein, sagt man,

 

[Manuskriptseite 179.]

ohne allen Beweis, anfänglich kant' er ihn nicht. Aber am Ende kante er ihn doch. Wie schwach war aber die Versuchung, wenn der Geist, den Christus als einen äusserst verderbten und lügenhaften Geist beschreibet Ioh. 8, 44., ihm Vorschläge that, wie er sich als Erlöser verhalten solle! Die Vorschläge eines offenbaren Bösewichts und eines bekanten Feindes können auf das Gemüth des Weisen, der den Feind kent, keinen Eindruk machen. Unmöglich ? Wer unter dem Teufel durchaus einen bösen Geist verstehet, der mus annehmen, daß Christus gewust und nicht gewust habe, daß der Teufel der Teufel war, daß der Teufel den Sohn Gottes gekant und auch nicht gekant, daß er einen menschlichen Körper gehabt und auch nicht gehabt habe, und daß er bei aller ihm zugeschriebenen List, im höchsten Grade dum und bei aller Bosheit und Verderbnis, aus der h. Schrift leicht zu recht zu weisen sei. Warum mag er noch nicht bekehret werden??? ?" Seit. 81. 82. 83. 84. 85. 86.

 

[Ia-04-1779-0558]
8) Von den Stellen Matth. 12, 22. Kap. 9, 32.

 

[Ia-04-1779-0559]
"Matth. 12, 22: Es wurde ein dämonischer Mensch zu Christo gebracht. Und was war das vor ein Mensch? Matthäus erklärt es gleich selbst: er war blind und stum. Und so ist es denn klar, daß schwere Gebrechen des Leibes bösen Geistern zugeschrieben wurden Christus heilete den Menschen. Er war also wirklich krank. Der Mensch, der blind und stum war, sahe und redete. Es wird keines Teufels gedacht. Nur die Iuden hatten eine so abergläubische Meinung. ?

 

[Ia-04-1779-0560]
Matth. 9, 32. wird ein ähnlicher Fal erzählt. Man brachte einen stummen Menschen zu Christo, dem ein böser Geist die Sprache solte benommen haben, die Iuden nanten ihn einen dämonischen Menschen. Christus gab diesem Menschen die Sprache wieder. Nach der Meinung der Iuden war nun der Geist, der die Sprache hinderte, vertrieben. ?" Seit. 87. 88.

 

[Ia-04-1779-0561]
Matth. 12, 22=28. hat Iesus von der wirklichen Macht des Teufels nichts gesagt. Von der wirklichen Herschaft des Teufels über die Erde und

 

[Manuskriptseite 180.]

Menschen auch nichts. Christus zeigte den Iuden das Falsche, Unsinnige und Widersprechende in ihren Vorstellungen. Kan er sie wohl auf irgend eine Art gebilligt und für wahr gehalten haben? Und nun mag ein ieder Vernünftiger selbst richten, ob man wol noch auf Vorstellungen, die Christus so nachdrüklich und einleuchtend als ungereimt darstelt, Beweise von der Macht des Teufels bauen dürfe? Wer bei dieser Rede Christi nicht sehen wil, daß er die iüdischen Begriffe vom Teufel und seiner Macht verworfen hat, der mus von Vorurtheilen ganz verblendet sein." ? Seit. 92.

 

[Ia-04-1779-0562]
9) Von Luk. 12, 8, 12.

 

[Ia-04-1779-0563]
"Der Teufel, der das Wort von den Herzen weg nimt, ist ieder Verführer, ieder Feind und Lästerer der Wahrheit, der durch Spot, Verläumdung und böses Beispiel, die Kraft der Wahrheit und ihre Erkentnis, das Nachdenken über dieselbe und die Anwendung derselben hindert, und dadurch die Wahrheit selbst wegnimt, oder verursacht, daß sie so wenig nuzzen kan, als das Saamenkorn auf dem Akker, auf welchen es gesäet wurde, bekleibet, wächst und Frucht bringet, das von einem Vogel weggetragen wird.

 

[Ia-04-1779-0564]
Wer annimt, daß der Teufel, die durch das Wort gewirkten Vorstellungen, aus der Seele unmittelbar wegnehmen und stehlen könne, der mus auch die Seele selbst mit wegtragen lassen, weil kein Gedanke ausser der Seele wirklich sein kan. Denn das Wort kan nicht anders als durch Vorstellungen in den Herzen stat finden. ?" Seit. 94.

 

[Ia-04-1779-0565]
10) Von der Stelle Luk. 22, 31.

 

[Ia-04-1779-0566]
"Als Christus seinen Iüngern, den Gefährten und Theilnehmern seiner Versuchungen, besondere Vorzüge in seinem Reiche versprach, richtete er seine Rede sonderlich an den Petrus und sagte: Simon, Simon, der Widersacher (mein und euer Feind) suchet euch wie den Waizen zu sieben, das ist, auf mancherlei Proben zu stellen und in mancherlei Versuchungen zu ziehen, ob ihr treu

 

[Manuskriptseite 181.]

seid oder nicht, so wie man den Waizen hin und her zu werfen pfleget, um ihn rein zu bekommen, ich habe aber für dich gebeten, daß dein Glaube nicht erlösche. Du aber, wenn du dereinst wieder umgekehrt bist, stärke deine Brüder. Die Antwort Petri, Herr ich bin bereit mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen, beweiset hinlänglich, daß er das, was Christus Satan nante, von schweren und grossen Versuchungen verstanden habe, die von keinem bösen Geiste herrührten. Der Erfolg macht es noch klärer und gewisser. Petrus wurde keinen Versuchungen der Feinde Christi blos gestelt. Daraus erhellet ferner, daß nach dem damaligen Sprachgebrauch üblich war, iede Gefahr und alles Böse schlechthin Satan zu nennen." ? ?" Seit. 101. 102.

 

[Ia-04-1779-0567]
11) Was heist, "der Teufel fuhr in den Iudas"?

 

[Ia-04-1779-0568]
"Weil Iesus vor allen Aposteln den Iudas für seinen Verräther erklärte, so war nichts leichter, als daß die Empfindung einer so bittern Beschämung, in dem äusserst bösen Herze des Iudas, bei der peinvollesten Unruhe, die Bosheit anfeuerte und eine Art von blinder Rachsucht erwekte, Iesum, der seine Schande öffentlich aufgedekt hatte, nun wirklich zu verrathen. Iohannes konte die Abscheulichkeit dieses Entschlusses nicht nachdrüklicher und kürzer ausdrukken, als mit den Worten: und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn. Die Bosheit des Iudas wird dadurch so wenig verkleinert, daß sie vielmehr in ihrer wahren Abscheulichkeit auf das nachdrüklichste vorgestelt wird. Iesus bemerkte alles, was in der bösen Seele vorgieng, daher sagte er zu seinem Verräther: was du vorhast, das thue bald. Die Leidenschaften, die im Herzen Iudä wütheten, bekamen dadurch einen neuen Stos. Iudas konte nun mit seinem bösen Herzen nicht länger vor den Augen Christi aushalten, daher gieng er in seiner Bosheit eilend fort, und überlies sich seinem verruchten Entschlusse. Hier ist gar an keinen bösen Geist zu denken. Lukas gedenket auch gar keines Teufels. Christus nent nach Matth. 12, 43. und Luk. 11, 24. den Ausbruch und die Volbringung böser Lüste das Ausfahren des unsaubern Geistes. ?" Seit. 114. 115.

 

[Manuskriptseite 182.]

[Ia-04-1779-0569]
12) Von den Stellen Ioh. 14, 30 Kap. 16, 11. Kap. 12, 31.

 

[Ia-04-1779-0570]
"In diesen Stellen wird von einem Fürsten der Welt geredet. Christus verstehet unter der Welt nicht die ganze Erde, sondern nur einen gewissen Zeitraum, oder die damalige Verfassung und Einrichtung des iüdischen Volks. Aus andern Stellen ist klar, daß unter dem Fürsten der Welt, Gewaltige, Vorsteher, Befehlshaber und Obrigkeiten verstanden werden Apost. Gesch. 3, 17. Kap. 4, 8. 26. 1 Kor. 2, 6. 8. In den Evangelisten wird unter dem Fürsten der Welt der Hohepriester und die iüdische Obrigkeit verstanden. ?" Seit. 118.

 

[Ia-04-1779-0571]
13) Was bedeutet "??????? ???????"? ?

 

[Ia-04-1779-0572]
"Die Gewalt des Satans ist alles, was der wahren christlichen Religion entgegen stehet und derselben hinderlich ist, herschende Unwissenheit, grobe Irthümer, Aberglaube, Laster, alles was Iuden und Heiden zu einem eitlen und falschen Gottesdienste verleitete, von der wahren Religion abzog und wider Christum und seine götliche Lehre empörete, die Aufnahme und den Fortgang derselben hinderte. ?" Seit. 124.

 

[Ia-04-1779-0573]
"Die Macht des Satans ist eigentlich, die Macht der Vorurtheile, und Widerstrebung gegen das Evangelium, bei den Iuden.

 

[Ia-04-1779-0574]
Die Heiden, die das Evangelium annahmen verliessen ihre Gözzen und wendeten sich zu dem lebendigen Gott, den sie hatten kennen lernen. Die Gözzen hiessen sie auch Dämonen und Teufel. Und so ist nun noch klärer, warum der heidnische Aberglaube, der herschende und der christlichen Religion entgegenstehende Gözzendienst, die Macht des Satans genant wird. Und dies ist die Macht des Satans, wovon Paullus die Heiden nach Apost. Gesch. 26 durch die Erleuchtung des Evangeliums befreien solte, und wovon sie Gott durch dieselbe wirklich nach Koloss. 1, 13. befreiet hat. ? ?" Seit. 127.

 

[Ia-04-1779-0575]
14) Röm. 16, 20.

 

[Ia-04-1779-0576]
"Wenn Paullus hier schreibt: der Gott des Friedens wird den Satan bald

 

[Manuskriptseite 183.]

aufreiben und unter eure Füsse werfen; so versteht er einen besondern und bekanten Feind der Wahrheit, unter den Menschen, der die Gemeine zu Rom zerrüttete, den Lauf des Evangeliums hinderte und durch Lügen und Lästern allerlei Zwist und Streit erregte, den aber Paullus mit gutem Bedacht nicht namentlich angeben wolte, und daher nach seinem bekanten bösen Karakter Satan nente. Er verspricht den Römern, daß Gott alle feindseelige Unternehmungen desselben in kurzen vereiteln und ihm alle Macht zu schaden benehmen werde. So hat es Theophylakt schon verstanden. ?" Seit. 128.

 

[Ia-04-1779-0577]
15) 2 Kor. 2, 11.

 

[Ia-04-1779-0578]
"Diese Stelle mus schlechterdings von den Feinden verstanden werden, die der Wahrheit Hinderungen in den Weg zu legen, Zerrüttung, Mistrauen und Widerspenstigkeit gegen den Paullus zu erregen suchten. Dies drukt er mit den Worten aus: damit der Satan über uns keinen Vortheil erhalte, und sezt hinzu, denn seine Tükke, und boshaften Absichten und Gesinnungen sind uns nicht unbekant. ?" Seit. 131.

 

[Ia-04-1779-0579]
16) 2 Kor. 11, 14. 15.

 

[Ia-04-1779-0580]
"Unter dem Satan versteht Paullus hier seinen Hauptgegner. Er schreibt v. 14. also: und das ist auch kein Wunder, denn selbst mein Widersacher, der sich vorzüglich mir und meiner reinen Lehre widersezt, nimt den Schein eines recht heiligen und vorzüglich erleuchteten Lehrers an, und rühmt sich einer vorzüglichen Erleuchtung und Frömmigkeit. Dieser Heuchler und Satan Paulli war den Korinthern bekant. Er wolte ihn aber nicht namentlich angeben; sondern drukte sich algemein aus und nente diesen Gegner den Satan. Und wenn dieser Heuchler und Feind der wahren Christlichen Lehre sich einer vorzüglichen Erleuchtung rühmte, so war es auch nichts Grosses und Ausserordentliches, daß die, die es mit ihm hielten und seine Anhänger und Werkzeuge, seine Gehülfen waren, sich den Schein und das Ansehn der Diener der wahren christlichen Religion anmasten v. 15. ?" Seit. 136. 137.

 

[Manuskriptseite 184.]

[Ia-04-1779-0581]
17) 1 Thess. 7, 18.

 

[Ia-04-1779-0582]
"Paullus versichert die Thessalonier, daß er sich öfters vorgenommen habe, sie zu besuchen; er sei aber durch den Satan verhindert worden. Es wird wol keinem vernünftigen Menschen einfallen, sich und andre zu überreden, daß Paullus unmittelbar durch einen bösen Geist gehindert worden. Boshafte Iuden, die Paullum verfolgten, waren es. Paullus muste vor ihnen von Thessalonich nach Berrhoä fliehen, und auch da verfolgten sie ihn, daß er weiter nach Athen reisen muste, Apost. Gesch. 17. Diese Feinde der Wahrheit waren daher der Satan, der Paullum hinderte nach Tessalonich zu kommen. Ein sehr einleuchtender Beweis, daß Satan alles Hinderliche und Widerwärtige bedeutet." ? Seit. 144. 145.

 

[Ia-04-1779-0583]
18) Vom Todesengel, Sammael, der Iuden, auf den sich einige Stellen des N. T. beziehen.

 

[Ia-04-1779-0584]
"Christus sagt: wer mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht schmekken, das ist, er wird von den bittern Tropfen, die vom Schwerte des Todes=Engels fallen sollen, nichts empfinden; Er wird den Tod nicht sehen, das ist, er wird von den erdichteten Schrekbildern des Todes nichts erfahren. Wenn daher Paullus 1 Kor. 15, 31. sagt: Tod, wo ist dein Stachel, oder dein Dolch, so siehet er damit auf den iüdischen Aberglauben; und wenn er hinzusezt, der Stachel oder das Schwerd des Todes ist die Sünde, so verwirft er dadurch die ganze iüdische Fabel und sagt: daß das, was den Tod eigentlich bitter und schreklich mache, die Sünde, aber nicht der erdichtete Dolch und das bittere Gift sei, das die iüdische Fabel vom Messer des Sammael herabtriefen lies.

 

[Ia-04-1779-0585]
Die Iuden hatten keine lebendige Hofnung einer künftigen Auferstehung. Sie betrachteten zum Theil den Tod, als eine ewige Nacht

 

[Manuskriptseite 185.]

und als eine stete Hinderung und Beraubung aller Glükseeligkeit. Und da derselbe, nach ihrer Meinung, von der Bosheit eines neidischen Geistes abhieng, so war bei ihnen die Furcht des Todes unvermeidlich. Von dieser Furcht sind wir durch Iesu Lehre völlig befreiet worden. ?" Seit. 160. 161.

 

[Ia-04-1779-0586]
19) Vom Worte ?????????.

 

[Ia-04-1779-0587]
"Dämon und Dämonium stamt ab von ????, ich lerne, weis oder lehre: ????????? heist eigentlich, als ein adiectivum, etwas das nicht menschlich, gemein, gewöhnlich, nicht natürlich, das ist, in der bekanten Natur nicht kentlich gegründet ist. Dämon zeigt ein erkennendes Wesen an, und daher wurde eine Sache, die den Menschen nicht bekant war, von klügern Wesen aber desto besser eingesehen und erkant werden solte, so wie das klügere Wesen selbst, Dämon genant. Den Seelen der Verstorbenen schrieb man eine grössere Erkentnis und Macht zu, als sie in der Verbindung mit ihrem Körper hatten, und daher wurden sie Dämonen genant. Aus der Verehrung berühmter Menschen und Helden, nach ihrem Tode, sind nach und nach alle untergeordnete Gotheiten der Heiden entstanden und s diese alle hiessen Dämonen. Es wurde ihnen ein fortgesezter Einflus auf irische Begebenheiten zugeschrieben und daher wurden solche Begebenheiten, deren natürliche Ursach verborgen lag, für ihre Wirkungen gehalten und ausgegeben. Glük schrieb man guten, Unglük bösen Dämonen zu. ?" Seit. 193.

 

[Ia-04-1779-0588]
20) Wem die Iuden den Namen oder die Wirkung eines Dämons beilegten.

 

[Ia-04-1779-0589]
"Was die Iuden für eine Wirkung eines Dämons oder des Satans hielten, das nanten sie auch Dämon und Satan. Nicht allein die Krankheiten, so die Dämonen verursachen solten, sondern auch die kranken Menschen, die von ihnen geplagt werden solten, hiessen Dämonen. Diesen Namen führten sie nicht allein in ihrer Krankheit, sondern auch selbst nach ihrer Genesung, wurden sie noch Dämonen genant. Diese Art zu denken und zu reden, war zur Zeit Christi herschend. ?" Seit. 196. 197.

 

[Manuskriptseite 186.]

[Ia-04-1779-0590]
"Daß die Iuden völlig natürliche Krankheiten für Wirkungen der Dämonen gehalten haben, wil ich mit deutlichen Stellen bemerken, die aus den Schriften des Maimonides angeführet sind, und die um so viel merkwürdiger sind, weil Maimonides einer der gelehrtesten Iuden gewesen ist. Dieser sagt: alle Arten von Krankheiten, die unter dem Namen Melancholie begriffen sind, nent man einen bösen Geist. An einem andern Orte schreibet er: *...* einen bösen Geist nent man ein iedes Übel, das nicht von menschlicher Hand komt, sondern eine andere Ursach hat, was sie auch immer sein mag. Eben dieser gelehrte Iud verstehet unter einem bösen Geiste eine leibliche schlimme Veränderung der Säfte, dergleichen man sich durch neuen Wein zuziehen könne. Folgende Stelle aus dem Galeno verdient alle Aufmerksamkeit. Einige Alte, wenn sie sahen, daß der Schlagflus eine schrekliche Krankheit sei, so nanten sie solche Dämonium. Einige benanten sie auch vom Mond, und zwar aus dem Grunde, weil sie sich gemeiniglich beim Anfang oder Ende des Mondenlaufes einzufinden pflegt. Plato hat diese Krankheit Dämon genant, weil sie den Kopf angreift und dem Gehirne schadet, welches der Siz der Gottheit (oder der Seele) ist. ?" Seit. 198. 199.

 

[Ia-04-1779-0591]
"Die Iuden schrieben einem ieden, bei dem sie etwas Sonderbares und Ungewöhliches wahrnamen, einen Dämon zu, wenn das Sonderbare und Ungewöhnliche, das Auffallende und Seltene, auch keine Krankheit und kein Leiden war. Iohannes führte ein strenges und sehr mässiges Leben, daher sagten die Iuden von ihm: er hat einen Dämon. Matth. 11, 18. Christus hielte den Iuden mit einer ausserordentlichen Freimüthigkeit sehr unerwartete Wahrheiten vor, daher sagten sie: er sei ein Samariter und habe einen Dämon Ioh. 8, 44. ?" Seit. 199. 200.

 

[Ia-04-1779-0592]
"Kan man wohl mit gutem Gewissen, ohne aller Vernunft zu entsagen, den Iuden auf ihr Wort glauben, wenn sie iemand einen Dämon zuschrieben? und ist ob es nicht wahre Gotteslästerung, sei, die Urtheile

 

[Manuskriptseite 187.]

der Iuden durchaus zu billigen und für wahr zu halten. Können denn die Iuden, die Iohanni und Iesu selbst einen Dämon zuschrieben, in andern Fällen, wenn sie von Dämonen reden, glaubwürdige Zeugen sein?" Seit. 200. 201.

 

[Ia-04-1779-0593]
21) Von den sieben Teufeln der Maria.

 

[Ia-04-1779-0594]
"Woher wusten es denn die Iuden, (denen es Lukas nach erzählte) daß es gerade 7. Teufel waren? Sie hatten so wenig *...* *...* sieben Teufel in die Maria hinein, als aus derselben herausfahren sehen. Weil aber die mannigfaltigen Gebrechen der Maria auf einmal plözlich gehoben wurden, so konten es die Iuden, die gewohnt waren, alles Ungewöhnliche bösen Geistern zuzuschreiben, ihre Verwunderung über diese wunderbare Heilung Christi, ihrer Denkungsart und ihrem Sprachgebrauch gemäs, nicht kürzer und nachdrüklicher als eben durch das Urtheil ausdrükken, daß sieben Teufel, das ist viel schwere Leiden, die Dämonen zugeschrieben wurden, von denselben vertrieben worden. ?" Seit. 202. 203.

 

[Ia-04-1779-0595]
22) Von der Stelle: Matth. 12, 43=45. Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen pp.

 

[Ia-04-1779-0596]
"Diese Stelle mus so übersezt werden: Wenn der unsaubere Geist vom Menschen ausgefahren ist, (d. i., wenn ein Mensch seine ausbrechene böse Begierde befriedigt hat,) so durchwandelt er dürre Stätte; suchet Ruhe und findet sie nicht, (diese Befriedigung seiner Lüste macht ihn nicht glüklich, sondern die Lüste werden vielmehr immer stärker). Da spricht er, denn: ich wil wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin, (ich wil mich in dem Herzen, daraus ich meinen Ausflus nahm, fest sezzen, ich wil mich desselben als einer eigenthümlichen Wohnung bemächtigen und es ganz einnehmen,) und wenn er komt (sich im bösen Herzen niederlässet), so findet er es müssig, gelehrt und geschmükt, (das ist, in der Verfassung; er findet die Musse und Unthätigkeit des Verstandes, und die ganze Einrichtung, die sich für die Herschaft der unordentlichen unreinen Lust schikket.) So gehet er hin und nimt zu sich sieben andere Geister, die arger sind, denn er selbst und wenn sie hinein kommen, wohnen sie alda, und wird mit demselben Menschen hernach ärger, als es vorhin war.

 

[Manuskriptseite 188.]

Also wird es diesem argen Geschlecht ergehen. ? Das heist: Eine unreine Lust gebieret immer die andere. Ie öfter sie befriedigt wird, desto stärker wird sie. Dadurch wird der sitliche Zustand des Menschen immer schlimmer und weit ärger, als er bei der ersten aufsteigenden und ausbrechenden unreinen Leidenschaft war. So wird es den Iuden auch ergehen. Ihr Has gegen Iesum, gegen seine Lehre, gegen die Wahrheit, wurde immer stärker; bis sie endlich dahin gelangten, daß sie Iesum selbst tödteten. ?" Seit. 208. 209.

 

[Ia-04-1779-0597]
23) Von Mark. 1, 23.

 

[Ia-04-1779-0598]
"Der Sin dieser Worte kan auf dreifache Art bestimt werden. Der Mensch befand sich in einem zerrütteten unordentlichen Gemüthszustande. Der Mensch hatte einen bösen Geist besessen und eingenommen. Der Mensch war in der Gewalt eines bösen Geistes. Das leztere verbittet die Grammatik, und wenn sie es auch, wie andre Ausnahmen, zugeben wolte, so protestiren 6000. Teufel, die unmöglich ein Teufel sein konten. Das zweite läst sich noch weniger, als die Besizzung eines Menschen vom Teufel, denken. Das erste wird daher ohnstreitig der wahre Sin sein." Seit. 212. 213.

 

[Ia-04-1779-0599]
"Die Iuden hielten iede Raserei und Verrükung für eine Wirkung des Teufels. Den Beweis davon finden wir Ioh. 10, 20. 21. Denn wenn die Iuden Iesum lästerten, daß er einen Teufel habe, so erklären sie es gleich selbst, was sie damit sagen wolten: er ist unsinnig. Es ist daher kein Zweifel, daß dieser Unglükliche wirklich rasend war. ?" Seit. 214.

 

[Ia-04-1779-0600]
"Daraus, daß Iesus den unreinen Geist (eigentlich die Raserei des Menschen) angeredet, folgt gar nicht, daß derselbe etwas Substanzielles und Persönliches sei gewesen sei, so wenig als das Fieber, das Christus nach Luk. 4, 39. bedräuete, für etwas Denkendes gehalten werden kan, ob es Iesus gleich anredete und ihm befahl, die kranke Person zu verlassen." ? Seit. 217.

 

[Ia-04-1779-0601]
24) Die Ungereimtheiten, die aus der wörtlichen Meinung von den 6000. Teufeln folgen.

 

[Ia-04-1779-0602]
"Wer kan es denken, daß 6000. Teufel einen einzigen Menschen bewohnen

 

[Manuskriptseite 189.]

können? Den möchte ich hören, der mir nur die Möglichkeit zeigen könte, wie 6000. Teufel einen menschlichen Körper einzunehmen und zu bewohnen im Stande sind? Wer kan es auf irgend eine Art erklären, wie 6000. Teufel Iesum, alle zugleich, bitten konten? Bath ieder Teufel für sich allein, oder bathen alle zugleich? Wir wollen annehmen, daß ein Teufel in aller Namen gesprochen habe. Wie konten denn die Teufel, die Zank und Widerspruch so sehr lieben, in der Wahl dessen der das Wort führen solte, so leicht einig werden? Und wie konte denn ein Geist in und durch den einen Menschen das Wort führen? Wo teuflischer Rath herschet, da herschet Neid, Zank, Unordnung und lauter Böses. Iak. 3, 15. 16. Man mus den Teufel immer die Zunge und den Mund des unsinnigen Menschen einräumen, wenn einer oder alle reden sollen. Kan man wol begreifen oder denken, wie einer oder alle dazu im Stande waren? Wirkten sie zuerst auf die Seele des Menschen, und durch sie auf den Körper, oder wirkten sie unmittelbar auf den Körper? Wie konten sie die Zunge und den Mund bewegen, den Hauch und den Schal hervorbringen, der ihre Gedanken, wovon die Seele des Menschen nichts wuste, bezeichnete? Dazu wurde der ordentliche Gang, die natürliche Thätigkeit des Mechanismus des menschlichen Körpers erfordert, und doch muste er von einer äussern Kraft auf eine un widernatürliche Art in seine Thätigkeit gesezt, und in derselben unnatürlich und natürlich zugleich fortgeleitet werden. ?

 

[Ia-04-1779-0603]
Die Schweine konten unsichtbare Geister nicht sehen, und sich vor ihnen nicht scheuen. Oder fuhren die Teufel in die Eingeweide und Körper der Schweine selbst hinein? Die Heerde war nicht völlig zweitausend stark. Es kamen daher auf ein Schwein mehr als zwei und ein viertel Teufel. Wie konten aber die zanksüchtigen Teufel sogleich wegen der Schweine einig werden? Wie fand ein ieder sein Schwein? Stürzten sie sich denn auch mit in die Tiefe? Sie wolten ia aber nicht in die Tiefe. Wer sahe sie denn aus dem Manne, der bei Iesu war, heraus und in die Schweine hinein fahren, und wer konte sie sehen? Die Schweine, in die die Teufel hineingefahren sein sollen, waren Schweine, und ihre Körper waren, wie alle

 

[Manuskriptseite 190.]

thierische Körper, an die Gesezze gebunden, nach welchen Körper bewegt werden. Alle thierische Körper werden aber entweder durch ihren eignen Mechanismus, oder durch denselben von der Seele, mit der sie verbunden sind, oder von einer äussern Kraft bewegt. Wenn diese nicht durch die Seele auf den Körper wirkt, so mus sie entweder durch ihre innere geistige Thätigkeit, oder durch ihre Figur oder durch ihre Schwere, oder durch ihre eigne Bewegung wirksam sein. Mir ist ausser den angeführten Arten keine andere denkbar, wie eine äussere Kraft unmittelbar auf einen thierischen Körper wirken könne. Und, da kein Teufel unmittelbar, auf irgendeine der angeführten Arten, auf die Schweine wirken konte; so ists gewis, daß gar keiner auf sie gewirkt hat.

 

[Ia-04-1779-0604]
Nimt man an, daß 6000. Teufel, die 2000. Schweine ins Wasser gestürzt haben sollen, erst auf die Seelen derselben und durch sie wieder auf den Körper wirkten; so musten sie nach dem ordentlichen Lauf der Natur erst durch die Sinne in die Schweine Seelen kommen. Sie musten also erst die Sinne berühren, und welchen Sin? Den Geschmak wol nicht, den Geruch auch wol nicht. Das Gefühl? Mit Stökken war das den unsinnigen Menschen leichter, als allen Teufeln ohne Stok und Peitsche. Das Gesicht? Sahen die Schweine die Teufel, so konten sie von Menschen auch gesehen werden. Denn so viel man weis, sehen die Schweine nicht schärfer als die Menschen. Kein Mensch hat aber die Teufel gesehen. Die rasenden Menschen konten von den Schweinen recht gut gesehen werden. Ihre Stimme war ihnen auch vernehmlicher als die unhörbare Stimme der Teufel sein konte. Kein Mensch hörte die Teufel, ausser den Menschen, in welchen sie sein solten, reden, und die Schweine werden die Geister, die keine Stimme erheben konten, auch wol nicht gehört haben. Und wer kan die Figur angeben, mit welcher die Teufel, als Geister, wirken konten? Ihre Schwere ist eben so undenkbar. Ihre Bewegungen auf die Schweine sezt immer wieder einen unmittelbaren Einflus voraus. Die Bewegung einer unsicht

 

[Manuskriptseite 191.]

baren Substanz mag so schnel sein als sie wil, wenn sie auch so schnel als die Bewegung eines Lichtstrals wäre, so wird sie doch so wenig wie ein Lichtstral ein Ferkel umwerfen, oder von der Stelle stossen. Wie aber eine innere Thätigkeit der Teufel ohne äussere unmittelbare Wirkung in die Schweine übergehen konte, das mögen sich die sagen, die es annehmen. Teufel können unmöglich, wie Gottes unendliche Kraft unmittelbar, durch blosses Wollen, auf andere Dinge ausser sich wirken. ?" Seit. 229. 230. 231. 232. 233.

 

[Ia-04-1779-0605]
25) Noch mehr von dämonischen Menschen. ?

 

[Ia-04-1779-0606]
"Nach Markus (Kap. 9, 17. 18.) und Lukas (Kap. 9, 38. 39.) Bericht hielte der Vater die Zufälle seines epileptischen Sohns für Wirkungen eines bösen Geistes und sagte: oft hat er ihn ins Feuer und oft ins Wasser geworfen, daß er ihn umbrächte. Dergleichen Personen werden von ihren Zufällen sehr schnel und unerwartet angegriffen, und daher ist es unvermeidlich, daß sie in grössere Gefahr gerathen, wenn sie sich eben beim Feuer oder beim Wasser aufhalten. Der Vater meinte, der böse Geist habe die Absicht, seinen Sohn durch die Hülfe des Feuers oder des Wassers zu tödten, weil er ihn selbst nicht umbringen könne. Hier liegt die iüdische Idee recht klar am Tage, und es bedarf keines Beweises, daß die Evangelisten alles so erzähleten, wie es von den Iuden beurtheilt und vorgestelt wurde. Es ist offenbar, daß sie unter dem unsaubern Geist die beschriebne Krankheit verstehen. Christus redete den unsaubern Geist mit Nachdruk an, und sprach: du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir, gehe von diesem Menschen aus, und fahre nicht wieder in ihn zurükke. Das heist nichts anders als, sei auf immer von deiner Krankheit befreit. Selbst aus den Worten Christi ist klar, daß er eine Krankheit und keinen bösen Geist verstehe. Denn ein sprachloser und tauber Geist läst sich wol eigentlich nicht denken, und wie hätte denn auch ein tauber Geist Iesum verstehen und hören können? Die Anrede geschahe blos um der Anwesenden willen.". Seit. 237. 238.

 

[Ia-04-1779-0607]
"Es kommen Stellen vor, in welchen die natürlichen Gebrechen, die dem

 

[Manuskriptseite 192.]

Teufel zugeschrieben wurden, mit ganz deutlichen Worten angegeben werden. Matth. 9, 32. 33. sie brachten zu ihm einen stummen dämonischen Menschen, das ist, einen Stummen, der durch einen Dämon der Sprache beraubt sein solte. Matth. 12, 32. es ward ein dämonischer Mensch zu Christo gebracht, der war blind und stum, und er heilete ihn, daß der Blinde und Stumme, sowol sahe als redete. Lukas erzählt dies Kap. 11, 14. mit folgenden Worten: und er trieb einen den Dämon aus, der war stum. Und es geschahe, da der Dämon ausfuhr, da redete der Stumme. Das Gebrechen wird dem Dämon zugeschrieben, und gleichwol wird der Mensch selbst stum genant. ?" Seit. 244. 245.

 

[Ia-04-1779-0608]
"Daß unter zwischen den dämonischen Menschen und andern natürlichen Kranken kein Unterschied gemacht wurde, erhellet aus Matth. 15, 20. und Mark. 6, 55.56. ? Markus redet Kap. 7, 26. ganz deutlich von einem Dämon und meldet, daß Iesus zum Weibe gesagt habe, der Teufel ist von deiner Tochter ausgefahren. Er sagt ferner, daß die Frau gefunden habe, daß der Teufel wirklich ausgefahren sei. Und woher wuste sie das? Die Tochter lag ruhig auf dem Bette, und war von ihrer vorigen Unruhe und Schmerzen befreiet. Die Krankheit war also der Dämon, von welchem Markus redet. ?" Seit. 246. 247.

 

[Ia-04-1779-0609]
26) Widerlegung des Einwurfs, "daß man, wenn man die Wirkung des Teufels bei den Besessenen läugnet, die Wunder Christi verringere " **

 

[Ia-04-1779-0610]
"Waren die Dämonen Geister, so waren sie auch Geschöpfe. Einem Könige ist es immer leichter, einen boshaften und rebellischen Unterthan, von einem Orte zum andern zu verweisen, als einen treuen Unterthan von einer gefährlichen Krankheit zu befreien. Zur völligen, augenbliklichen Heilung einer sehr schmerzhaften Krankheit ohne alle Mittel, wird immer mehr Macht als zur Verweisung des eines Teufels ge erfordert. Im strengen Verstande kan diese, wenn sie Christo dem Herrn über alles zugeschrieben wird, kaum

 

[Manuskriptseite 193.]

ein Wunder genant werden. Es ist daher in sehr vieler Absicht ein recht alberner Vorwand, wenn man sagt, Gott habe zur Zeit Christi dem Teufel darum so viel Macht eingeräumt, um seine Macht und Iesum als den Überwinder des Teufels desto sichtbarer zu machen verherlichen. ?" Seit. 250. 251.

 

[Ia-04-1779-0611]
27) Die dämonischen Menschen behielten diesen Namen auch nach ihrer Genesung.

 

[Ia-04-1779-0612]
"Aus der Stelle Mark. 1. 29=35. erhelt, daß selbst die geheileten und gesund gemachten Menschen, noch Dämonen genant wurden. Denn da die vermeinten Dämonen bereits von ihnen vertrieben waren, lies Christus doch die Dämonen nicht reden. Auf vertriebne Geister kann dies nicht gezogen werden. Denn die konten ausser denen, aus welchen sie solten vertrieben sein, vor sich allein nicht reden. Denen gesund gemachten Menschen verbot Christus, ihn für den Messias zu bekennen. Diese wurden daher, auch nach ihrer Herstellung, Dämonen genant. ?" Seit. 262. 263.

 

[Ia-04-1779-0613]
28) Wenn haben die Iuden den Begrif von den Dämonen empfangen?

 

[Ia-04-1779-0614]
"Der Sprachgebrauch von ?????????, ??????????????, ????????, ?????????, ist schon vor und zu, und nach der Zeit Christi so ausgebreitet, daß es leicht zu sehen ist, es hat vor der Zeit Christi schon lange solche dämonische Leute gegeben; von denen das Wort, die Redensarten, mit den Vorstellungen von der Sache, erst an die Iuden übergegangen; welche in der ganzen Zeit, die in ihren hebräischen Büchern begriffen oder beschrieben ist, noch gar keine Vorstellung iemalen davon gehabt haben. So wenig wahr ist die Einbildung, daß dies eine Folge oder ein Stük der geoffenbarten christlichen Lehre sei. Es könte vielleicht ausgemacht werden, daß besonders unter dem syrischen König Antiochus sehr viele heidnische Begriffe und Zärimonien sich ausgebreitet unter vielen Iuden, die sich sonst vieler äusserlichen Noth ausgesezt sahen; wie in Samaria ein Tempel des griechischen Iupiters von da an genant wird. (1 Makkab. 3, 10. Ioseph. Alterth. 12, 5.) welche Veränderung auch sogar in Ierusalem vorgenommen worden, 2 Makkab. 6. Dieser Versuch, die heidnische Religionsübung einzuführen, fält schon über anderthalbhundert

 

[Manuskriptseite 194.]

Iahr vor der Zeit Christi. Man kan noch weiter hinaufgehen, und man findet überal die Iuden unter solcher heidnischen Geselschaft, daß es ganz begreifich ist, sie haben viel heidnische Ideen angenommen, da sie selbst keine bessere Kentnisse hatten. Die Rabbinen gestehen es, daß die nomina propria der Engel aus der Gefangenschaft fortgeerbet seien; die Erzählung im Buch Tobiä muste fast über 600 Iahre vor Christi Geburt fallen; und da giebt es schon einen Asmodi und einen Raphaël, der über ihn ist. Wie oft wird es selbst schon in den hebräischen Büchern des A. T. erzält, daß sogar Könige der Iuden ganz ernstlich Theil genommen an damaligen heidnischen Aberglauben! Nach 2 Kön. 1, 2. schikte Ahasiah eine Gesandschaft, um von Beelzebub, der Gottheit der Ekroniten, einen Orakelspruch wegen seiner Krankheit zu holen." Seit. 324. 325.

 

[Ia-04-1779-0615]
"Wo kan es der chaldäische Übersezzer es sonst herhaben als von Heiden, was er Psalm 91, 5.6. ausdrukt mit Schedim, daemones, von welchen Schedim nachher der Talmud und die Rabbinen so viel erzälen? Und wo ist sonst das ????????? ??????????? her, in den 70., und der Beiname ??????????, im Aquila, ??????????? im Symmachus? Blos aus der Denkungsart ihrer spätern Zeit. ?" Seit. 326.

 

[Ia-04-1779-0616]
29) Christus und die Apostel haben sich nach den Begriffen der Iuden gerichtet. ?

 

[Ia-04-1779-0617]
"Es kommen im N. T. sehr viele lokale Redensarten vor, deren Sachinhalt indessen von uns nicht beibehalten wird, weil wir nicht mehr in der Lage der iüdischen National Denkungsart uns befinden. Z. E. die Seele wird von Engeln in Abrahams Schoos getragen; mit Abraham und Isaak zu Tische sizzen; ihr werdet sizzen auf zwölf Stühlen, und richten die Geschlechte Israel pp. Niemand von uns zweifelt daran, daß diese Begriffe blos iüdische Begriffe sind, und ihr besonders lokale haben, das bei allen andern Lesern, die nicht geborne Iuden sind, als diese, zu denen Christus also redet, geradehin wegfält, als lauter uneigentliche Beschreibungen, die sich auf die gemeine Denkungsart der Nation beziehen. ?" Seit. 339.

 

[Ia-04-1779-0618]
"Gleich anfänglich wird es ausdrüklich gemeldet, Mark. 4, 2. Iesus lehrte das Volk nur in Parabeln; v. 10, 11. aber, da er wieder allein, und bei

 

[Manuskriptseite 195.]

seinen Iüngern war, sagte er, euch ist es gegeben worden, das Geheimnis des Reiches Gottes, welches in den Parabeln freilich sehr undeutlich vorgetragen wird, zu kennen und zu wissen. Und nun sagt Markus v. 33. 34. unter solchen Parabeln, uneigentlichen Beschreibungen, ertheilete er ihnen Unterricht, ????? ???????? ???????, wie sie es zu hören im Stande waren; ohne Parabeln lehrte er nicht; wenn er aber mit seinen Iüngern allein war, so erklärte er ihnen alles. Schon diese einzige so deutliche Nachricht von der zurükhaltenden Lehrart Christi, nach der Unfähigkeit der Zuhörer, ist hinreichend, uns zu überzeugen, daß er seine Lehrsäzze nicht geradehin und auf einmal ihren vorigen Meinungen entgegen gestellet habe. ? Nachdem Iesus doch schon ziemlich lange mit seinen Iüngern umgegangen war, *i*h so sagte er doch zu ihnen: ich hätte euch noch sehr viel zu sagen; aber ihr könnet es nicht tragen. Ohne Zweifel mus dieses doch heissen, ihr habt noch sehr viel Vorurtheile von mir, als Messias, von meinen grossen Thaten in der äusserlichen Welt, von dem so genanten Fürsten über die heidnische Welt ? es sind lauter Vorurtheile; aber ihr seid noch nicht im Stande, es ohne Anstos und Schaden iezt anzuhören. Daß die Apostel eben so nachgebend und zurükhaltend waren, der erhellet aus 1 Kor. 8, 4. 5. 6. pp. Kap. 9. K. 10. ? ? ?" Seit. 342. 343.

 

[Manuskriptseite 196.]

[Ia-04-1779-0619]
Verzeichnis der in diesem Bande vorkommenden Schriften.

 

[Ia-04-1779-0620]
I. Abbts vermischte Werke ? erster Theil, vom Verdienste. Seit. 1.

 

[Ia-04-1779-0621]
II. Briefe an eine deutsche Prinzessin über die Philosophie, zweiter Theil. 13.

 

[Ia-04-1779-0622]
III. Der Philosoph für die Welt ? von Engel, zweiter Theil. 20.

 

[Ia-04-1779-0623]
IV. Algemeine deutsche Bibliothek, des dreizehnten Bandes erstes Stük. 27.

 

[Ia-04-1779-0624]
V. Algemeine deutsche Bibliothek. des dreizehnten Bandes zweites Stük. 33.

 

[Ia-04-1779-0625]
VI. Algemeine deutsche Bibliothek. des vierzehnten Bandes erstes Stük. 36.

 

[Ia-04-1779-0626]
VII. Algemeine deutsche Bibliothek. Des vierzehnten Bandes zweites Stük. 39.

 

[Ia-04-1779-0627]
VIII. Algemeine deutsche Bibliothek. Des funfzehnten Bandes erstes Stük. 42.

 

[Ia-04-1779-0628]
IX. Algemeine deutsche Bibliothek. Des funfzehnten Bandes zweites Stük. 44.

 

[Ia-04-1779-0629]
X. Briefe an eine deutsche Prinzessin über die Philosophie. Aus dem Französischen. Dritter Theil. 47

 

[Ia-04-1779-0630]
XI. Theorie der schönen Künste und Wissenschaften ? von Riedel. 49.

 

[Ia-04-1779-0631]
XII. Neue Apologie des Sokrates, oder Untersuchung der Lehre von der Seeligkeit der Heiden, von I. A. Eberhard. 70.

 

[Ia-04-1779-0632]
XIII. Algemeine theologische Bibliothek. Zwölfter Band. 142.

 

[Ia-04-1779-0633]
XIV. Algemeine deutsche Bibliothek. Des sechzehnten Bandes erstes Stük. 158.

 

[Ia-04-1779-0634]
XV. Algemeine deutsche Bibliothek. Des sechzehnten Bandes zweites Stük. 164.

 

[Ia-04-1779-0635]
XVI. Versuch einer biblischen Dämonologie vom Teufel und seiner Macht. Mit einer Vorrede und einem Anhang von D. Ioh. Salomo Semler. 168.

 

[Manuskriptseite 197.]

[Ia-04-1779-0636]
Verzeichnis der vorkommenden Sachen in diesem Bande.

 

[Ia-04-1779-0637]
1) Die Art, wie grosse Geister wirken. - - - - - - - Seit. 1.

 

[Ia-04-1779-0638]
2) Von der Stärke der Seele.- - - - - - - - 3.

 

[Ia-04-1779-0639]
3) Von der Stetigkeit des Willens und von der Gedult. - - - - 4.

 

[Ia-04-1779-0640]
4) Von Empfindnissen. - - - - - - - - - - - - - - 6.

 

[Ia-04-1779-0641]
5) Beantwortung der Frage: wie sich ein Bild auf unser Ich beziehet - - - - 9.

 

[Ia-04-1779-0642]
6) Die Organisation des Körpers trägt viel zu den Empfindnissen bei - - - 9.

 

[Ia-04-1779-0643]
7) Ob man die Thiere tödten darf - - - - - - - - - - - - 11.

 

[Ia-04-1779-0644]
8) Vom höchsten Verdienste - - - - - - - - - - - 12.

 

[Ia-04-1779-0645]
9) Ob ein Geist an einem gewissen Orte sei - - - - - - - 13.

 

[Ia-04-1779-0646]
10) Von der Abstraktion - - - - - - - - - - 14.

 

[Ia-04-1779-0647]
11) Der Begrif von Gattung und Art - - - - - - - 15.

 

[Ia-04-1779-0648]
12) Erklärung der Farben - - - - - - - - - - - 16.

 

[Ia-04-1779-0649]
13) Von der Elektrizität - - - - - - - - - - - 16.

 

[Ia-04-1779-0650]
14) Von den verschiednen Poren der Körper - - - - - 17.

 

[Ia-04-1779-0651]
15) Erklärung der Wirkung der Elektrizität an andern Körpern - - - 17.

 

[Ia-04-1779-0652]
16) Erklärung, wie ein Donnerwetter entstehe - - - - - - 18.

 

[Ia-04-1779-0653]
17) Die Freundschaft zweier Weisen - - - - - - - - - - - - - - - 20.

 

[Ia-04-1779-0654]
18) In der Ewigkeit das Gute - - - - - - - - - - - 20.

 

[Ia-04-1779-0655]
19) Die Menge der erschafnen Welten - - - - - - - - 20.

 

[Ia-04-1779-0656]
20) Wie aus einer bekanten Idee eine neue entstehet - - - - 21.

 

[Ia-04-1779-0657]
21) Die Poetik hat nicht die unmittelbare Beförderung der Tugend zum Zwek - 21.

 

[Ia-04-1779-0658]
22) Von den Ursachen der Abartung der Menschen von einander - - - 23.

 

[Ia-04-1779-0659]
23) Von den Nerven - - - - - - - - - - - - - 27.

 

[Ia-04-1779-0660]
24) Vom Menschen ? und der Diät - - - - - - - - - - - 27.

 

[Ia-04-1779-0661]
25) Der Unterschied zwischen Gefühl (im eigentlichen Verstande) und Empfindung - - 27.

 

[Ia-04-1779-0662]
26) Wie Adam war, da er geschaffen war - - - - - - 29.

 

[Manuskriptseite 198.]

[Ia-04-1779-0663]
27) Von Ämtern Christi - - - - - - - - - - - - - - - - - - Seit. 30.

 

[Ia-04-1779-0664]
28) Vom mosaischen Sittengesezze im Verhältnis auf unsre Zeiten - 30.

 

[Ia-04-1779-0665]
29) Wie feste Entschliessungen zum Guten im Menschen enstehen - - - 31.

 

[Ia-04-1779-0666]
30) Wie die symbolischen Bücher entstanden sind - - - - - - - 33.

 

[Ia-04-1779-0667]
31) Viele Begriffe vom Guten und Bösen sind relativ - - - - - 34.

 

[Ia-04-1779-0668]
32) Widerlegung eines Beweises, den man für die Erbsünde braucht - - - 34.

 

[Ia-04-1779-0669]
33) Von der Schöpfung aus Nichts - - - - - - - - - - 35.

 

[Ia-04-1779-0670]
34) Von einer gewissen Veränderung bei Gott, relativisch - - - - - 35.

 

[Ia-04-1779-0671]
35) Die Hölle ist nicht ewig - - - - - - - - - - - - 36.

 

[Ia-04-1779-0672]
36) Vom Nuzzen der Raubthiere - - - - - - - - - - - 36.

 

[Ia-04-1779-0673]
37) Der Geist des Herrn von Leibniz - - - - - - 38.

 

[Ia-04-1779-0674]
38) Von einer gewissen Art, eine Geschicht des menschlichen Verstandes ? zu verfertigen - 39.

 

[Ia-04-1779-0675]
39) Eine Bemerkung von den Schriften der Apostel - - - - 40.

 

[Ia-04-1779-0676]
40) Wie das orthodoxe System entstanden ist - - - - - - 40.

 

[Ia-04-1779-0677]
41) Vom Abendmal - - - - - - - - - 41.

 

[Ia-04-1779-0678]
42) Einige Erziehungsregeln - - - - - - - - 41.

 

[Ia-04-1779-0679]
43) Einige Fragen gegen den Eid auf die symbolischen Bücher - - 42.

 

[Ia-04-1779-0680]
44) Von einer Schönen ? die ihre Reize selbst noch nicht kent - - - - 44.

 

[Ia-04-1779-0681]
45) Das wolthätige Christenthum - - - - - - - 44.

 

[Ia-04-1779-0682]
46) Wie Luther verbesserte - - - - - - - - 45.

 

[Ia-04-1779-0683]
47) Von der christlichen Tugend - - - - - - - - - 45.

 

[Ia-04-1779-0684]
48) Gründe, warum Gott nicht übernatürlich thut, was natürlich geschehen kan - 46.

 

[Ia-04-1779-0685]
49) Die Wirkung des Feuers erklärt - - - - - - - 47.

 

[Ia-04-1779-0686]
50) Woher es komt, daß der Himmel uns blau scheint - - - - 48.

 

[Ia-04-1779-0687]
51) Das Gefühl der Schönheit ist vom Verlangen nach derselben verschieden - 49.

 

[Ia-04-1779-0688]
52) Von Einheit und Mannichfaltigkeit - - - - 50.

 

[Manuskriptseite 199.]

[Ia-04-1779-0689]
53) Vom Grossen und Erhabenen - - - - - - - - - - - Seit. 51.

 

[Ia-04-1779-0690]
54) Vom Erhabnen und Niedrigen - - - - - - - 52.

 

[Ia-04-1779-0691]
55) Von Einförmigkeit und Mannichfaltigkeit - - - - - - - 52.

 

[Ia-04-1779-0692]
56) Eine nüzliche Regel für den Künstler - - - - - - - 54.

 

[Ia-04-1779-0693]
57) Von der Simplizität - - - - - - - - - - - - - - - - 55.

 

[Ia-04-1779-0694]
58) Vom Lächerlichen - - - - - - - - - - - 55.

 

[Ia-04-1779-0695]
59) Von Ähnlichkeit und Kontrast - - - - - - - - - - 57.

 

[Ia-04-1779-0696]
60) Von der Täuschung - - - - - - - - - - 58.

 

[Ia-04-1779-0697]
61) Was Überraschung ist - - - - - - - 59.

 

[Ia-04-1779-0698]
62) Staunen 59 - - - - - - - - - - - - - - - .

 

[Ia-04-1779-0699]
63) Vom Neuen - - - - - - - - - - - 59.

 

[Ia-04-1779-0700]
64) Von der Übereinstimmung - - - - - - - - - 60.

 

[Ia-04-1779-0701]
65) Von den Leidenschaften überhaupt - - - - - - - 61.

 

[Ia-04-1779-0702]
66) Der Unterschied zwischen angenehm und ergözzend - - - 64.

 

[Ia-04-1779-0703]
67) Von der Zufriedenheit - - - - - - - - - 64.

 

[Ia-04-1779-0704]
68) Von Hofnung und Erwartung - - - - - - - - 66.

 

[Ia-04-1779-0705]
69) Von Abscheu und Verabscheuung - - - - - - - - - - - 67.

 

[Ia-04-1779-0706]
70) Vom Zorne - - - - - - - - - 67.

 

[Ia-04-1779-0707]
71) Einige Beobachtungen * von den Leidenschaften - - - - - 68.

 

[Ia-04-1779-0708]
72) Eine Bemerkung - - - - - - - - - - - 68.

 

[Ia-04-1779-0709]
73) Der Geizhals - - - - - - - - - - - - - - - - 69.

 

[Ia-04-1779-0710]
74) Wie die Verdammung der Heiden ins System gekommen ist - - - 70.

 

[Ia-04-1779-0711]
75) Widerlegung eines Grundes, wodurch man die Verdammung der Heiden zu rechtfertigen sucht - 72.

 

[Ia-04-1779-0712]
76) Vom dunklen Glauben, wodurch die Heiden seelig werden solten - - - 75.

 

[Ia-04-1779-0713]
77) Von einer algemeinen Religion - - - - - - - - - - - - 76.

 

[Ia-04-1779-0714]
78) Von der Prädestination und ihrem Urheber - - - - - 77.

 

[Ia-04-1779-0715]
79) Widerlegung der Lehre von der Prädestination - - - - - - 77.

 

[Ia-04-1779-0716]
80) Einige Gründe wider die Genugthuung - - - - - - - 81.

 

[Ia-04-1779-0717]
81) Vom unendlichen Leiden Iesu - - - - - - - - - - - 82.

 

[Ia-04-1779-0718]
82) Vom götlichen Dispensationsrechte - - - - - - - - 84.

 

[Ia-04-1779-0719]
83) Vom Strafen - - - - - - - - - - 85.

 

[Ia-04-1779-0720]
84) Wenn ein Unschuldiger die Strafe der Sünden ausstund, so ists ohne Nuzzen - - - - 89.

 

[Manuskriptseite 200.]

[Ia-04-1779-0721]
85) Von der Vergebung der Sünden - - - - - - - - - Seit. 90.

 

[Ia-04-1779-0722]
86) Von der Lehre von der Erbsünde - - - - - - - 91.

 

[Ia-04-1779-0723]
87) Von dunkeln Gefühlen, die man für übernatürliche Einwirkungen ausgiebt - - - 95.

 

[Ia-04-1779-0724]
88) Von den Gnadenwirkungen - - - - - - - - - - - - 96.

 

[Ia-04-1779-0725]
89) Von Gewohnheiten und Neigungen - - - - - - - - - - 101.

 

[Ia-04-1779-0726]
90) Fortsezzung von den Gnadenwirkungen - - - - - - - - - - - 106.

 

[Ia-04-1779-0727]
91) Von der Abgötterei überhaupt 110.

 

[Ia-04-1779-0728]
92) Einige Vernunftbeweise von der Einheit Gottes - - - - 112.

 

[Ia-04-1779-0729]
93) Vom Begrif der Unendlichkeit Gottes - - - - - - - - - 113.

 

[Ia-04-1779-0730]
94) Von geselligen Empfindungen, ob sie eigennüzzig sind - - - - - - 116.

 

[Ia-04-1779-0731]
95) Von der Empfindsamkeit - - - - - - - - - - 117.

 

[Ia-04-1779-0732]
96) Von der theologischen und natürlichen - - - - - Tugend 119.

 

[Ia-04-1779-0733]
97) Von der Tugend - - - - - - - - - 120.

 

[Ia-04-1779-0734]
98) Von der Stelle Matth. 25, 46. - - - - - - - - - 125.

 

[Ia-04-1779-0735]
99) Von Beleidigung und Sünde - - - - - - - - 127.

 

[Ia-04-1779-0736]
100) Auf endliche Verbrechen kan keine unendliche Strafe erfolgen - - - 130.

 

[Ia-04-1779-0737]
101) Ein Beweis für die Ewigkeit der Höllenstrafen, wird widerlegt - - 131.

 

[Ia-04-1779-0738]
102) Noch einer wird widerlegt - - - - - - - - - 133.

 

[Ia-04-1779-0739]
103) Von menschlichen und götlichen Strafen - - - - - - - - 136.

 

[Ia-04-1779-0740]
104) Fortsezzung von götlichen Strafen - - - - - - 139.

 

[Ia-04-1779-0741]
105) Die Strafen nach dem Tode bessern den Sünder - - - - - - 141.

 

[Ia-04-1779-0742]
106) Noch etwas von Höllenstrafen - - - - - - - - - - 141.

 

[Ia-04-1779-0743]
107) Von den Märterern der ersten Christen - - - - - - - - 142.

 

[Ia-04-1779-0744]
108) Anmerkung von nichtkanonischen Büchern und von Paullus Lehren - 142.

 

[Ia-04-1779-0745]
109) Vom Glauben - - - - - - - - - - - - - - 143.

 

[Ia-04-1779-0746]
110) Das Christentum und die stoische Philosophie - - - - - - - - 143.

 

[Ia-04-1779-0747]
111) Theologie und Religion sind unterschieden - - - - - 143.

 

[Ia-04-1779-0748]
112) Bemerkung von der Theopnevstie der historischen Bücher der. h. Schrift - - - - 144.

 

[Ia-04-1779-0749]
113) Von der Almacht und Alwissenheit Gottes - - - - - - - - 144.

 

[Ia-04-1779-0750]
114) Vom Ebenbild Gottes ? Vorsehung - - - - - - - - - 144.

 

[Ia-04-1779-0751]
115) Von beiden Naturen in Christo ? von seinem Amte ? von der Genugthuung - 145.

 

[Ia-04-1779-0752]
116) Von der Gottheit des h. Geistes - - - - - - - - - - - 148.

 

[Ia-04-1779-0753]
117) Von Tauf und Abendmal - - - - - - - - - - - 148.

 

[Ia-04-1779-0754]
118) Von Iuden ? götlicher Providenz ? und Religion - - - - - 149.

 

[Manuskriptseite 201.]

[Ia-04-1779-0755]
119) Von ägyptischen Zauberern - - - - - - - - - - - - Seit. 150.

 

[Ia-04-1779-0756]
120) Von der Bibel ? ob Iephta seine Tochter aufgeopfert hat - - - 151. 117) Von der Bibel ? ob Iephta seine Tochter aufgeopfert hat 150.] Diskrepanz zu Haupttext, dort 2 Kapitel: erst Iephta, dann "Von der Bibel"

 

[Ia-04-1779-0757]
121) Von Ps. 2, 7. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 151.

 

[Ia-04-1779-0758]
122) Von der Stelle: ich bin aus sündlichen Saamen gezeugt und pp. - - - - - - 152.

 

[Ia-04-1779-0759]
123) Von Engeln - - - - - - - - - - - - - 153.

 

[Ia-04-1779-0760]
124) Verbeserungen in den Psalmen - - - - - - - - - - - 153.

 

[Ia-04-1779-0761]
125) Warum ist Christus gestorben - - - - - - - - - - 155.

 

[Ia-04-1779-0762]
126) Von den Naturgeheimnissen - - - - - - - - - - - - - - 156.

 

[Ia-04-1779-0763]
127) Erläuterung der Stelle Koloss. 2, 13. - - - - - - - - - - 157.

 

[Ia-04-1779-0764]
128) Von den Meeräpfeln mit Stacheln - - - - - - - - - 158.

 

[Ia-04-1779-0765]
129) Vom Worte Genie ? ? Von Sprachröhren - - - - - - 159.

 

[Ia-04-1779-0766]
130) Der Unterschied zwischen dem Gehirn der Menschen und der Thiere - - -161.

 

[Ia-04-1779-0767]
132) Wir Menschen sind nicht um auf allen Vieren zu kriechen - - - - - - - - 162.

 

[Ia-04-1779-0768]
132) Von der Trägheit und Veränderlichkeit der Körper ? von der Dreieinigkeit ? vom Bösen. 163.

 

[Ia-04-1779-0769]
133) Von der Physiologie überhaupt ? von den thierischen Kräften - - 164.

 

[Ia-04-1779-0770]
134) Von den sinlichen Eindrükken - - - - - - - - - - - - - - - - - 165.

 

[Ia-04-1779-0771]
135) Von der Stelle Hiob 24, 18 - - - - - - - - - - 166.

 

[Ia-04-1779-0772]
136) Vom Wort ?????????? ? der Stelle 2 Timoth. 1, 10. ? von der Bibel - - 161.

 

[Ia-04-1779-0773]
147) Alle endliche Geister müssen einen Körper haben - - - - - - - 168.

 

[Ia-04-1779-0774]
138) Vom Fal Adams - - - - - - - - - - - 169.

 

[Ia-04-1779-0775]
139) Vom Hiobs Teufel - - - - - - - - - - - - 171.

 

[Ia-04-1779-0776]
140) Wo der Glaube an einen Teufel entstanden ist - - - - - - 172.

 

[Ia-04-1779-0777]
141) Vom Wort ???????? - - - - - - - - - 175.

 

[Ia-04-1779-0778]
142) Von Matth. 25, 41. ? ? Versuchung Iesu - - - - - - - - - 177.

 

[Ia-04-1779-0779]
143) Von der Stelle Matth. 12, 22. Kap. 9, 32. - - - - - 179.

 

[Ia-04-1779-0780]
144) Luk. 8, 12. ? Kap. 22, 31 - - - - - - - 180.

 

[Ia-04-1779-0781]
145) Was heist "der Teufel fuhr in den Iudas" - - - - - 181.

 

[Ia-04-1779-0782]
146) Ioh. 14, 30. Kap. 16, 11. K. 12, 31. ? von ??????? ???????? ? Röm. 16, 20 - - - - 182.

 

[Ia-04-1779-0783]
147) Stellen 2 Kor. 2, 11. ? 2 Kor. 11, 14. 15 - - - - - - - - - - 183.

 

[Ia-04-1779-0784]
148) 1 Thess. 7, 18. ? von dem Todesengel der Iuden - - - - - - - 184.

 

[Ia-04-1779-0785]
149) Vom Worte ????????? ? wem die Iuden diesen Namen beilegten. - - 185.

 

[Ia-04-1779-0786]
150) Von den 7. Teufeln der Maria ? der Stelle Matth. 12, 43=45 - - - - 187.

 

[Ia-04-1779-0787]
151) Von Mark. 1, 23. ? von 6000 Teufel des Besessenen - - - - 188.

 

[Ia-04-1779-0788]
152) Von den dämonischen Menschen - - - - - - - - - 191.

 

[Ia-04-1779-0789]
153) Widerlegung eines Einwurfs - - - - - - - - - - - - - 192.

 

[Ia-04-1779-0790]
154) Die dämonischen Menschen behielten ihren Namen ? wenn die Iuden Dämonen glaubten - 193.

 

[Ia-04-1779-0791]
155) Christus und die Apostel haben sich nach den Begriffen der Iuden gerichtet - - - 194.

 

[Ia-04-1779-0792]
Ende des vierten Bandes. ?